Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.261/1999
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1A.261/1999/mks

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                       23. März 2000

Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Aeschli-
mann, Ersatzrichter Seiler und Gerichtsschreiber Haag.

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                         In Sachen

E s c o r  A u t o m a t e n  AG, Industriestrasse 34,
Düdingen, Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat Martin
Wagner, Steinenberg 19, Postfach, Basel,

                           gegen

Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement,

                         betreffend
              Spielautomat Snapspot 20N Senso,

hat sich ergeben:

     A.- Die Escor Automaten AG stellte am 27. Januar 1999
beim Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)
einen Prüfantrag im Sinne von Art. 3 des Bundesgesetzes vom
5. Oktober 1929 über die Spielbanken (Spielbankengesetz,
SBG, SR 935.52) bzw. Art. 5 der Verordnung vom 22. April
1998 über die Geldspielautomaten (Geldspielautomatenver-
ordnung, GSAV, SR 935.522) für den Geldspielautomaten Snap-
spot 20N Senso.

        Mit Verfügung vom 11. Oktober 1999 entschied das
EJPD, dass es sich beim Snapspot 20N Senso um einen verbo-
tenen Glücksspielautomaten gemäss Art. 3 Abs. 1 SBG und
Art. 2 Abs. 2 GSAV handle. Das Inbetriebsetzen des Auto-
maten sei verboten.

     B.- Die Escor Automaten AG beantragt mit Verwaltungs-
gerichtsbeschwerde vom 9. November 1999 beim Bundesgericht,
die Verfügung des EJPD vom 11. Oktober 1999 sei aufzuheben
und es sei festzustellen, dass der Geldspielautomat Snap-
spot 20N Senso einen Geschicklichkeitsspielautomaten im
Sinne von Art. 2 Abs. 3 GSAV darstelle.

     C.- Das EJPD schliesst auf Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf eingetreten werden könne.

        In dem vom Bundesgericht angeordneten zweiten
Schriftenwechsel halten die Parteien an ihren Rechtsbe-
gehren fest.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- Der Entscheid, mit welchem das EJPD gemäss Art. 3
Abs. 2 SBG über die Zulässigkeit von Geldspielautomaten
befindet, ist eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG
(BGE 125 II 152 E. 4c/aa S. 162). Diese unterliegt der Ver-
waltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht (Art. 97 und
Art. 98 lit. b OG). Eine Ausnahme gemäss den Art. 99 ff. OG
liegt nicht vor. Namentlich handelt es sich dabei nicht um
einen Entscheid über eine Bau- oder Betriebsbewilligung für
technische Anlagen im Sinne von Art. 99 Abs. 1 lit. e OG,
gegen welchen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig
wäre. Diese Bestimmung schliesst die Verwaltungsgerichts-
beschwerde dort aus, wo über das technische Genügen einer
Anlage als Voraussetzung für deren Zulässigkeit befunden
wird (BGE 123 II 88 E. 1a/dd S. 92 mit Hinweisen). Vorlie-
gend geht es indessen darum, ob der fragliche Gerätetyp auch
dann, wenn er technisch einwandfrei funktioniert, mit der
sozialpolitisch motivierten Regelung des Spielbankengesetzes
vereinbar ist. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher
zulässig (vgl. BGE 124 IV 313 E. 5a S. 317 mit Hinweisen;
BGE 101 Ib 318). Die Beschwerdeführerin ist zur Beschwerde
legitimiert (Art. 103 lit. a OG). Auf die Verwaltungsge-
richtsbeschwerde ist einzutreten.

     2.- Die Beschwerdeführerin beanstandet, dass das EJPD
ihr keine Gelegenheit gegeben habe, den fraglichen Automaten
vorzuführen. Das widerspreche Art. 6 GSAV.

        Gemäss Art. 6 GSAV müssen Geldspielautomaten, für
welche ein Prüfantrag eingereicht wurde, dem Bundesamt für
Polizeiwesen zur Prüfung vorgeführt werden. Schon der Wort-
laut dieser Bestimmung lässt eher auf eine Pflicht des

Gesuchstellers schliessen, den Apparat vorzuführen, als auf
eine Pflicht des Bundesamtes, in jedem Falle sich den Auto-
maten vorführen zu lassen. Das ergibt sich auch aus einer
systematischen Auslegung: Die Vorführung dient offensicht-
lich dazu, dass die Behörde sich ein Bild vom betreffenden
Automaten machen kann. Sie ist mithin ein Element der Sach-
verhaltsfeststellung, die in den Art. 12 ff. VwVG geregelt
ist. Ein Augenschein ist gemäss Art. 12 lit. d VwVG "nöti-
genfalls" durchzuführen, das heisst dann, wenn der rechts-
erhebliche Sachverhalt nur auf diese Weise abgeklärt werden
kann. Er erübrigt sich jedoch, wenn der rechtserhebliche
Sachverhalt nicht umstritten ist oder auch ohne Augenschein
einwandfrei festgestellt werden kann.

        Wie sich aus dem Folgenden (E. 3) ergibt, ist vor-
liegend der rechtserhebliche Sachverhalt gar nicht umstrit-
ten. Eine Vorführung gemäss Art. 6 GSAV erübrigt sich daher.

     3.- a) Das Departement führte in der angefochtenen Ver-
fügung aus, beim Geldspielautomaten Snapspot 20N Senso ent-
scheide in einer ersten Spielphase der Zufall (Zufallsgene-
rator bzw. Software des Gerätes), ob beim betreffenden Spiel
überhaupt ein Gewinn in Aussicht gestellt werde. In dieser
Phase habe die Geschicklichkeit des Spielers keinen Einfluss
auf einen eventuellen Gewinn und auf dessen Höhe. Wenn auf-
grund dieser ersten Spielphase feststehe, dass ein den Ein-
satz übersteigender Gewinn oder ein sogenannter Bonusgewinn
von einem Zehntel des Einsatzes (was einem Verlust von neun
Zehnteln des Einsatzes gleichkomme) in Aussicht stehe, habe
der Spieler in einer zweiten Phase noch zu versuchen, das
Realisieren dieses Gewinns durch seine Geschicklichkeit zu
beeinflussen. Die Geschicklichkeit bestehe darin, dass der
Spieler versuche, eine vom Gerät vorgegebene Ton/Bild-Folge

in gleicher Reihenfolge durch Drücken eines Knopfes abzu-
stoppen. In seiner Beschwerdevernehmlassung führt das EJPD
weiter aus, in der Regel werde in der ersten Phase in 87 %
der Spiele nur ein "Bonusgewinn" in Aussicht gestellt. Damit
sei der Ausgang des Spiels weitgehend entschieden und der
Spieler erleide unweigerlich einen Verlust von mindestens
90 % des Einsatzes.

        b) Die Beschwerdeführerin bestreitet diese Darstel-
lung im Grunde nicht. Sie führt in ihrer Beschwerde ledig-
lich aus, nach der ersten Phase, in welcher ein Zufalls-
generator entscheide, mit welchem Einsatz der Spieler mit
der Geschicklichkeitsprüfung beginnen könne, habe es der
Spieler im weiteren Verlauf selber und ausschliesslich auf-
grund seiner Geschicklichkeit in der Hand, den Ausgang des
Spiels zu bestimmen. Der Geschicklichkeit komme damit die
absolut entscheidende Rolle zu. Der Zufall spiele für den
Spielausgang keine entscheidende Rolle. Durch Zufall werde
nur festgelegt, mit welchem Einsatz der Spieler mit der
Geschicklichkeitsprüfung beginnen könne, während seine Ge-
schicklichkeit allein entscheide, ob schlussendlich ein
Gewinn oder ein Verlust vorhanden sei. Auch im zweiten
Schriftenwechsel führt die Beschwerdeführerin einzig den
Verlauf dieser zweiten Spielphase weiter aus.

        c) Damit ist der rechtserhebliche Sachverhalt nicht
umstritten. Das EJPD stellt nicht in Abrede, dass in der
zweiten Spielphase die Geschicklichkeit des Spielers darüber
entscheidet, ob der Gewinn realisiert wird oder nicht. Aus-
schlaggebend für das Verbot war vielmehr die Tatsache, dass
in der ersten Spielphase allein aufgrund des Zufalls der
mögliche Gewinn festgelegt wird und dass dieser "Gewinn"
in 87 % der Spiele einem Verlust von mindestens 90 % des
Einsatzes entspricht. Dies wiederum wird auch von der Be-
schwerdeführerin nicht bestritten. Es steht somit fest, dass

- ausschliesslich zufallsgesteuert - in 87 % der Spiele ein
Verlust eintritt. Die Geschicklichkeit des Spielers kann in
diesen Fällen einzig beeinflussen, ob der Verlust 90 % oder
100 % des Einsatzes beträgt. In den übrigen 13 % der Spiele
steht ein Gewinn in Aussicht, der den Einsatz übersteigt und
dessen Realisierung von der Geschicklichkeit des Spielers
abhängt.

     4.- Umstritten ist die rechtliche Würdigung dieses
Sachverhalts.

        a) Nach Art. 1 und 2 SBG sind Glücksspiele, bei
welchen gegen Leistung eines Einsatzes ein Geldgewinn in
Aussicht steht, der ganz oder vorwiegend vom Zufall abhängt,
verboten. Das Aufstellen von Spielautomaten gilt gemäss
Art. 3 Abs. 1 SBG als verbotene Glücksspielunternehmung,
sofern nicht der Spielausgang in unverkennbarer Weise ganz
oder vorwiegend auf Geschicklichkeit beruht. Dies wird in
Art. 2 Abs. 2 GSAV präzisiert: Als Glücksspielautomat gilt
ein Apparat, der gegen Leistung eines Einsatzes ein Glücks-
spiel anbietet und die spielentscheidenden Phasen selbst-
tätig steuert. Er stellt einen Geldgewinn oder einen anderen
vermögenswerten Vorteil in Aussicht. Die Entscheidung über
Gewinn oder Verlust hängt ganz oder vorwiegend vom Zufall
ab.

        b) Beim Automaten Snapspot 20N Senso entscheidet
zwar in der zweiten Phase die Geschicklichkeit des Spielers
darüber, ob die "Gewinnofferte" realisiert wird. Da aber
diese "Gewinnofferte" rein zufallsgesteuert in 87 % der
Fälle nur einen sogenannten "Bonusgewinn" in Aussicht
stellt, bedeutet dies, dass mit einer Wahrscheinlichkeit
von 87 % unabhängig von der Geschicklichkeit des Spielers
ein Verlust von mindestens 90 % des Einsatzes eintritt.

Einzig in den verbleibenden 13 % der Fälle kann der Spieler
den Ausgang des Spiels beeinflussen. Damit hängt die Ent-
scheidung über Gewinn oder Verlust vorwiegend vom Zufall und
nicht von der Geschicklichkeit ab.

        c) Mit "Gewinn" oder "Verlust" meint Art. 2 Abs. 2
GSAV unzweideutig den Geldgewinn. Das ergibt sich noch
klarer aus Art. 2 Abs. 2 SBG, welcher von "Geldgewinn"
spricht, der ganz oder vorwiegend vom Zufall abhängt. Dass
angeblich das Spielen mit dem Snapspot 20N Senso eine Spiel-
freude verschafft, ist daher entgegen der Ansicht der Be-
schwerdeführerin für die Beurteilung als Glücksspielautomat
unerheblich.

        d) Das EJPD hat somit zu Recht den Automaten Snap-
spot 20N Senso als verbotenen Glücksspielautomaten qualifi-
ziert.

     5.- Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des
Rechtsgleichheitsgebots. Das EJPD habe am 20. Dezember 1993
den Automaten Snapspot 20N Super als erlaubten Geschicklich-
keitsspielautomaten bezeichnet. Der Automat Snapspot 20N
Senso habe die gleiche Basis wie der Automat Super, so dass
sich keine unterschiedliche Behandlung rechtfertige.

        Nach der früheren Homologationspraxis des EJPD
reichte bereits eine unwesentliche Geschicklichkeitsphase
aus, um einen Geldspielautomaten als Geschicklichkeits-
spielautomaten zu qualifizieren (vgl. BGE 125 II 152 E. 4
S. 160). Die Verfassungs- und Gesetzmässigkeit dieser gross-
zügigen Praxis wurde indessen bereits seit längerer Zeit in
Frage gestellt (BGE 125 II 152 E. 4c S. 162; 106 Ia 191,
nicht publ. E. 6c). Die Bundesbehörden stellten daher ab
1996 in Aussicht, die bisherige Praxis zu überprüfen und zu

verschärfen (BGE 125 II 152 Bst. B.- und D.- S. 154 f.; 124
IV 313 E. 8b S. 319). Als Resultat dieser Überprüfung er-
liess der Bundesrat am 22. April 1998 die Geldspielautoma-
tenverordnung, mit welcher die (verbotenen) Glücksspiel-
automaten neu definiert wurden. Entsprechend verschärfte das
EJPD seine Homologationspraxis. Wie das Bundesgericht be-
reits entschieden hat, ist diese neue Praxis besser im Ein-
klang mit dem Gesetz als die frühere und der Bund daher be-
rechtigt, seine Rechtsanwendung den neuen Erkenntnissen
anzupassen (BGE 125 II 152 E. 4b und c S. 161 ff. und E. 5
S. 166). Es besteht kein Anspruch auf Beibehaltung einer als
gesetzwidrig erkannten Praxis. Eine nachträgliche Gleichbe-
handlung im Unrecht könnte höchstens dann in Frage kommen,
wenn die zuständige Behörde zu erkennen gäbe, dass sie auch
in Zukunft nicht gesetzeskonform zu entscheiden gedenke
(BGE 125 II 152 E. 5 S. 166). Davon kann keine Rede sein:
Das EJPD hat sowohl in seinen Rechtsschriften im vorliegen-
den Verfahren als auch in anderen Fällen (nicht publiziertes
Urteil des Bundesgerichts vom 3. März 2000 i.S. CTS Congrès
SA) deutlich gemacht, dass es gewillt ist, die neue Praxis
konsequent durchzusetzen. Die Rechtsgleichheit ist nicht
verletzt.

     6.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich damit
als unbegründet. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die
Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153 und Art. 153a OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der
Beschwerdeführerin auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin und dem
Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement schriftlich
mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 23. März 2000

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: