Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.150/1999
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1A.150/1999/hzg

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                      1. Februar 2000

Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident
der I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter
Aeschlimann, Bundesrichter Favre und Gerichtsschreiberin
Widmer.

                         ---------

                         In Sachen

F.________, vertreten durch Rechtsanwalt Peter Wicki,
Denkmalstrasse 2, Postfach 6453, Luzern,

                           gegen

Sozialamt des Kantons  L u z e r n,
Verwaltungsgericht des Kantons  L u z e r n,
Abgaberechtliche Abteilung,

                         betreffend
              Opferhilfe (Art. 2 Abs. 1 OHG),
      unentgeltliche Rechtspflege (Art. 29 Abs. 3 BV),

hat sich ergeben:

     A.- F.________ stellte am 19. Juni 1996 bei der Kan-
tonspolizei Luzern Strafantrag gegen R.________, insbe-
sondere wegen Sachentziehung, mehrfacher Drohung und Verge-
waltigung in der Lebensgemeinschaft. Sie hatte seit November
1995 mit R.________ in dessen Wohnung in Luzern gewohnt. Am
24. Januar 1996 war sie von ihm aus der Wohnung gewiesen
worden, wobei er ihr die Wohnungsschlüssel weggenommen hat-
te. Am 6. Januar 1997 teilte F.________ den Strafverfol-
gungsbehörden mit, sie halte an ihrem Strafantrag nur noch
hinsichtlich der Straftatbestände der wiederholten Drohung,
der Sachentziehung und der Nötigung fest.

        Das Amtsstatthalteramt Luzern befand R.________
am 27. Oktober 1997 der Sachentziehung für schuldig und
verurteilte ihn zu fünf Tagen Gefängnis, wobei es ihm den
bedingten Strafvollzug bei einer Probezeit von zwei Jahren
gewährte. In Bezug auf die übrigen Vorwürfe wurde das Straf-
untersuchungsverfahren eingestellt. Dieser Entscheid erwuchs
unangefochten in Rechtskraft. Eine weitere gegen R.________
geführte Strafuntersuchung wegen Ehrverletzung wurde vom
Amtsstatthalteramt zufolge Rückzugs der Strafanzeige durch
F.________ am 17. Februar 1998 eingestellt.

        Am 26. Januar 1998 ersuchte F.________ das
kantonale Sozialamt um Opferhilfe, wobei sie eine Entschä-
digung von Fr. 30'000.-- sowie eine Genugtuung von insge-
samt Fr. 15'000.-- geltend machte. Zugleich ersuchte sie um
unentgeltliche Rechtspflege. Das Sozialamt lehnte mit Ent-
scheid vom 6. Juli 1998 sämtliche Gesuche ab. Am 10. Novem-
ber 1998 eröffnete das Sozialamt F.________ den - inhaltlich
unveränderten - Entscheid noch einmal, nachdem es ihr auf
die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs hin nachträg-
lich Gelegenheit zur Stellungnahme geboten hatte.

        Gegen diesen Entscheid erhob F.________ am
30. November 1998 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Ver-
waltungsgericht des Kantons Luzern und beantragte die Auf-
hebung des angefochtenen Entscheids sowie die Zusprechung
einer angemessenen Entschädigung und Genugtuung, bei Gewäh-
rung der unentgeltlichen Rechtspflege. Die abgaberechtliche
Abteilung des Verwaltungsgerichts wies die Beschwerde am
7. Juni 1999 ab, wobei sie keine Gerichtskosten erhob,
indessen das Gesuch um Beiordnung eines unentgeltlichen
Rechtsvertreters abwies.

     B.- F.________ ist gegen dieses Urteil mit Verwal-
tungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht gelangt. Sie
beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und
es sei bei gleichzeitiger Feststellung, dass sie die Opfer-
eigenschaft im Sinne von Art. 2 des Bundesgesetzes über
die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG;
SR 312.5) erfülle, die Sache zur Neubeurteilung bzw. Be-
rechnung der Höhe der Ansprüche an das kantonale Verwal-
tungsgericht zurückzuweisen; in prozessualer Hinsicht
ersucht F.________ um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege.

        Das Sozialamt und das Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern beantragen die Abweisung der Beschwerde.
Das Bundesamt für Justiz hat zur Beschwerde Stellung
genommen, ohne einen konkreten Antrag zu stellen.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Das angefochtene Urteil, mit dem gestützt auf
die Art. 2 Abs. 1 und 11 ff. OHG und damit auf Bundesverwal-

tungsrecht ein Anspruch auf eine Entschädigung und eine Ge-
nugtuung verneint wurde, ist kantonal letztinstanzlich er-
gangen; es ist mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bun-
desgericht anfechtbar (Art. 97 OG i.V.m. Art. 5 VwVG; BGE
122 II 315 E. 1 S. 317 f.). Dies gilt nach dem Grundsatz
der Einheit des Prozesses auch für die auf Art. 4 der Bun-
desverfassung vom 29. Mai 1874 (aBV) bzw. auf Art. 29 Abs. 2
der am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen neuen Bundesver-
fassung vom 18. April 1999 (BV) gegründeten Rügen der Ver-
letzung der Prüfungs- und Begründungspflicht sowie des An-
spruchs auf unentgeltliche Rechtspflege (BGE 123 I 275
E. 2e). Die Beschwerdeführerin ist im kantonalen Verfahren
unterlegen und daher nach Art. 103 lit. a OG zur Beschwerde
legitimiert. Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen
erfüllt sind, ist auf ihre Beschwerde einzutreten.

        b) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an
das Bundesgericht können die Verletzung von Bundesrecht
einschliesslich der Überschreitung oder des Missbrauchs
des Ermessens sowie die unrichtige oder unvollständige
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt
werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat wie hier eine rich-
terliche Behörde als Vorinstanz entschieden, so ist das
Bundesgericht allerdings an den festgestellten Sachverhalt
gebunden, es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrens-
vorschriften festgestellt worden (Art. 105 Abs. 2 OG). Das
Bundesgericht wendet im Verfahren der Verwaltungsgerichts-
beschwerde das Bundesrecht von Amtes wegen an und ist damit
nicht an die Begründung der Parteien gebunden (Art. 114
Abs. 1 OG in fine): Es kann die Beschwerde auch aus andern
als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den Ent-
scheid mit einer Begründung bestätigen, die von jener der
Vorinstanz abweicht (BGE 117 Ib 114 E. 4a mit Hinweis).
Nicht überprüfen kann es die Frage der Angemessenheit des
angefochtenen Entscheids (Art. 104 lit. c OG).

     2.- a) Vorliegend ist in erster Linie streitig, ob
die Beschwerdeführerin hinsichtlich der fraglichen Straf-
taten als Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG zu betrachten
ist. Nach dieser Bestimmung ist jede Person, die durch eine
Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen
Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist, als Opfer
zu betrachten, und zwar unabhängig davon, ob der Täter er-
mittelt worden ist und ob er sich schuldhaft verhalten hat.
Dabei wird nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vor-
ausgesetzt, dass die Beeinträchtigung ein gewisses Gewicht
aufweist. Bagatelldelikte wie beispielsweise Tätlichkeiten
sind daher vom Anwendungsbereich des Opferhilfegesetzes
grundsätzlich ausgenommen, wobei allerdings auch hier nicht
primär auf die Schwere der Straftat, sondern vielmehr auf
den Grad der Betroffenheit der geschädigten Person abzu-
stellen ist. Zudem ist für die Annahme der Opfereigenschaft
erforderlich, dass die Beeinträchtigung die unmittelbare
Folge einer Straftat ist; dies bedingt, dass der objektive
Tatbestand einer Strafnorm erfüllt ist und kein Rechtferti-
gungsgrund vorliegt (zum Ganzen: BGE 125 II 265 E. 2a mit
zahlreichen Hinweisen auf Materialien, Praxis und Lehre).

        Die Anforderungen an den Nachweis einer die
Opferstellung begründenden Straftat sind je nach dem Zeit-
punkt sowie nach Art und Umfang der beanspruchten Hilfe
unterschiedlich hoch: Währenddem die Zusprechung einer
Genugtuung oder einer Entschädigung gemäss den Art. 11 ff.
OHG den Nachweis der Opferstellung und damit auch einer
tatbestandsmässigen und rechtswidrigen Straftat voraus-
setzt, genügt es für die Wahrnehmung der Rechte des Opfers
im Strafverfahren nach den Art. 5 ff. OHG und für die So-
forthilfen nach Art. 3 OHG, dass eine die Opferstellung
begründende Straftat in Betracht fällt (BGE 125 II 265
E. 2c/aa S. 270; 122 II 315 E. 3d S. 321 und 211 E. 3c
S. 216).

        b) Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen
Entscheid ausgeführt, Vermögensdelikte wie etwa Diebstahl
und Betrug stellten keine unmittelbaren Eingriffe im Sinne
von Art. 2 Abs. 1 OHG dar und seien daher von der Opferhilfe
ausgenommen. Dasselbe gelte grundsätzlich für Ehrverletzungs-
delikte. R.________ sei vom Amtsstatthalteramt am 27. Okto-
ber 1997 einzig der Sachentziehung für schuldig befunden
worden, die nach dem Gesagten keine Entschädigung oder Ge-
nugtuung rechtfertige. Hinsichtlich der weiteren Vorwürfe
sei die Strafuntersuchung gleichentags eingestellt worden;
diese Verfügung sei unangefochten geblieben und in Rechts-
kraft erwachsen. Es bestehe kein Grund, von den Sachver-
haltsfeststellungen des Amtsstatthalteramts abzuweichen,
zumal die Beschwerdeführerin sich gegen die Einstellungs-
verfügung betreffend Drohung, Nötigung und Vergewaltigung
nicht zur Wehr gesetzt und mithin keine Ergänzung der Unter-
suchung beantragt habe. Auch in rechtlicher Hinsicht sei
die Einstellung der Strafuntersuchung nicht zu beanstanden.
Hinsichtlich des Vorwurfs der Ehrverletzung sei das Unter-
suchungsverfahren am 17. Februar 1998 eingestellt worden,
weil die Beschwerdeführerin ihren Strafantrag zurückge-
zogen habe, nachdem R.________ sich bei ihr entschul-
digt und zur Leistung einer Genugtuung von Fr. 400.--
bereit erklärt habe. Unter diesen Umständen sei es wider-
sprüchlich, wenn die Beschwerdeführerin heute geltend
mache, es liege ein aussergewöhnlich schwerer Fall einer
Ehrverletzung vor. Insgesamt gelangte das Verwaltungs-
gericht zum Schluss, es sei keine Straftat nachgewiesen,
welche die Opferqualität zu begründen vermöge, weshalb
auf die sich zusätzlich stellende Frage der Integritäts-
beeinträchtigung nicht näher einzugehen sei.

        Die Beschwerdeführerin rügt, das Verwaltungsgericht
habe die Intensität der Integritätsbeeinträchtigung nicht
geprüft, sondern lediglich ausgeführt, der Nachweis der
fraglichen Straftatbestände sei nicht erbracht. Abgesehen

davon, dass letztere Annahme unzutreffend sei, hätte ihrer
Ansicht nach berücksichtigt werden müssen, dass sie durch
die mit der Sachentziehung und Ehrverletzung verbundenen
Demütigungen und Erniedrigungen in ihrer psychischen und
sexuellen Integrität beeinträchtigt worden sei: So habe
es rund fünf Monate gedauert, bis sie unter Zuhilfenahme
der Polizei ihre in der besagten Wohnung eingeschlossenen
persönlichen Sachen zurückerhalten habe; zudem sei sie
von R.________ in aller Öffentlichkeit als Hure bezeichnet
worden. Dass die ungerechtfertigte Bezichtigung der Prosti-
tution zu einer Integritätsbeeinträchtigung führe, sei of-
fenkundig und erfülle im Übrigen eindeutig den objektiven
Straftatbestand der Beschimpfung, auch wenn die entsprechen-
de Strafuntersuchung nicht zu Ende geführt worden sei. Die
Beschwerdeführerin erachtet ihre Betroffenheit als tiefgrei-
fend, weil die Erniedrigungen mehrere Monate gedauert hätten
und sie gleich mehrfach beschimpft worden sei. Eine Gesamt-
betrachtung ergebe, dass sie von R.________ dauerhaft und
gezielt "fertiggemacht" und damit in ihrer Persönlichkeit,
ihrer Würde und ihrem Ansehen schwer geschädigt worden sei.
Bei der Beurteilung der Schwere der Betroffenheit müsse
beachtet werden, dass es sich beim Täter nicht um eine be-
liebige Person handle, sondern um ihren ehemaligen Unterver-
mieter. Zudem seien Bezeichnungen wie Hure und Prostituierte
mindestens so schwerwiegend wie jene Ausdrücke, bezüglich
welcher das Militärappellationsgericht in seinem Urteil vom
23. November 1993 die Opferqualität bejaht habe. Dass auch
die Folgen der Sachentziehung nicht leicht wiegten, sei von
den psychischen Folgeschäden bei Wohnungseinbrüchen bekannt.
Die Beschwerdeführerin wirft dem Verwaltungsgericht vor,
einzig aus ihrem Verhalten im Strafverfahren geschlossen
zu haben, dass keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen
vorlägen. Dass sie sich gegen die Einstellungsverfügung
nicht gewehrt habe, sei auf ihren Energiemangel zum frag-
lichen Zeitpunkt zurückzuführen sowie auf die Angst, sie
könnte einen Freispruch psychisch nicht verkraften; hin-

sichtlich der Beschimpfungen habe sie die Entschuldigung
gegenüber der Verurteilung des Täters vorgezogen. Im Übri-
gen setze das Opferhilfegesetz für die Geltendmachung einer
Entschädigung oder Genugtuung gerade nicht die vorgängige
Durchführung eines Strafverfahrens voraus, weshalb ihr nicht
zur Last gelegt werden könne, dass sie den zusätzlichen Be-
lastungen eines Strafverfahrens ausgewichen sei. Insgesamt
sei die Ausrichtung einer Entschädigung und Genugtuung trotz
der grundsätzlichen Verneinung der Opferhilfe bei Vermögens-
und Ehrverletzungsdelikten gerechtfertigt, weil vorliegend
angesichts der hohen Intensität der Beeinträchtigungen eine
Ausnahmesituation vorliege.

        c) Nach der bundesgerichtlichen Praxis rechtfer-
tigen reine Vermögens- sowie Ehrverletzungsdelikte grund-
sätzlich nicht die Annahme einer Opferstellung im Sinne
des Opferhilfegesetzes, da sie regelmässig nicht als derart
schwerwiegend zu betrachten sind, dass sie der vom Betrof-
fenen empfundenen Beeinträchtigung als unmittelbare Ursa-
che zugerechnet werden können (vgl. BGE 123 IV 184 E. 1b
S. 187, 190 E. 1; 122 II 315 E. 3e S. 322; 122 IV 71 E. 3a
S. 76 f.; 120 Ia 157 E. 2d/aa S. 162 mit Hinweisen). Dem-
nach kann hinsichtlich der Ausrichtung einer Entschädigung
oder Genugtuung gemäss den Art. 11 ff. OHG auf die besondere
subjektive Empfindlichkeit des Geschädigten nur beschränkt
Rücksicht genommen werden. Die von der Beschwerdeführerin
hinsichtlich der Ehrverletzung vorgebrachten besonderen
Umstände vermögen die rechtliche Würdigung des Verwaltungs-
gerichts nicht umzustossen: Indem die Beschwerdeführerin
ihren Strafantrag bezüglich Ehrverletzung gestützt auf die
Zugeständnisse von R.________, bestehend aus einer Ent-
schuldigung und einer Genugtuung von Fr. 400.--, zurückzog,
brachte sie klar zum Ausdruck, dass sie auf eine Weiterver-
folgung der Angelegenheit verzichten wollte. Es ist wider-
sprüchlich und verstösst gegen das Prinzip von Treu und
Glauben (BGE 125 IV 79 E. 1b S. 81), wenn die Beschwerde-

führerin gestützt auf eine Gegenleistung des Täters ihren
Strafantrag zurückzieht, später aber dennoch ein Opferhilfe-
verfahren in die Wege leitet und ergänzende Sachverhalts-
abklärungen beantragt; dies gilt umso mehr, als nicht er-
sichtlich ist, dass die Beschwerdeführerin ihr Einverständ-
nis unter Zwang abgegeben hätte oder dabei übervorteilt
worden wäre. Ebenso wenig vermag die Tatsache, dass die
Beschwerdeführerin während mehrerer Monate nicht über sämt-
liche persönlichen Gegenstände verfügte, die Opferstellung
zu begründen. Die Entziehung gewisser Gegenstände erfolgte
hier offensichtlich nicht unter Umständen, die ihre körper-
liche Integrität gefährdeten, und zudem muss nach der all-
gemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass
dieser vorübergehende Verlust zu keiner psychischen Beein-
trächtigung geführt hat. Das Verwaltungsgericht hat demnach
mit der Verneinung der Opfereigenschaft auch sein Ermessen
nicht missbraucht, denn selbst im Falle der Erfüllung der
fraglichen Straftatbestände mangelt es offensichtlich an der
ausreichenden Betroffenheit im Sinne des Opferhilfegesetzes.

     3.- a) Die Beschwerdeführerin macht geltend, das
Verwaltungsgericht sei seiner verfassungsmässigen Prüfungs-
und Begründungspflicht nicht nachgekommen, indem es die not-
wendigen Beweise nicht abgenommen und die Opferqualität al-
lein mit dem Argument verneint habe, die von ihr angeführten
Straftatbestände seien objektiv nicht ausgewiesen. Ihrem An-
trag, sie psychologisch zu begutachten, habe das Verwaltungs-
gericht nicht entsprochen, obwohl ein entsprechender Bericht
für die Beurteilung der Opferqualität im vorliegenden Fall
unabdingbar gewesen wäre. Zur Intensität der Integritätsbe-
einträchtigung habe das Verwaltungsgericht gar nicht Stellung
genommen, obwohl es dazu jedenfalls hinsichtlich der gemäss
dem Entscheid des Amtsstatthalteramts nachgewiesenen Sach-
entziehung und Ehrverletzung verpflichtet gewesen wäre.

        b) In der neuen Bundesverfassung ist der An-
spruch auf rechtliches Gehör in Art. 29 Abs. 2 gewährleis-
tet. Dieser entspricht hinsichtlich der Voraussetzungen
dem aus Art. 4 aBV abgeleiteten Anspruch (vgl. Botschaft
des Bundesrates vom 20. November 1996 über eine neue Bundes-
verfassung, BBl 1997 I, S. 182). Das in Art. 4 aBV gewähr-
leistete rechtliche Gehör dient der Sachaufklärung und ga-
rantiert dem Betroffenen ein persönlichkeitsbezogenes Mit-
wirkungsrecht im Verfahren. Er soll sich vor der Urteils-
fassung zur Sache äussern, erhebliche Beweise beibringen,
Einsicht in die Akten nehmen und an der Erhebung von Be-
weisen mitwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis
äussern können, wenn dieses geeignet ist, den Entscheid
zu beeinflussen (BGE 124 I 241 E. 2 und 49 E. 3a; 122 I
53 E. 4a; je mit Hinweisen). Insbesondere folgt aus Art. 4
aBV die grundsätzliche Pflicht der Behörden, ihren Entscheid
zu begründen. Die Begründungspflicht soll dazu beitragen,
dass sich die Behörde nicht von sachfremden Motiven leiten
lässt; sie dient in diesem Sinn sowohl der Transparenz der
Entscheidfindung als auch der Selbstkontrolle der Behörde.
Die Begründung muss dem Betroffenen gestatten, sich ein Bild
über die Tragweite des Entscheids zu machen und diesen in
voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterzu-
ziehen (BGE 124 II 146 E. 2a; 124 V 180 E. 1a; 117 Ib 64
E. 4 S. 86 mit Hinweisen). Daher muss die Behörde wenig-
stens kurz die Überlegungen darstellen, von denen sie
sich leiten liess und auf welche sie ihren Entscheid stützt.
Andererseits darf sich die Begründung auf die für den Ent-
scheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken, muss sich
also nicht mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem
rechtlichen Argument des Beschwerdeführers auseinander set-
zen (vgl. dazu ausführlich BGE 112 Ia 107 E. 2b mit Hin-
weisen; BGE 123 I 31 E. 2c).

        c) Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor,
dass das Verwaltungsgericht dem Straftatbestand der Sach-

entziehung generell keine integritätsbeeinträchtigende Wir-
kung beimisst, weil es sich dabei um ein reines Vermögens-
delikt handle. Hinsichtlich der Ehrverletzung hat das Ver-
waltungsgericht die Opferstellung der Beschwerdeführerin
zusätzlich mit der Begründung verneint, die diesbezüglich
geführte Strafuntersuchung sei eingestellt worden, weil die
Beschwerdeführerin ihren Strafantrag zurückgezogen habe.
Dieses Verhalten deute darauf hin, dass die Beschwerdefüh-
rerin durch die Äusserungen von R.________ in ihrer Inte-
grität nicht derart stark beeinträchtigt worden sei, dass
sich die Zusprechung einer Entschädigung oder Genugtuung
rechtfertigen würde, zumal sie den Strafantrag gestützt auf
eine Entschuldigung und die Bezahlung einer Genugtuung von
Fr. 400.-- durch R.________ zurückgezogen habe. Unter diesen
Umständen könne jedenfalls nicht von einem aussergewöhnlich
schweren Fall einer Ehrverletzung die Rede sein, weshalb es
auch nicht erforderlich sei, weitere Beweiserhebungen vorzu-
nehmen. Mit diesen Ausführungen hat das Verwaltungsgericht
entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht bloss zum
Nachweis der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Straf-
taten, sondern im Ergebnis auch zur Frage der Integritäts-
beeinträchtigung Stellung genommen. Die rechtlichen und tat-
sächlichen Überlegungen, die zur Abweisung der Beschwerde
geführt haben, sind im vorinstanzlichen Urteil enthalten.
Hinsichtlich der Sachverhaltsermittlung ist nicht zu bean-
standen, dass dem Beweisantrag der Beschwerdeführerin auf
psychologische Begutachtung nicht stattgegeben wurde, mit
der Begründung, sie habe mit dem Rückzug des Strafantrags
selbst die Einstellung der Untersuchungshandlungen verur-
sacht. Von einem Grenzfall musste das Verwaltungsgericht
nicht ausgehen (s. vorne E. 2c). Aus den Akten ergeben sich
im Übrigen keine Anhaltspunkte, wonach die verwaltungsge-
richtliche Sachverhaltsfeststellung fehlerhaft wäre. Nach
dem Gesagten hat sich das Verwaltungsgericht mit den Rügen

der Beschwerdeführerin zur Prüfung der Opferstellung und
Bewilligung der unentgeltlichen Rechtspflege hinreichend
auseinander gesetzt und den Entscheid des Sozialamts unter
Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung und Lehre
bestätigt. Die Rüge der Verletzung der Prüfungs- und Be-
gründungspflicht erweist sich demnach als unbegründet.

     4.- a) Die Beschwerdeführerin bringt vor, weder das
Verwaltungsgericht noch das Sozialamt hätten das Ablehnen
der Opferqualität ausreichend begründet, weshalb sie zur
Beschreitung des Rechtsmittelwegs gezwungen gewesen sei.
Sie beanstandet, das Verweigern des ihr nach Art. 4 aBV
zustehenden Anspruchs auf unentgeltliche Rechtspflege sei
unter diesen Umständen unhaltbar, zumal sich die Rechts-
verbeiständung auch angesichts der Unklarheiten bei der
Auslegung des Opferbegriffs nach Art. 2 Abs. 1 OHG als
notwendig erwiesen habe und ihre Begehren demzufolge nicht
als aussichtslos betrachtet werden könnten.

        b) Gemäss dem in Art. 29 Abs. 3 BV garantierten
Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, der hinsichtlich
der Voraussetzungen dem aus Art. 4 aBV abgeleiteten Anspruch
entspricht (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 20. November
1996 über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I, S. 182),
hat eine bedürftige Partei in einem für sie nicht aussichts-
losen Verfahren Anspruch auf unentgeltliche Prozessführung
(BGE 125 IV 161 E. 4a S. 164; 125 II 265 E. 4 S. 274; 124 I
1 E. 2a, 304 E. 2a, je mit Hinweisen). Als aussichtslos sind
nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 4 aBV
Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten
beträchtlich geringer sind als die Verlustgefahren und die
deshalb kaum als ernsthaft bezeichnet werden können (BGE 125
II 265 E. 4b S. 275 mit Hinweisen).

        c) Dass das Verwaltungsgericht die Erwägung des
Sozialamts bestätigte, wonach die Beiordnung eines unent-
geltlichen Rechtsanwalts sachlich nicht notwendig gewesen
sei, weil die Anmeldung des Entschädigungs- und Genugtuungs-
gesuchs weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht
Schwierigkeiten geboten habe, ist nicht zu beanstanden. Dies
gilt selbst unter Berücksichtigung des von der Beschwerde-
führerin vorgebrachten Umstands, wonach ihr das Sozialamt
erst auf Intervention ihres Rechtsvertreters hin die Gele-
genheit eingeräumt habe, sich zum Ergebnis des Strafverfah-
rens zu äussern, denn an den geringen Prozesschancen hat
sich im Ergebnis nichts geändert. Auch trifft es zu, dass
bereits dem eingehend begründeten Entscheid des Sozialamts
klar zu entnehmen war, dass die Beschwerdeführerin mangels
eines hinreichenden Zusammenhangs zwischen den fraglichen
Straftaten und den von ihr empfundenen Beeinträchtigungen
nicht als Opfer im Sinne des Opferhilfegesetzes in Betracht
fällt. Ernsthafte Gewinnaussichten bestanden entgegen der
Auffassung der Beschwerdeführerin deshalb auch im verwal-
tungsgerichtlichen Verfahren nicht. Dass das Urteil des
Verwaltungsgerichts keinen verfassungswidrigen Begründungs-
mangel aufweist, wurde bereits dargelegt (s. vorne E. 3c).
Daher verletzte es den Anspruch der Beschwerdeführerin auf
unentgeltliche Rechtspflege nicht, als es das entsprechende
Gesuch hinsichtlich beider kantonaler Verfahren abwies.

     5.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit abzu-
weisen. Für das bundesgerichtliche Verfahren ist keine Ge-
richtsgebühr zu erheben (vgl. BGE 122 II 211 E. 4 S. 219).
Dem Gesuch der Beschwerdeführerin um Gewährung der unent-
geltlichen Rechtspflege kann nicht entsprochen werden, da
auch im bundesgerichtlichen Verfahren keine ernsthaften
Gewinnaussichten bestanden und die Beschwerde folglich
zum Vornherein aussichtslos war (Art. 152 OG).

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

     2.- Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechts-
pflege wird abgewiesen.

     3.- Es werden keine Kosten erhoben.

     4.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem
Sozialamt und dem Verwaltungsgericht, Abgaberechtliche
Abteilung, des Kantons Luzern sowie dem Eidgenössischen
Justiz- und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.

                       ______________

Lausanne, 1. Februar 2000

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                  Die Gerichtsschreiberin: