Sozialrechtliche Abteilungen I 608/1998
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I 608/98 Ca IV. Kammer Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; Gerichtsschreiber Maillard Urteil vom 10. Januar 2000 in Sachen A.________, 1941, Beschwerdeführer, vertreten durch den X.________, gegen IV-Stelle Schaffhausen, Oberstadt 9, Schaffhausen, Beschwerdegegnerin, und Obergericht des Kantons Schaffhausen, Schaffhausen A.- Die IV-Stelle Schaffhausen sprach dem 1941 gebore- nen A.________ mit Verfügung vom 3. Februar 1995 rückwir- kend ab 1. November 1992 eine halbe Invalidenrente zu. Die hiegegen erhobene Beschwerde schrieb das Obergericht des Kantons Schaffhausen zufolge Rückzugs mit Beschluss vom 18. August 1995 ab. Nachdem A.________ um Erhöhung der Rente nachgesucht hatte, holte die IV-Stelle bei der Medi- zinischen Abklärungsstelle der Invalidenversicherung (MEDAS) am Kantonsspital Y.________ ein Gutachten ein (Be- richt vom 28. Februar 1997) und wies gestützt darauf das Revisionsbegehren nach Durchführung des Vorbescheidverfah- rens mit Verfügung vom 13. März 1998 ab. B.- Das Obergericht des Kantons Schaffhausen wies die hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 6. November 1998 ab. C.- A.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei ihm eine ganze Rente zuzusprechen. Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Verwaltungs- gerichtsbeschwerde, während sich das Bundesamt für Sozial- versicherung (BSV) nicht vernehmen lässt. Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1.- a) Nach Art. 28 Abs. 1 IVG hat der Versicherte Anspruch auf eine ganze Rente, wenn er mindestens zu 66 2/3 %, auf eine halbe Rente, wenn er mindestens zu 50 % oder auf eine Viertelsrente, wenn er mindestens zu 40 % in- valid ist; in Härtefällen hat der Versicherte nach Art. 28 Abs. 1bis IVG bereits bei einem Invaliditätsgrad von min- destens 40 % Anspruch auf eine halbe Rente. Bei erwerbstätigen Versicherten ist der Invaldtätsgrad auf Grund eines Einkommensvergleichs zu bestimmen. Dazu wird das Erwerbseinkommen, das der Versicherte nach Ein- tritt der Invalidität und nach Durchführung allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihm zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Be- ziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das er erzielen könn- te, wenn er nicht invalid geworden wäre (Art. 28 Abs. 2 IVG). Der Einkommensvergleich hat in der Regel in der Weise zu erfolgen, dass die beiden hypothetischen Erwerbseinkom- men ziffernmässig möglichst genau ermittelt und einander gegenübergestellt werden, worauf sich aus der Einkommens- differenz der Invaliditätsgrad bestimmen lässt (allgemeine Methode des Einkommensvergleichs; BGE 104 V 136 Erw. 2a und b). Ändert sich der Grad der Invalidität eines Rentenbezü- gers in einer für den Anspruch erheblichen Weise, so ist gemäss Art. 41 IVG die Rente für die Zukunft entsprechend zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben. Anlass zur Ren- tenrevision gibt jede wesentliche Änderung in den tatsäch- lichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditäts- grad und damit den Rentenanspruch zu beeinflussen. Nach der Rechtsprechung ist die Invalidenrente nicht nur bei einer wesentlichen Veränderung des Gesundheitszustandes, sondern auch dann revidierbar, wenn sich die erwerblichen Auswir- kungen des an sich gleich gebliebenen Gesundheitszustandes erheblich verändert haben (BGE 113 V 275 Erw. 1a mit Hin- weisen; siehe auch BGE 112 V 372 Erw. 2b und 390 Erw. 1b). Ob eine solche Änderung eingetreten ist, beurteilt sich durch Vergleich des Sachverhalts, wie er im Zeitpunkt der ursprünglichen Rentenverfügung bestanden hat, mit demjeni- gen zur Zeit der streitigen Revisionsverfügung (BGE 109 V 265 Erw. 4a, 106 V 87 Erw. 1a, 105 V 30; siehe auch BGE 112 V 372 Erw. 2b und 390 Erw. 1b). b) Im Rahmen der Rechtsanwendung von Amtes wegen hat das Sozialversicherungsgericht auf den festgestellten Sach- verhalt jenen Rechtssatz anzuwenden, den es als den zutref- fenden ansieht, und ihm auch die Auslegung zu geben, von der es überzeugt ist (BGE 110 V 20 Erw. 1, 52 f. Erw. 4a; vgl. BGE 116 V 26 f. Erw. 3c; ZAK 1988 S. 615 Erw. 2a). Das Gericht hat sich nicht darauf zu beschränken, den Streitge- genstand bloss im Hinblick auf die von den Parteien aufge- worfenen Rechtsfragen zu überprüfen (Gygi, Bundesverwal- tungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 212). Es kann eine Be- schwerde gutheissen oder abweisen aus anderen Gründen als den vom Beschwerdeführer vorgetragenen oder von der Vorin- stanz erwogenen (Art. 114 Abs. 1 am Ende in Verbindung mit Art. 132 OG; BGE 122 V 36 Erw. 2b, 119 V 28 Erw. 1b mit Hinweisen, 442 Erw. 1a). 2.- Streitig und zu prüfen ist, ob die bisher halbe Rente auf eine ganze zu erhöhen sei. a) Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer we- gen den organischen Beschwerden Schwerarbeiten (z.B. auf dem Bau) nicht mehr ausüben kann, ihm deswegen jedoch eine leichte Tätigkeit ohne häufiges Lastenheben über 20 kg und mit der Möglichkeit, die Position regelmässig zu ändern, uneingeschränkt zumutbar wäre. Eingeschränkt ist seine Ar- beitsfähigkeit indessen anerkanntermassen in psychischer Hinsicht, wobei über das Ausmass der Beeinträchtigung Un- einigkeit herrscht. b) In einlässlicher und sorgfältiger Würdigung der me- dizinischen Unterlagen, insbesondere des MEDAS-Gutachtens vom 28. Februar 1997 (beinhaltend das psychiatrische Konsi- lium von Dr. med. S.________, Psychiatrie und Psychothera- pie, vom 9. Januar 1997), sowie unter Berücksichtigung des vom Beschwerdeführer im Administrativverfahren ins Recht gelegten Berichtes des Dr. med. J.________, Spezialarzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, vom 8. August 1997, zog das kantonale Gericht den Schluss, für eine leichte Tätig- keit sei er nach wie vor höchstens 60 % arbeitsunfähig. c) Was der Beschwerdeführer zur Begründung seines Standpunktes, er sei vollumfänglich arbeitsunfähig, ein- wenden lässt, vermag nicht zu überzeugen. Soweit er sich dazu wiederum auf den Bericht des Dr. med. J.________ stützt, ist ergänzend zur überzeugenden Begründung im vorinstanzlichen Entscheid darauf hinzuwei- sen, dass in Bezug auf Berichte von behandelnden Ärzten der Richter der Erfahrungstatsache Rechnung tragen darf und soll, dass diese mitunter im Hinblick auf ihre auftrags- rechtliche Vertrauensstellung in Zweifelsfällen eher zu- gunsten ihrer Patienten aussagen (BGE 124 I 175 Erw. 4 mit Hinweisen; zur Publikation in der Amtlichen Sammlung vorge- sehenes, in RKUV 1999 Nr. U 356 S. 570 veröffentlichtes Ur- teil B. vom 14. Juni 1999, U 139/98, Erw. 3b/cc mit Hinwei- sen). Der Bericht des Dr. med. J.________, bei dem der Be- schwerdeführer seit 16. Oktober 1995 in Behandlung steht, ist daher nicht geeignet, die Schlüssigkeit des MEDAS-Gut- achtens in Frage zu stellen. Im Übrigen vermag Dr. med. J.________ nicht objektiv zu erklären, warum der Beschwer- deführer aufgrund seiner psychischen Verfassung nicht mehr die Kraft aufbringen könnte, zumindest einer teilweisen Er- werbsarbeit nachzugehen. Das Gleiche gilt für die Stellung- nahme zur Arbeitsfähigkeit des Dr. med. B.________, Ober- arzt Psychiatrie Zentrum Q.________, im Bericht vom 5. Feb- ruar 1999, den der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht einreichen lässt. Die- ser Arzt übernimmt ohne weiteres die Schilderung des ak- tuellen Beschwerdebildes, ohne dieses umsichtig zu würdi- gen, und macht es unmittelbar zur Grundlage seiner Stel- lungnahme zur Arbeitsfähigkeit. Demgegenüber sind die Schlussfolgerungen der MEDAS einleuchtend und nachvollzieh- bar, weshalb die Vorinstanz zu Recht darauf abstellen durf- te. d) Obwohl sich nach dem Gesagten der Gesundheitszu- stand des Beschwerdeführers seit der ursprünglichen Renten- verfügung vom 3. Februar 1995 nicht verschlechtert hat, bleiben dessen erwerbliche Auswirkungen zu prüfen, da die Invalidenrente auch dann revidierbar ist, wenn sich diese bei an sich gleich gebliebenem Gesundheitszustand erheblich verändert haben (vgl. Erw. 1a). 3.- Auch wenn sich der Versicherte mit den erwerbli- chen Auswirkungen des Gesundheitsschadens in der Verwal- tungsgerichtsbeschwerde in keiner Weise auseinandersetzt, lässt sich die von der Vorinstanz ohne weiteres übernommene Ermittlung des Invaliditätsgrades durch die Verwaltung im Rahmen der von Amtes wegen vorzunehmenden Rechtsanwendung (vgl. Erw. 1b) nicht halten. Anhand der vorliegenden Akten ist ein rechtsgenüglicher Einkommensvergleich nicht durch- führbar und deshalb nicht beurteilbar, ob die Erwerbsunfä- higkeit die für eine ganze Rente anspruchsauslösende Höhe von 66 2/3 % nunmehr erreicht. Wohl werden in der Verfügung vom 13. März 1998 ein Valideneinkommen von Fr. 57'039.- so- wie ein Invalideneinkommen von Fr. 23'218.- aufgelistet. Wie die Verwaltung indessen zu diesen Werten gelangt ist, kann nicht nachvollzogen werden. Mit Ausnahme der von den ehemaligen Arbeitgeberinnen ausgefüllten Fragebögen finden sich keine Unterlagen zum Validen- und Invalideneinkommen des Beschwerdeführers im Dossier. Die Verwaltung hat - wie schon im Rahmen der erstmaligen Bemessung des Invaliditäts- grades - ohne einen rechtsgenüglichen Einkommensvergleich durchzuführen (vgl. Erw. 1a) von der medizinischen Arbeits- unfähigkeit direkt auf den Invaliditätsgrad geschlossen, was nicht zulässig ist (vgl. BGE 114 V 314 Erw. 3c). Die IV-Stelle, an welche die Sache zurückzuweisen ist, wird die zur Durchführung eines Einkommensvergleichs erforderlichen Abklärungen zu treffen haben und danach, ausgehend von einem 40-prozentigen Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten, den Invaliditätsgrad festlegen und über das Revisionsgesuch neu befinden. Insbesondere bei der Festlegung des Invalideneinkommens wird sie sogenannte Ta- bellenlöhne beiziehen, hat doch der Versicherte nach Ein- tritt des Gesundheitsschadens keine oder jedenfalls keine ihm an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit aufgenommen (vgl. BGE 124 V 322). Auszugehen ist hierbei von den Anga- ben in der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) 1996 des Bundesamtes für Statistik, wobei für den Verwendungs- zweck des Einkommensvergleichs auf die Zahlen in den A-Ta- bellen im Anhang der LSE 1996, genauer auf die jeweiligen Zentralwerte (Median) des monatlichen Bruttolohnes, abzu- stellen ist (BGE 124 V 323 Erw. 3b/aa). Da den Tabellenwer- ten der LSE generell eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden zugrunde liegen, sind diese auf die im Zeitpunkt des Verfü- gungserlasses geltende betriebsübliche durchschnittliche Arbeitszeit aufzurechnen (BGE 124 V 323 Erw. 3b/aa). Dazu ist noch - entsprechend dem Vorgehen beim Valideneinkom- men - die bis zum Vergleichszeitpunkt eingetretene allge- meine Nominallohnentwicklung zu zählen (vgl. AHI 1999 S. 180 Erw. 3a). Ferner wird die Verwaltung auf Grund der tatsächlichen Behinderung des Beschwerdeführers im noch möglichen Betätigungsbereich prüfen, ob ein "leidensbeding- ter Abzug" von den Tabellenlöhnen gerechtfertigt ist und allenfalls in welchem Umfang (BGE 124 V 323 Erw. 3b/bb; AHI 1998 S. 177 Erw. 3a, S. 291 Erw. 3b; RKUV 1998 Nr. U 304 S. 373 Erw. 3), sowie dem Umstand Rechnung tragen, dass Teilzeitbeschäftigte in der Regel überproportional weniger verdienen als Vollzeitangestellte (AHI 1998 S. 178 Erw. 4b und S. 292 oben). Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 6. November 1998 und die Ver- fügung vom 13. März 1998 aufgehoben werden und die Sa- che an die IV-Stelle Schaffhausen zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwä- gungen, über das Rentenrevisionsgesuch neu verfüge. II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. III. Die IV-Stelle Schaffhausen hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versiche- rungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen. IV. Das Obergericht des Kantons Schaffhausen wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Pro- zesses zu befinden haben. V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Schaffhausen, der Ausgleichskasse des Kantons Schaffhausen und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. Luzern, 10. Januar 2000 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: