Sozialrechtliche Abteilungen I 235/1998
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I 235/98 Hm III. Kammer Bundesrichter Schön, Meyer und Bundesrichterin Leuzinger; Gerichtsschreiber Attinger Urteil vom 19. Juli 2000 in Sachen C.________, 1935, Beschwerdeführer, vertreten durch den Rechtsdienst für Behinderte, Bürglistrasse 11, Zürich, gegen IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, Zürich, Beschwerdegegnerin, und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur A.- Mit Verfügung vom 17. Februar 1998 sprach die IV-Stelle des Kantons Zürich dem 1935 geborenen C.________ gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 47 % und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass seine Ehefrau das 62. Altersjahr zurückgelegt hatte, die Hälfte einer ordent- lichen ganzen Ehepaar-Invalidenrente ab 1. November 1996 zu. B.- Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich trat auf die dagegen erhobene Beschwerde, mit welcher der Versicherte die Zusprechung der Invalidenrente unter Fest- stellung eines Invaliditätsgrades von mindestens 50 % hatte beantragen lassen, mit Entscheid vom 6. April 1998 nicht ein. Zur Begründung führte das Gericht aus, vorliegend mangle es an einem schutzwürdigen Interesse an der Fest- stellung einer höheren Invalidität. C.- C.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag auf Rückweisung der Streitsache an das Sozialversicherungsgericht, damit dieses über die vorinstanzlich eingereichte Beschwerde materiell entschei- de. Während die IV-Stelle ausdrücklich auf eine Stellung- nahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde verzichtet, hat sich das Bundesamt für Sozialversicherung hiezu nicht ver- nehmen lassen. Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1.- Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz sei aus zwei Gründen zu Unrecht auf seine Beschwerde nicht eingetreten. Zum einen habe er "ein aktuelles schutzwürdi- ges Interesse an der Feststellung der einfachen Unrichtig- keit des Invaliditätsgrades (...), da bei dessen entspre- chender Erhöhung unmittelbar seine Ansprüche gegenüber sei- ner beruflichen Vorsorgeeinrichtung zu seinen Gunsten tan- giert würden". Zum anderen hätte er, wenn die Vorinstanz - wie von ihm beantragt - bei der IV-Stelle eine Vernehm- lassung eingeholt und einen zweiten Schriftenwechsel ange- ordnet hätte, seine in der Beschwerdeschrift gestellten Anträge in der Replik abändern oder ergänzen können, und es wäre diesfalls nicht nur die Frage des Feststellungsinte- resses hinsichtlich eines höheren Invaliditätsgrades, son- dern auch diejenige nach dem Beginn der IV-Rentenberechti- gung streitig gewesen. Denn seine Rechtsvertretung habe im Zeitpunkt der vorinstanzlichen Beschwerdeeinreichung noch keine Einsicht in IV-Akten nehmen können, dies auf Grund folgender Umstände: Die Verwaltung stellte ihre Rentenver- fügung vom 17. Februar 1998 - obwohl sie über das Vertre- tungsverhältnis in Kenntnis gesetzt worden war - fälsch- licherweise direkt dem Versicherten zu, welcher sie erst am 4. März 1998 seiner Rechtsvertretung habe zukommen lassen. Deren zuständige Rechtsanwältin ersuchte die IV-Stelle am 6. März 1998 um Zustellung der Akten zur Einsichtnahme. Diesbezüglich lässt sich der erstinstanzlichen Beschwerde- schrift (vom 16. März 1998) entnehmen, da "im Zeitpunkt des Diktats der vorliegenden Beschwerde die Akten der Invali- denversicherung noch nicht (...) eingetroffen waren", und weil sich die "unterzeichnende Rechtsvertreterin im Zeit- punkt des Ablaufs der Frist zur Erhebung einer Beschwerde (...) in den Ferien" befinden werde, "sind wir leider zur Zeit nicht in der Lage, die vorliegende Beschwerde einge- hender zu begründen". Wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerdeschrift vor- gebracht wird, habe der Beschwerdeführer "nach (der zwi- schenzeitlich erfolgten) Einsicht in die Akten der Invali- denversicherung" festgestellt, "dass auch die Ermittlungen der Invalidenversicherungsorgane bezüglich des Eintritts der Invalidität unrichtig sein könnten". Dies bedeute, "dass dem Beschwerdeführer allenfalls nicht erst ab 1. No- vember 1996, sondern bereits deutlich früher eine Rente der Invalidenversicherung zustünde". Der Verzicht der Vorin- stanz auf Einholung einer Vernehmlassung der IV-Stelle und auf anschliessende Anordnung eines zweiten Schriftenwech- sels habe "in seinem Fall sein rechtliches Gehör (...) ver- letzt" (weil es ihm eben verwehrt geblieben sei, seine Be- schwerdeanträge in Kenntnis der IV-Akten abzuändern oder zu ergänzen). 2.- Ob der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erho- bene Vorwurf zutrifft, wonach das kantonale Gericht das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt habe, indem es trotz eines entsprechenden Antrags darauf verzichtete, die erstinstanzliche Beschwerde der IV-Stelle zur Vernehm- lassung zuzustellen und hernach einen zweiten Schriften- wechsel anzuordnen, mag vorliegend offen bleiben. Denn auf jeden Fall geht es in Anbetracht des vorstehend geschilder- ten Verfahrensablaufes nicht an, dass die Vorinstanz sich mit dem genannten Antrag in keiner Weise auseinandersetzte, sondern ihn vollständig überging, was mit dem durch Art. 29 Abs. 2 BV bzw. Art. 4 Abs. 1 aBV gewährleisteten Anspruch auf rechtliches Gehör unvereinbar ist (BGE 117 Ia 268 Erw. 4b; ZBl 1993 S. 318 Erw. 2b; Kölz/Häner, Verwaltungs- verfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl., Zürich 1998, S. 46 Rz 129; Rhinow/Koller/Kiss, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel/ Frankfurt am Main 1996, S. 64 Rz 317). Der angefochtene Entscheid, in welchem sich das kantonale Gericht zum Begeh- ren auf Einholung einer Vernehmlassung der IV-Stelle und anschliessender Anordnung eines zweiten Schriftenwechsels überhaupt nicht äusserte, ist aufzuheben, und zwar im Hin- blick auf die formelle Natur des verfassungsrechtlichen Gehörsanspruchs ungeachtet der Erfolgsaussichten sowohl dieses Verfahrensantrags als auch der Beschwerde in der Sache selbst (BGE 124 V 183 Erw. 4a mit Hinweisen). Die Vorinstanz, an welche die Streitsache zu neuem Entscheid zurückzuweisen ist, wird vorab den genannten verfahrens- rechtlichen Antrag zu beurteilen haben. 3.- Das vorliegende Verfahren fällt nicht unter die Kostenfreiheit gemäss Art. 134 OG, weil nicht die Bewilli- gung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen streitig war, sondern die rein prozessrechtliche Frage, ob der vor- instanzliche Nichteintretensentscheid rechtens war. Dem Verfahrensausgang entsprechend hat die IV-Stelle die Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG; vgl. BGE 123 V 156). Überdies hat die Verwaltung dem obsie- genden, anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer eine Par- teientschädigung auszurichten (Art. 159 Abs. 2 in Verbin- dung mit Art. 135 OG; vgl. BGE 123 V 159). Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des Sozialversiche- rungsgerichts des Kantons Zürich vom 6. April 1998 aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurück- gewiesen wird, damit diese im Sinne der Erwägungen verfahre und über die Beschwerde gegen die Verfügung der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 17. Februar 1998 neu entscheide. II. Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der IV-Stelle des Kantons Zürich auferlegt. III. Der geleistete Kostenvorschuss von Fr. 500.- wird dem Beschwerdeführer zurückerstattet. IV. Die IV-Stelle des Kantons Zürich hat dem Beschwerde- führer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Ver- sicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2000.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezah- len. V. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversiche- rungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. Luzern, 19. Juli 2000 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Präsident der III. Kammer: i.V. Der Gerichtsschreiber: i.V.