Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen K 89/1998
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K 89/98 Vr

                         I. Kammer

Präsident Lustenberger, Bundesrichter Schön, Spira, Bundes-
richterin Widmer und Bundesrichter Meyer; Gerichtsschrei-
berin Kopp Käch

               Urteil vom 26. September 2001

                         in Sachen

Krankenkasse KPT, Tellstrasse 18, 3014 Bern, Beschwerde-
führerin,
                           gegen

Z.________, 1979, Beschwerdegegnerin, vertreten durch ihren
Vater,
                            und

Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern

     A.- Die 1979 geborene Z.________ unterzog sich vom 26.
bis 28. März 1996 einem stationären Eingriff im Spital
X.________, bei welchem nach der Diagnosestellung "Pe-
ricoronale Infekte und Zysten" alle vier Weisheitszähne
operativ entfernt wurden. Der Vater der Patientin, ersuchte
die Krankenkasse KPT (nachfolgend: KPT) um Rückerstattung
der in Rechnung gestellten Behandlungskosten von insgesamt
Fr. 4287.25. Die KPT leistete aus der Zusatzversicherung
A-Plus Fr. 300.- für nichtpflichtige Zahnbehandlungskosten
und verneinte mit Verfügung vom 29. November 1996 eine

Vergütung an die durchgeführten zahnärztlichen Behandlungen
aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Die
dagegen erhobene Einsprache hiess die KPT mit Entscheid vom
12. Juni 1997 teilweise gut und hob die angefochtene Ver-
fügung insoweit auf, als sie sich bereit erklärte, aus der
A-Plus-Versicherung einen freiwilligen Beitrag in der Höhe
von Fr. 500.- auszurichten.

     B.- Mit Beschwerde liess der Vater von Z.________
beantragen, dass die KPT gestützt auf das Bundesgesetz über
die Krankenversicherung (KVG) sämtliche Kosten der in Frage
stehenden zahnärztlichen Behandlung zu übernehmen habe. Das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern hiess die Beschwerde
mit Entscheid vom 7. April 1998 teilweise gut, hob den Ein-
spracheentscheid vom 12. Juni 1997 auf und wies die Sache
an die KPT zurück, damit diese nach zusätzlichen Abklärun-
gen über den Leistungsanspruch neu verfüge.

     C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die
KPT die Aufhebung des Entscheids vom 7. April 1998 und die
Feststellung, dass sie an die zahnärztliche Behandlung von
Z.________ keine Leistungen zu Lasten der obligatorischen
Krankenpflegeversicherung zu erbringen habe.
     Der Vater von Z.________ schliesst auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, das Bundesamt für Sozial-
versicherung (BSV) sinngemäss auf deren Gutheissung.

     D.- Am 28. März 2000 hat das Eidgenössische Versiche-
rungsgericht eine Expertengruppe mit der Erstellung eines
zahnmedizinischen Grundsatzgutachtens beauftragt. Das vor-
liegende Verfahren wurde deshalb mit Verfügung vom 3. April
2000 sistiert. Das Grundsatzgutachten ging am 31. Oktober
2000 beim Gericht ein und wurde am 16. Februar 2001 mit den
Experten erörtert. Am 21. April 2001 erstellten die Exper-
ten einen Ergänzungsbericht.

     Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

     1.- Da das Gericht im Hinblick auf die sich hier
stellenden medizinischen Fragen Fachpersonen konsultiert
hat, wurde das Verfahren sistiert. Nach Vorliegen des
Berichtes mit Ergänzungen ist der Grund der Sistierung
weggefallen. Sie ist daher aufzuheben.

     2.- Die Leistungen, deren Kosten von der obligatori-
schen Krankenpflegeversicherung bei Krankheit zu übernehmen
sind, werden in Art. 25 des Bundesgesetzes über die Kran-
kenversicherung (KVG) in allgemeiner Weise umschrieben. Im
Vordergrund stehen die Leistungen der Ärzte und Ärztinnen,
dann aber auch der Chiropraktoren und Chiropraktorinnen
sowie der Personen, die im Auftrag von Ärzten und Ärztinnen
Leistungen erbringen.
     Die Leistungen der Zahnärzte und Zahnärztinnen sind in
der genannten Bestimmung nicht aufgeführt. Die Kosten die-
ser Leistungen sollen im Krankheitsfalle der obligatori-
schen Krankenpflegeversicherung nur in eingeschränktem
Masse überbunden werden, nämlich wenn die zahnärztliche Be-
handlung durch eine schwere, nicht vermeidbare Erkrankung
des Kausystems (Art. 31 Abs. 1 lit. a KVG) oder durch eine
schwere Allgemeinerkrankung oder ihre Folgen bedingt
(Art. 31 Abs. 1 lit. b KVG) oder zur Behandlung einer
schweren Allgemeinerkrankung oder ihrer Folgen notwendig
ist (Art. 31 Abs. 1 lit. c KVG).
     Da vorliegend die zahnärztliche Behandlung weder durch
eine schwere Allgemeinerkrankung oder ihre Folgen bedingt
(Art. 31 Abs. 1 lit. b KVG) noch für deren Behandlung not-
wendig ist (Art. 31 Abs. 1 lit. c KVG), kann eine Leis-
tungspflicht der sozialen Krankenversicherung nur bei Er-
füllung der Voraussetzungen von Art. 31 Abs. 1 lit. a KVG
gegeben sein.

     3.- Die Bestimmung von Art. 31 Abs. 1 lit. a KVG, wo-
nach die zahnärztliche Behandlung durch eine schwere, nicht

vermeidbare Erkrankung des Kausystems bedingt sein muss,
hat durch das Departement (Art. 33 Abs. 2 KVG in Verbindung
mit Art. 33 lit. d KVV) in Art. 17 der Verordnung über
Leistungen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung
(KLV) folgende Ausgestaltung erfahren:

Art. 17 Erkrankungen des Kausystems

Die Versicherung übernimmt die Kosten der zahnärztlichen
Behandlungen, die durch eine der folgenden schweren, nicht
vermeidbaren Erkrankungen des Kausystems bedingt sind
(Art. 31 Abs. 1 Bst. a KVG). Voraussetzung ist, dass das
Leiden Krankheitswert erreicht; die Behandlung ist nur so
weit von der Versicherung zu übernehmen, wie es der Krank-
heitswert des Leidens notwendig macht:

a. Erkrankungen der Zähne:

   1. Idiopathisches internes Zahngranulom,
   2. Verlagerung und Überzahl von Zähnen und Zahnkeimen
      mit Krankheitswert (z.B. Abszess, Zyste);

b. Erkrankungen des Zahnhalteapparates (Parodontopathien):

   1. Präpubertäre Parodontitis,
   2. Juvenile, progressive Parodontitis,
   3. Irreversible Nebenwirkungen von Medikamenten;

c. Erkrankungen des Kieferknochens und der Weichteile:

   1. Gutartige Tumore im Kiefer- und Schleimhautbereich
      und tumorähnliche Veränderungen,
   2. Maligne Tumore im Gesichts-, Kiefer- und Halsbereich,
   3. Osteopathien der Kiefer,
   4. Zysten (ohne Zusammenhang mit Zahnelementen),
   5. Osteomyelitis der Kiefer;

d. Erkrankungen des Kiefergelenks und des Bewegungsappara-
   tes:

   1. Kiefergelenksarthrose,
   2. Ankylose,
   3. Kondylus- und Diskusluxation;

e. Erkrankungen der Kieferhöhle:

   1. In die Kieferhöhle dislozierter Zahn oder Zahnteil,
   2. Mund-Antrumfistel;

f. Dysgnathien, die zu folgenden Störungen mit Krankheits-
   wert führen:

   1. Schlafapnoesyndrom,
   2. Schwere Störungen des Schluckens,
   3. Schwere Schädel-Gesichts-Asymmetrien.

     a) In BGE 124 V 185 hat das Eidgenössische Versiche-
rungsgericht entschieden, dass die in Art. 17-19 KLV er-
wähnten Erkrankungen, deren zahnärztliche Behandlung von
der sozialen Krankenversicherung zu übernehmen ist, ab-
schliessend aufgezählt sind. Demnach fallen nur Erkrankun-
gen des Kausystems, die in Art. 17 KLV genannt sind, unter
die Leistungspflicht der sozialen Krankenversicherung.

     b) Die Umschreibung der Erkrankungen in Art. 17 KLV
ist unterschiedlich. So begnügt sich der Verordnungsgeber
teils mit einzelnen Krankheitsbezeichnungen wie etwa der
Kiefergelenksarthrose (Art. 17 lit. d Ziff. 1 KLV) oder der
Mund-Antrumfistel (Art. 17 lit. e Ziff. 2 KLV), teils ver-
wendet er Umschreibungen wie in Art. 17 lit. a Ziff. 2 KLV,
wo ihm die Begriffe "Verlagerung und Überzahl von Zähnen
und Zahnkeimen" ("dislocations dentaires, dents ou germes
dentaires surnuméraires"; "dislocazioni o soprannumero di
denti o germi dentari") für sich allein zu unbestimmt er-
scheinen, sodass er nur solche darunter verstanden wissen
will, die "Krankheitswert (z.B. Abszess, Zyste)" erreichen
("pouvant être qualifiées de maladie [par exemple: abcès,
kyste]"; "che causano una malattia [ad es. ascesso, cis-
te]"). Damit stellt sich die Frage, ob dieser Krankheits-
wert ein anderer ist als jener Krankheitswert, der nach
Art. 17 KLV zur allgemeinen Voraussetzung dafür erhoben
wird, dass die in dieser Bestimmung aufgezählten Erkran-
kungen in den Leistungsbereich der sozialen Krankenversi-
cherung fallen. Weiter ist danach zu fragen, ob der Krank-

heitswert, wie er in Art. 17 KLV allgemein oder in dessen
lit. a Ziff. 2 bei verlagerten und überzähligen Zähnen und
Zahnkeimen verwendet wird, mit dem in Art. 2 Abs. 1 KVG de-
finierten Begriff der Krankheit übereinstimmt.

     4.- Das Gericht hat dazu die von zwei verschiedenen
Berufsgruppen zur Leistungspflicht der sozialen Krankenver-
sicherung im Sinne von Art. 31 KVG herausgegebenen Leitfä-
den zu Rate gezogen (Atlas der Erkrankungen mit Auswirkun-
gen auf das Kausystem [SSO-Atlas], herausgegeben von der
Schweizerischen Zahnärzte-Gesellschaft SSO, 1996; KVG-Leit-
faden, Leistungspflicht im Fachbereich Kiefer- und Ge-
sichtschirurgie, herausgegeben von der Gesundheitspoliti-
schen Kommission der Schweizerischen Gesellschaft für Kie-
fer- und Gesichtschirurgie, 1999). In der Erkenntnis, dass
diese Unterlagen einerseits auf die sich stellenden Fragen
wenig grundsätzliche Antworten geben und die Thematik mehr
kasuistisch angehen und andererseits in vielen Einzelfragen
zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelangen, sowie an-
gesichts der grossen praktischen Bedeutung mit allfällig
weit reichenden finanziellen Folgen für die Versicherten
und die Versicherer hat das Gericht eine Expertengruppe mit
der Ausarbeitung eines Grundsatzgutachtens beauftragt. Die-
ses hatte die gestellten Fragen grundsätzlich, d.h. losge-
löst von den anstehenden Einzelfällen, zu beantworten und
so dem Gericht eine Grundlage zu bieten, welche es ihm er-
laubt, den gesetzlichen Bestimmungen einen Inhalt zu geben,
der auf einem zutreffenden Verständnis des der Regelung zu
Grunde liegenden medizinischen Fachwissens beruht. Bei den
drei Mitgliedern der Expertengruppe handelt es sich um PD
Dr. med. dent. Urs Gebauer, Klinik für Kieferorthopädie,
Bern, Dr. med. dent. Martin Chiarini, Ecole de Médecine
Dentaire, Genève, und Dr. med. dent. Wanda Gnoinski, Klinik
für Kieferorthopädie, Zürich. Diese Experten durften andere
Fachpersonen kontaktieren.
     Das Grundsatzgutachten und der Erläuterungsbericht
werden nicht nur soweit sie für den vorliegenden Fall ein-

schlägig sind, sondern umfassend wiedergegeben, und zwar
angesichts des Umstandes, dass die Expertenmeinungen weit
über den konkreten Fall hinaus interessieren.

     5.- a) Die Experten wurden nach der Bedeutung des
Krankheitswertes befragt, der bei verlagerten und überzäh-
ligen Zähnen und Zahnkeimen nach Art. 17 lit. a Ziff. 2 KLV
Voraussetzung der Leistungspflicht der sozialen Krankenver-
sicherung ist. Die Fachpersonen erblicken in diesem Krank-
heitswert einen gegenüber dem allgemein definierten Begriff
der Krankheit gemäss Art. 2 Abs. 1 KVG qualifizierten Be-
griff. Ihm komme - so führen sie aus - Abgrenzungsfunktion
zu. Weil die Umschreibungen "Verlagerung" und "Überzahl"
von Zähnen und Zahnkeimen sowohl leichte wie auch schwere
Erkrankungen des Kausystems erfassten, würden auf diese
Weise die schweren, eben jene mit Krankheitswert, von den
übrigen Erkrankungen abgegrenzt, die nicht als schwer ein-
zustufen seien und daher der Leistungspflicht der sozialen
Krankenversicherung gemäss Art. 31 Abs. 1 KVG nicht unter-
lägen.

     b) Das Gericht sieht keinen Grund, im Krankheitswert,
der nach Art. 17 KLV bei allen darin aufgeführten Erkran-
kungen erreicht sein muss, damit die Behandlung der Leis-
tungspflicht unterliegt, etwas anderes zu erblicken. Auch
hier dient der Begriff der Abgrenzung. Er drückt das Mass
der Schwere der Erkrankung als Voraussetzung für die Leis-
tungspflicht der sozialen Krankenversicherung aus. Nicht
schwere Erkrankungen sollen nach der gesetzlichen Vorgabe
des Art. 31 Abs. 1 KVG davon ausgeschlossen sein. Der Wie-
derholung des Begriffes in Art. 17 lit. a Ziff. 2 KLV kommt
daher die Funktion zu, dieser allgemeinen Voraussetzung des
Krankheitswertes in Art. 17 KLV den nötigen Nachdruck zu
verschaffen, weil gerade bei verlagerten und überzähligen
Zähnen und Zahnkeimen neben schweren gehäuft nicht schwere
Erscheinungsformen anzutreffen sind.

     6.- a) Um die Frage der Schwere einer Erkrankung bei
Verlagerung und Überzahl von Zähnen und Zahnkeimen diffe-
renziert angehen zu können, unterscheiden die Experten zwi-
schen der Dentition in Entwicklung - im Sinne eines Richt-
wertes bis zum 18. Altersjahr - und bleibender Dentition.
So könne bei der Dentition in Entwicklung der Krankheits-
wert in der Behinderung einer geordneten Gebissentwicklung
oder in einem pathologischen Geschehen bestehen. Bei blei-
bender Dentition falle naturgemäss eine Behinderung der ge-
ordneten Gebissentwicklung ausser Betracht; der Krankheits-
wert beschränke sich hier auf ein pathologisches Geschehen.

     aa) Damit eine Behinderung geordneter Gebissentwick-
lung Krankheitswert erlange, so führen die Fachleute aus,
müsse sie mit der Verlagerung oder Überzahl von Zähnen und
Zahnkeimen zusammenhängen, bereits manifest sein oder ge-
mäss bewährter Erkenntnis der Zahnmedizin unmittelbar dro-
hen und durch einfache Massnahmen nicht zu verhindern oder
zu beheben sein. Als Beispiele der Behinderung einer ge-
ordneten Gebissentwicklung nennen die Experten die Behin-
derung des Durchbruchs benachbarter Zähne, die Resorption
oder Verdrängung solcher Zähne und das Ausbleiben weiteren
Alveolarfortsatz-Wachstums in Folge Ankylose bleibender
Zähne und Früh-Ankylose von Milchzähnen. Unter einfachen
Massnahmen seien namentlich die Extraktion von Milchzähnen
oder bleibenden Zähnen ohne Zusatzkomplikationen (einfache
Extraktion), Schleimhautkappen-Excision sowie die Schaffung
des für den Zahndurchbruch nötigen Platzangebotes mit be-
schränktem apparativem Aufwand (z.B. festsitzende oder ab-
nehmbare Lückenhalter/Lückenöffner, Lingualbogen, Palati-
nalbogen, Headgear) zu verstehen.

     bb) Von einem pathologischen Geschehen - so die Fach-
personen - sei zu sprechen, wenn es mit der Verlagerung
oder Überzahl von Zähnen und Zahnkeimen zusammenhänge, wenn
es durch prophylaktische Massnahmen nicht verhindert werden
könne, wenn es zu erheblichen Schäden an benachbarten Zäh-

nen, am Kieferknochen oder an benachbarten Weichteilen ge-
führt habe oder nach klinischem und allenfalls radiologi-
schem Befund mit hoher Wahrscheinlichkeit führen werde und
ohne Eingriff das Kausystem beeinträchtige. Als Beispiele
einer erheblichen Schädigung benachbarter Zähne, am Kiefer-
knochen oder an benachbarten Weichteilen nennen sie den
Abszess, die Zyste, soweit sie nicht durch vermeidbare Ka-
ries oder Parodontitis bedingt ist, die Resorption oder
Verdrängung benachbarter Zähne, bereits erfolgte parodonta-
le Taschenbildung an benachbarten Zähnen, chronisch-rezidi-
vierende Pericoronitis (beginnende Abszessbildung) bei
Weisheitszähnen sowie retinierte Zähne mit Verbindung zur
Mundhöhle und entsprechender Gefahr der Abszessbildung in-
folge nicht vermeidbarer Karies. Ein Kauorgan könne sodann
ausser in seiner Funktion auch in seiner Ästhetik (z.B.
obere Frontzähne) beeinträchtigt werden.

     b) Verlagerte Weisheitszähne nehmen gemäss den Ausfüh-
rungen der Experten gegenüber anderen verlagerten oder
überzähligen Zähnen insofern eine besondere Stellung ein,
als sie von ihrer topografischen Lage in der Gegend des Un-
terkiefer-Winkels her besonders häufig Lage-Anomalien zei-
gen und Anlass zu entzündlichen Komplikationen und Zysten-
bildungen geben würden, die in dieser topografischen Posi-
tion besonders schwerwiegende Folgen haben könnten wie
einen Durchbruch von Abszessen in anatomischen Logen von
vitaler Bedeutung oder eine Spontanfraktur des Unterkiefers
infolge Schwächung durch grosse Zysten.

     c) Was den Umfang der Pflichtleistung der sozialen
Krankenversicherung in den dargestellten Fällen von schwe-
rer Erkrankung des Kausystems anbelangt, erachten die Ex-
perten aus fachärztlicher Sicht allgemein die Übernahme der
Kosten zur Behebung oder Minderung der Entwicklungsstörung
oder des pathologischen Geschehens sowie zur Herstellung
eines funktionell und, soweit obere Frontzähne betroffen
sind, eines ästhetisch befriedigenden Zustandes für ange-

zeigt. Im Besonderen halten die beigezogenen Fachpersonen
dafür, dass bei überzähligen Zähnen mit pathologischem Ge-
schehen zum Umfang der Leistungspflicht die Kosten für die
Entfernung, für die Behandlung der Pathologie und die Res-
tauration oder den Ersatz allfällig geschädigter Zähne ge-
hörten. Bei verlagerten Zähnen umfasst die Leistungspflicht
ihrer Meinung nach die Entfernung und den Ersatz dieser
Zähne oder deren Einreihung mittels chirurgischer oder kie-
ferorthopädischer Massnahmen. Bei verlagerten Weisheits-
zähnen mit pathologischem Geschehen schliesslich beinhalte
die Pflichtleistung nur die Entfernung und die Behandlung
der Begleitpathologie, nicht aber den Ersatz für entfernte
Zähne.

     7.- a) In Würdigung dieser medizinischen Ausführungen
schliesst sich das Gericht dem Verständnis der Experten an,
wonach der Krankheitswert gemäss Art. 17 lit. a Ziff. 2 KLV
bei der Dentition in Entwicklung in der Behinderung einer
geordneten Gebissentwicklung oder in einem pathologischen
Geschehen und bei bleibender Dentition in einem pathologi-
schen Geschehen zu sehen ist, wobei das pathologische Ge-
schehen zu einer erheblichen Schädigung von Nachbarstruk-
turen führt oder unter bestimmten Voraussetzungen zu führen
droht. Damit scheidet aus, den Krankheitswert in den verla-
gerten oder überzähligen Zähnen und Zahnkeimen selbst zu
sehen, etwa bei Überschreitung eines bestimmten Mindestmas-
ses der Abweichung verlagerter Zähne von der normalen Lage
und Achsenrichtung.
     Im Weiteren ergibt sich daraus, dass dieser Krank-
heitswert den für die soziale Krankenversicherung allgemein
geltenden Krankheitswert des Art. 2 Abs. 1 KVG übersteigt
(vgl. Erw. 5a, b). Nicht jede Beeinträchtigung der Gesund-
heit durch verlagerte oder überzählige Zähne und Zahnkeime
lässt eine medizinische Untersuchung oder Behandlung zur
Pflichtleistung der sozialen Krankenversicherung werden.
Vielmehr muss, wie dargelegt, eine qualifizierte Beein-
trächtigung vorliegen.

     Ob eine Erkrankung des Kausystems wegen verlagerter
und überzähliger Zähne und Zahnkeime als schwer anzusehen
ist und ihre Behandlung der Leistungspflicht der sozialen
Krankenversicherung gemäss Art. 31 Abs. 1 lit. a KVG unter-
liegt, ist demnach am Krankheitswert gemäss Art. 17 und
Art. 17 lit. a Ziff. 2 KLV zu messen. Liegt eine Behinde-
rung geordneter Gebissentwicklung oder pathologisches Ge-
schehen mit Schädigung der Nachbarstrukturen im dargelegten
Sinne vor, so muss nicht zusätzlich danach gefragt werden,
ob die Erkrankung insgesamt als schwer einzustufen ist.

     b) Was sodann den Umfang der Leistungspflicht anbe-
langt, gehen die Experten in ihren Ausführungen relativ
weit, indem sie beispielsweise neben der Entfernung ver-
lagerter Zähne auch deren Ersatz oder deren Einreihung
einschliessen. Der Umfang hat sich in jedem Fall nach den
Grundsätzen der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirt-
schaftlichkeit zu richten (Art. 32 Abs. 1 KVG). Keinesfalls
darf Anreiz dafür geschaffen werden, Gebisssanierungen, für
welche die soziale Krankenversicherung nicht aufzukommen
hat, unter dem Vorwand einer Behandlung verlagerter oder
überzähliger Zähne ihr doch anzulasten. Der Umfang der
Leistungspflicht wird von Fall zu Fall nach den genannten
Grundsätzen festzulegen sein.

     c) Es ist selbstverständlich Sache der Rechtsprechung,
die von den Experten geäusserten Auffassungen, soweit sie
nicht in die Beurteilung des vorliegenden Falles einflies-
sen, in den konkreten Einzelfällen zu beurteilen (Zum Gan-
zen: Zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorgesehenes
Urteil M. vom 19. September 2001, K 73/98).

     8.- Wie aus den obigen Erwägungen hervorgeht, setzt
die Leistungspflicht der sozialen Krankenversicherung auf
der vorliegend in Frage kommenden Grundlage von Art. 17
lit. a Ziff. 2 KLV zunächst voraus, dass es sich um verla-
gerte Zähne handelt. Dies ist bei Weisheitszähnen nicht an-

ders. Entgegen den Darlegungen im vorinstanzlichen Ent-
scheid war seitens der Krankenkasse nie unbestritten, dass
eine Verlagerung von Zähnen vorliege und damit die erste in
Art. 17 lit. a Ziff. 2 KLV genannte Voraussetzung erfüllt
sei. Vielmehr hat Dr. med. dent. W.________ als Vertrauens-
zahnarzt der Versicherung anhand des Röntgenbildes bereits
am 14. September 1996 festgestellt, dass es sich um
retinierte Weisheitszähne gehandelt habe. Zusammen mit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde hat die KPT sodann noch einen
Bericht des erwähnten Vertrauenszahnarztes vom 2. Mai 1998
zu den Akten gegeben. Darin wird die Feststellung vom
14. September 1996, wonach es sich in diesem Fall um die
Entfernung altersentsprechend normal retinierter Weis-
heitszähne gehandelt habe, bestätigt. Gleichzeitig hat der
beigezogene Zahnarzt darauf hingewiesen, dass "retiniert"
nicht gleichbedeutend mit "verlagert" sei, sondern nur
heisse, dass der Zahn noch nicht durchgebrochen sei,
während "Verlagerung" eine Abweichung von Platz und Achsen-
richtung beinhalte. Er kam zum Schluss, dass vorliegend
weder die Kriterien der Verlagerung noch des Krankheits-
wertes im Sinne der KLV erfüllt seien. Mit der Verneinung
der Verlagerung nicht in Widerspruch steht die Rechnung des
Dr. S.________ vom 13. Mai 1996, wonach bei zwei gezogenen
Zähnen einfach von mehrwurzligen Zähnen und bei den zwei
chirurgisch entfernten Zähnen von retinierten Zähnen die
Rede ist. Die erst im Verlaufe der Auseinandersetzung zwi-
schen Patientin und Versicherung abgegebene Erklärung des
Dr. med. S.________ vom 6. August 1996, wo ohne Unterschei-
dung von verlagerten Weisheitszähnen gesprochen wird, ist
schliesslich zu wenig fundiert und überzeugend, um gegen
die begründete Feststellung des Vertrauenszahnarztes der
Krankenkasse aufzukommen. Ist demzufolge bereits die Ver-
lagerung der betroffenen Zähne als erste Voraussetzung der
Leistungspflicht der sozialen Krankenversicherung zu ver-
neinen, ist der ebenfalls umstrittenen Frage, ob Zysten
vorgelegen haben, nicht weiter nachzugehen.

     Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

  I. Die Sistierung wird aufgehoben.

 II. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird
     der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
     vom 7. April 1998 aufgehoben.

III. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

 IV. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge-
     richt des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche
     Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherung
     zugestellt.

Luzern, 26. September 2001

                    Im Namen des
         Eidgenössischen Versicherungsgerichts
             Der Präsident der I. Kammer:

              Die Gerichtsschreiberin:

            i.V.