Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.107/1999
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1A.107/1999/odi

             I. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG
             **********************************

                      11. August 2000

Es wirken mit: Bundesrichter Aemisegger, Präsident der
I. öffentlichrechtlichen Abteilung, Bundesrichter Aeschli-
mann, Bundesrichter Féraud und Gerichtsschreiberin Leuthold.

                         ---------

                         In Sachen

J.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Kreso Glavas, Haus zur alten Dorfbank, Muolen,

                           gegen

Kantonaler Sozialdienst  A a r g a u,
Verwaltungsgericht des Kantons  A a r g a u, 2. Kammer,

                         betreffend
          Entschädigung und Genugtuung gemäss OHG,

hat sich ergeben:

     A.- J.________ machte geltend, er sei am 8. Juli 1995
bei einer Personenkontrolle auf dem Grenzwachtposten Koblenz
vom Zollbeamten B.________ mit Fusstritten und Faustschlägen
traktiert worden, so dass er Blutergüsse, vor allem im Geni-
talbereich, erlitten habe. Gegen B.________ wurde Anklage
wegen einfacher Körperverletzung erhoben. Das Divisionsge-
richt 5 sprach ihn mit Urteil vom 17. September 1996 von
Schuld und Strafe frei. Das Militärappellationsgericht 2B
bestätigte den Freispruch am 4. Februar 1997.

        Mit Gesuchen vom 6. Juni 1996 und 15. Dezember 1997
beantragte J.________, es sei ihm gestützt auf das Bundesge-
setz über die Hilfe an Opfer von Straftaten vom 4. Oktober
1991 (Opferhilfegesetz, OHG; SR 312.5) eine Entschädigung
von Fr. 802.-- und eine Genugtuung von Fr. 10'000.-- zu
entrichten. Der Kantonale Sozialdienst Aargau wies diese Ge-
suche am 17. Juli 1998 ab. J.________ reichte dagegen Be-
schwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau ein. Mit
Urteil vom 9. Februar 1999 wies das Verwaltungsgericht die
Beschwerde ab (Ziff. 1a des Dispositivs). Auf das Begehren
um unentgeltliche Prozessführung und unentgeltliche Rechts-
vertretung nach dem aargauischen Verwaltungsrechtspflege-
gesetz (VRPG) sowie auf das Gesuch um Übernahme der Anwalts-
und Verfahrenskosten nach dem OHG trat es nicht ein
(Ziff. 1b des Dispositivs). Es auferlegte dem Beschwerdefüh-
rer die verwaltungsgerichtlichen Verfahrenskosten im Betrag
von insgesamt Fr. 1'140.-- und sprach ihm keine Parteient-
schädigung zu (Ziff. 2 und 3 des Dispositivs).

     B.- Gegen diesen Entscheid liess J.________ mit Eingabe
vom 5. Mai 1999 durch seinen Anwalt Verwaltungsgerichtsbe-
schwerde beim Bundesgericht erheben. Er stellt folgende
Rechtsbegehren:

        "1. Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsge-
            richts des Kantons Aargau vom 9.2.1999 sei auf-
            zuheben und dem Beschwerdeführer sei eine Genug-
            tuung nach richterlichem Ermessen, mindestens
            aber Fr. 5'000.-- zu gewähren.

         2. Dem Beschwerdeführer sei die unentgeltliche
            Rechtspflege nach Opferhilfegesetz zu bewilli-
            gen.

         3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen für alle
            Instanzen zu Lasten des Beschwerdegegners."

     C.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau verwies
in seiner Beschwerdeantwort vom 18. Mai 1999 in materieller
Hinsicht auf seine Erwägungen im angefochtenen Entscheid.
Bezüglich der Verlegung der Verfahrenskosten führte es eine
nachträgliche Begründung an. Das Eidgenössische Justiz- und
Polizeidepartement (EJPD) brachte in seiner Vernehmlassung
vom 5. Juli 1999 vor allem Bemerkungen zu dieser Begründung
an.

        In einer Eingabe vom 19. Juli 1999 nahm das Verwal-
tungsgericht zur Vernehmlassung des EJPD Stellung. Der Be-
schwerdeführer äusserte sich mit Schreiben vom 21. Juli 1999
zu den Vernehmlassungen des Verwaltungsgerichts und des
EJPD.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Das angefochtene Urteil des Aargauer Verwal-
tungsgerichts ist ein letztinstanzlicher kantonaler Ent-
scheid (Art. 98 lit. g OG) über ein Begehren um Entschädi-
gung und Genugtuung nach Art. 12 OHG. Hiergegen ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig
(Art. 97 Abs. 1 OG; BGE 122 II 211 E. 1). Da Art. 12 OHG
einen Anspruch auf Entschädigung und Genugtuung vorsieht,
kommt der Ausschlussgrund von Art. 99 Abs. 1 lit. h OG nicht
zur Anwendung (BGE 122 II 211 E. 1b mit Hinweis).

        Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen
Entscheid berührt und hat ein schutzwürdiges Interesse an
dessen Aufhebung oder Änderung. Er ist daher nach Art. 103
lit. a OG zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert. Die
übrigen Voraussetzungen für das Eintreten auf die vorliegen-
de Beschwerde sind ebenfalls erfüllt.

        b) Das Bundesgericht prüft, ob der angefochtene
Entscheid Bundesrecht verletzt und ob die Vorinstanz ihr Er-
messen überschritten oder missbraucht hat (Art. 104 lit. a
OG). Da als Vorinstanz eine richterliche Behörde entschieden
hat, bindet deren Sachverhaltsfeststellung das Bundesge-
richt, sofern das kantonale Gericht den Sachverhalt nicht
offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verlet-
zung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt hat
(Art. 105 Abs. 2 OG).

     2.- Der Beschwerdeführer beanstandet den Sachentscheid
der Vorinstanz nur insoweit, als er die Genugtuung betrifft.
Das Verwaltungsgericht vertrat die Ansicht, im vorliegenden
Fall seien die Voraussetzungen für einen Genugtuungsanspruch
nach OHG nicht erfüllt, weshalb der Kantonale Sozialdienst

das Gesuch des Beschwerdeführers um Ausrichtung einer Genug-
tuung von Fr. 10'000.-- mit Recht abgewiesen habe. Der Be-
schwerdeführer macht geltend, diese Auffassung verletze
Bundesrecht.

        a) Gemäss Art. 12 Abs. 2 OHG setzt die Zusprechung
einer Genugtuung voraus, dass das Opfer "schwer betroffen
ist und besondere Umstände es rechtfertigen". Diese Um-
schreibung entspricht weitgehend den in den Art. 47 und 49
Abs. 1 OR genannten Voraussetzungen für die Leistung von Ge-
nugtuung. Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich ver-
letzt wird, hat nach Art. 49 Abs. 1 OR Anspruch auf Leistung
einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Ver-
letzung es rechtfertigt und diese nicht anders wieder gutge-
macht worden ist. Art. 47 OR, der einen Anwendungsfall von
Art. 49 Abs. 1 OR darstellt (BGE 89 II 396 E. 3), sieht vor,
dass bei Tötung eines Menschen oder bei Körperverletzung der
Richter unter Würdigung der besonderen Umstände dem Verletz-
ten oder den Angehörigen des Getöteten eine angemessene
Geldsumme als Genugtuung zusprechen kann. Die Leistungen
gemäss Art. 12 Abs. 2 OHG unterscheiden sich zwar in ihrer
Rechtsnatur von den zivilrechtlichen Ansprüchen. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts sind jedoch im Bereich der
Opferhilfe die von den Zivilgerichten entwickelten Grundsät-
ze bei der Beurteilung der Voraussetzungen für den Anspruch
auf Genugtuung sinngemäss heranzuziehen (BGE 125 II 169
E. 2b; 121 II 369 E. 3c/aa).

        b) Sowohl der Entscheid, ob eine Genugtuung ge-
schuldet wird, als auch deren Bemessung sind Billigkeitsent-
scheide, die von der Würdigung der massgeblichen Kriterien
abhängen (BGE 123 II 210 E. 3b/cc). Innerhalb gewisser Gren-
zen sind mehrere angemessene, der Billigkeit entsprechende
Lösungen möglich. Den kantonalen Behörden steht ein weiter
Ermessensspielraum zu, den das Bundesgericht zu respektieren

hat. Es kann nur einschreiten, wenn die kantonale Instanz
ihr Ermessen überschritten oder missbraucht hat (BGE 121 II
369 E. 3c u. 4c).

        c) Das Verwaltungsgericht führte aus, im vorliegen-
den Fall sei aktenkundig, dass der Beschwerdeführer mehrere
Hämatome (Blutergüsse) - über den Körper verteilt - aufge-
wiesen habe, vor allem jedoch im Bereich der Innenseite des
linken Oberschenkels und im Penisbereich links. Zusätzlich
habe er an einer Hämaturie gelitten, d.h. an einer Harnröh-
renverletzung, die zu Blutbeimengung im Urin führe. Aufgrund
dieser Befunde sei er für die Zeit vom 8. Juli 1995 bis zum
6. August 1995 durch Arztzeugnis 100% arbeitsunfähig erklärt
worden.

        Zur Frage, ob die Voraussetzungen für eine Genugtu-
ung erfüllt seien, hielt das Gericht fest, es sei von einer
einfachen Körperverletzung auszugehen, welche dem Beschwer-
deführer kurzfristig erhebliche Schmerzen bereitet und zu
einer Arbeitsunfähigkeit von vier Wochen geführt habe. Hin-
gegen lägen keinerlei bleibende Schäden vor, und die Verlet-
zung habe weder eine einschneidende Wirkung auf das private
oder berufliche Leben oder eine lebensgefährliche Situation
mit entsprechenden Ängsten verursacht, noch ein langes,
schmerzhaftes Krankenlager nach sich gezogen. Unter diesen
Umständen seien die Voraussetzungen für eine Genugtuung
nicht gegeben. Das Verwaltungsgericht stützte sich dabei auf
die Lehre und Praxis zum zivilrechtlichen Genugtuungsan-
spruch. Es erklärte, danach entfalle ein solcher Anspruch
beispielsweise bei einem Beinbruch, der normal verheile,
ebenso bei einer Hirnerschütterung, verbunden mit einem
Schlüsselbeinbruch (Alfred Keller, Haftpflicht im Privat-
recht, 2. Aufl. 1998, S. 138). Ein Genugtuungsanspruch sei
sodann verneint worden in einem Fall, in welchem eine Ohr-
feige und ein Fusstritt ins Gesicht zu einer Rissquetsch-
wunde von der Stirn bis zur Nasenwurzel, zu einem Bluterguss

am Handgelenk und zu Schürfungen am Knie geführt hätten, so-
wie im Falle von Messerstichen in die Wade und Faustschlägen
ins Gesicht, die einen Spitalaufenthalt von vier Tagen und
eine Arbeitsunfähigkeit von einem Monat zur Folge gehabt
hätten (Klaus Hütte/Petra Ducksch, Die Genugtuung, 3. Aufl.
1996, Tabelle VIII/1 1995 ff.). Bei all diesen Beispielen
habe - wie das Verwaltungsgericht im Weiteren ausführte -
eine bedeutend grössere immaterielle Unbill vorgelegen als
im Falle des Beschwerdeführers. Dieser sei bereits bei der
urologischen Kontrolle am 31. Juli 1995 wieder nahezu be-
schwerdefrei gewesen; die Hämaturie sei verschwunden, die
Hämatome hätten sich resorbiert, und feststellbar sei einzig
noch ein Druckschmerz gewesen. Unter diesen Umständen sei
erstellt, dass der Beschwerdeführer von der Körperverletzung
nicht schwer betroffen im Sinne von Art. 12 Abs. 2 OHG gewe-
sen sei. Es habe lediglich ein vorübergehendes Schmerzgefühl
und Unwohlsein vorgelegen, "ohne Dauerinvalidität, langes
Krankenlager oder erhebliche Arbeitsunfähigkeit". Der Be-
schwerdeführer habe daher keinen Anspruch auf Genugtuung
gemäss OHG.

        d) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird einge-
wendet, es sei aufgrund der medizinischen Dokumentation
nachgewiesen, dass der Beschwerdeführer mehrere und ausge-
dehnte Hämatome in der Genitaliengegend erlitten habe, die
ihn während Wochen gehindert hätten, seine Arbeit wieder
aufzunehmen. Zudem leide er immer noch darunter, dass ihn
ein Zollbeamter unter Missbrauch seines Amtes angegriffen
und ihm mehrere erhebliche Fusstritte versetzt habe und dass
dieser Beamte (nach dem Grundsatz in dubio pro reo) freige-
sprochen worden sei. Es sei unter diesen Umständen unver-
ständlich, dass das Verwaltungsgericht die Voraussetzungen
für die Zusprechung einer Genugtuung als nicht gegeben be-
trachtet habe. Das Gericht habe übersehen, dass die Opfer-
hilfebehörden in ähnlich gelagerten Fällen namhafte Genug-
tuungssummen zugesprochen hätten. Dabei wird auf die drei im

OHG-Kommentar Gomm/Stein/Zehntner, S. 185, erwähnten Fälle
sowie auf verschiedene Beispiele aus der Entscheidsammlung
Hütte (Nrn. 7 und 12 aus dem Zeitraum 1990 bis 1994 und
Nrn. 3 bis 6 aus dem Zeitraum 1995 ff.) verwiesen.

        e) Das Verwaltungsgericht hat bei der Beurteilung
der Frage, ob die in Art. 12 Abs. 2 OHG genannten Vorausset-
zungen für die Zusprechung einer Genugtuung im vorliegenden
Fall erfüllt seien, mit Recht die Lehre und Praxis zum zi-
vilrechtlichen Genugtuungsanspruch herangezogen. Danach
rechtfertigen Körperverletzungen grundsätzlich nur dann eine
Genugtuung, wenn sie erheblich sind. Dies ist im Allgemeinen
dann der Fall, wenn sie zu dauernden Schädigungen führen
(BGE 121 II 369 E. 3c/bb; 110 II 163 E. 2c mit Hinweisen).
Bei vorübergehenden Beeinträchtigungen ist eine entspre-
chende Schwere erforderlich, die sich zum Beispiel aus einer
Lebensgefährdung, aus einschneidenden Wirkungen auf das pri-
vate oder berufliche Leben, aus einem langen Spitalaufent-
halt oder besonders heftigen oder langandauernden Schmerzen
ergeben kann (Alfred Keller, a.a.O., S. 132 und S. 138;
Roland Brehm, Berner Kommentar, Bd. VI/1/3/1, 2. Aufl. 1998,
N. 161 ff. zu Art. 47 OR; Oftinger/Stark, Schweizerisches
Haftpflichtrecht, Allgemeiner Teil, 5. Aufl. 1995, Bd. I,
S. 444 Rz. 59).

        Die Vorinstanz nahm mit Grund an, im vorliegenden
Fall treffe keine dieser Voraussetzungen zu. Der Beschwerde-
führer hat durch die Fusstritte, die ihm nach seinen Angaben
der Zollbeamte B.________ am 8. Juli 1995 versetzt habe,
mehrere Blutergüsse, vor allem im Genitalbereich, sowie eine
Harnröhrenverletzung erlitten, und war während vier Wochen
arbeitsunfähig. Bei der urologischen Kontrolle am 31. Juli
1995 war er aber schon wieder nahezu beschwerdefrei. Es ist
mit Rücksicht auf diese Umstände nicht zu beanstanden, wenn
das Verwaltungsgericht eine schwere Betroffenheit im Sinne
von Art. 12 Abs. 2 OHG verneinte. Dass in den in der Verwal-

tungsgerichtsbeschwerde angeführten Fällen Genugtuungssummen
zugesprochen wurden, ändert daran nichts. Es ging in jenen
Fällen um bedeutend gravierendere Verletzungen (Nasenbein-
bruch; Bruch der Kinnlade; Verlust von Zähnen; Riss eines
Halswirbels; Oberschenkelfraktur; Schuss in das Schienbein;
Würgen, so dass für den Geschädigten Lebensgefahr bestand;
Schläge an den Kopf; Attacke eines Exhibitionisten gegen
eine Frau) als im hier zu beurteilenden Fall. Wie dargelegt
wurde (E. 2b), steht der kantonalen Behörde bei der Beurtei-
lung der Voraussetzungen für die Zusprechung einer Genug-
tuung ein weiter Spielraum des Ermessens zu. Es kann nicht
gesagt werden, das Verwaltungsgericht habe sein Ermessen
überschritten oder missbraucht, wenn es zum Schluss gelang-
te, die in Art. 12 Abs. 2 OHG genannten Voraussetzungen für
die Leistung einer Genugtuung seien im vorliegenden Fall
nicht erfüllt. Die Vorinstanz verstiess daher nicht gegen
Bundesrecht, wenn sie annahm, der Kantonale Sozialdienst
habe die Genugtuungsforderung des Beschwerdeführers zu Recht
abgelehnt. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist in diesem
Punkt abzuweisen.

     3.- Im Weiteren erblickt der Beschwerdeführer eine Ver-
letzung des OHG darin, dass ihm das Verwaltungsgericht die
Verfahrenskosten auferlegte. Er beantragt, der angefochtene
Entscheid sei in diesem Punkt aufzuheben, es sei ihm die un-
entgeltliche Rechtspflege nach dem OHG zu bewilligen, unter
Kosten- und Entschädigungsfolgen "für alle Instanzen zu Las-
ten des Beschwerdegegners", d.h. des Kantons Aargau.

        a) Das Verwaltungsgericht prüfte zunächst, ob dem
Beschwerdeführer nach dem kantonalen Verwaltungsrechtspfle-
gegesetz (VRPG) die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wer-
den könne. Es gelangte zum Schluss, auf das Gesuch könne
nicht eingetreten werden, da der Beschwerdeführer den erfor-
derlichen Amtsbericht über seine finanziellen Verhältnisse

nicht eingereicht habe. Im Sinne einer Eventualbegründung
hielt es fest, das Gesuch hätte abgewiesen werden müssen,
weil sich aus den Akten ergebe, dass der Beschwerdeführer
nicht mittellos nach § 35 Abs. 2 VRPG sei.

        b) Sodann führte das Verwaltungsgericht aus, gemäss
Art. 3 Abs. 4 OHG übernähmen die Beratungsstellen weitere
Kosten wie Arzt-, Anwalts- und Verfahrenskosten, soweit dies
aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Opfers angezeigt
sei. Im vorliegenden Fall habe die Vorinstanz (der Kantonale
Sozialdienst) die Übernahme der Kosten für die anwaltliche
Vertretung des Beschwerdeführers im Strafverfahren für beide
Instanzen bewilligt. Zur Frage der Kostenübernahme im Be-
schwerdeverfahren vor Verwaltungsgericht habe sie sich nicht
geäussert. Unter diesen Umständen sei über die Kostenüber-
nahme nach Art. 3 Abs. 4 OHG mangels Zuständigkeit nicht im
vorliegenden Beschwerdeverfahren zu befinden. Das Verwal-
tungsgericht trat deshalb auf das "Gesuch um Kostenübernahme
der Anwalts- und Verfahrenskosten nach OHG" nicht ein
(Ziff. 1b des Dispositivs). Es wies in den Erwägungen darauf
hin, der Beschwerdeführer hätte das Gesuch bei der Vorin-
stanz einzureichen, deren Entscheid gemäss § 16 der kantona-
len Opferhilfeverordnung an den Regierungsrat weitergezogen
werden könne.

        c) Abschliessend hielt das Verwaltungsgericht zu
den Kosten- und Entschädigungsfolgen fest, entsprechend dem
Ausgang des Verfahrens seien die Kosten des verwaltungsge-
richtlichen Verfahrens dem Beschwerdeführer aufzuerlegen
(§ 33 Abs. 2 VRPG). Eine Parteientschädigung werde nicht
ausgerichtet (§ 36 Abs. 1 VRPG).

        In der Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbe-
schwerde brachte es eine nachträgliche Begründung zu dieser
Kostenverlegung an.

        d) Art. 16 Abs. 1 OHG bestimmt, dass die Kantone
für den Entscheid über Entschädigung und Genugtuung ein ein-
faches, rasches und kostenloses Verfahren vorsehen. Das Bun-
desgericht führte im Urteil BGE 122 II 211 E. 4b aus, dies
könne vom Wortlaut der Gesetzesbestimmung und ihrer systema-
tischen Einordnung her sowohl als allein für das erstin-
stanzliche Verfahren als auch für das in Art. 17 OHG vorge-
schriebene kantonale Beschwerdeverfahren gültig angesehen
werden. Es legte in der Folge dar, dass nach dem Sinn und
Zweck des Opferhilfegesetzes "sowohl das kantonale Beschwer-
deverfahren nach Art. 17 OHG als auch eine Verwaltungsge-
richtsbeschwerde in diesem Bereich an das Bundesgericht
grundsätzlich kostenlos" sein müsse; vorbehalten bleibe eine
Kostenauflage bei leichtsinniger oder mutwilliger Prozess-
führung (BGE 122 II 211 E. 4b S. 219).

        Diesem Urteil des Bundesgerichts ist - entgegen der
vom Verwaltungsgericht in der Beschwerdeantwort vertretenen
Ansicht - klar zu entnehmen, dass aufgrund von Art. 16
Abs. 1 OHG beim Entscheid über Entschädigung und Genugtuung
nicht nur das erstinstanzliche Verfahren, sondern auch das
Verfahren vor der kantonalen Beschwerdeinstanz und vor dem
Bundesgericht kostenlos ist, sofern nicht eine leichtsinnige
oder mutwillige Prozessführung vorliegt. Indem das Verwal-
tungsgericht die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Be-
schwerdeführer auferlegte, obwohl dieser weder leichtsinnig
noch mutwillig prozessierte, hat es demnach Bundesrecht ver-
letzt. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist in diesem Punkt
gutzuheissen und der angefochtene Entscheid mit Bezug auf
Ziff. 2 des Dispositivs aufzuheben.

        Ebenfalls aufzuheben ist Ziff. 1b des Dispositivs,
soweit damit auf das Gesuch um Übernahme der Verfahrenskos-
ten nach OHG nicht eingetreten wurde. Das Nichteintreten
steht in Widerspruch zu Ziff. 2 des Dispositivs, wonach dem

Beschwerdeführer die Kosten des kantonalen Beschwerdeverfah-
rens auferlegt wurden, und ist ausserdem unvereinbar mit dem
Grundsatz der Kostenlosigkeit dieses Verfahrens.

        e) Ein kostenloses Verfahren, wie es in Art. 16
Abs. 1 OHG vorgeschrieben ist, bedeutet nicht zugleich auch
die unentgeltliche Verbeiständung durch einen Rechtsvertre-
ter. Es ist daher, ausser bei Gewährung der unentgeltlichen
Verbeiständung gestützt auf kantonales Recht oder den aus
Art. 4 aBV bzw. Art. 29 Abs. 3 BV folgenden Anspruch, nicht
Aufgabe der kantonalen Beschwerdeinstanz nach Art. 17 OHG
oder des Bundesgerichts im entsprechenden Verfahren der Ver-
waltungsgerichtsbeschwerde, dem unterliegenden Opfer aus der
Gerichtskasse eine Entschädigung für die Anwaltskosten zuzu-
sprechen (BGE 122 II 211 E. 4c). Das Opfer hat die Übernahme
seiner Anwaltskosten aufgrund von Art. 3 Abs. 4 OHG grund-
sätzlich bei der Beratungsstelle geltend zu machen. Dort, wo
im kantonalen Beschwerdeverfahren auch die Voraussetzungen
für die Übernahme von Anwaltskosten in Anwendung von Art. 3
Abs. 4 OHG mittelbar oder unmittelbar zur Beurteilung ste-
hen, kann die Beschwerdeinstanz der Einfachheit halber
gleichzeitig selber für das Beschwerdeverfahren darüber
befinden (BGE 122 II 211 E. 4c). Dies ist jedoch nicht
möglich, wo, wie im vorliegenden Fall, weder die Opferhilfe-
stelle noch die kantonale Beschwerdeinstanz direkt oder in-
direkt entschieden, ob die Voraussetzungen für die Übernahme
der Anwaltskosten erfüllt sind oder nicht. Mit seinem Begeh-
ren um Übernahme von Anwaltskosten ist der Beschwerdeführer
daher an den Kantonalen Sozialdienst zu verweisen. Dies be-
trifft das ganze Verfahren vor allen drei Instanzen; jenes
vor Bundesgericht indes nur, soweit er unterliegt und keine
Parteientschädigung zugesprochen erhält (BGE 122 II 211
E. 4c S. 220). Das Verwaltungsgericht ist demnach zu Recht
auf das Gesuch um Übernahme der Anwaltskosten nach OHG nicht
eingetreten und hat den Beschwerdeführer darauf hingewiesen,
dass er dieses Begehren beim Kantonalen Sozialdienst geltend

zu machen hätte. Dass es dem Beschwerdeführer unter dem Ge-
sichtspunkt von § 36 Abs. 1 VRPG keine Parteientschädigung
zusprach (Ziff. 3 des Dispositivs), schliesst eine Prüfung
des Gesuchs um Übernahme von Anwaltskosten nach Art. 3
Abs. 4 OHG nicht aus.

     4.- Nach dem Gesagten ist die Verwaltungsgerichtsbe-
schwerde teilweise gutzuheissen und der angefochtene Ent-
scheid mit Bezug auf Ziff. 1b, soweit sich diese auf die
Verfahrenskosten nach OHG bezieht, und Ziff. 2 des Disposi-
tivs aufzuheben. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen.

        Es rechtfertigt sich im vorliegenden Fall, dass das
Bundesgericht über die Kosten des kantonalen Beschwerdever-
fahrens selbst entscheidet (Art. 114 Abs. 2 OG). Das Verwal-
tungsgericht hatte zur Hauptsache über ein Begehren um Ent-
schädigung und Genugtuung nach Art. 11 OHG zu befinden, und
nach der dargelegten Rechtsprechung ist bei Entscheiden über
solche Begehren das kantonale Beschwerdeverfahren - abgese-
hen von hier nicht zutreffenden Ausnahmen - kostenlos
(BGE 122 II 211 E. 4b). Es erscheint daher als gerechtfer-
tigt, für das kantonale Beschwerdeverfahren keine Kosten zu
erheben.

        Das bundesgerichtliche Verfahren ist, da keine
leichtsinnige oder mutwillige Prozessführung vorliegt, eben-
falls kostenlos (BGE 122 II 211 E. 4b). Soweit der Beschwer-
deführer obsiegt, ist ihm nach Art. 159 Abs. 2 OG zu Lasten
des unterliegenden Kantons Aargau eine Parteientschädigung
zuzusprechen.

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird teilweise
gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kan-
tons Aargau vom 9. Februar 1999 mit Bezug auf Ziff. 1b, so-
weit sich diese auf die Verfahrenskosten nach OHG bezieht,
und Ziff. 2 des Dispositivs aufgehoben. Im Übrigen wird die
Beschwerde abgewiesen.

     2.- Für das kantonale und das bundesgerichtliche Be-
schwerdeverfahren werden keine Kosten erhoben.

     3.- Der Kanton Aargau hat den Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 800.-- zu entschädigen.

     4.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kanto-
nalen Sozialdienst Aargau und dem Verwaltungsgericht des
Kantons Aargau, 2. Kammer, sowie dem Eidgenössischen Justiz-
und Polizeidepartement schriftlich mitgeteilt.
                       ______________

Lausanne, 11. August 2000

      Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                  Die Gerichtsschreiberin: