Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.263/1999
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1A.263/1999
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126 II 237

  25. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen
Abteilung vom 22. Juni 2000 i.S. A.F. gegen Justiz-,
Gemeinde- und Kirchendirektion sowie Verwaltungsgericht des
Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
   Art. 13 und 14 OHG, Berechnung des Versorgerschadens,
Abzug von ausgerichteten Versicherungsleistungen.
  Zulässigkeit und Gegenstand der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 1a, 2a und 3).
  Berechnung des Versorgerschadens, Kapitalisierung des
Erwerbseinkommens auf das AHV-Alter von 65 Jahren (E. 4).
  Berücksichtigung des Rentenverkürzungsschadens (E. 5).
  Anrechnung von erhaltenen Leistungen; dazu zählen nur
solche, die dem Schadensausgleich dienen. Berücksichtigung
von ausgerichteten Versicherungsleistungen im vorliegenden
Fall (E. 6).
   Art. 13 et 14 LAVI, calcul de la perte de soutien,
déduction de prestations d'assurances.
  Recevabilité et objet du recours de droit administratif
(consid. 1a, 2a et 3).
  Calcul de la perte de soutien, capitalisation du revenu
jusqu'à l'âge AVS de 65 ans (consid. 4).
  Prise en considération du dommage consécutif à la
réduction d'une rente (consid. 5).
  Déduction de prestations reçues, dans la mesure où
celles-ci constituent une réparation du dommage. Prise en
considération des prestations d'assurances versées en
l'espèce (consid. 6).
   Art. 13 e 14 LAV, calcolo della perdita di sostegno,
deduzione delle prestazioni assicurative.
  Ricevibilità e oggetto del ricorso di diritto
amministrativo (consid. 1a, 2a e 3).
  Calcolo della perdita di sostegno, capitalizzazione del
reddito fino all'età AVS di 65 anni (consid. 4).
  Considerazione del danno cagionato dalla riduzione di una
rendita (consid. 5).
  Imputazione delle prestazioni ricevute, nella misura in
cui esse costituiscono un risarcimento del danno.
Considerazione delle prestazioni assicurative versate in
concreto (consid. 6).
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   F. (Jahrgang 1946) wurde im Jahre 1995 in Biel von
Jugendlichen getötet. Diese wurden in der Folge des Mordes
und Raubes für schuldig befunden und sind zur Zeit in
Erziehungsheimen.
  Im Jahre 1997 reichte die Witwe A.F. (Jahrgang 1961)
sowie die vier Töchter (Jahrgänge 1981, 1985, 1989 und
1993) bei der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion des
Kantons Bern Gesuche um Entschädigungen und Genugtuungen
gemäss Opferhilfegesetz ein. Die Direktion sprach
rechtskräftig folgende Genugtuungsbeiträge aus: Frau A.F.
Fr. 40'000.-, den Töchtern je Fr. 25'000.-.
  In der Folge setzte die Direktion die Entschädigungen für
Frau A.F. auf Fr. 2'157.65 und für die Töchter auf je Fr.
1'083.85 fest. In Anwendung von Art. 13 Opferhilfegesetz
berechnete sie den Versorgerschaden unter Annahme eines
Jahreseinkommens des F. von Fr. 50'000.- und
berücksichtigte die Todesfallkosten für die Bestattung
sowie die Notwendigkeit zu einer reduzierten
Erwerbstätigkeit von A.F. Ferner brachte sie die
ausgerichteten Leistungen von drei Versicherungen im
Gesamtbetrag von rund Fr. 120'000.- in Abzug.
  Auf Beschwerde hin bestätigte das Verwaltungsgericht des
Kantons Bern diese Festsetzung der Entschädigungen.
  Frau A.F. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim
Bundesgericht. Sie rügt als Verletzung des
Opferhilfegesetzes die Berechnung des Versorgerschadens und
den vollständigen Abzug der ausbezahlten
Versicherungsleistungen.
  Das Bundesgericht heisst die Beschwerde im Sinne der
Erwägungen teilweise gut.
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                     Aus den Erwägungen:
   1.- a) Die Beschwerdeführerin ficht ein Urteil einer
letzten kantonalen Instanz betreffend Leistungen aus dem
Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten
(Opferhilfegesetz, OHG; SR 312.5) an. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht wegen
Entschädigung und Genugtuung ist zulässig (BGE 125 II 169
E. 1 S. 171, 122 II 211 E. 1 mit Hinweisen). Die
Prozessvoraussetzungen hierfür sind im vorliegenden Fall
gegeben, sodass auf die Beschwerde eingetreten werden kann.
   2.- a) Nach Art. 2 Abs. 1 OHG erhält jede Person Hilfe,
die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen
oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt
worden und damit Opfer ist, und zwar unabhängig davon, ob
der Täter ermittelt worden ist und ob er sich schuldhaft
verhalten hat. Der Ehegatte und die Kinder werden dem Opfer
hinsichtlich der Geltendmachung von Entschädigung und
Genugtuung gleichgestellt, soweit ihnen gegenüber dem Täter
Zivilansprüche zustehen (Art. 2 Abs. 2 lit. c OHG). Die
Entschädigung und Genugtuung richtet sich im Einzelnen nach
Art. 11 ff. OHG. Im vorliegenden Fall haben die kantonalen
Instanzen anerkannt, dass der Beschwerdeführerin
Entschädigungsansprüche aus dem Opferhilfegesetz zustehen.
Umstritten ist indessen deren Höhe sowie die Anrechnung von
ausbezahlten Versicherungsleistungen.
   3.- Die Beschwerdeführerin macht zum einen in
verschiedener Hinsicht geltend, der ihr durch den Tod ihres
Ehemanns entstandene Schaden sei unrichtig berechnet
worden. Zum andern erblickt sie in der vollen Anrechnung
der Leistungen von drei Versicherungen eine Verletzung von
Bundesrecht.
  Im Folgenden sind vorerst die einzelnen Schadensposten
und -berechnungen zu überprüfen. Dazu zählen der erlittene
Versorgerschaden (E. 4) und der sog.
Rentenverkürzungsschaden (E. 5). Die Todesfallkosten sind
nicht mehr streitig und daher nicht Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens. In einem zweiten Schritt wird
hernach zu prüfen sein, inwiefern die der
Beschwerdeführerin ausgerichteten Versicherungsleistungen
im Rahmen von Art. 14 OHG auf die staatliche Entschädigung
anzurechnen sind (E. 6).
   4.- a) Das Verwaltungsgericht hat im Grundsatz eine
Entschädigung für den Versorgerschaden, den die
Beschwerdeführerin durch den Tod ihres Ehemanns erleidet,
anerkannt. Für die Berechnung des Versorgerschadens hat es
seinem Entscheid ein gerundetes
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Jahreseinkommen von F. von 50'000 Franken zu Grunde gelegt.
Es ist weiter von einer Witwenquote von 54% ausgegangen und
hat diese wegen möglicher bescheidener Erwerbstätigkeit um
weitere 2% auf 52% gekürzt. Schliesslich hat es angenommen,
dass der umstrittene Versorgerschaden nicht mit einer
Rente, sondern mittels einer Kapitalzahlung abzugelten sei
(BGE 117 II 609 E. 10c S. 625). In der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht werden
diese Grundlagen nicht in Zweifel gezogen.
  b) In Bezug auf die Höhe des Versorgerschadens ist bei
der Berechnung der Kapitalzahlung umstritten, welche Dauer
der Erwerbstätigkeit des verstorbenen Ehemanns der
Kapitalisierung zu Grunde zu legen ist. Das
Verwaltungsgericht hat hierfür auf das Pensionierungsalter
von 65 Jahren abgestellt und daher die Kapitalisierung für
verbundene Leben nach Tabelle 26 von STAUFFER/SCHÄTZLE
(temporäre Verbindungsrente bis Alter 65 des aktiven
Versorgers) vorgenommen. Demgegenüber macht die
Beschwerdeführerin geltend, für den Ausgleich des
Versorgerschadens sei im vorliegenden Fall das
hypothetische Aktivitätsende massgebend und daher von
Tabelle 25 von STAUFFER/SCHÄTZLE (Verbindungsrente für
aktiven Versorger und Versorgte) auszugehen.
  c) Das Verwaltungsgericht hat dargelegt, dass die neuere
bundesgerichtliche Rechtsprechung die Kapitalisierung bei
Invaliditätsschäden auf den Eintritt des AHV-Alters hin
vornehme. In BGE 123 III 115 hat sich das Bundesgericht mit
der Frage nach der zeitlichen Berechnung im Einzelnen
auseinander gesetzt und sowohl auf die Rechtsprechung als
auch auf die daran geübte Kritik in der Doktrin verwiesen.
Es ist zum Schluss gekommen, dass zumindest bei
unselbständiger Erwerbstätigkeit nicht auf die statistische
Erwerbsfähigkeit, sondern gemäss dem gewöhnlichen Lauf der
Dinge auf den Eintritt des AHV-Alters abzustellen sei (BGE
123 III 115 E. 6a-c S. 117). Dieser Entscheid ist mit BGE
124 III 222 E. 3a S. 226 sinngemäss bestätigt worden.
Dieselbe Auffassung wird in der Doktrin vertreten (vgl.
ROLAND BREHM, Berner Kommentar, Band VI/1/3/1, 2. Auflage
1998, Rz. 46 ff., insbes. 46b f. und 60 der Vorbemerkungen
zu Art. 45 und 46 OR; STAUFFER/SCHÄTZLE, Barwerttafeln, 4.
Auflage 1989, Rz. 634 f.; STEPHAN WEBER, Der Rentenschaden:
Zur Berechnung des "Invaliditätsschadens" auf neuer
Grundlage, in: SJZ 88/1992 S. 232).
  Was die Beschwerdeführerin gegen die Kapitalisierung auf
das Alter von 65 Jahren des verstorbenen Ehemanns konkret
vorbringt, vermag keine Bundesrechtsverletzung
nachzuweisen. Nach der dargelegten
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Rechtsprechung wird bei unselbständig Erwerbenden generell
auf das AHV-Alter abgestellt. Es bedürfte daher ganz
besonderer und konkreter Umstände, um auf einen späteren
Zeitpunkt zu kapitalisieren. Solche liegen nicht vor.
Insbesondere kann es nicht allein auf den Wunsch und die
allfällige Notwendigkeit eines weiteren, über das AHV-Alter
von 65 Jahren hinaus reichenden Erwerbseinkommens ankommen.
Denn es kann in keiner Weise abgeschätzt werden, welche
Verhältnisse dannzumal hinsichtlich Arbeitsmarkt und der
tatsächlichen Möglichkeit einer weiteren Erwerbstätigkeit
sowie des Gesundheitszustandes des Ehemanns der
Beschwerdeführerin vorliegen würden.
  d) Die Beschwerdeführerin macht in Bezug auf das
Kapitalisierungsalter weiter geltend, die genannte
Rechtsprechung beziehe sich lediglich auf
Invaliditätsschäden und könne daher nicht auf die
vorliegend umstrittene Entschädigung für einen
Versorgerschaden übertragen werden. Da sie auch über das
AHV-Alter ihres Ehemannes von diesem abhängig wäre, müsse
der Versorgerschaden bis zum Ende der üblichen A-ktivität
auf der Basis des Erwerbseinkommens und danach auf Grund
des Einkommens aus Renten und/oder Vermögen berechnet
werden, welche gemeinsam den Versorgten zukämen. Wegen der
komplizierten doppelten Berechnung werde von der Doktrin
das Abstellen auf die volle Aktivität gemäss dem
statistischen E-rwerbsfähigkeitsalter empfohlen.
  Diese Rüge der Beschwerdeführerin erweist sich als
unbegründet. Sowohl beim Invaliditätsschaden als auch beim
Versorgerschaden geht es in erster Linie darum, eine
Entschädigung für das entgangene Erwerbseinkommen
sicherzustellen. Das Erwerbseinkommen nimmt grundsätzlich
mit dem Erreichen des AHV-Alters sein Ende. Beim
entgangenen Einkommen handelt es sich daher in beiden
Schadensfällen um dieselbe Grösse. Demnach hat auch deren
Berechnung grundsätzlich auf dieselbe Weise zu erfolgen. Es
ist deshalb nicht einzusehen, weshalb die Frage, auf
welches Alter hin kapitalisiert wird, bei Invaliditäts- und
bei Versorgerschaden unterschiedlich beantwortet werden
sollte. Unterschiede bei der konkreten Berechnung ergeben
sich wegen der unterschiedlichen Anspruchsberechtigten
lediglich insofern, als beim Versorgerschaden auch das
Alter der versorgten Person mitberücksichtigt und daher
eine kapitalisierte Rente für verbundene Leben zugesprochen
wird. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid
überzeugend dargelegt, dass das Kapitalisierungsalter
hinsichtlich Invaliditätsschaden und Versorgerschaden
gleich bleibt. Das geht auch
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aus der Rechtsprechung und der Literatur hervor, welche
Invaliditätsschaden und Versorgerschaden insoweit nicht
unterscheiden. Das Bundesgericht machte diesbezüglich in
den Entscheiden BGE 123 III 115, wo ein Invaliditätsschaden
in Frage stand, und BGE 124 III 222, in dem es um die
Anrechnung eines Versorgerschadens ging, keinen
Unterschied. BREHM nennt im Abschnitt über die
Kapitalisierung beide Fälle in einem Zug (BREHM, a.a.O.,
Rz. 27 f. und 42/43 der Vorbemerkungen zu Art. 45 und 46
OR).
  e) Es ist der Beschwerdeführerin einzuräumen, dass über
das AHV-Alter ihres Ehemannes hinaus Versorgungsleistungen
auch aus andern Quellen als aus dem Erwerbseinkommen
fliessen könnten, denen aus der Sicht des Haftpflichtrechts
bzw. des Schadensausgleichs nach dem Opferhilfegesetz
grundsätzlich Rechnung zu tragen wäre. Solche über das
Erwerbseinkommen hinausgehende Versorgungsleistungen sind
indessen im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Soweit es
sich dabei um Erträge aus dem Vermögen des Ehemannes
handeln sollte, ist dieses der Beschwerdeführerin ohnehin
auf Grund von Güter- und Erbrecht bereits zugekommen und
brauchen entsprechende Leistungen nicht ausgeglichen zu
werden. Leistungen aus dem Sozialversicherungsrecht an den
Ehemann nach Erreichen des AHV-Alters wären allein diesem
zugestanden und können nicht unter dem Gesichtswinkel eines
Versorgerschadens berücksichtigt werden (vgl.
STAUFFER/SCHAETZLE, a.a.O., Rz. 255).
  f) Demnach ist die Beschwerde in Bezug auf die Berechnung
des Versorgerschadens abzuweisen. Soweit die
Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang sinngemäss einen
Rentenschaden bzw. Rentenverkürzungsschaden geltend macht,
ist darauf in der folgenden Erwägung einzugehen.
   5.- a) Der Tod des Ehemannes der Beschwerdeführerin kann
für diese einen weiteren finanziellen Schaden bewirken. Es
kann sich ergeben, dass die Beschwerdeführerin bei
Erreichen ihres AHV-Alters von der AHV und der
Pensionskasse infolge geringeren Deckungskapitals und wegen
Beitragslücken nur verringerte Leistungen erhält. Dieser
Schaden wird als R-entenschaden bzw. als
Rentenverkürzungsschaden bezeichnet. In Rechtsprechung und
Literatur wird anerkannt, dass bei gegebener Haftpflicht
auch dieser Rentenverkürzungsschaden nach allgemeinen
Grundsätzen des Haftpflichtrechts zu entschädigen ist (vgl.
BGE 126 III 41 E. 3 S. 44 f.; OFTINGER/STARK,
Schweizerisches Haftpflichtrecht, Band I, Allgemeiner Teil,
5. Auflage 1995, Rz. 308 zu § 6; BREHM, a.a.O., Rz. 23 ff.
der Vorbemerkungen zu Art. 45 und 46 OR; WEBER, a.a.O.,
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S. 230 und 235; MARC SCHAETZLE, Der Schaden und seine
Berechnung, in: Peter Münch/Thomas Geiser, Schaden -
Haftung - Versicherung, Basel/Genf/München 1999, Rz. 9.57).
Damit stellt sich für den vorliegenden Fall die Frage, wie
diesem Rentenverkürzungsschaden Rechnung getragen wird.
  b) In der Literatur wird in Bezug auf Invaliditätsschäden
darauf hingewiesen, dass Rentenschäden einen künftigen,
ersatzpflichtigen, mit der Invalidität in direktem
Zusammenhang stehenden Schaden darstellten. Dem werde mit
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung dadurch Rechnung
getragen, dass eine angemessene Berücksichtigung der
Sozialversicherungsbeiträge (insbesondere von Seiten des
Arbeitgebers) einen umfassenden Schadenersatz gewähre
(BREHM, a.a.O., Rz. 24 der Vorbemerkungen zu Art. 45 und 46
OR; vgl. auch SCHAETZLE, a.a.O., Rz. 9.57 ff.).
  Das Bundesgericht hat sich erstmals in BGE 113 II 345 E.
1b/aa zur Frage geäussert, wie ein Rentenverkürzungsschaden
zu berechnen ist. Es hielt dafür, dass - neben dem
Nettoeinkommen - auch die Sozialversicherungsbeiträge von
Arbeitgeber und Arbeitnehmer an AHV und Pensionskassen
einzubeziehen und nach den Aktivitätstafeln zu
kapitalisieren seien. In BGE 116 II 295 E. 4 präzisierte
es, dass die Berücksichtigung nur insofern erfolgen dürfe,
als den Beitragsleistungen rentenbildende Funktion zukomme.
Entgegen der dazu geäusserten Kritik in der Literatur hielt
das Bundesgericht mit der Begründung an seiner
Rechtsprechung fest, es handle sich um eine einfache und
praktikable Lösung, währenddem es zweifelhaft erscheine, ob
sich der Rentenschaden mit vertretbarem Aufwand konkret
berechnen lasse (Pra 84/ 1995 Nr. 172 S. 548 E. 4b S. 555).
In neueren Urteilen wurde zum Teil davon abgewichen.
Schliesslich hat das Bundesgericht in neuester Zeit die
Frage aufgeworfen, ob angesichts der heute gegebenen
Möglichkeiten konkreter Behandlung die vereinfachende
Lösung über die Kapitalisierung der rentenbildenden
Beiträge noch gerechtfertigt werden könne. Es hat die Frage
indessen ausdrücklich offen gelassen (BGE 126 III 41 E. 3
S. 44 ff.). Demnach ist für den vorliegenden Fall davon
auszugehen, dass mit dem Einbezug der
Sozialversicherungsbeiträge in die Kapitalisierung dem
Rentenverkürzungsschaden voll Rechnung getragen wird. Daran
vermag der Umstand nichts zu ändern, dass der Rentenschaden
gemäss Anregungen in der Doktrin auch in anderer Weise
berücksichtigt und berechnet werden könnte (vgl. WEBER,
a.a.O., S. 232 ff. und 235; SCHAETZLE, a.a.O., Rz. 9.62).
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  c) Im vorliegenden Fall ist in diesem Sinne vorgegangen
und sind die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers
von 11,5% voll aufgerechnet worden. Damit ist im Sinne der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung der
Rentenverkürzungsschaden tatsächlich berücksichtigt worden.
Demnach wird mit der Berechnung des von der
Beschwerdeführerin erlittenen Schadens im angefochtenen
Entscheid auch in dieser Hinsicht kein Bundesrecht verletzt.
   6.- Im Folgenden ist nun zu prüfen, inwiefern auf den
nunmehr feststehenden Schaden Leistungen aus Versicherungen
anzurechnen sind, welche die Beschwerdeführerin erhalten
hat.
  a) Nach Art. 14 Abs. 1 OHG werden Leistungen, die das
Opfer als Schadenersatz erhalten hat, von der Entschädigung
nach OHG abgezogen; ausgenommen werden von dieser
Anrechnung lediglich Leistungen (Renten und
Kapitalabfindungen), die bereits bei der Berechnung der
anrechenbaren Einnahmen berücksichtigt worden sind; in
gleicher Weise werden Genugtuungsleistungen von der
Genugtuung abgezogen.
  Staatliche Entschädigungs- und Genugtuungsleistungen nach
dem OHG haben subsidiären Charakter. Sie werden nur
ausgerichtet, sofern Haftpflichtige oder Sozial- und
Privatversicherungen den entstandenen Schaden nicht
hinreichend decken. Deren Leistungen werden von der
staatlichen Entschädigung (in Bezug auf Schadenersatz und
Genugtuung) abgezogen (BGE 125 II 169 E. 2b/cc S. 174 mit
Hinweisen).
  b) Im vorliegenden Fall macht die Beschwerdeführerin
hinsichtlich der Anwendung von Art. 14 OHG im Wesentlichen
geltend, die ihr von drei Versicherungen ausgerichteten
Leistungen dürften nach Art. 14 OHG nicht bzw. nicht in
vollem Ausmass an ihre Schadenersatzforderungen aus dem OHG
angerechnet werden. Mit dem Vorgehen der Vorinstanz werde
das im Haftpflichtrecht allgemeingültige Kongruenzprinzip
verletzt. Dieser Grundsatz gelte sowohl nach der Literatur
(vgl. PETER GOMM/PETER STEIN/DOMINIK ZEHNTNER, Kommentar
zum Opferhilfegesetz, Bern 1995, Rz. 20 ff. zu Art. 14) als
auch nach dem angefochtenen Entscheid des
Verwaltungsgerichts. Das Gericht führe aus, dass die
Subsidiarität der staatlichen OHG-Leistungen und die
Anrechnung nach Art. 14 OHG nur insoweit gälten, als
Identität zwischen den Kosten, die von Dritten übernommen
werden, und denjenigen, die nach OHG zu ersetzen sind,
besteht (vgl. zum Grundsatz der Kongruenz bei der
Anrechnung verschiedenartiger Leistungen bzw. bei der
Subrogation BGE 124 III 222 E. 3 S. 225 und 112 II 87 E. 2c
S. 94 mit Hinweisen; BREHM,
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a.a.O., Rz. 34 ff. zu Art. 42 OR; OFTINGER/STARK, a.a.O.,
Rz. 185 zu § 11; PETER BECK, Zusammenwirken von
Schadenausgleichssystemen, in: Peter Münch/Thomas Geiser,
Schaden - Haftung - Versicherung, Basel/Genf/München 1999,
Rz. 6.18 ff.).
  c) aa) Das Verwaltungsgericht führte zur Frage der
Anrechnung von Versicherungsleistungen aus, nach dem OHG
gälten eigene Regeln. Der Begriff des Schadenersatzes gehe
in diesem Bereich weiter als im Zivilrecht. Anzurechnen
seien allgemein Leistungen von privaten Versicherungen, die
nach einer Tötung oder Verletzung geleistet werden. Dies
gelte selbst dann, wenn es sich dabei um eine
Summenversicherung handelt, die unabhängig davon entrichtet
wird, ob dem Opfer ein materieller Schaden überhaupt
entstanden ist oder nicht. Im Zivilrecht sei eine
Anrechnung von Summenversicherungen nach Art. 96 des
Bundesgesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG, SR
221.229.1) ausgeschlossen; Lebensversicherungen berührten
den Schaden üblicherweise nicht. Die Kumulation sei demnach
zwar nach dem Zivilrecht zulässig. Demgegenüber habe das
Opferhilfegesetz eine unterschiedliche Regelung getroffen.
Es wolle nur - aber immerhin - sicherstellen, dass die von
der öffentlichen Hand erbrachten Leistungen das Opfer im
Schadensfall entschädigen. Dieses Ziel werde erreicht, wenn
der Schaden ersetzt wird. Dies gelte insbesondere auch
dann, wenn eine Summenversicherung den Schadensbetrag
ersetzt.
  bb) Im angefochtenen Entscheid wird in diesem
Zusammenhang auf den OHG-Kommentar verwiesen
(GOMM/STEIN/ZEHNTNER, a.a.O., Rz. 12 ff. zu Art. 14). Darin
werden Leistungen aufgezählt, die sich das Opfer nach
Erhalt unter dem Gesichtswinkel von Art. 14 Abs. 1 OHG
anrechnen lassen muss (Rz. 13 ff.). Dazu sollen
insbesondere gehören Leistungen aus privaten Versicherungen
wie Lebensversicherungen, privaten Invalidenversicherungen,
privaten Krankenversicherungen, privaten
Unfallversicherungen, Unfall-Zusatzversicherungen, Kranken-
und Taggeldversicherungen sowie Todesfallleistungen irgend
welcher Versicherungen (Rz. 14). Weiter wird ausgeführt,
der Staat als Zahlungspflichtiger aus OHG sei nicht
V-ersicherer im Sinne von Art. 96 VVG, weshalb die volle
Kumulation der Ansprüche gemäss OHG mit entsprechenden
Ansprüchen aus Versicherungsvertrag ausgeschlossen sei (Rz.
17). Bei der Ausgestaltung des Gesetzes sei bewusst davon
ausgegangen worden, dass demjenigen, welcher für sich
selber durch den Abschluss von Versicherungen gesorgt hat,
deren Leistungen angerechnet würden (Rz. 18).
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  cc) In der Botschaft zur Volksinitiative zur
Entschädigung der Opfer von Gewaltverbrechen, auf die der
Kommentar verweist, werden die Folgen einer Straftat für
diejenigen Opfer beschrieben, die über keine entsprechenden
Sozialversicherungen verfügen oder keine Versicherungen
abgeschlossen haben, welche die finanziellen Folgen einer
Straftat decken (BBl 1983 III 879 f.). Hinsichtlich des
Gegenvorschlages zur Volksinitiative wird der subsidiäre
Charakter der staatlichen finanziellen Hilfe hervorgehoben
und bekräftigt, der Staat müsse nur eingreifen, wenn das
Opfer nicht von anderer Seite (vom Täter, einem Dritten,
einer Privat- oder Sozialversicherung) Schadenersatz erhält
(a.a.O., S. 869).
  Der Bundesrat ist in der Botschaft zu einem Bundesgesetz
über die Hilfe an Opfer von Straftaten davon ausgegangen,
dass das damalige Recht keine wirksame, rasche und
hinreichende Deckung des Schadens, den das Opfer einer
Straftat erleidet, garantiert (BBl 1990 II 975). Er hebt
die Notwendigkeit einer staatlichen Entschädigungspflicht
hervor. Die Entschädigung durch den Staat soll indessen die
Ausnahme bilden und gegenüber den andern, dem Opfer bereits
zustehenden Entschädigungsmöglichkeiten subsidiär bleiben
(a.a.O., S. 976). In den Erläuterungen zu Art. 14 OHG wird
lediglich der Wortlaut der vorgeschlagenen Bestimmung
wiederholt und auf die Möglichkeit hingewiesen, dass von
der Entschädigung alle Leistungen in Abzug gebracht werden,
die das Opfer bereits als Schadenersatz erhalten hat
(a.a.O., S. 993).
  dd) Es braucht im vorliegenden Fall nicht abstrakt
geklärt zu werden, inwiefern die Kongruenzgrundsätze des
Haftpflichtrechts im Einzelnen auf den Bereich des
Opferhilfegesetzes übertragen werden können und sollen. Es
genügt, in Anlehnung an diese Grundsätze vom Wortlaut von
Art. 14 OHG auszugehen.
  Nach Art. 14 Abs. 1 OHG werden von der Entschädigung im
Sinne von Art. 11-13 OHG jene Leistungen abgezogen, die das
Opfer als Schadenersatz erhalten hat. Auf Grund des
subsidiären Charakters der Opferhilfe soll vermieden
werden, dass das Gemeinwesen Leistungen für einen Schaden
erbringt, der von dritter Seite bereits ganz oder teilweise
abgedeckt wird. Dabei sind nach dem Wortlaut von Art. 14
Abs. 1 OHG nur solche Drittleistungen zu berücksichtigen,
die tatsächlich dem Schadensausgleich dienen. Das Gesetz
spricht ausdrücklich von Leistungen, die das Opfer als
Schadenersatz erhalten hat. Der Begriff des Schadenersatzes
ist im Sinne des Haftpflichtrechts zu verstehen. Demnach
scheiden Drittleistungen aus, die unter einem anderen Titel
erbracht werden.
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In gleicher Weise ist nach Art. 14 Abs. 1 Satz 3 OHG bei
der Genugtuung vorzugehen.
  Aus den erwähnten Materialien ergibt sich in gleicher
Weise, dass der Staat einzuspringen habe, wenn das Opfer
nicht von dritter Seite Schadenersatz erhält. Soweit
ersichtlich, ist nirgends davon die Rede, dass eine
Anrechnung auch dann zu erfolgen hätte, wenn von dritter
Seite unter einem anderen Titel Leistungen erbracht werden.
Der OHG-Kommentar erwähnt wohl die Anrechenbarkeit von
Leistungen aus Lebensversicherungen, unterscheidet indessen
insbesondere nicht die Formen der Risiko- und der
Kapitalversicherungen und legt das Gewicht auf
Einrichtungen, die in irgendeiner Form dem
Schadensausgleich dienen.
  Ausgehend von der Unterscheidung zwischen Schadens- und
Summenversicherungen zählt das Verwaltungsgericht auch
letztere zum Schadenersatz im Sinne von Art. 14 Abs. 1 OHG.
Während Schadensversicherungen klar auf die Deckung von
bestimmten Schäden ausgerichtet sind, dienen
Summenversicherungen nicht primär dem Schadensausgleich,
sondern erbringen im Voraus vereinbarte Leistungen (vgl.
BECK, a.a.O., Rz. 6.86; STEPHAN WEBER, Privatversicherung,
in: Peter M-ünch/Thomas Geiser, Schaden - Haftung -
Versicherung, Basel/Genf/München 1999, Rz. 4.104 ff.).
Dieser Umstand allein rechtfertigt es allerdings nicht, die
ausgerichteten Leistungen der Summenversicherungen ganz
allgemein im Sinne von Art. 14 Abs. 1 OHG anzurechnen. Wie
oben dargetan, sollen in erster Linie Leistungen verrechnet
werden, die das Opfer unter dem Titel des Schadenausgleichs
infolge eines schädigenden Ereignisses erhalten hat. Dazu
können indessen solche nicht gerechnet werden, welche das
Opfer ohnehin früher oder später (in einem bestimmten
Ausmass) erhalten hätte. Insbesondere die Auszahlung eines
- im Einzelnen zu berechnenden - Teils am Alterskapital bei
gemischten Personenversicherungen kann nicht als
Schadensausgleich betrachtet und daher nicht im Sinne von
Art. 14 Abs. 1 OHG verrechnet werden. Es ist daher im
Einzelfall gestützt auf die konkreten
Versicherungsleistungen festzulegen, welche Teile als
Schadenersatz anzurechnen sind und welche nicht.
  Auf Grund dieser Erwägungen ist für den vorliegenden Fall
zu prüfen, wie es sich mit der Anrechnung der der
B-eschwerdeführerin ausgerichteten Versicherungsleistungen
konkret verhält.
  d) Aus dem Erbschaftsinventar ergibt sich, dass der
verstorbene Ehemann drei Versicherungen abgeschlossen hat.
Die entsprechenden Policen liegen den Akten indessen nicht
bei.
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  aa) Die Versicherung Helvetia/Patria ist eine reine
Kapitalversicherung im Umfang von Fr. 40'000.-. Es ist
daher davon auszugehen, dass die Versicherungsleistung im
Erlebensfall auch ohne das tragische Ereignis nach Ablauf
der Laufzeit ausbezahlt worden wäre. Die Auszahlung an die
Beschwerdeführerin als solche steht damit grundsätzlich in
keinem direkten Zusammenhang mit dem Tod des Ehemannes. Sie
weist daher keineswegs den Charakter eines
Schadensausgleichs auf. Nach den vorstehenden Erwägungen
kann sie daher unter dem Gesichtswinkel von Art. 14 Abs. 1
OHG grundsätzlich nicht angerechnet werden.
  Es gilt allerdings zu beachten, dass die
Beschwerdeführerin im Erlebensfall nicht in den vollen
Genuss der Auszahlung gelangt wäre. Auf Grund von Güter-
und Erbrecht hätte sie nur einen Teil der Auszahlung für
sich beanspruchen können. Nur dieser Teil kann als
unabhängig vom Todesfall ihres Ehemannes bezeichnet werden.
Daraus folgt, dass sie sich diesen Teil unter dem
Gesichtswinkel von Art. 14 Abs. 1 OHG nicht anrechnen
lassen muss. Den anderen Teil indessen hat sie in direktem
Zusammenhang mit dem Todesfall ihres Ehemannes erhalten,
sodass sie sich eine entsprechende Anrechnung gefallen
lassen muss.
  Darüber hinaus gilt es zu beachten, dass die
Beschwerdeführerin bereits heute in den Genuss der
Versicherungsleistung gekommen ist und sofort über das ihr
zustehende Kapital verfügen kann. Dies rechtfertigt eine
entsprechende Diskontierung. Im Ausmasse der Diskontierung
auf dem Teil, den sie unabhängig vom Todesfall erhalten
hätte, gelangt sie daher in den Genuss einer Leistung, die
mit dem Schadenereignis zusammenhängt und die sie sich im
Sinne von Art. 14 Abs. 1 OHG als Schadensausgleich
ebenfalls anrechnen lassen muss.
  bb) Bei der Berner Leben-Versicherung weist das
Erbschaftsinventar die Hauptversicherung im Umfang von Fr.
30'000.- und einen Zusatz-Posten Unfalltod im Umfang von
Fr. 30'000.- aus. Der Teilposten Unfalltod kann im Sinne
des angefochtenen Entscheides als Entschädigung für den Tod
des Ehemannes betrachtet werden. Hierfür hat daher eine
Anrechnung nach Art. 14 Abs. 1 OHG zu erfolgen. Für den
andern Teil ist auf Grund der zur Verfügung stehenden Akten
wie in der vorstehenden Erwägung davon auszugehen, dass es
sich um eine Kapitalversicherung handelt. Deren Auszahlung
ist daher nur in dem in der vorstehenden Erwägung
umschriebenen Ausmass anzurechnen.
 cc) Schliesslich ist der Beschwerdeführerin von der Zürich
Leben
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für den Bereich der beruflichen Vorsorge das
Todesfallkapital im Ausmass von Fr. 20'015.50 entrichtet
worden. Die dieser Kapitalzahlung zu Grunde liegende Rente
wäre der Beschwerdeführerin lebenslänglich ausgerichtet
worden. Die Kapitalabfindung enthält folglich auch den
Anteil der Altersrente der Witwe. Dieser hat indessen
offensichtlich keine schadensausgleichende Funktion,
sondern wäre der B-eschwerdeführerin auch ohne den Tod
ihres Ehemannes zugekommen. In diesem Ausmass muss sie sich
daher die Leistungen der Zürich Leben nicht anrechnen
lassen.
  e) Auf Grund dieser Erwägungen ergibt sich, dass die
volle Anrechnung sämtlicher Leistungen der genannten drei
Versicherungen auf den erlittenen Schaden vor Art. 14 Abs.
1 OHG nicht standhält und der angefochtene Entscheid daher
Bundesrecht verletzt. Die Beschwerde erweist sich daher
teilweise als begründet.
  Zur konkreten Berechnung der auf Grund der vorstehenden
Erwägungen vorzunehmenden Anrechnung der ausgerichteten
Versicherungsleistungen nach Art. 14 Abs. 1 OHG - sowie zur
Neufestsetzung der Kostenregelung im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren - ist die Sache an das
Verwaltungsgericht zurückzuweisen (Art. 114 Abs. 2 OG).

Lausanne, 22. Juni 2000