Sozialrechtliche Abteilungen I 556/1998
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I 556/98 Tr IV. Kammer Bundesrichter Borella, Rüedi und Bundesrichterin Leuzinger; Gerichtsschreiber Krähenbühl Urteil vom 18. April 2000 in Sachen G.________, 1973, Beschwerdeführer, vertreten durch den Rechtsdienst A.________, gegen IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, Bern, Beschwerde- gegnerin, und Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Bern A.- Der 1973 geborene G.________ absolvierte zunächst die Handelsschule in X.________ und schloss diese 1992 mit dem Handelsdiplom ab. Anschliessend besuchte er das Gym- nasium Y.________, worauf er im Herbst 1996 die Eidgenössi- sche Maturitätsprüfung ablegen konnte. Noch im selben Jahr nahm er an der Universität C.________ ein rechtswissen- schaftliches Studium auf. Nachdem 1990 erstmals neurologische Ausfälle aufgetre- ten waren, wurde nach einer Hospitalisation in der Neurolo- gisch-Neurochirurgischen Poliklinik des Spital Z.________ im Juli 1992 die Verdachtsdiagnose einer Multiplen Sklerose mit schubförmigem Verlauf bestätigt. Am 29. Januar 1996 meldete sich G.________ bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Bern stellte sich auf den Standpunkt, da sich der Versi- cherte bei Eintritt der Invalidität bereits in gezielter Vorbereitung auf ein Studium an einer Hochschule oder einer höheren Fachschule befand, könne eine invaliditätsbedingte Erwerbseinbusse erst ab dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem er das Studium ordentlicherweise abgeschlossen hät- te. Da somit die Voraussetzungen für eine Taggeldgewährung nicht erfüllt waren, lehnte sie das Leistungsbegehren mit Verfügung vom 29. Oktober 1997 ab. B.- Hiegegen liess G.________ Beschwerde erheben mit dem Antrag, es seien ihm "die Kosten der Maturitätsvorbe- reitung bzw. des Studiums zu vergüten sowie ihm ein Taggeld auszurichten". Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die Beschwerde mit Entscheid vom 6. Oktober 1998 ab. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt G.________ sein im kantonalen Verfahren gestelltes Begehren erneuern. Die IV-Stelle schliesst unter Hinweis auf die Ausfüh- rungen im kantonalen Entscheid auf Abweisung der Verwal- tungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversiche- rung hat sich nicht vernehmen lassen. Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1.- Auf Grund des in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wie schon im vorinstanzlichen Verfahren gestellten Rechts- begehrens ist zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer im Zusam- menhang mit seiner Ausbildung zum Juristen Leistungen der Invalidenversicherung zustehen. 2.- a) Bezüglich der massgebenden gesetzlichen Bestim- mungen über die in den Leistungsbereich der Invalidenversi- cherung fallenden beruflichen Eingliederungsmassnahmen (Art. 16 und 17 IVG) und über die Taggeldberechtigung wäh- rend der Eingliederung (Art. 22 Abs. 1 IVG) wird auf die zutreffende Darstellung im kantonalen Entscheid verwiesen. b) Wie die Vorinstanz richtig erkannt hat und auch in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht mehr in Frage ge- stellt wird, kann der früher nie erwerbstätig gewesene Ver- sicherte zum Vornherein keinen Anspruch auf eine Umschulung im Sinne von Art. 17 IVG geltend machen (BGE 118 V 14 Erw. 1c/cc; SVR 2000 IV Nr. 3 S. 7 Erw. 2a). Die beantragten Leistungen könnten daher nur unter dem Titel der erstmaligen beruflichen Ausbildung im Sinne von Art. 16 IVG zugesprochen werden. Ob die im Anschluss an den Erwerb des Handelsdiploms absolvierte Mittelschule und das darauf in Angriff genommene rechtswissenschaftliche Studium dabei noch als erstmalige berufliche Ausbildung unter Art. 16 Abs. 1 IVG fallen würden oder aber - wie die Vorin- stanz anzunehmen scheint - als einer solchen gleichgestell- te berufliche Weiterausbildung nach Art. 16 Abs. 2 lit. c IVG zu qualifizieren wären, braucht nicht abschliessend ge- klärt zu werden. Letzteres erscheint immerhin fraglich, gelten doch nach der Rechtsprechung als Weiterausbildung Lehrgänge, welche die im Rahmen einer erstmaligen berufli- chen Ausbildung erworbenen Kenntnisse im Hinblick auf ein Ziel innerhalb derselben Berufsart fortsetzend oder ver- vollkommnend weiter ausbauen (BGE 96 V 33 Erw. 2; AHI 1998 S. 118 Erw. 3b, 1997 S. 168 Erw. 2b mit Hinweisen). Fälle, in welchen eine erstmalige berufliche Ausbildung nach Ein- tritt des Versicherungsfalles zwar noch abgeschlossen wird, eine Betätigung auf diesem Beruf jedoch invaliditätsbedingt als ungeeignet und auf die Dauer nicht zumutbar erscheint, zählen demgegenüber nach der Verwaltungspraxis zur berufli- chen Neuausbildung invalider Versicherter im Sinne von Art. 16 Abs. 2 lit. b IVG (BGE 121 V 189 Erw. 3c, nicht veröffentlichtes Urteil N. vom 1. Februar 2000 [I 618/99]). c) Grundvoraussetzung für jegliche Eingliederungsmass- nahme bildet laut Art. 8 Abs. 1 IVG, dass die Vorkehr not- wendig und geeignet ist, die Erwerbsfähigkeit wieder herzu- stellen, zu verbessern, zu erhalten oder ihre Verwertung zu fördern (Satz 1). Das Vorliegen einer invaliditätsbedingten Notwendig- keit des zur Diskussion stehenden Ausbildungsganges kann nicht schon mit der vorinstanzlichen Argumentation, wonach der Entschluss, ein juristisches Studium zu absolvieren, bereits vor Eintritt der Invalidität gefasst worden sei, verneint werden. Sollte diese Annahme tatsächlich zutreffen - was vom Beschwerdeführer bestritten wird, vorliegend aber offen bleiben kann -, würde dies allein nicht ausschlies- sen, dass eine berufliche Neuorientierung letztlich gerade wegen der aufgetretenen gesundheitlichen Schwierigkeiten und vor allem im Hinblick auf den befürchteten weiteren Verlauf der Krankheit als unumgänglich erschien. Beizu- pflichten ist der Vorinstanz hingegen darin, dass das auf- genommene rechtswissenschaftliche Studium nicht geeignet ist, zur Verbesserung oder Erhaltung der Erwerbsfähigkeit und damit zur Erreichung des Eingliederungszieles beizutra- gen. Wie im angefochtenen kantonalen Entscheid zu Recht er- wogen wird, werden sich Konzentrationsstörungen sowie Be- einträchtigungen bei der Benützung von Schreibgeräten in einer juristischen Berufstätigkeit nicht weniger behindernd auswirken als bei einer Beschäftigung im erlernten kauf- männischen Bereich. Auch ist nicht einzusehen, inwiefern eine juristische Betätigung eine grössere Flexibilität in der Arbeitszeiteinteilung bieten sollte. 3.- Ist der gewählte Lehrgang für eine Förderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers nicht geeignet, sind die Voraussetzungen für eine Leistungszusprache im Sinne beruflicher Eingliederungsmassnahmen nicht erfüllt. Allfäl- lige invaliditätsbedingte Mehrkosten der Ausbildung, sofern solche überhaupt ausgewiesen wären, vermöchten deshalb kei- ne Leistungen der Invalidenversicherung auszulösen. Ebenso fällt ein Anspruch auf Taggelder nach Art. 22 Abs. 1 IVG ausser Betracht, können solche als akzessorische Leistung doch nur ausgerichtet werden, wenn und solange Eingliede- rungsmassnahmen der Invalidenversicherung zur Durchführung gelangen (BGE 114 V 140 Erw. 1a; SVR 1998 IV Nr. 3 S. 13 Erw. 1a; ZAK 1991 S. 179 Erw. 2a; je mit Hinweisen). Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge- richt des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. Luzern, 18. April 2000 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: