I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.251/1999
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1A.251/1999/mng I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG ********************************** 30. März 2000 Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Féraud, Bundesrichter Jacot-Guillarmod und Gerichtsschreiber Forster. --------- In Sachen 1. A.________, 2. B.________, 3. C.________, 4. D.________, 5. E.________, 6. F.________, Beschwerdeführer, alle wohnhaft in Beirut/Libanon, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Caterina Nägeli, Grossmünsterplatz 9, Zürich, gegen Direktion der Justiz und des Innern (Kantonale Opfer- hilfestelle) des Kantons Z ü r i c h, Sozialversicherungsgericht (II. Kammer) des Kantons Z ü r i c h, betreffend Opferhilfegesetz, Bemessung der Genugtuung, hat sich ergeben: A.- Am 8. Oktober 1994 wurde X.________ bei einer Schiesserei auf der Kornhausbrücke in Zürich (unweit des Lettenareals) getötet. Mit Begehren vom 11. Juli 1995 bzw. 18. Juni 1996 stellten die Ehefrau des Getöteten, A.________, sowie dessen Kinder B.________ und C.________ (beide geboren 1980), D.________ (geboren 1983), E.________ (geboren 1986) sowie F.________ (geboren 1988) bei der Direktion der Justiz des Kantons Zürich ein Opferhilfegesuch um Ausrichtung von Entschädigung und Genugtuung. B.- Nach Abschluss der Strafuntersuchung, welche (in- folge unbekannter Täterschaft) am 16. Juni 1997 mit einer Einstellungs- und Sistierungsverfügung endete, erliess die Direktion der Justiz des Kantons Zürich (Abteilung Opfer- hilfe) am 10. November 1997 ihren Entscheid über das Opfer- hilfegesuch. Das Entschädigungsbegehren wurde im Betrag von Fr. 855.40 (Sargtransportkosten) gutgeheissen und im Mehrbe- trag abgewiesen. Auf eine Rückforderung eines zur Schadens- deckung bereits geleisteten Vorschusses von Fr. 2'500.-- wurde verzichtet. Ausserdem sprach die Justizdirektion A.________ eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 2'000.-- und den obengenannten Kindern eine solche von je Fr. 1'600.-- (insgesamt Fr. 10'000.--) zu. Bei der Bemessung der Genug- tuungen schloss die Justizdirektion u.a auf ein Mitverschul- den des Getöteten und es berücksichtigte die Lebenshaltungs- kosten der im Libanon wohnenden Ansprecher. C.- Gegen den Entscheid der Justizdirektion erhoben A.________ und die obengenannten Kinder am 11. Dezember 1997 Beschwerde beim kantonalen Sozialversicherungsgericht. Sie beantragten die Zusprechung eines Schadenersatzes von Fr. 4'277.10 sowie von Genugtuungen in der Höhe von Fr. 40'000.-- an die Ehefrau bzw. je Fr. 20'000.-- an die Kinder. Mit Urteil vom 9. September 1999 wies das Sozialver- sicherungsgericht (II. Kammer) des Kantons Zürich die Be- schwerde ab. D.- Gegen die Bemessung der opferhilferechtlichen Ge- nugtuungen erhoben A.________ und die obengenannten Kinder am 21. Oktober 1999 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 11 - 13 OHG sowie des Willkürverbotes und stellen folgendes Rechts- begehren: "1. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichtes des Kantons Zürich, II. Kammer, vom 9. September 1999 sei aufzuheben. 2. Den Beschwerdeführern seien die mit Verfügung der Direktion für Justiz des Kantons Zürich vom 10. November 1997 ausgesprochenen Genugtuungen im Umfang von Fr. 2'000.-- für die Ehefrau und Fr. 1'600.-- für die Kinder zu erhöhen bzw. volle Genugtuung von Fr. 40'000.-- für den Ehe- partner des Opfers und von Fr. 20'000.-- pro Kind des Opfers, total also Fr. 140'000.--, zuzusprechen." E.- Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und das Bundesamt für Justiz haben am 1. November bzw. 22. Dezember 1999 auf eine Vernehmlassung je ausdrücklich verzichtet, während von der Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich keine Stellungnahme eingetroffen ist. Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1.- a) Das angefochtene Urteil stellt einen letztin- stanzlichen kantonalen Entscheid über ein Opferhilfebegehren dar. Da das eidgenössische Opferhilfegesetz (nach Massgabe der gesetzlichen Voraussetzungen) einen Anspruch auf Genug- tuung vorsieht, kommt der Ausschlussgrund von Art. 99 lit. h OG nicht zur Anwendung. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht ist zulässig (Art. 97 OG i.V.m. Art. 5 VwVG; vgl. BGE 125 II 169 E. 1 S. 171 f.; 122 II 211 E. 1 S. 212 f., je mit Hinweisen). Die Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. b) Zulässige Beschwerdegründe sind die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Miss- brauch des Ermessens (Art. 104 lit. a OG). Das Bundesgericht prüft die Anwendung von Bundesrecht durch die kantonale Justiz grundsätzlich nur im Rahmen des konkreten Streitge- genstandes (vgl. z.B. BGE 117 Ib 64 E. 2c S. 73). Die kan- tonalen Instanzen bejahen im Prinzip das Vorliegen eines Genugtuungsanspruches der Beschwerdeführer. Sie stellen sich jedoch auf den Standpunkt, die Genugtuungen seien wegen Mit- verschuldens des Getöteten und angesichts der deutlich ge- ringeren Lebenshaltungskosten der im Libanon lebenden Beschwerdeführer massiv zu kürzen. Nach dem Gesagten ist im vorliegenden Fall nicht zu prüfen, ob die in Art. 12 Abs. 2 OHG genannten Voraussetzungen für das Bestehen eines Genug- tuungsanspruches (namentlich die schwere Betroffenheit der Beschwerdeführer und das Vorliegen "besonderer Umstände") erfüllt sind. c) Da das angefochtene Urteil von einer richterli- chen Behörde erlassen wurde (vgl. Art. 17 OHG), bindet deren Tatsachenfeststellung das Bundesgericht, sofern der rechts- erhebliche Sachverhalt nicht offensichtlich unrichtig, un- vollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrens- vorschriften ermittelt worden ist (Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 104 lit. b OG). Soweit die Verwaltungsgerichtsbeschwer- de gegeben (und die staatsrechtliche Beschwerde daher ausge- schlossen) ist, kann auch die Verletzung verfassungsmässiger Individualrechte mitgerügt werden (vgl. BGE 122 II 373 E. 1b S. 375). 2.- Das Opfer einer in der Schweiz verübten Straftat (im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG) kann im Kanton, in dem die Tat verübt wurde, eine Entschädigung oder Genugtuung geltend machen (Art. 11 Abs. 1 OHG). Der Ehegatte und die Kinder des Opfers sind diesem gleichgestellt (Art. 2 Abs. 2 lit. c OHG). Den Ansprechern kann unabhängig von ihrem Einkommen eine Genugtuung ausgerichtet werden, wenn sie schwer betrof- fen sind und besondere Umstände es rechtfertigen (Art. 12 Abs. 2 OHG). Eine Opferhilfeentschädigung kann herabgesetzt werden, wenn das Opfer den Schaden wesentlich mitverschuldet hat (Art. 13 Abs. 2 OHG). 3.- Die kantonalen Instanzen haben die den Beschwerde- führern zugesprochenen Genugtuungssummen um je 80% gekürzt, da dem Getöteten ein erhebliches Mitverschulden zuzurechnen sei. Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, die An- nahme eines Selbstverschuldens basiere auf willkürlichen Tatsachenfeststellungen und die Reduktion der Genugtuungen um 80% sei bundesrechtswidrig. a) Das Opferhilfegesetz enthält keine Bestimmungen über die Bemessung der Genugtuung gemäss Art. 12 Abs. 2 OHG. Zwar entspricht diese Vorschrift weitgehend den in Art. 47 bzw. Art. 49 OR vorgesehenen Anspruchsvoraussetzungen und sind im Bereich der Opferhilfe die von den Zivilgerichten entwickelten Grundsätze zur Bemessung der Genugtuung sinn- gemäss heranzuziehen. Die zivilrechtlichen bzw. opferhilfe- rechtlichen Genugtuungsleistungen unterscheiden sich jedoch sowohl bezüglich des Schuldners als auch hinsichtlich der Rechtsnatur der Ansprüche, was gewisse Unterschiede bei den Anspruchs- und Bemessungskriterien rechtfertigen kann. Die staatliche Opferhilfe entspringt dem Gedanken der Hilfeleis- tung, nicht der Staatshaftung (BGE 125 II 169 E. 2b S. 173, 554 E. 2a S. 555 f.; 124 II 8 E. 3d/bb S. 14; 123 II 210 E. 3b S. 214; 121 II 369 E. 3c/aa S. 373, je mit Hinweisen). Bei der Zusprechung und Bemessung von opferhilferechtlichen Genugtuungen kommt den kantonalen Instanzen im Übrigen ein erhebliches Ermessen zu (BGE 125 II 169 E. 2b/bb S. 174; 123 II 210 E. 2c S. 212 f.; 121 II 369 E. 3c S. 373). b) Der Wortlaut von Art. 13 Abs. 2 OHG sieht eine Herabsetzung des Opferhilfeanspruches wegen wesentlichen Mitverschuldens nur für die Entschädigung vor, weshalb diese Bestimmung nach der Praxis des Bundesgerichtes nicht unbese- hen auf die Genugtuung ausgedehnt werden kann. Bei der Zu- sprechung und Bemessung einer opferhilferechtlichen Genug- tuung handelt es sich jedoch um einen Billigkeitsentscheid, bei dem eine Vielzahl von Kriterien Berücksichtigung finden kann. Dabei erschiene es inkonsequent, wenn ausgerechnet der Gesichtspunkt des Selbstverschuldens ausser acht gelassen würde. Nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Opfer- hilferegelung ist ein allfälliges Mitverschulden des Opfers nicht erst ab einem bestimmten ("wesentlichen") Verschul- densgrad mitzuberücksichtigen. Vielmehr muss grundsätzlich eine Abstufung möglich sein zwischen Fällen, in denen über- haupt kein Mitverschulden vorliegt und solchen, wo zumindest ein leichtes bis mittleres Opferverschulden gegeben ist (BGE 123 II 210 E. 3b/cc S. 215 f.). Falls die opferhilferechtlichen Voraussetzungen einer Genugtuung erfüllt sind, darf die Genugtuung wegen Mitverschuldens des Opfers zwar nicht vollständig verweigert werden. Hingegen kann ein - auch nur untergeordnetes - Mit- verschulden zu einer Reduktion des Genugtuungsanspruches führen (BGE 124 II 8 E. 5c S. 17 f.). Als leichtes bis mitt- leres Mitverschulden wurde in der Praxis etwa die Teilnahme an einer unbewilligten gewalttätigen Demonstration gewertet, in deren Verlauf das Opfer von einer Schusswaffe tödlich getroffen wurde (vgl. BGE 123 II 210 E. 3b - c S. 216 f.). Als Reduktionsgrund kann aber auch ein bewusster regelmäs- siger Aufenthalt in einem gefährlichen sozialen Milieu ("mauvaise fréquentation") in Frage kommen, insbesondere im Umfeld der Drogenkriminalität (vgl. BGE 121 II 369 E. 3c S. 373 f., E. 4c S. 375) c) Die Beschwerdeführer machen geltend, die Fest- stellung der kantonalen Instanzen, wonach der Getötete sich im Drogen- bzw. Dealermilieu aufgehalten habe, sei willkür- lich. Er sei an den gewalttätigen Auseinandersetzungen zwi- schen den rivalisierenden Drogenhändlerclans nicht beteiligt gewesen und man habe bei ihm auch "keine Drogen oder Drogen- utensilien oder irgend etwas Verdächtiges gefunden". Es könne "nicht angehen, dass jede unbeteiligte Person, die sich bei einem Streit am besagten Ort befand, als Mitschul- diger anzusehen ist". Die Reduktion der Genugtuungen um 80% wegen Mitverschuldens des Opfers stütze sich auf willkürli- che tatsächliche Annahmen und verletze Art. 11 - 13 OHG. aa) Die kantonalen Behörden behaupten nicht, der Getötete habe sich an gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen verfeindeten Drogenhändlerclans beteiligt. Ebenso wenig wird ihm vorgeworfen, er habe sich als Drogenhändler betätigt. Das Mitverschulden wird vielmehr auf folgende Ge- sichtspunkte gestützt: Wie sich aus den polizeilichen Akten ergebe, sei der Betroffene kurze Zeit vor seiner Tötung illegal in die Schweiz eingereist. Danach habe er sich in Zürich aufgehalten. Beim Tatort habe es sich "um einen Dro- genumschlagplatz (offene Drogenszene)" gehandelt. Es sei "gerichtsnotorisch, dass das Lettenareal in Zürich" zum damaligen Zeitpunkt "auch bei im Ausland lebenden Personen (so auch unter Libanesen) sehr wohl als Drogenumschlagplatz bekannt war". Diese Feststellungen sind willkürfrei. Daran vermag auch der Einwand der Beschwerdeführer nichts zu ändern, es habe "keine strafbare Handlung" dargestellt, "sich auf dem Lettenareal aufzuhalten". bb) Den Untersuchungsakten ist im Weiteren zu ent- nehmen, dass das Tötungsopfer verschiedenen Personen aus dem Dealermilieu gut bekannt war. Zu berücksichtigen ist sodann die besonders angespannte Situation, die im Zeitpunkt des Tötungsdeliktes auf dem - ohnehin bereits als gefährlich be- kannten - Lettenareal herrschte: Gemäss den Ermittlungen der Strafuntersuchungsbehörde befanden sich die verschiedenen Dealergruppen in einer aussergewöhnlich aggressiven Stim- mung. Am Nachmittag sei es auf dem Lettenareal bereits zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen zwei libanesischen Drogenclans (Familien Y.________ und Z.________) gekommen, in deren Verlauf eine Person zusammengeschlagen wurde und eine andere Person einen Kniedurchschuss erlitt. Am frühen Abend seien die rivalisierenden Gruppierungen erneut aufei- nander getroffen. Nach weiteren Feindseligkeiten (zuletzt im Bereich Rousseaustrasse/Kronenstrasse/Kornhausbrücke) habe ein unbekannter Täter mehrere Schüsse auf die gegnerische Gruppe (Familie Z.________) abgegeben, in der sich auch das tödlich getroffene Opfer befand. cc) Bei dieser Sachlage erscheint es nicht bundes- rechtswidrig, das Verhalten des Getöteten im vorliegenden Fall grundsätzlich als relevantes Mitverschulden (im Sinne von Art. 13 Abs. 2 OHG) zu qualifizieren. Dabei fällt beson- ders ins Gewicht, dass das Opfer - als angeblich unbeteilig- ter und zufällig anwesender Passant - sich trotz der erkenn- bar aggressiven und gewaltbereiten Stimmung unter den riva- lisierenden libanesischen Clans nicht aus dem gefährlichen Areal entfernte und sich sogar noch im Kreise einer der ver- feindeten Gruppen aufhielt. d) Nach der dargelegten Praxis des Bundesgerichtes kann grundsätzlich auch ein untergeordnetes Mitverschulden des Opfers zu einer gewissen Reduktion der opferhilfe- rechtlichen Genugtuung führen und in diesem Sinne als "wesentlich" im Sinne von Art. 13 Abs. 2 OHG angesehen wer- den (BGE 124 II 8 E. 5c S. 17 f.; 123 II 210 E. 3b/cc S. 215 f.). Die Beschwerdeführer wenden sich denn auch nicht kategorisch gegen jegliche Herabsetzung wegen Mitverschul- dens. Sie stellen sich vielmehr auf den Standpunkt, "eine Herabsetzung wegen Selbstverschuldens um 80%" erscheine "als zu massiv". Im vorliegenden Fall erweist sich eine Reduktion um 80% (welche allenfalls bei einem massiven und überwiegenden Selbstverschulden bzw. bei grober Fahrlässigkeit in Frage käme) als deutlich zu hoch und deshalb bundesrechtswidrig. Dabei ist namentlich zu berücksichtigen, dass die kantonalen Instanzen dem Getöteten (abgesehen von der illegalen Ein- reise in die Schweiz) weder strafbare Handlungen noch eine aktive Teilnahme an den gewalttätigen Auseinandersetzungen unter den rivalisierenden Gruppen vorwerfen. Im vorliegenden Fall ist von einem zwar untergeordneten aber für die Bemes- sung der Genugtuung dennoch wesentlichen Mitverschulden und von leichter bis mittelschwerer Fahrlässigkeit des Opfers auszugehen. Bei Würdigung sämtlicher Umstände und im Lichte der dargelegten Praxis erscheint eine Reduktion von 50% wegen Mitverschuldens als angemessen. 4.- Die kantonalen Instanzen reduzierten die (bereits wegen Mitverschuldens gekürzten) Genugtuungen um weitere 75%, da die Beschwerdeführer im Libanon wohnen, wo die Le- benshaltungskosten deutlich tiefer seien, und weil die Be- schwerdeführer "keine direkten Beziehungen zur Schweiz" hätten. Diese wenden ein, die Kürzung sei unzulässig hoch und beruhe auf willkürlichen Tatsachenfeststellungen. a) Zwar gilt im Zivilrecht der Grundsatz, dass es für die Bemessung von Genugtuungen nicht auf die Lebenshal- tungskosten des Berechtigten an dessen Wohnort ankomme (vgl. BGE 121 III 252 E. 2b S. 255 f.). Beim Genugtuungsbe- gehren nach Art. 11 ff. OHG handelt es sich jedoch nicht um einen zivilrechtlichen Anspruch gegenüber einem für imma- teriellen Schaden Verantwortlichen, sondern um eine subsi- diäre und auf dem Gedanken der sozialen Solidarität auf- bauende Hilfeleistung des Gemeinwesens, welche das OHG nur im Falle von besonderen Umständen vorsieht (vgl. Art. 12 Abs. 2 OHG). Diese spezifische Rechtsnatur des opferhilfe- rechtlichen Genugtuungsanspruches kann gewisse Unterschiede gegenüber den allgemeinen zivilrechtlichen Bemessungsgrund- sätzen rechtfertigen (vgl. BGE 125 II 169 E. 2b S. 173; 121 II 369 E. 3c/aa S. 373). aa) Nach der Praxis des Bundesgerichtes kann von der genannten zivilrechtlichen Regel abgewichen werden, falls die wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten am ausländischen Wohnort des Berechtigten von den hiesigen Verhältnissen markant abweichen. Bei Opferhilfeansprüchen sind krasse Besserstellungen zu vermeiden, welche nach Abwä- gung aller Umstände mit sachlichen Gründen nicht zu recht- fertigen und daher unbillig wären (BGE 125 II 554 E. 2b S. 556, E. 4a S. 559; 123 III 10 E. 4c/bb S. 14 f.). Eine Reduktion der Genugtuung könnte allenfalls ausscheiden, wenn der Ansprecher mit der Schweiz in besonderer Weise verbunden ist, etwa wenn er hier arbeitet, eine Ausbildung geniesst oder als Angehöriger des Opfers hier Wohnsitz nehmen könnte (BGE 125 II 554 E. 3b S. 558; 123 III 10 E. 4c/bb S. 14). bb) Eine Kürzung der opferhilferechtlichen Genug- tuung ist grundsätzlich zulässig, falls markante Kaufkraft- unterschiede festgestellt werden können. Diese brauchen nicht nach wissenschaftlichen Methoden exakt ermittelt zu werden. Es genügt, wenn sie sich aus objektiven Vergleichs- kriterien (wie etwa Amtsauskünften bezüglich Lohn- und Preisniveau, kantonalen Zulagenansätzen für im Ausland bzw. in der Schweiz lebende Kinder usw.) ergeben (BGE 125 II 554 E. 3a S. 556-58). Die Feststellung von markanten Unter- schieden in den Lebenshaltungskosten darf jedoch nicht zu einer schematischen Kürzung der Genugtuung im gleichen (oder annähernd gleichen) Verhältnis führen (BGE 125 II 554 E. 4a S. 559). Bei der Bemessung der Genugtuung ist sodann - so- weit vorhanden - weiteren sozialen Beziehungen des Anspre- chers zur Schweiz Rechnung zu tragen, wie z.B. der Wahr- scheinlichkeit, dass er sich konkret um eine Ausbildung oder eine Arbeitsbewilligung in der Schweiz bemühen könnte (vgl. BGE 125 II 554 E. 3b S. 558, E. 4b S. 560). Auch soll ein Ansprecher, der früher in der Schweiz Wohnsitz hatte, nicht faktisch daran gehindert werden, erneut in der Schweiz oder in einem Land mit ähnlich hohen Lebenshaltungskosten zu leben (BGE 125 II 554 E. 4a S. 559, E. 4b S. 560). b) Die kantonalen Behörden haben am 18. August 1997 einen Bericht des Bundesamtes für Flüchtlinge eingeholt. Diesem ist namentlich zu entnehmen, dass der gesetzliche Mindestlohn im Libanon im Jahre 1996 US$ 200.-- betragen habe, wobei dieser Mindestlohn in der Privatwirtschaft nicht durchgesetzt werden könne. Auf Grund eines Vergleiches zwi- schen dem betreibungsrechtlichen Existenzminimum und den Mindestlöhnen (gemäss Gesamtarbeitsverträgen) in der Schweiz bzw. im Libanon kam das Sozialversicherungsgericht zum Schluss, eine Kürzung von 75% erscheine angesichts der deut- lich tieferen Lebenshaltungskosten am Wohnort der Ansprecher "eher wohlwollend". c) Die Feststellung von markanten Kaufkraftunter- schieden zwischen der Schweiz und dem Libanon durch die kantonalen Instanzen ergibt sich aus nachvollziehbaren ob- jektiven Vergleichskriterien und erscheint willkürfrei. Die blossen unbelegten Parteibehauptungen der Beschwerdeführer bezüglich ihrer angeblichen Lebenshaltungskosten vermögen daran nichts zu ändern. d) Bei dieser Sachlage erweist sich eine Reduktion der Genugtuungen grundsätzlich als bundesrechtskonform (vgl. BGE 125 II 554 E. 2b S. 556, E. 3a S. 558). Nach der dargelegten Rechtsprechung darf der erheb- liche Kaufkraftunterschied jedoch nicht zu einer "schemati- schen" Kürzung der Genugtuung im gleichen oder annähernd gleichen arithmetischen Verhältnis führen (BGE 125 II 554 E. 4a S. 559). In BGE 125 II 554 ff. hatte das Bundesgericht den Fall von Ansprechern zu beurteilen, welche in der Vojvo- dina (Jugoslawien) lebten. Die kantonalen Instanzen waren dort von einer rund 18 mal höheren Kaufkraft des Schweizer Frankens ausgegangen. Das Bundesgericht sah eine 14 mal tiefere Genugtuung als bundesrechtswidrig an und sprach den Ansprechern (ebenfalls nahen Angehörigen in einem Tötungs- fall) eine um 50% gekürzte Genugtuung zu. Dabei berücksich- tigte das Bundesgericht allerdings, dass die Ansprecher einen Grossteil ihrer Kindheit in der Schweiz verbracht hatten, dass ihre Grossmutter in Chur lebte, und dass es wahrscheinlich erschien, dass sie sich zu Ausbildungszwecken oder um zu arbeiten erneut in die Schweiz oder in ein ande- res europäisches Land mit ähnlichen Lebenshaltungskosten begeben würden (vgl. BGE 125 II 554 E. 4b S. 560). e) Im vorliegenden Fall machen die Beschwerdeführer nicht geltend (und es ist auch aus den Akten nicht ersicht- lich), dass sie soziale Kontakte zur Schweiz pflegen würden. Weder befinden sich nahe Angehörige in der Schweiz, noch legen sie dar, dass sie jemals hier oder in einem anderen europäischen bzw. westlichen Land gelebt hätten. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte dafür, dass sie in einem sol- chen Land mit entsprechenden Lebenshaltungskosten eine Aus- bildung absolvieren bzw. Wohnsitz nehmen könnten. Gestützt auf die markante Kaufkraftdifferenz haben die kantonalen Instanzen eine Kürzung der Genugtuung vorge- nommen, welche mit 75% etwas über (den in BGE 125 II 554 E. 4b angesetzten) 50% liegt. Damit haben die kantonalen In- stanzen das ihnen zustehende erhebliche Ermessen bei der Bemessung von opferhilferechtlichen Genugtuungen nicht in bundesrechtswidriger Weise überschritten. 5.- Nach dem Gesagten ist eine Reduktion der Genugtuun- gen um 50% wegen Mitverschuldens des Getöteten und eine wei- tere Reduktion um nochmals 75% wegen der deutlich tieferen Lebenshaltungskosten im Libanon verfassungs- und bundes- rechtskonform. a) Soweit die kantonalen Instanzen die Reduktion wegen Mitverschuldens auf 80% (anstatt 50%) angesetzt haben, ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen und der angefoch- tene Entscheid aufzuheben. Da die Streitsache spruchreif ist, kann das Bundesgericht die Genugtuungssummen selber festlegen. Die kantonalen Instanzen gehen davon aus, dass ohne Reduktionsgründe Genugtuungen zugunsten der Beschwerde- führerin 1 in der Höhe von Fr. 40'000.-- und für die übrigen Beschwerdeführer in der Höhe von je Fr. 20'000.-- geschuldet wären. Dies wird seitens der Beschwerdeführer nicht be- stritten und als Berechnungsgrundlage ausdrücklich akzep- tiert (vgl. Beschwerdeanträge Ziff. 2). b) Daraus ergeben sich folgende Genugtuungsan- sprüche: zugunsten der Beschwerdeführerin 1: Fr. 5'000.-- (Fr. 40'000.-- ./. 50% = Fr. 20'000.-- ./. 75% = Fr. 5'000.--), zugunsten der Beschwerdeführer 2 - 6: je Fr. 2'500.-- (Fr. 20'000.-- ./. 50% = Fr. 10'000.-- ./. 75% = Fr. 2'500.--). Die Summe aller Genugtuungsan- sprüche beträgt somit insgesamt Fr. 17'500.--. Die von den kantonalen Instanzen zugesprochene bzw. ausbezahlte Opfer- hilfeentschädigung von Fr. 2'500.-- wurde vor Bundesgericht nicht angefochten. c) Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten zu erheben (Art. 156 Abs. 2 OG). Der Kanton Zürich hat den teilweise obsiegenden Beschwerdeführern für das Verfahren vor Bundesgericht eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 OG). Damit ist das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gegenstandslos geworden. Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen, und das Urteil des Sozialversicherungsgerich- tes des Kantons Zürich vom 9. September 1999 wird aufgeho- ben. 2.- Die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich (Kantonale Opferhilfestelle) hat der Beschwerdeführe- rin 1 eine Genugtuung von Fr. 5'000.-- und den Beschwerde- führern 2 - 6 Genugtuungen von je Fr. 2'500.-- zu bezahlen. 3.- Für das bundesgerichtliche Verfahren werden keine Kosten erhoben. 4.- Der Kanton Zürich hat den Beschwerdeführern für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- zu entrichten. 5.- Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Di- rektion der Justiz und des Innern (Kantonale Opferhilfe- stelle) und dem Sozialversicherungsgericht (II. Kammer) des Kantons Zürich sowie dem Eidgenössischen Justiz- und Poli- zeidepartement (Bundesamt für Justiz) schriftlich mitge- teilt. ______________ Lausanne, 30. März 2000 Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: