II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2A.617/1998
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2A.617/1998/sch II. OEFFENTLICHRECHTLICHE ABTEILUNG *********************************** 30. März 2000 Es wirken mit: Bundesrichter Wurzburger, Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung, Hungerbühler, Müller, Bundesrichterin Yersin, Ersatzrichter Zünd und Gerichts- schreiber Fux. --------- In Sachen X.________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gion Hendry, Sporrengasse 1, Postfach 671, Schaffhausen, gegen Kantonale Steuerkommission S c h a f f h a u s e n, Obergericht des Kantons S c h a f f h a u s e n, betreffend Nachsteuer- und Bussenverfügung 1989-1992, hat sich ergeben: A.- Mit Verfügung vom 9. Januar 1996 auferlegte die Steuerverwaltung des Kantons Schaffhausen der X.________ AG für die direkte Bundessteuer Nachsteuern und Hinterzie- hungsbussen für die Steuerjahre 1987 bis 1992 in Höhe von insgesamt Fr. 152'034.-- (Nachsteuer und Busse von je Fr. 26'957.20 für die Steuerperiode 1987/88, von je Fr. 23'236.20 für die Steuerperiode 1989/90 und von je Fr. 25'823.60 für die Steuerperiode 1991/92). Eine dagegen erhobene Einsprache wies die Kantonale Steuer- kommission mit Entscheid vom 18. Oktober 1996 ab. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, am 17. März 1994 sei der kantonalen Steuerverwaltung zur Kenntnis gebracht worden, dass die X.________ AG, eine Fleischwarenfabrik, in den Jahren 1985 bis 1993 in grossem Umfange Bareinnahmen nicht als Ertrag verbucht und direkt an die Hauptaktionäre (A.X.________, B.X.________ und C.X.________) abgeführt hätte. Die Angaben des Anzeigers (C.X.________, der damals dem Verwaltungsrat nicht mehr angehörte) erschienen als glaubhaft. Aus der Selbstanzeige von A.X.________ und B.X.________ für die Steuerperiode 1993/94 lasse sich ersehen, dass zwei Buchhaltungen geführt worden seien. Die Organe der X.________ AG hätten sich, orientiert über den Vorwurf der Steuerhinterziehung, in einer Besprechung vom 3. Juni 1994 dahin geäussert, dass sie von nichts wüssten und nichts Zusätzliches zur Selbstanzeige betreffend die Geschäftsjahre 1991-92 beizufügen hätten. Sie hätten allerdings in der Zwischenzeit auf Grund unwiderleg- barer Beweise einräumen müssen, dass in den Wochen 43 bis 52 des Jahres 1990 Beträge im Umfang von Fr. 30'000.-- nicht deklariert worden seien. Die Behauptung der Organe der X.________ AG, dass genau in jenem Zeitpunkt mit der Steuer- hinterziehung begonnen worden sei, für welchen dies hieb- und stichfest nachgewiesen werden könne, sei unglaubwürdig. Eine ermessensweise Festsetzung nicht deklarierter Erträge für die Steuerjahre 1987 bis 1992 sei unumgänglich. Dabei sei davon auszugehen, dass sich die tatsächlich erzielten Gewinne (einschliesslich hinterzogene Beträge) stets etwa im gleichen Verhältnis zum ausgewiesenen Gesamtumsatz beweg- ten. Diese Verhältniszahl betrage für die Bemessungsjahre 1991/92 (wo eine Steuerhinterziehung lediglich versucht wurde) 3,6 %, für das Bemessungsjahr 1990 (die nicht dekla- rierten Beträge der Wochen 43 bis 52 hochgerechnet) 3,16 % des Gesamtumsatzes. Zu Gunsten der Steuerpflichtigen sei von einem Faktor von 3,2 % auszugehen. Entsprechend sei die je- weilige Nachsteuer festzusetzen, die Steuerbusse jeweils auf 100 % der Nachsteuer. B.- Auf Beschwerde an das Obergericht des Kantons Schaffhausen hin beschloss dieses am 19. September 1997 zunächst, der X.________ AG Akteneinsicht zu gewähren, soweit dies noch nicht geschehen war. Nach erfolgter Ergän- zung der Beschwerde sowie Durchführung des Schriftenwechsels hiess das Obergericht am 6. November 1998 die Beschwerde teilweise gut und hob die Nachsteuer- und Bussenverfügung für die Steuerperiode 1987/88 auf, weil das Verfahren hiefür nicht innert der Frist von fünf Jahren nach Ablauf der Ver- anlagungsperiode eingeleitet worden sei (gemäss Art. 134 des Bundesratsbeschlusses vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer; BdBSt). Im Übrigen wies das Obergericht die Beschwerde aber ab. C.- Die X.________ AG hat mit Eingabe vom 11. Dezem- ber 1998 Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, die steuerpflichtigen Gewinne für die Steuerperiode 1989/90 (Fr. 228'100.--) um Fr. 124'000.-- und für die Steuerperiode 1991/92 (Fr. 226'600.--) um Fr. 85'000.-- zu reduzieren; die Busse sei für die Steuer- periode 1989/90 ersatzlos aufzuheben und für die Steuer- periode 1991/92 auf 20 % des Nachsteuerbetrags (von Fr. 25'823.60) festzulegen; eventuell sei die Sache an das Obergericht zurückzuweisen. Die Kantonale Steuerkommission hat keine Vernehm- lassung eingereicht. Das Obergericht des Kantons Schaffhau- sen verweist auf die Begründung des angefochtenen Ent- scheids. Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. In zwei Eingaben vom 17. Dezember 1998 und vom 22. Juli 1999 teilt C.X.________ dem Bundesgericht mit, dass er sämtliche Aussagen widerrufe, die er bei der kantonalen Steuerverwaltung gemacht habe. Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verlet- zung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (Art. 104 lit. a OG) sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheb- lichen Sachverhalts geltend gemacht werden (Art. 104 lit. b OG). Wenn allerdings als Vorinstanz eine richterliche Behör- de entschieden hat, ist das Bundesgericht an deren tatsäch- liche Feststellungen gebunden, soweit diese nicht offen- sichtlich unrichtig bzw. unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen sind (Art. 105 Abs. 2 OG). Die hinsichtlich des Sachverhalts eingeschränkte Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts führt auch dazu, dass die Möglichkeit, vor Bundesgericht neue Tatsachen und Beweismittel vorzutragen, weitgehend eingeschränkt ist. Nach der Rechtsprechung sind neue Beweismittel lediglich dann zulässig, wenn sie die Vorinstanz von Amtes wegen hätte erheben sollen und deren Nichterheben eine Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften darstellt (BGE 121 II 97 E. 1c, mit Hinweisen). Die Eingaben von C.X.________, mit denen er seine bisherigen Aussagen gegenüber der Steuerver- waltung widerrufen will, sind daher nur beachtlich, wenn sich ergeben sollte, dass das Obergericht C.X.________ hätte einvernehmen müssen. 2.- a) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Sach- verhaltsfeststellung des Obergerichts sei unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften erfolgt, namentlich seien der Anspruch auf rechtliches Gehör und die Verfahrens- garantien nach der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) missachtet worden. Das Obergericht habe weder die Organe der Beschwerdeführerin befragt noch C.X.________ einvernommen, der die Beschwerdeführerin belastet habe; auch weitere Anträge auf Zeugenbefragung habe es abgelehnt. Das Obergericht hat im angefochtenen Urteil hiezu ausge- führt, Zeugeneinvernahmen seien weder vor der Verwaltung noch vor der kantonalen Rekurskommission zulässig; dies sei, wie das Bundesgericht entschieden habe, auch mit Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK vereinbar, weil von dieser Beweismittel- beschränkung Steuerbehörde und Steuerpflichtiger gleicher- massen betroffen seien. Im Übrigen sei weder dargetan noch ersichtlich, inwiefern die Abnahme der beantragten Beweise zur Klärung des umstrittenen Sachverhalts beitragen könnte. b) Der verfassungsrechtliche Gehörsanspruch (Art. 4 aBV, Art. 29 Abs. 2 BV) gebietet, rechtzeitig und formrich- tig angebotene Beweismittel abzunehmen, es sei denn, diese beträfen eine nicht erhebliche Tatsache oder seien offen- sichtlich untauglich, über die streitige Tatsache Beweis zu erbringen (BGE 124 I 241 E. 2; 117 Ia 262 E. 4b S. 268 f., je mit Hinweisen). Der Richter kann indessen das Beweis- verfahren schliessen, wenn er auf Grund bereits abgenommener Beweise seine Überzeugung gebildet hat und er ohne Willkür in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen kann, dass diese seine Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 124 I 208 E. 4a S. 211; 119 Ib 492 E. 5 b/bb S. 505 f., je mit Hinweisen; siehe auch BGE 125 I 127 E. 6c/cc S. 135). In einem Verfahren wegen Steuerhinterzie- hung sind nach neuerer Rechtsprechung zudem die Garantien von Art. 6 EMRK zu beachten (BGE 119 Ib 311; 121 II 273 E. 3b S. 282 f., mit Hinweisen). Es folgt daraus ein Recht auf persönliche (mündliche) Anhörung durch eine gerichtliche Instanz (BGE 119 Ib 311 E. 7 S. 331 ff.; Mark E. Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2. Aufl., Zürich 1999, Rz. 473 ff.; Arthur Haefliger/Frank Schürmann, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Aufl., Bern 1999, S. 183 f.). Das Recht des wegen einer strafbaren Handlung Angeklagten, bei der Ver- handlung anwesend zu sein, ist ausdrücklich auch in Art. 14 Abs. 3 lit. d des Internationalen Paktes vom 16. Dezember 1966 über die bürgerlichen und politischen Rechte (UNO-Pakt II; für die Schweiz in Kraft getreten am 18. September 1992; SR 0.103.2) verankert. Des Weiteren ergibt sich aus Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK (und auch Art. 14 Abs. 3 lit. e UNO- Pakt II) das Recht des Angeklagten, Fragen an die Belas- tungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben Bedin- gungen wie die der Belastungszeugen zu erwirken. 3.- a) Das Obergericht hat darauf verzichtet, eine Verhandlung durchzuführen und hat damit das Recht der Be- schwerdeführerin, mündlich angehört zu werden, ausser Acht gelassen. Dass die Organe der Beschwerdeführerin durch die Steuerverwaltung im Rahmen der von dieser durchgeführten Untersuchung einvernommen wurden, ist nicht ausreichend, zumal umfassende Akteneinsicht erst im Verfahren vor Ober- gericht gewährt wurde, aber auch weil sich der Anspruch auf persönliche Teilnahme auf die Verhandlung des Gerichts be- zieht (Villiger, a.a.O., Rz. 474; Frowein/Peukert, EMRK- Kommentar, 2. Aufl., Kehl/Strassburg/Arlington 1996, Rz. 94 ff. zu Art. 6). Schon aus diesem Grund vermag das Beweis- verfahren den Anforderungen nicht zu genügen. b) Das Obergericht hat für die Steuerhinterziehung im streitigen Zeitraum wesentlich auf die Angaben des Anzei- gers C.X.________ abgestellt, der gegenüber der Steuerver- waltung ausgesagt hatte, dass Bareinnahmen in beträchtlichem Umfang nicht verbucht worden seien. Es hat ferner berück- sichtigt, dass für die Wochen 43 bis 52 des Jahres 1990 unwiderlegbare Beweise bestehen, welche die Aussagen C.X.________ bestätigen; insoweit hat die Beschwerdeführerin die Steuerhinterziehung auch zugestanden. Und es hat einen Bericht der Y.________-Treuhand AG vom 27. Oktober 1987 in die Beurteilung miteinbezogen, dem sich Lücken in der Ver- kaufsmengenerhebung entnehmen liessen. Gestützt auf diese drei Elemente ist das Obergericht zum Schluss gelangt, die Beschwerdeführerin habe auch vor dem letzten Quartal 1990, und zwar bereits seit 1986, Einnahmen nicht verbucht und dadurch Steuern hinterzogen (wobei infolge Verjährung aller- dings nur der Zeitraum seit 1987 [Steuerperiode 1989/90] relevant ist). Die Aussagen von C.X.________ erscheinen mithin als für den Schuldspruch von tragender Bedeutung. Wenngleich C.X.________ von der Steuerverwaltung lediglich als Auskunftsperson befragt wurde, so gilt er doch als Be- lastungszeuge im Sinne von Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK, denn hiefür ist ausreichend, dass seine Aussage durch das Gericht in Betracht gezogen worden ist (BGE 125 I 127 E. 6a S. 132 und dort zitierte Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte). Die Beschwerdeführerin bzw. deren Organe oder ihr Rechtsvertreter hatten zu keinem Zeitpunkt Gelegen- heit, diesem Zeugen Fragen zu stellen, was sich mit der Garantie von Art. 4 aBV und von Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK nicht vereinbaren lässt (BGE, a.a.O. E. 6c/cc S. 135, mit Hinweisen; Frowein/Peukert, a.a.O., Rz. 200; Haefliger/ Schürmann, a.a.O., S. 239). c) Das Obergericht hat die Befragung von Zeugen hauptsächlich deshalb verweigert, weil eine solche im Recht der direkten Bundessteuer nicht zulässig sei. Dieses Argu- ment greift zu kurz. aa) Für das Steuerhinterziehungsverfahren bei der direkten Bundessteuer gelten die Vorschriften über die Ver- fahrensgrundsätze, das Veranlagungs- und das Beschwerde- verfahren sinngemäss (Art. 182 Abs. 3 des am 1. Januar 1995 in Kraft getretenen Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer [DBG; SR 642.11]; vgl. Art. 132 Abs. 2 des früheren Bundesratsbeschlusses [BdBSt]). Die Strafbehörden verfügen demnach im Hinterziehungsverfah- ren nur über jene Untersuchungsmittel, die der Steuerverwal- tung im Steuerveranlagungsverfahren zustehen (vgl. Art. 124- 129 DBG); spezifisch strafprozessuale Zwangsmassnahmen zur Beweissicherung (z.B. Untersuchungshaft, Hausdurchsuchung, Beschlagnahme) sind - mit Ausnahme der besonderen Untersu- chungsmassnahmen gemäss Art. 190 ff. DBG bei begründetem Verdacht auf schwere Steuerwiderhandlungen - nicht vorge- sehen, namentlich besteht keine allgemeine Zeugnis- und Editionspflicht. Das Gesetz sieht lediglich - in genau umschriebenen Grenzen - eine Bescheinigungs-, Auskunfts- und Meldepflicht Dritter vor, wobei das gesetzlich ge- schützte Berufsgeheimnis (Berufsgeheimnis im Sinn von Art. 321 StGB [311.0] sowie das Bankgeheimnis gemäss Art. 47 BankG [SR 952.0]) vorbehalten bleibt (Art. 127 Abs. 2 DBG). Hinzu kommt, dass die Steuerbehörde auch im Hinterziehungs- verfahren grundsätzlich an die Geheimhaltungspflicht gemäss Art. 110 DBG gebunden ist (sog. Steuergeheimnis; dazu im Einzelnen Christoph Hasler, Der Austausch von Informationen im Recht des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 unter Berücksichtigung des Steuerge- heimnisses, in: ASA 67 689 ff.). Demgegenüber sind die Ver- teidigungsrechte des Beschuldigten - über die gesetzlich verankerten Verfahrensrechte hinaus (vgl. Art. 114 ff. DBG) - durch die aus Art. 4 aBV (bzw. Art. 29 BV) abgeleiteten und in Art. 6 EMRK enthaltenen Mindestgarantien hinreichend gewährleistet. Zur Behebung dieser "Ungleichhheit der Waf- fen" zu Lasten der Strafbehörden wird in der Literatur (de lege ferenda) etwa vorgeschlagen, die strafprozessualen Zwangsmittel (Durchsuchung, Beschlagnahme von Büchern und Belegen, Überwachungsmassnahmen, allgemeine Zeugnispflicht) auch für das Steuerhinterziehungsverfahren gesetzlich ein- zuführen (Martin Zweifel, Aktuelle Probleme des Steuer- strafrechts, in: Schweizerische Zeitschrift für Strafrecht [ZStrR] 111/1993, S. 1 ff., 15 f.; vgl. auch Reto Heuberger, Zwangsmassnahmen im Steuerhinterziehungsverfahren, in: ASA 66 21 ff., mit weiteren Literaturnachweisen). bb) Dass das Steuerstrafprozessrecht der direkten Bundessteuer das Beweismittel der formellen Zeugenbefragung wie gesagt nicht vorsieht, bedeutet nicht, dass eine Befra- gung von Zeugen oder Auskunftspersonen ausgeschlossen wäre. (Zum Vergleich: Im kantonalen Steuerrecht sieht beispiels- weise § 163 Abs. 2 des basel-landschaftlichen Steuergesetzes eine allgemeine Zeugnispflicht vor. Gemäss § 75 Abs. 1 des Zürcher Steuergesetzes können Zeugen "mit deren Einverständ- nis" einvernommen werden. Nach der neueren bernischen Praxis soll das Beweismittel der Zeugeneinvernahme im Hinterzie- hungsverfahren bereits der untersuchenden Behörde und nicht erst der Steuerrekurskommission als Rechtsmittelinstanz zur Verfügung stehen; Nachweise und Kritik hiezu bei Heuberger, a.a.O., S. 27 f.) Gemäss Art. 115 DBG, der kraft Verweises in Art. 182 Abs. 3 DBG im Hinterziehungsverfahren sinngemäss gilt (Agner/Jung/Steinmann, Kommentar zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, Zürich 1995, N. 3 zu Art. 182), müssen die vom Steuerpflichtigen angebotenen Beweise abgenommen werden, soweit sie geeignet sind, die für die Veranlagung erheblichen Tatsachen festzustellen. Der Gesetzgeber hat von einer Einschränkung auf "gesetzlich zulässige" Beweis- mittel abgesehen, um das Problem der zulässigen Beweise der Praxis zu überlassen (Agner/Jung/Steinmann, a.a.O., N. 1 zu Art. 115; Martin Zweifel, in: Zweifel/Athanas [Hrsg.], Kom- mentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/1, Steuer- harmonisierungsgesetz, Basel/Frankfurt a.M. 1997, S. 492, Rz. 15 zu Art. 41). Nach der Rechtsprechung des Bundesge- richts (schon zum Bundesratsbeschluss über die direkte Bundessteuer) ist es keineswegs ausgeschlossen, Zeugen zu befragen, die zur Aussage bereit sind (ASA 61 733 E. 3; ASA 50 363 E. 2a; ASA 37 350). In dem von der Vorinstanz zitierten Urteil (StE 1994 B 101.8 Nr. 12 E. 4d) hat das Bundesgericht nur entschieden, dass Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK nicht verletzt sei, wenn vom Steuerpflichtigen genannte Entlastungszeugen zwar vorgeladen, nicht aber zwangsweise vorgeführt werden, weil auch die Steuerbehörden nicht über entsprechende Zwangsmittel verfügen würden. Der Durchsetzung des verfassungs- und konventionsrechtlich geschützten An- spruchs des Beschuldigten, Ladung und Vernehmung von Ent- lastungszeugen zu erwirken (oben E. 2b), können wohl Hin- dernisse verschiedenster Art wie: fehlende Zeugnispflicht, Auskunftsverweigerungsrecht, Berufs- und Bankgeheimnis, Anonymität eines Anzeigers (vgl. dazu BGE 125 I 127 E. 6d S. 137 ff., mit Hinweisen) u.a. entgegenstehen; auch kann die Steuerbehörde durchaus eine beantragte Zeugenbefragung wegen Untauglichkeit oder in antizipierter Beweiswürdigung ablehnen (vgl. BGE, a.a.O., E. 6c/cc S. 135, mit Hinweisen). Hingegen hätte das Obergericht die Befragung von Zeugen oder Auskunftspersonen vorliegend nicht mit dem Hinweis auf deren Unzulässigkeit zum Vornherein verweigern dürfen, zumal die Beschwerdeführerin (bzw. deren Organe oder ihr Rechtsver- treter) nie Gelegenheit hatte, dem Belastungszeugen Fragen zu stellen. d) Der Sachverhalt ist demnach unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften ermittelt worden. Da weitere Abklärungen erforderlich sind, ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 114 Abs. 2 OG). Diese wird zu entscheiden haben, ob - neben der Befragung der Organe der Beschwerdeführerin und des Anzeigers - auch der Zeuge Z.________ zu dem nach Auffassung der Beschwerdeführerin un- zutreffend interpretierten Bericht der Y.________-Treuhand AG vom 27. Oktober 1987 einvernommen werden soll. 4.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gutzuheissen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Obergericht des Kantons Schaffhausen zurückzuweisen. Entsprechend diesem Verfahrensausgang sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Kanton Schaffhausen, welcher im vorliegenden Verfahren finanzielle Interessen vertreten hat, aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 2 OG). Er hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren überdies zu entschädigen (Art. 159 Abs. 1 OG), allerdings nur für die notwendigen Kosten und ohne Berücksichtigung des Aufwands für die teils weitschweifigen Ausführungen in der Beschwerdeschrift. Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutge- heissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaff- hausen vom 6. November 1998 aufgehoben und die Sache zu weiterer Abklärung und neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückgewiesen. 2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird dem Kanton Schaffhausen auferlegt. 3.- Der Kanton Schaffhausen hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen. 4.- Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Kantonalen Steuerkommission und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen sowie der Eidgenössischen Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt. ______________ Lausanne, 30. März 2000 Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: