Sozialrechtliche Abteilungen C 20/1998
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C 20/98 Vr III. Kammer Bundesrichter Schön, Spira und Bundesrichterin Widmer; Gerichtsschreiber Lauper Urteil vom 15. September 2000 in Sachen Sägerei S.________ AG, Beschwerdeführerin, gegen Kantonales Arbeitsamt Luzern, Hallwilerweg 5, Luzern, Beschwerdegegner, und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Luzern A.- Die Sägerei S.________ AG reichte am 14. Oktober 1996 eine Voranmeldung für Kurzarbeit für die Zeit vom 23. Oktober 1996 bis 31. Januar 1997 mit einem voraussicht- lichen prozentualen Arbeitsausfall von 30 % pro Monat/ Abrechnungsperiode ein. Das Kantonale Arbeitsamt Luzern legte hiegegen am 6. November 1996 teilweise Einspruch ein mit der Begründung, die Kurzarbeit müsse zehn Tage vor Beginn der Kurzarbeit gemeldet werden. Sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt seien, könne daher die Entschädigung bloss in der Zeit vom 24. Oktober 1996 bis 31. Januar 1997 ausgerichtet werden. Dieser Entscheid ist unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Am 19. Februar 1997 stellte die Sägerei S.________ der Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern die Abrechnung für den Monat Januar 1997 zu, in welcher sie einen Arbeitsausfall von 57,95 % auswies. Mit Verfügung vom 20. Mai 1997 sprach ihr das kantonale Amt für Januar 1997 eine Kurzarbeitsent- schädigung von 50 % zu. B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwal- tungsgericht des Kantons Luzern ab (Entscheid vom 26. No- vember 1997). C.- Die Firma führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei ihr, in Aufhebung der vorinstanzlich be- stätigten Verfügung, für Januar 1997 eine Kurzarbeitsent- schädigung von 57,95 % zuzusprechen. Das kantonale Amt trägt auf Abweisung der Verwaltungs- gerichtsbeschwerde an. Das Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit (seit 1. Juli 1999: Staatssekretariat für Wirtschaft [seco]) lässt sich nicht vernehmen. Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1.- a) Beabsichtigt ein Arbeitgeber, für seine Arbeit- nehmer Kurzarbeitsentschädigung geltend zu machen, so muss er dies gemäss Art. 36 Abs. 1 AVIG der kantonalen Amts- stelle mindestens zehn Tage vor Beginn der Kurzarbeit schriftlich melden (Satz 1). Der Bundesrat kann für Aus- nahmefälle kürzere Anmeldefristen vorsehen (Satz 2). Die Meldung ist zu erneuern, wenn die Kurzarbeit länger als sechs Monate dauert (Satz 3). In der Voranmeldung muss der Arbeitgeber unter anderem Ausmass und voraussichtliche Dauer der Kurzarbeit angeben (Art. 36 Abs. 2 lit. b AVIG) sowie die Notwendigkeit der Kurzarbeit begründen und anhand der durch den Bundesrat bestimmten Unterlagen glaubhaft ma- chen, dass die Anspruchsvoraussetzungen nach den Artikeln 31 Abs. 1 und 32 Absatz 1 Buchstabe a erfüllt sind. Die kantonale Amtsstelle kann weitere zur Prüfung nötige Unter- lagen einverlangen (Art. 36 Abs. 3 AVIG). Die kantonale Amtsstelle prüft, ob die Anspruchs- voraussetzungen glaubhaft gemacht worden sind und die Not- wendigkeit der Kurzarbeit begründet ist. Hält sie eine oder mehrere Anspruchsvoraussetzungen für nicht erfüllt, erhebt sie durch Verfügung Einspruch gegen die Auszahlung der Ent- schädigung (Art. 36 Abs. 4 Satz 1 AVIG). Die Kasse ihrer- seits vergütet - nach erfolgter Prüfung der persönlichen Voraussetzungen (Art. 31 Abs. 3 AVIG) und der Anrechenbar- keit des Arbeitsausfalls im Sinne von Art. 32 Abs. 1 lit. b AVIG - dem Arbeitgeber den rechtzeitig geltend gemachten (Art. 38 Abs. 1 AVIG) Anspruch auf Kurzarbeitsentschädi- gung, sofern alle Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind und kein Einspruch der kantonalen Amtsstelle vorliegt (Art. 39 Abs. 1 und 2 erster Teilsatz). b) Aufgrund wirtschaftlicher Veränderungen kann es vorkommen, dass das Ausmass der vom Arbeitgeber vorange- meldeten Kurzarbeit, dem die kantonale Amtsstelle zuge- stimmt hat, sofort oder später erhöht oder gesenkt wird. Es wäre nicht zweckmässig, wenn die Kasse für jede Schwankung, die sich zwangsläufig ergeben kann, die Zustimmung der zu- ständigen kantonalen Amtsstelle einholen müsste, insbeson- dere wenn der Betrieb innerhalb einer Abrechnungsperiode die Kurzarbeit reduzieren kann (Rz 113 des bundesamtlichen Kreisschreibens über die Kurzarbeitsentschädigung [KS-KAE], in Kraft seit 1. Januar 1992). Die Kassen werden deshalb angewiesen, von den kantonalen Amtsstellen bereits vor der ordentlichen Erneuerung der Voranmeldung (Art. 36 Abs. 1 AVIG) eine erneute Überprüfung ihrer Zustimmung zur Kurz- arbeit zu verlangen, wenn das angemeldete Ausmass der Kurz- arbeit um 20 Prozent oder mehr erhöht wurde (Rz 114 Satz 1 KS-KAE). Diese von der Aufsichtsbehörde erlassenen Weisungen sind keine Rechtsnormen. Sie sind wohl für die Durchfüh- rungsorgane, nicht aber für das Gericht verbindlich. Die Weisungen sind eine im Interesse der gleichmässigen Geset- zesanwendung abgegebene Meinungsäusserung der sachlich zuständigen Aufsichtsbehörde. Das Gericht soll sie bei sei- ner Entscheidung mit berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Es weicht anderseits insoweit von Weisungen ab, als sie mit den an- wendbaren gesetzlichen Bestimmungen nicht vereinbar sind (BGE 124 V 261 mit Hinweisen). c) Bei der 10tägigen Anmeldefrist des Art. 36 Abs. 1 AVIG handelt es sich um eine Verwirkungsfrist. Das hat zur Folge, dass die Kurzarbeit bei unentschuldbar verspäteter Anmeldung erst anrechenbar wird, wenn die für die Meldung vorgeschriebene Frist abgelaufen ist (Art. 58 Abs. 4 AVIV; BGE 110 V 334). 2.- Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdefüh- rerin für den gesamten Arbeitsausfall im Monat Januar 1997 von 57,95 % Kurzarbeitsentschädigung beanspruchen kann. a) Verwaltung und Vorinstanz haben dies verneint mit der Begründung, die Beschwerdeführerin habe am 14. Oktober 1996 für die Zeit vom 23. Oktober 1996 bis 31. Januar 1997, mithin auch für Januar 1997, Kurzarbeit von 30 % vorange- meldet. Weiche das tatsächliche Ausmass der Kurzarbeit vom ursprünglich gemeldeten Arbeitsausfall später erheblich ab, so sei vom Arbeitgeber zu verlangen, dass er dies umgehend melde, um die rechtzeitige Überprüfung des Entscheides durch das Arbeitsamt sicherzustellen. Im Betrieb der Be- schwerde führenden Firma sei im fraglichen Monat laut der aufgelegten Abrechnung von Kurzarbeit statt der angemelde- ten 30 %igen Kurzarbeit eine solche von 57,95 % eingetre- ten. Dies entspreche 645 Ausfallstunden, die mit den 1113 Sollstunden in dieser Abrechnungsperiode in Beziehung zu setzen seien. Nach Art. 41 Abs. 1 AVIG könne die kantonale Amtsstelle Arbeitnehmern, die von ganz- oder halbtägigem Arbeitsausfall betroffen seien, eine geeignete zumutbare Zwischenbeschäftigung (Art. 16 AVIG) zuweisen. Dazu sei das Arbeitsamt jedoch nur in der Lage, wenn es die näheren Umstände der Kurzarbeit, darunter auch deren Ausmass, kenne. Ohne Meldung über die Erhöhung der Kurzarbeit von 30 % auf über 55 % habe das Amt gar keine Kenntnis darüber, dass allenfalls die Voraussetzungen für eine Anordnung gemäss Art. 41 Abs. 1 AVIG erfüllt sein könnten. Unter dem Gesichtspunkt der Missbrauchsverhütung sei Art. 36 Abs. 2 lit. b AVIG - unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis gemäss Rz 114 KS-KAE - demnach dahin zu verstehen, dass der Arbeitgeber die Erhöhung des Arbeitsausfalls, soweit die Abweichung von seiner ursprünglichen Anmeldung wenigstens 20 % betrage, dem Arbeitsamt in Nachachtung der für die Voranmeldung geltenden Fristen erneut melden müsse. b) Die Voranmeldung zur Kurzarbeit dient in erster Linie der Sicherung der Kontrollmöglichkeiten der kantona- len Amtsstellen. Zur Vermeidung von Missbräuchen ist die Verwaltung in diesem Bereich in besonders hohem Ausmass auf eine sofortige Überprüfung der vom Kurzarbeit nachsuchenden Arbeitgeber gemachten Angaben angewiesen, da rückwirkende Abklärungen - insbesondere wegen unvorgesehener Veränderun- gen wirtschaftlicher Natur - häufig keine zuverlässigen Aufschlüsse mehr ergeben können (BGE 114 V 124 Erw. 3b mit Hinweis). Damit aber die Amtsstelle ihrer Prüfungspflicht - wie auch ihrer Möglichkeit, den von ganz- oder halbtägigem Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmern eine geeignete zumutbare Zwischenbeschäftigung zuzuweisen (Art. 41 Abs. 1 AVIG) - nachkommen kann, ist sie darauf angewiesen, dass ihr Antrag und Unterlagen rechtzeitig zugehen (Thomas Nuss- baumer, Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Bd. Soziale Sicherheit, Rz 419). Dies gilt nicht nur bei der erstmaligen Anmeldung der Kurzarbeit oder bei deren Erneuerung im Sinne von Art. 36 Abs. 1 Satz 3 AVIG, sondern auch dann, wenn sich der ursprünglich gemeldete Arbeitsausfall in der Folge wesentlich erhöht (Thomas Nussbaumer, a.a.O., Rz 425). Kommt der Arbeitgeber dieser Nachmeldepflicht ohne ent- schuldbaren Grund nicht nach, fragt es sich, ob, und wenn ja, in welchem Ausmass er für den nicht angemeldeten Teil der Kurzarbeit Entschädigung beanspruchen kann. Diese Frage kann jedoch im vorliegenden Fall ebenso offen gelassen wer- den wie jene, ob der prozentuale Zuschlag gemäss Rz 114 KS-KAE absolut (z.B. Erhöhung von 30 auf 50 %) oder relativ (z.B. Erhöhung von 30 auf 36 %) zu verstehen ist. Die Be- schwerdeführerin hat nämlich den höheren, 30 % übersteigen- den Arbeitsausfall für Januar 1997 erst am 19. Februar 1997, mithin verspätet, geltend gemacht, weshalb sie für den streitigen Monat keine über die bereits zugebilligte Entschädigung hinaus gehenden Leistungen beanspruchen kann. c) Sämtliche Vorbringen in der Verwaltungsgerichtsbe- schwerde vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Der Umstand, dass im Formular "Voranmeldung von Kurzarbeit" eine Prognose bezüglich des erwarteten Arbeitsausfalls abzugeben ist, ändert nichts daran, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, der Verwaltung - jedenfalls die wesent- lichen - Erhöhungen rechtzeitig zu melden. Nicht stichhal- tig ist auch der Einwand, dass es sich bei der anzugebenden Prozentzahl um den Mittelwert der gesamten voraussichtli- chen Dauer der Kurzarbeit handeln soll. Wie die Vorinstanz richtig bemerkt hat, wird im Formular klar nach dem "Ar- beitsausfall pro Monat/Abrechnungsperiode" (zum Begriff der Abrechnungsperiode vgl. Art. 32 Abs. 5 AVIG) gefragt und nicht nach dem durchschnittlichen Ausfall während der Kurz- arbeitsperiode. Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen. II. Es werden keine Gerichtskosten erhoben. III. Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsge- richt des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrecht- liche Abteilung, der Arbeitslosenkasse des Kantons Luzern und dem Staatssekretariat für Wirtschaft zuge- stellt. Luzern, 15. September 2000 Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts Der Präsident der III. Kammer: Der Gerichtsschreiber: