Sozialrechtliche Abteilungen K 157/1998
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K 157/98 Ge III. Kammer Bundesrichter Schön, Borella und Meyer; Gerichtsschreiberin Fleischanderl Urteil vom 12. Februar 2001 in Sachen D.________, 1952, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Urs Rudolf, Ober-Emmenweid 46, Emmenbrücke, gegen Helsana Versicherungen AG, Rechtsdienst, Effinger- strasse 59, Bern, Beschwerdegegnerin, und Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden, Sarnen A.- Der 1952 geborene portugiesische Staatsangehörige D.________ hatte im Juli 1974 infolge eines Motor- radunfalles in Portugal Brüche des linken Ober- und Unter- schenkelknochens sowie des linken Unterarmes erlitten. Die- se Verletzungen führten im Laufe des gleichen Jahres zu mehreren operativen Behandlungen. 1986 kam D.________ als Saisonnier in die Schweiz und betätigte sich in der Folge als Steinhauer bei der Steinbruch Guber AG in Alpnach. In dieser Eigenschaft war er bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie bei der Artisana Kranken- und Unfallversicherung (nunmehr Helsana Versicherungen AG; nachfolgend: Helsana) für ein Taggeld von 80 % des versicherten Lohnes ab zweitem Krankheitstag kollektivversichert. Am 11. Oktober 1990 mel- dete die Arbeitgeberin der SUVA, dass sich D.________ anlässlich eines Unfallereignisses vom 5. Oktober 1990 eine Infektion am linken Bein zugezogen habe. In der Folge war der Versicherte bis 5. November 1990 wegen chronischer Ostitis des linken Ober- und Unterschenkels im Spital Z.________ hospitalisiert. Mit Verfügung vom 4. April sowie Einspracheentscheid vom 17. Juli 1991 verneinte die SUVA ihre Leistungspflicht, da die gesundheitlichen Be- einträchtigungen nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit auf das gemeldete Un- fallereignis zurückzuführen seien. Hiegegen erhob der Ver- sicherte Beschwerde beim Versicherungsgericht des Kantons Obwalden. Am 17. August 1991 stolperte D.________ und brach sich das linke Bein (Unfallmeldung vom 6. September 1991). Auch für dieses Ereignis lehnte die SUVA ihre Leistungspflicht mit Verfügung vom 13. Februar 1992 ab, da im betreffenden Zeitpunkt kein Versicherungsschutz bei ihr mehr bestanden habe. Auf Grund mangelnden Kausalzusammenhangs erbrachte sie im Weiteren auch keine Leistungen für einen mit Datum vom 24. September 1992 nachträglich gemeldeten, im Frühjahr 1989 erlittenen Vorfall, bei welchem D.________ sich ebenfalls Verletzungen im linken Ober- und Unterschenkelbereich zugezogen hatte (Verfügung vom 26. Februar 1993). Im Einspracheentscheid vom 9. Dezember 1993 zog die SUVA ihre Verfügung vom 13. Februar 1992 infolge rechtsungenüglicher Eröffnung in Wiedererwägung, bestätigte sie materiell und wies zugleich die gegen die Verfügung vom 26. Februar 1993 erhobene Einsprache ab. Auch dagegen erhob D.________ Beschwerde beim Versiche- rungsgericht des Kantons Obwalden, welches hierauf unter anderem ein Gutachten des Prof. Dr. med. S.________ und des Dr. med. H.________, Klinik X.________, vom 22. Juni 1993, einen Ergänzungsbericht vom 10. Februar 1994 sowie ein Obergutachten des Prof. Dr. med. G.________ und des Dr. med. N.________, Klinik und Poliklinik für Orthopädische Chirurgie, Spital Y.________, vom 2. Juni 1997 einholte. Mit unangefochten gebliebenem Entscheid vom 27. Februar 1998 vereinte das nunmehr zuständige Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden beide Verfahren und hiess die Beschwerden insofern teilweise gut, als die SUVA in Bezug auf die Gesundheitsstörungen im linken Unterschenkel Versicherungs- leistungen zu erbringen habe, da für diese - im Gegensatz zu den Beschwerden im linken Oberschenkelbereich - mit überwiegender Wahrscheinlichkeit das Unfallereignis vom 5. Oktober 1990 verantwortlich zeichne. Mit Schreiben vom 29. April 1991 hatte die Helsana ihrerseits eine Leistungspflicht verneint, erklärte sich indessen bereit, auf freiwilliger Basis Taggelder zu er- bringen. Am 20. November 1991 verfügte sie, die körperli- chen Beeinträchtigungen sowie die darauf beruhende, seit dem Unfallereignis vom 5. Oktober 1990 bestehende Arbeits- unfähigkeit des Versicherten seien nicht krankheitsbedingt, sondern Folgen des Unfallereignisses von 1974, weshalb kei- ne Leistungspflicht bestehe. B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwal- tungsgericht des Kantons Obwalden ab (Entscheid vom 2. Sep- tember 1998). C.- D.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides sei die Helsana anzuweisen, ihm "die Leistungen entsprechend der abgeschlossenen Kollektiv- Taggeldversicherung zu erbringen"; eventuell sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Während die Helsana auf Abweisung der Verwaltungsge- richtsbeschwerde schliesst, hat sich das Bundesamt für So- zialversicherung nicht vernehmen lassen. Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1.- Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdefüh- rer infolge seiner Leiden Anspruch auf Krankentaggeldleis- tungen durch die Helsana hat. 2.- Auf Grund der medizinischen Aktenlage, insbesonde- re der Gutachten der Klinik X.________ vom 22. Juni 1993 samt Ergänzungsbericht vom 10. Februar 1994 und des Inselspitals Y.________ vom 2. Juni 1997, ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Bereich des linken Ober- und Unterschenkels seit Jahren einen latenten krankhaften Zustand aufwies, welcher teilweise durch das Unfallereignis vom 5. Oktober 1990 im Steinbruch aktiviert wurde. Röntgenologisch konnte erstellt werden, dass ein jahrelang vorbestehender Status bei chronischer Ostitis und Osteomyelitis existierte, der weder vom Beschwerdeführer wahrgenommen worden war, noch ihn in seiner Leistungsfähigkeit als Schwerarbeiter eingeschränkt hatte. Weiter kann im Hinblick auf den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden im parallelen UV-Verfahren vom 27. Februar 1998 davon ausgegangen werden, dass die SUVA unter dem Titel der richtunggebenden Ver- schlimmerung für die gesundheitliche Beeinträchtigung am linken Unterschenkel (mitsamt Folgen für die Arbeits-, Er- werbsfähigkeit und Integrität) aufzukommen hat. Es stellt sich somit die Frage, ob die Helsana für die Auswirkungen der - eindeutig Krankheitswert aufweisenden - Gesundheitsstörung am linken Oberschenkel auf die Arbeits- fähigkeit des Beschwerdeführers Krankentaggelder zu erbrin- gen hat. 3.- a) Die Helsana hat ihre Leistungspflicht mit Ver- fügung vom 20. November 1991 abgelehnt. Nach der allgemei- nen Regel, wonach die Rechtmässigkeit einer Verfügung nach der zur Zeit der Beschlussfassung über die Verfügung mass- geblichen Rechtslage zu beurteilen ist (RKUV 1996 Nr. K 980 S. 121 Erw. 3; vgl. auch BGE 122 V 35 Erw. 1), finden vor- liegend die Bestimmungen des bis 31. Dezember 1995 gültig gewesenen KUVG sowie die gestützt darauf erlassenen, im be- treffenden Zeitpunkt gültig gewesenen Versicherungsverträge sowie kasseninternen Erlasse Anwendung (siehe auch BGE 123 V 28 Erw. 3a mit Hinweisen). b) Gemäss Art. 5 Abs. 3 KUVG darf die Aufnahme in eine Kasse nicht aus gesundheitlichen Gründen oder wegen Schwan- gerschaft abgelehnt werden. Die Kassen können jedoch Krank- heiten, die bei der Aufnahme bestehen, durch einen Vorbe- halt von der Versicherung ausschliessen; das Gleiche gilt für Krankheiten, die vorher bestanden haben, sofern sie er- fahrungsgemäss zu Rückfällen führen können. Der Versiche- rungsvorbehalt fällt spätestens nach fünf Jahren dahin. In Nachachtung dieser Bestimmung hat die Helsana in Ziff. 2.1.8 des vorliegend massgeblichen Reglements über die Kollektiv-Krankentaggeldversicherung, Abt. B+C, Ausgabe 1. Januar 1989 (nachfolgend: Reglement), unter dem Titel "Aufnahme unter Vorbehalt" festgehalten, dass Personen, die im Zeitpunkt der Aufnahmebewerbung an Krankheit oder Unfall leiden, unter Ausschluss dieser Leiden versichert werden. Ein Versicherungsvorbehalt kann ferner - so die Bestimmung im Folgenden - angebracht werden für Krankheiten und Un- fallfolgen, die vor dem Eintritt bestanden haben, sofern diese erfahrungsgemäss zu Rückfällen führen können. Hat eine Kasse bei der Aufnahme eines Mitgliedes kei- nen Versicherungsvorbehalt angebracht, so darf sie einen solchen später nicht mehr verfügen, es sei denn, der Ge- suchsteller habe in schuldhafter Weise eine bestehende oder eine vorher bestandene, zu Rückfällen neigende Krankheit nicht angezeigt. Unter dieser Voraussetzung kann sie inner- halb Jahresfrist, seitdem sie vom schuldhaften Verhalten des Gesuchstellers Kenntnis hatte oder hätte haben müssen, spätestens aber nach fünf Jahren einen rückwirkenden Versi- cherungsvorbehalt anbringen (BGE 111 V 27, 110 V 309 f. Erw. 1 mit Hinweisen; SVR 1997 KV Nr. 97 S. 322 Erw. 3a). 4.- a) Vorliegend ist - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nach den medizinischen Akten davon aus- zugehen, dass die im linken Oberschenkel diagnostizierten chronische Ostitis und Osteomyelitis mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf den im Juli 1974 erlittenen Motor- radunfall in Portugal zurückzuführen sind. Es handelt sich mithin um Auswirkungen eines nicht versicherten Unfalles, die bereits - manifest oder latent - vorhanden waren, als das Krankenversicherungsverhältnis bei der Helsana begrün- det wurde. Ob jemand einen durch vorbestandene Krankheit oder durch vorbestandenen Unfall bewirkten krankhaften Zu- stand aufweist, macht dann keinen Unterschied, wenn sich der Krankenversicherer bereit erklärt, eine solche Person mit oder ohne Vorbehalt gemäss Art. 5 Abs. 3 KUVG aufzuneh- men. Unbestrittenermassen wurde der Beschwerdeführer vorbe- haltlos in die Krankentaggeld-Kollektivversicherung aufge- nommen. Wie die - mit Schreiben vom 29. April 1991 bestä- tigte - auf freiwilliger Basis erfolgte Krankentaggeldaus- richtung zeigt, hat die Helsana in der Folge auch am Versi- cherungsverhältnis festgehalten, nachdem sie vom vorbestan- denen Gesundheitszustand des Versicherten erfahren hatte. Sämtliche Möglichkeiten einer Korrektur, namentlich die An- bringung eines rückwirkenden Vorbehaltes, wären mithin ver- wirkt. b) Die Helsana hat daher grundsätzlich Leistungen nach Massgabe des Kollektiv-Krankentaggeldversicherungsvertrages zu erbringen. An diesem Ergebnis vermag insbesondere auch der in Ziff. 4.3 des Reglements festgehaltene Ausschluss des Unfallrisikos ("Die Versicherung gilt bei Krankheit; Unfälle sind nur auf Grund besonderer vertraglicher Verein- barungen eingeschlossen") nichts zu ändern. Dieser bedeutet einzig, dass Unfälle, welche sich während der Versiche- rungsdauer ereignen, keine Leistungspflicht des Krankenver- sicherers zu begründen vermögen. Davon zu unterscheiden sind indes Fälle wie der vorliegende, bei welchen es um die krankheitswertigen Auswirkungen von nicht versicherten früher erlittenen Unfällen geht, die bereits im Zeitpunkt des Beitritts zur Krankenversicherung - wenn auch allenfalls nur latent - vorhanden waren. Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wer- den der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden vom 2. September 1998 und die Verfügung der Helsana Versicherungen AG vom 20. November 1991 aufge- hoben, und es wird festgestellt, dass der Beschwerde- führer Anspruch auf die ihm gemäss Kollektiv-Kranken- taggeldversicherung zustehenden Leistungen hat. II. Die Helsana wird über den Taggeldanspruch in massli- cher und zeitlicher Hinsicht befinden. III. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. IV. Die Helsana Versicherungen AG hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versiche- rungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2'500.- zu bezahlen. V. Das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Pro- zesses zu befinden haben. VI. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge- richt des Kantons Obwalden und dem Bundesamt für So- zialversicherung zugestellt. Luzern, 12. Februar 2001 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Präsident der III. Kammer: Die Gerichtsschreiberin: