Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.270/1999
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1A.270/1999/hzg

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                        19. Mai 2000

Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichterin Klett,
Bundesrichter Féraud, Catenazzi, Favre und Gerichtsschreiber
Haag.

                         ---------

                         In Sachen

X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Nicole Hitz,
c/o Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH, Monbijoustrasse
120, Postfach 8154, Bern,

                           gegen

Departement des Innern des Kantons  S o l o t h u r n, ver-
treten durch das Amt für Gemeinden und soziale Sicherheit,
Verwaltungsgericht des Kantons  S o l o t h u r n,

                         betreffend
                        Opferhilfe,

hat sich ergeben:

     A.- X.________ ist anerkannter Flüchtling aus
Bosnien-Herzegowina mit Niederlassungsbewilligung in der
Schweiz. Er wird zusammen mit seiner Ehefrau und drei Kin-
dern von der Einwohnergemeinde O.________ finanziell unter-
stützt.

        Am 22. Februar 1999 liess X.________ durch das
Therapiezentrum für Folteropfer des Schweizerischen Roten
Kreuzes beim Amt für Gemeinden und soziale Sicherheit des
Kantons Solothurn ein Gesuch um finanzielle Unterstützung
nach dem Opferhilfegesetz einreichen. Zur Begründung wurde
ausgeführt, der Gesuchsteller sei im Jahre 1992 während mehr
als sechs Monaten in einem Lager gehalten worden, in dem er
während der ganzen Zeit schwere Demütigungen über sich habe
ergehen lassen und Todesängste habe ausstehen müssen. Be-
reits zuvor seien beinahe alle in seinem Dorf lebenden Men-
schen umgebracht worden, darunter seine Schwester, Cousins,
Kollegen und Nachbarn. Er benötige regelmässige Psycho-
therapie in seiner Muttersprache, weil er an komplexen
posttraumatischen Belastungsstörungen leide. Um finanzielle
Unterstützung ersuchte er namentlich für die Psychotherapie,
soweit deren Kosten von der Krankenkasse nicht übernommen
würden, sowie für Übersetzungskosten, Krankenkassen-
Selbstbehalte und Reisekosten.

     B.- Das Departement des Innern des Kantons Solothurn
wies das Begehren am 14. April 1999 im Wesentlichen mit der
Begründung ab, die gegen den Gesuchsteller gerichteten de-
liktischen Handlungen seien im Ausland zu einem Zeitpunkt
verübt worden, als er zur Schweiz keinerlei Beziehungen
gehabt habe.

     C.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn
wies mit Urteil vom 19. Oktober 1999 die Beschwerde gegen
den Entscheid des Departements des Innern ab. Das Gericht
sprach X.________ die Opfereigenschaft im Sinne des Opfer-
hilfegesetzes ab. Zur Begründung führte das Gericht im
Wesentlichen aus, dass es kaum Sinn der Opferhilfe sein
könne, allen Opfern dieser Welt mit Aufenthalt in der
Schweiz die nötige Hilfe zu bieten, zumal der Vollzug des
Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über die Hilfe an Opfer
von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG, SR 312.5) angesichts
der täglich neuen traumatisierten Opfer aus Kriegsgebieten
der organisatorischen und finanziellen Belastung in Kürze
nicht mehr Stand halten würde. Zudem gehe das Opferhilfe-
gesetz von einer absoluten Subsidiarität der staatlichen
Leistungen aus.

     D.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 29. Novem-
ber 1999 beantragt X.________, der Entscheid des Verwal-
tungsgerichts sei aufzuheben, und es sei festzustellen,
dass das Urteil gegen Art. 3 OHG verstosse. Die Vorinstanz
sei anzuweisen, den Anspruch des Opfers auf Beratung bzw.
auf Übernahme weiterer Kosten gemäss Art. 3 Abs. 4 OHG zu
gewähren. Ausserdem ersucht der Beschwerdeführer um unent-
geltliche Rechtspflege.

     E.- Das Verwaltungsgericht und das Departement des
Innern verzichten auf Gegenbemerkungen und schliessen unter
Hinweis auf die Begründung ihrer Entscheide auf Abweisung
der Beschwerde.

        Das Bundesamt für Justiz, Hauptabteilung Staats-
und Verwaltungsrecht, vertritt in der Vernehmlassung die
Auffassung, der angefochtene Entscheid verletze Bundesrecht.
Es führt ohne nähere Begründung aus, der Beschwerdeführer

sei als Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes zu betrachten,
jedenfalls soweit seine Beeinträchtigungen Folge der im Aus-
land erlittenen Straftaten seien. Unter der Voraussetzung,
dass dem Beschwerdeführer Opfereigenschaft zukomme, sei
das Gesuch um Übernahme der ungedeckten Kosten nach Art. 3
Abs. 4 OHG begründet, da der Hilfe der Grundsatz der Sub-
sidiarität nicht entgegenstehe.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Das angefochtene Urteil ist ein letztinstanz-
licher kantonaler Entscheid, mit welchem ein Anspruch
auf Opferhilfe nach Art. 3 OHG verneint wird und der sich
somit auf Bundesverwaltungsrecht stützt. Hiergegen steht
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offen
(Art. 97 OG i.V.m. Art. 5 VwVG; vgl. BGE 122 II 315 E. 1).
Der Beschwerdeführer ist im kantonalen Verfahren mit seinem
Gesuch um Kostenübernahme unterlegen und daher nach Art. 103
lit. a OG zur Beschwerde legitimiert. Auf seine Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde ist somit einzutreten.

     2.- Mit dem Opferhilfegesetz soll den Opfern von
Straftaten wirksame Hilfe geleistet und ihre Rechtsstellung
verbessert werden (Art. 1 Abs. 1 OHG). Die Hilfe umfasst
nach Art. 1 Abs. 2 OHG Beratung (lit. a), Schutz des Opfers
und Wahrung seiner Rechte im Strafverfahren (lit. b) sowie
Entschädigung und Genugtuung (lit. c). Opfer im Sinne von
Art. 2 Abs. 1 OHG ist jede Person, die durch eine Straftat
in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität
unmittelbar beeinträchtigt worden ist, unabhängig davon, ob
der Täter ermittelt worden ist und ob er sich schuldhaft
verhalten hat.

        Das Departement des Innern des Kantons Solothurn
hat in seiner Verfügung vom 14. April 1999 entschieden, dass
Personen nicht als Opfer im Sinne von Art. 2 OHG anerkannt
werden und daher keine Beratung gemäss Art. 3 OHG beanspru-
chen können, wenn sie im Ausland Opfer einer Straftat werden
und in diesem Zeitpunkt keinerlei Beziehungen zur Schweiz
haben. Der Beschwerdeführer hält dem entgegen, das Verwal-
tungsgericht habe im angefochtenen Urteil seine Opfereigen-
schaft bejaht, und er beanstandet allein die Auslegung von
Art. 3 Abs. 4 OHG durch die Vorinstanz. Er verkennt, dass
das Verwaltungsgericht mit der ersten Instanz den Anwendungs-
bereich des Opferhilfegesetzes eingeschränkt und ihn daher
wegen seiner fehlenden Beziehungen zur Schweiz im Zeitpunkt
der Straftat nicht als Opfer im Sinne von Art. 2 OHG aner-
kannt hat.

        a) Das Gesetz ist in erster Linie aus sich selbst,
d.h. nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde
liegenden Wertungen und Zielsetzungen auszulegen; dabei hat
sich die Gesetzesauslegung vom Gedanken leiten zu lassen,
dass nicht schon der Wortlaut die Rechtsnorm darstellt,
sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkre-
tisierte Gesetz; gefordert ist die sachlich richtige Ent-
scheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein be-
friedigendes Ergebnis aus der ratio legis (BGE 124 III 229
E. 3c S. 235 f.). Dabei ist die Auslegung des Gesetzes zwar
nicht entscheidend historisch zu orientieren, im Grundsatz
aber dennoch auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und
die damit erkennbar getroffenen Wertentscheidungen zu stüt-
zen, da sich die Zweckbezogenheit des rechtsstaatlichen
Normverständnisses nicht aus sich selbst begründen lässt,
sondern im Sinne der Absichten des Gesetzgebers zu verstehen
ist, die es mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungselemente
zu ermitteln gilt (BGE 125 II 521 E. 3c/aa S. 525; 121 III
219 E. 1d/aa S. 225).

        b) Nach dem Wortlaut des mit "Geltungsbereich"
überschriebenen Art. 2 Abs. 1 OHG wird die vom Opfer-
hilfegesetz vorgesehene wirksame Hilfe und Verbesserung
der Rechtsstellung jeder Person, die durch eine Straftat
unmittelbar in ihrer Integrität beeinträchtigt wurde, ge-
währt. Der Wortlaut von Art. 2 OHG macht den Geltungs-
bereich des Gesetzes nicht davon abhängig, ob das Opfer
oder die Straftat einen Bezug zur Schweiz haben. Der Wort-
laut der Bestimmung ist insofern zu weit, als sich der
Geltungsbereich des Gesetzes nicht allein aus der mate-
riellen Definition der Opfereigenschaft ergibt. So ist
insbesondere der schweizerische Gesetzgeber nicht generell
in der Lage, die Rechtsstellung jeder von einer Straftat
betroffenen Person zu verbessern, wenn es um deren Rechte
im Strafverfahren geht (Art. 1 Abs. 2 lit. b OHG). Die
Bestimmungen über den Schutz und die Rechte des Opfers
im Strafverfahren nach dem 3. Abschnitt des Gesetzes
(Art. 5-10 OHG) können sich allein auf Straftaten be-
ziehen, die in der Schweiz beurteilt werden, obwohl der
Geltungsbereich des Gesetzes nicht ausdrücklich auf in
der Schweiz durchgeführte Strafverfahren beschränkt wird
(vgl. etwa BGE 126 IV 38 E. 3 S. 40). Für die Ansprüche
auf Entschädigung und Genugtuung (Art. 1 Abs. 2 lit. c OHG)
sodann unterscheidet Art. 11 OHG (vgl. dazu BGE 124 II 507)
danach, ob die Straftat, die zur unmittelbaren Beeinträchti-
gung der Integrität einer Person geführt hat, auf schweize-
rischem Hoheitsgebiet verübt wurde (Abs. 1 und 2) oder ob
die Person im Ausland Opfer einer Straftat geworden ist
(Abs. 3). In diesem Fall werden die Ansprüche auf Personen
beschränkt, welche das Schweizer Bürgerrecht besitzen und
Wohnsitz in der Schweiz haben. Dies steht mit Art. 3 des
Europäischen Übereinkommens über die Entschädigung für Opfer
von Gewalttaten, dessen Ratifizierung der Bundesrat gleich-
zeitig mit dem Erlass des Opferhilfegesetzes vorschlug (BBl
1990 II S. 1001 f.) im Einklang. Nach dem genannten Euro-
päischen Übereinkommen vom 24. November 1983, das für die

Schweiz seit 1. Januar 1993 in Kraft steht (SR 0.312.5),
wird die Entschädigung von dem Staat gewährt, in dessen
Hoheitsgebiet die Straftat begangen worden ist, und sie
ist den Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten vorbehalten,
welche die Konvention ratifizieren sowie den in diesen
Staaten niedergelassenen Staatsangehörigen der Mitglied-
staaten des Europarats (Art. 3 des Übereinkommens).

        Auch in Bezug auf die Ansprüche auf Entschädigung
und Genugtuung ist somit die Definition in Art. 2 OHG zu
weit; die Opfereigenschaft wird hier gemäss Art. 11 OHG
allein Personen zuerkannt, welche entweder von einer im
Inland verübten Straftat in ihrer Integrität betroffen
sind oder die schweizerische Staatsbürgerschaft besitzen
und in der Schweiz Wohnsitz haben. Es ist zu prüfen, ob
die unter dem Titel der Beratung von den Kantonen zu ge-
währleistende wirksame Hilfe nach Sinn und Zweck der Opfer-
hilfe und den dem Gesetz zugrunde liegenden Wertungen nicht
ebenfalls Einschränkungen unterliegt, welche im Wortlaut
von Art. 2 OHG nicht zum Ausdruck kommen.

        c) Das Opferhilfegesetz verpflichtet die Kantone
unter dem Titel "Beratung" in Art. 3 OHG, für fachlich selb-
ständige öffentliche oder private Beratungsstellen zu sor-
gen. Diese Beratungsstellen haben insbesondere zur Aufgabe,
den Opfern medizinische, psychologische, soziale, materielle
und juristische Hilfe zu leisten oder zu vermitteln (Art. 3
Abs. 2 lit. a OHG) sowie über die Hilfe an Opfer zu infor-
mieren (Art. 3 Abs. 2 lit. b OHG). Die Beratungsstellen
leisten ihre Hilfe sofort und, wenn nötig, während längerer
Zeit. Sie müssen so organisiert sein, dass sie jederzeit
Soforthilfe leisten können (Art. 3 Abs. 3 OHG). Die Leis-
tungen der Beratungsstellen und die Soforthilfe Dritter
sind unentgeltlich. Die Beratungsstellen übernehmen wei-
tere Kosten, wie Arzt-, Anwalts- oder Verfahrenskosten,
soweit dies aufgrund der persönlichen Verhältnisse des

Opfers angezeigt ist (Art. 3 Abs. 4 OHG). Die Opfer
können sich an eine Beratungsstelle ihrer Wahl wenden
(Art. 3 Abs. 5 OHG).

        aa) Die Art der umfassenden Hilfe, welche die
von den Kantonen bereitzustellenden Beratungsstellen zu
leisten haben, geht zum Teil über die blosse Beratung der
Opfer deutlich hinaus. Sie besteht, wie sich schon aus der
Zweckbestimmung des Art. 1 OHG ergibt, in einem vielseitigen
und umfassenden Hilfsangebot zugunsten der Opfer und soll
diese in der Überwindung von materiellen, physischen, psy-
chischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Schwierigkeiten
unterstützen (Botschaft des Bundesrates zu einem Bundesge-
setz über die Hilfe an Opfer von Straftaten [Opferhilfe-
gesetz, OHG] und einem Bundesgesetz über das Europäische
Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalt-
taten vom 25. April 1990 in BBl 1990 II 961, 977 f.; Gomm/
Stein/Zehntner, Kommentar zum Opferhilfegesetz 1995, N. 16 -
24 zu Art. 3). Sie umfasst zwei Phasen und besteht in der
Soforthilfe einerseits und in längerfristigen Massnahmen
andererseits. Die Soforthilfe soll rasch wirksam werden und
dem Opfer diejenige Hilfe verschaffen, die zur Bewältigung
der unmittelbaren Folgen der Straftat notwendig ist; die
längerfristigen Massnahmen dienen hingegen der Verarbeitung
der Erlebnisse durch das Opfer, wozu insbesondere auch die
Beratung und Hilfe in prozessualen Fragen sowie in Fragen
der Versicherung und der materiellen Entschädigung gehört.
Im Übrigen soll in dieser zweiten Phase eine umfassende
Sanierung der Lage des Opfers sowie Lebenshilfe und Lauf-
bahnberatung angeboten werden (Botschaft des Bundesrats,
a.a.O., BBl 1990 II 978 f.). Nach den Erläuterungen in der
Botschaft wird somit die längerfristige Hilfe für Opfer als
zweite Phase der Soforthilfe betrachtet, welche von der
ersten Phase qualitativ nicht derart unterschieden wird,
dass sie Opfern von Straftaten zu gewähren wäre, welche
keinen Anspruch auf Soforthilfe der ersten Phase hatten.

        bb) Der Anspruch auf Beratung und insbesondere
auf Kostenübernahme durch die Beratungsstelle gemäss Art. 3
Abs. 4 OHG ist nach dem Wortlaut der Bestimmung weder vom
Wohnsitz oder der Nationalität des Opfers noch vom Bege-
hungs- und Erfolgsort der Straftat abhängig. Das Bundes-
gericht hat nach Sinn und Zweck der Anspruchsberechtigung
darauf abgestellt, ob die Hilfe in der Schweiz benötigt
wird; es hat daher den im Ausland lebenden Angehörigen
einer Person, welche in Deutschland bei einem Autounfall
ums Leben gekommen war, gestützt auf Art. 3 Abs. 4 OHG
Kostengutsprache für juristische Hilfe in Versicherungs-
fragen zugesprochen (BGE 122 II 315 E. 2 S. 318). Die im
Ausland getötete Person hatte im Zeitpunkt des Unfalls
Wohnsitz in der Schweiz und wurde als Opfer im Sinne von
Art. 2 Abs. 1 OHG anerkannt (BGE 122 II 315 E. 5 S. 324).
Es stellt sich hier die Frage, ob für den Anspruch auf Be-
ratung und insbesondere auf Übernahme weiterer Kosten gemäss
Art. 3 Abs. 4 OHG nach Sinn und Zweck des Opferhilfegesetzes
die Notwendigkeit der Hilfe in der Schweiz im Zeitpunkt des
Gesuchs genügt oder ob es weiterer Voraussetzungen bedarf.
Dabei ist davon auszugehen, dass die weiteren Kosten gemäss
Art. 3 Abs. 4 OHG zur Wiederherstellung der Integrität des
Opfers wie Arzt-, Anwalts- oder Verfahrenskosten sachlich
zum Schaden gehören, den das Opfer durch die Straftat er-
leidet und zu dessen Ersatz nach Art. 41 OR grundsätzlich
der Täter verpflichtet ist, wovon auch der Bundesrat in der
Botschaft ausgeht (BBl 1990 II 979). Diese Kosten können
auch mit der Entschädigung im Sinne von Art. 12 OHG abgegol-
ten werden (vgl. BGE 125 II 230 E. 2d S. 234), wenn die ein-
schränkenden gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen,
wobei gemäss Art. 15 OHG aufgrund einer summarischen Prüfung
des Entschädigungsgesuchs ein Vorschuss gewährt werden kann
(vgl. BGE 121 II 116 E. 2a S. 120).

        d) Die Opferhilfe insgesamt erscheint in ihrer
Entstehung wie in ihrem Anliegen und ihrer Ausgestaltung
zunächst als Korrelat zu dem auf den Täter bezogenen Straf-
recht (vgl. Eva Weishaupt, Die verfahrensrechtlichen Bestim-
mungen des Opferhilfegesetzes, Zürich 1998, S. 3 ff.). Dies
ergibt sich zunächst aus dem Anliegen der Volksinitiative,
auf welche Art. 124 BV bzw. Art. 64ter aBV zurückgeht und
auf den sich das OHG stützt. Die Initiative beruhte auf dem
Gedanken, dass sich das Gemeinwesen traditionell vorwiegend
für die Straftäter interessierte, während es an der Zeit
sei, dass sich die Öffentlichkeit auch des Schicksals der
Opfer annehme (Botschaft zur Volksinitiative "zur Entschädi-
gung der Opfer von Gewaltverbrechen" vom 6. Juli 1983, BBl
1983 III 869, 872 f.). Zudem ergibt es sich aus der Bot-
schaft des Bundesrats zu dieser Initiative und zum Gegen-
vorschlag, der in der Verfassungsbestimmung von Volk und
Ständen am 2. Dezember 1984 angenommen wurde, dass als nötig
angesehen wurde, das Ungleichheitgewicht - welches durch das
staatliche Interesse vor allem für die Täter entstanden ist
- abzubauen und dass sich der Staat auch mit der Person und
den Anliegen des Opfers befasst (BBl 1983 III 889). Dabei
gründet die Hilfe für die Opfer von Gewaltverbrechen nach
dem schliesslich als Art. 64ter aBV angenommenen Gegenvor-
schlag in der Sorge um soziale Gerechtigkeit und Billigkeit
und wird als Akt der Solidarität dargestellt, den die Ge-
meinschaft zugunsten ihrer schuldlos von Unrecht betrof-
fenen Mitglieder leistet (BBl 1983 III 887). Der Kreis der
Begünstigten soll nach der Botschaft grosszügig ausgelegt
werden; damit eine Person Hilfe beanspruchen könne, müsse
sie nicht notwendigerweise Opfer einer Straftat im strengen
Sinne geworden sein; insbesondere sei die Hilfe nicht davon
abhängig zu machen, dass der Täter zurechnungsfähig sei oder
auch nur ermittelt werden könne (BBl 1983 III 894).

        e) Der Solidaritätsgedanke, auf dem das Opferhilfe-
gesetz beruht, kann nicht mit der allgemeinen Sozialhilfe
gleichgesetzt werden, sondern er ist auf Opfer von Straf-
taten beschränkt, wobei vom Verständnis der Straftatbestände
nach dem Strafgesetzbuch auszugehen ist (vgl. BGE 122 II 211
E. 3b S. 215). Der Straftat als Ursache der Hilfsbedürftig-
keit kommt nach Sinn und Zweck der Opferhilfe auch für die
Begrenzung des Kreises der Hilfeberechtigten wesentliche Be-
deutung zu. Die Opferhilfe knüpft insofern grundsätzlich an
eine Straftat an (vgl. Art. 5 ff. OHG), zu deren Beurteilung
die schweizerischen Strafbehörden zuständig sind, auch wenn
in der Folge das Opfer und dessen Beeinträchtigung im Zen-
trum stehen. Auf der Hoheit über das Gebiet, in welchem die
Straftat begangen worden ist, beruht auch das Europäische
Übereinkommen über die Entschädigung für Opfer von Gewalt-
taten (Ingress sowie Art. 3 des Übereinkommens), auf welches
der Bundesrat in der Botschaft ebenfalls Bezug nimmt (BBl
1983 III 885 f.). In den Materialien zum Opferhilfegesetz
finden sich denn auch keine Anhaltspunkte dafür, dass nicht
primär an Opfer von in der Schweiz begangenen Straftaten
gedacht wurde. Die angestrebte Grosszügigkeit des Hilfs-
angebots wurde auf Straftaten bezogen, welche nicht sämt-
liche Tatbestandsmerkmale des schweizerischen Strafgesetz-
buches erfüllen (vorne E. 2d). Auf die im Vorentwurf unter
anderem in Aussicht genommene örtliche Zuständigkeit der
Beratungsstelle am Tatort (BBl 1990 II 980) wurde in Art. 3
Abs. 5 OHG nicht etwa deshalb verzichtet, weil die Opfer-
hilfe im Sinne der Beratung gemäss Art. 3 OHG auch für im
Ausland begangene Straftaten geöffnet werden sollte. Viel-
mehr ging es darum, die Bedürfnisse sowohl nach der Person
des Opfers wie nach der Art der zu leistenden Hilfe unter-
scheiden zu können und dem Opfer eine Hilfe ausserhalb sei-
nes Wohnorts namentlich bei Sexualdelikten anzubieten, wenn
diese von Angehörigen oder Bekannten begangen wurden (BBl
1990 II 980). Die Hilfe für Opfer von im Ausland begangenen

Straftaten, wie sie in Art. 11 Abs. 3 OHG unter einschrän-
kenden Voraussetzungen vorgesehen ist, erscheint als Erwei-
terung einer grundsätzlich an die Strafhoheit schweizeri-
scher Behörden anknüpfenden Opferhilfeleistung. Es beste-
hen aufgrund der Materialien keinerlei Anhaltspunkte dafür,
dass allein und ausschliesslich die Hilfsbedürftigkeit eines
Opfers einer im Ausland begangenen Straftat den Anspruch auf
die umfassende Hilfe begründen könnte, zu welcher die Kan-
tone in Art. 3 OHG unter dem Titel der Beratung verpflichtet
sind.

        f) Eine von diesen Ausführungen abweichende Mei-
nung vertritt das Bundesamt für Justiz in VPB 58/1994
Nr. 65 S. 514 ff. E. 4 und 5. Nach dessen Auffassung soll
sich aus der Zielsetzung der Opferhilfe ergeben, dass alle
in der Schweiz lebenden Opfer von Straftaten Anspruch auf
längerfristige Beratung im Sinne von Art. 3 OHG haben, auch
wenn die Tat im Ausland begangen worden ist und das Opfer
erst nachträglich in die Schweiz eingereist ist (z.B. ge-
folterte Asylbewerber). Dieser Auffassung des Bundesamts
kann aufgrund der in E. 2e vorgenommenen Auslegung von
Art. 3 OHG nicht gefolgt werden. Als Mindestvoraussetzung
für die Inanspruchnahme von Opferhilfeleistungen gemäss
Art. 3 OHG erscheint es erforderlich, dass ein Opfer im
Zeitpunkt der im Ausland begangenen Straftat, auf welche
der Anspruch auf Beratung gestützt wird, eine hinreichende
Beziehung zur Schweiz unterhielt.

        Auch in der Literatur wird die Ansicht vertreten,
die Straftat müsse Wirkungen in der Schweiz entfalten und
das schweizerische oder ausländische Opfer eine Verbindung
mit der Schweiz haben (vgl. Blaise Knapp, Kommentar zur
BV 1874, N. 20 zu Art. 64ter). Die Opfereigenschaft gemäss
Art. 2 Abs. 1 OHG ist nach dieser Ansicht ebenfalls nicht
allein von den in diesem Artikel wörtlich umschriebenen

Sachvoraussetzungen abhängig (vgl. dazu BGE 122 II 211 E. 3
S. 214; 122 IV 71 E. 3 S. 76; 120 Ia 101 E. 1b). Vielmehr
bedarf es auch für den Anspruch auf Beratung gemäss Art. 3
OHG einer Beziehung zur Schweiz, welche über die blosse
Hilfsbedürftigkeit des Gesuchstellers im Zeitpunkt der
Einreichung des Gesuchs hinaus geht, wenn die Straftat
nicht in der Schweiz begangen wurde. Aufgrund der umfas-
senden Hilfeleistungen, die nach Art. 3 OHG dem Opfer
sofort im Anschluss an die Straftat angeboten werden
sollen und soweit nötig anschliessend länger gewährt
werden, ist in diesem Fall in der Regel erforderlich,
dass die durch eine im Ausland erlittene Straftat unmit-
telbar in ihrer Integrität beeinträchtigte Person im
Zeitpunkt der Tat ihren Wohnsitz in der Schweiz hatte,
um die Leistungen der kantonalen Beratungsstellen be-
anspruchen zu können. Dies traf denn auch für das töd-
lich verunfallte Opfer in BGE 122 II 315 zu. Ob daneben
unter Umständen für gewisse Arten von Hilfeleistungen
andere persönliche Beziehungen des Opfers zur Schweiz
wie z.B. die Staatsangehörigkeit in Betracht fallen,
kann vorliegend offen bleiben. Jedenfalls bedarf es bei
einer im Ausland erlittenen Straftat für den Anspruch
auf Opferhilfe im Sinne von Art. 3 OHG einer persönlichen
Beziehung des Opfers zur Schweiz, die im Zeitpunkt der
Straftat bestehen muss. Dieses Erfordernis gilt erst recht
für die Übernahme weiterer Kosten nach Art. 3 Abs. 4 OHG,
welche sachlich zum Schaden gehören, der nach der schwei-
zerischen Rechtsordnung vom Täter gemäss Art. 41 OR zu
ersetzen ist und unter den einschränkenden Voraussetzungen
gemäss Art. 11 ff. OHG Gegenstand der Entschädigung bilden
kann (s. vorne E. 2c/bb).

     3.- Der Beschwerdeführer hatte im Zeitpunkt, als er
Opfer der Straftaten im Ausland wurde, aus denen er die
erhebliche Beeinträchtigung seiner Integrität ableitet,

keinerlei persönliche Beziehungen zur Schweiz. Dass er im
Anschluss an die im Ausland erlittenen Integritätsschäden
Beziehungen zur Schweiz aufnahm, vermag die für die In-
anspruchnahme kantonaler Opferhilfe erforderliche persön-
liche Beziehung zur Schweiz im Zeitpunkt der Straftat nicht
zu ersetzen. Die Vorinstanz hat daher zutreffend erkannt,
dass der Beschwerdeführer gestützt auf das Opferhilfegesetz
keine Hilfe beanspruchen kann und die kantonalen Beratungs-
stellen insbesondere nicht zur Leistung von Schadenersatz
im Sinne von Art. 3 Abs. 4 OHG verpflichtet sind. Ob der
Beschwerdeführer gestützt auf andere gesetzliche Grundlagen,
insbesondere die Asylgesetzgebung, Hilfe zur Überwindung
seiner traumatischen Kriegserlebnisse und Folterfolgen be-
anspruchen kann, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu
prüfen.

     4.- Die Vorinstanzen haben die massgebenden Normen
des Bundesrechts nicht verkannt, wenn sie entschieden haben,
dass die kantonalen Beratungsstellen im vorliegenden Fall
zur Opferhilfe nicht verpflichtet sind. Immerhin ergibt sich
die Beschränkung der Opferhilfe auf Personen, die im Zeit-
punkt einer im Ausland erlittenen Straftat Wohnsitz in der
Schweiz haben, nicht aus dem Gesetzestext selbst. Auch ver-
tritt das zuständige Bundesamt in der Vernehmlassung die
Ansicht, die Hilfe an Opfer von Straftaten sei grundsätz-
lich ohne jede Einschränkung bundesrechtlich geboten. Unter
diesen Umständen war die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht
aussichtslos im Sinne von Art. 152 OG. Die Voraussetzungen
für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gemäss
Art. 152 OG sind erfüllt und dem Gesuch des Beschwerdefüh-
rers um Befreiung von den Gerichtskosten ist zu entsprechen.
Dagegen kann dem Antrag auf Ausrichtung eines Honorars an
seine Vertreterin nicht entsprochen werden. Die Verfas-
serin der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist Angestellte

der schweizerischen Flüchtlingshilfe und behauptet nicht,
sie sei Rechtsanwältin. Praxisgemäss ist ihr daher keine
Entschädigung aus der Bundesgerichtskasse auszurichten.

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Es werden keine Kosten erhoben, und es wird keine
Parteientschädigung zugesprochen.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem
Departement des Innern und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Solothurn sowie dem Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 19. Mai 2000

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: