Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Kassationshof in Strafsachen 6S.670/1996
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6S.670/1996/gnd

                 K A S S A T I O N S H O F
                 *************************

                  Sitzung vom 16. Mai 2000

Es wirken mit: Bundesgerichtspräsident Schubarth, Präsident
des Kassationshofes, Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger,
Kolly, Bundesrichterin Escher und Gerichtsschreiber Briw.

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                         In Sachen

T.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Rolf Blatter, Thurgauerstrasse 68, Zürich,

                           gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons  Z ü r i c h,

                         betreffend

          Gehilfenschaft zu Sich bestechen lassen
           (Art. 315 Abs. 1 i.V.m. Art. 25 StGB)

(Nichtigkeitsbeschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zürich [II. Strafkammer] vom 19. April 1996
[S2/U/SB950674/jv und SB950675]),

hat sich ergeben:

     A.- T.________ wird vorgeworfen, im Auftrag von
H.________ ab April 1985 D.________ zu Zahlungen veranlasst
zu haben, mit dem Hinweis, diese seien notwendig, um von
H.________ die erforderlichen Bewilligungen erhältlich zu
machen. Die Zahlungen des D.________, des Vertreters der
E.________ AG, an T.________ seien als Honorare eines
fiktiven Beratervertrags ausgegeben worden. H.________ sei
durch ein ihm von T.________ zwei Jahre zuvor gewährtes
Darlehen in ein andauerndes Abhängigkeitsverhältnis geraten.
Das Darlehen und die Zahlungen von Fr. 128'000.-- sollten
H.________ in der Bearbeitung der Gesuche und Geschäfte
nicht mehr unbefangen und unparteiisch sein lassen, sondern
zu einer bevorzugten, T.________ entgegen kommenden Be-
handlung führen (Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich
vom 19. April 1996, S. 8 f.).

     B.- Das Bezirksgericht Zürich fand am 21. August 1995
T.________ schuldig der Gehilfenschaft zu Sich bestechen
lassen im Sinne von Art. 315 Abs. 1 i.V.m. Art. 25 StGB. Es
bestrafte ihn mit 12 Monaten Gefängnis und schob den Vollzug
der Freiheitsstrafe (mit 2 Jahren Probezeit) auf. Es ver-
pflichtete ihn, Fr. 128'000.- an den Staat abzuliefern.

        Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am
19. April 1996 das Urteil des Bezirksgerichts.

        Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies am
12. Januar 1999 eine Nichtigkeitsbeschwerde von T.________
ab, soweit es auf sie eintreten konnte.

     C.- T.________ erhebt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem
Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache
zu neuer Entscheidung an die kantonale Behörde zurück-
zuweisen.

     D.- Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtet auf
eine Stellungnahme. Die Staatsanwaltschaft des Kantons
Zürich verzichtet auf eine Vernehmlassung.

     E.- Das Bundesgericht weist eine staatsrechtliche
Beschwerde von T.________ ab, soweit es darauf eintritt.

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

     1.- a) Die Vorinstanz führt aus, hinsichtlich des
"Darlehenskomplexes T.________ - H.________ " sei "die
Annahme der Anklagebehörde, H.________ habe sich bei
T.________ mit dessen Zwischenschaltung revanchieren können,
indem er anstelle von Rückzahlungen seine Schulden gegenüber
T.________ durch die von D.________ erhältlich gemachten
Bilder getilgt habe", nicht erstellt. Vorliegend nicht
wesentlich und daher offen zu lassen sei, ob der Beschwerde-
führer "in den weiteren in der Anklage umschriebenen Fällen
eine bevorzugte Behandlung erfahren" habe. Der Beschwerde-
führer sei der aktiven Bestechung wohl wegen eingetretener
Verjährung nicht angeklagt worden. Entscheidend sei "die
Auslegung des Komplexes des Beratungsvertrages" zwischen dem
Beschwerdeführer und D.________ bzw. der E.________ AG, und
mitzuberücksichtigen sei "der Zusammenhang zu H.________".
Dass der Beschwerdeführer "ohne des H.________ Wissen ein
Lügenkonstrukt über dessen Geldgier errichtet" hätte, um

D.________ zu Zahlungen zu bewegen, habe das Bezirksgericht
zutreffend verworfen. Es habe richtig erwogen, dass "aus-
gehend von der Darstellung des D.________ T.________ im Auf-
trag von H.________ gehandelt hat und die geforderten
Zahlungen für diesen bestimmt gewesen sind". Die Vorinstanz
schliesst sich hier dem Beweisergebnis des Bezirksgerichts
an, das zusammenfassend feststellte: "Damit ist den Schilde-
rungen des D.________ folgend auch davon auszugehen, dass
T.________ im Auftrage des H.________ handelte und von
Anbeginn zum Ausdruck brachte, dass das Geld nicht für ihn,
sondern für H.________ sei" (angefochtenes Urteil S. 30 mit
Verweisung auf das Urteil des Bezirksgerichts S. 619).

        b) Beamte, die für eine künftige, pflichtwidrige
Amtshandlung ein Geschenk oder einen andern ihnen nicht
gebührenden Vorteil fordern, annehmen oder sich versprechen
lassen, werden gemäss Art. 315 StGB mit Zuchthaus bis zu
drei Jahren oder mit Gefängnis bestraft. Wer zu einem
Verbrechen oder zu einem Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet,
ist gemäss Art. 25 StGB Gehilfe und kann milder bestraft
werden (Art. 65 StGB).

        Der Beschwerdeführer handelte im Auftrag des
H.________, und das geforderte Geld war für diesen bestimmt
(angefochtenes Urteil S. 32). Er half H.________, Beste-
chungsgelder zu fordern. Haupttäter im Sinne von Art. 315
StGB ist demnach H.________, Bestecher im Sinne von Art. 288
StGB ist D.________, und der Beschwerdeführer erscheint in
dieser mittelbaren Abwicklung des Bestechungsgeschäfts als
Gehilfe des H.________ (insoweit als "Dritter", wie die
Vorinstanz erwägt; angefochtenes Urteil S. 31). Mit dieser
Begründung verletzt die Vorinstanz kein Bundesrecht. Die auf
eine Anwendung von Art. 288 StGB ausgerichtete Argumentation

des Beschwerdeführers geht von einem anderen Sachverhalt aus
(vgl. Beschwerde S. 4 f., 6). Wer mittäterschaftlich an
einem Sonderdelikt mitwirkt, ohne selbst die besondere
Pflichtenstellung innezuhaben, kann nur als Teilnehmer am
Sonderdelikt bestraft werden (Stratenwerth, Schweizerisches
Strafrecht, Allgemeiner Teil I, Bern 1996, § 13 N 60;
derselbe, Strafrecht, Allgemeiner Teil I, 4. Auflage, Köln
2000, § 12 N 95 f.).

        Der Beschwerdeführer wendet zudem ein, die Gehil-
fenschaft zur passiven Bestechung sei ausschliesslich nach
Art. 288 StGB zu bestrafen. Dem kann nicht gefolgt werden.
Es ist nicht einzusehen, weshalb die allgemeinen Regeln der
Teilnahme am Sonderdelikt der passiven Bestechung bloss
deshalb nicht gelten sollen, weil überdies für die aktive
Bestechung der besondere Straftatbestand des Art. 288 StGB
besteht. Im Übrigen setzt Art. 288 StGB nur voraus, dass die
Zuwendung erfolgt, um den Beamten zur Verletzung einer Amts-
oder Dienstpflicht zu veranlassen. Der Tatbestand ist auch
dann erfüllt, wenn es nicht gelingt, den Beamten zu beein-
flussen (vgl. BGE 100 IV 56 E. 2a). Der Tatbestand der
aktiven Bestechung kann also erfüllt werden, ohne dass
gleichzeitig eine passive Bestechung gegeben ist. Dies
zeigt, dass Art. 288 StGB nicht als blosse "Teilnahmeform
der Beihilfe" (Beschwerde S. 16) zur Tat von Art. 315 StGB
verstanden werden kann. Zwar kann das aktive Bestechen im
Einzelfall als Teilnahmeform des Sichbestechenlassens
vorkommen; Art. 288 StGB geht aber über die allgemeinen
Teilnahmevorschriften weit hinaus (vgl. Stratenwerth,
Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II, 4. Auflage,
Bern 1995, § 57 N 28). Der angefochtene Schuldspruch wegen
Gehilfenschaft zur passiven Bestechung verletzt kein
Bundesrecht.

        c) Wie dargelegt, ist von einer passiven Bestechung
auszugehen, weil H.________ durch die Mithilfe des Beschwer-
deführers für eine künftige, pflichtwidrige Amtshandlung
einen ihm nicht gebührenden Vorteil gefordert hat. Die
Frage, ob und inwieweit nach dem hier anwendbaren alten
Korruptionsstrafrecht auch die Vorteilsgewährung an Dritte
erfasst ist, braucht deshalb nicht geprüft zu werden.

     2.- Die Vorinstanz führt aus, die Erwägungen des
Bezirksgerichts zum massgebenden Strafrahmen seien korrekt
ausgefallen. Dieses ging vom Strafrahmen des Art. 315 Abs. 1
StGB in Verbindung mit Art. 25 StGB aus, so dass statt auf
Gefängnis auf Haft oder Busse erkannt werden könne; eine
Busse komme aber - auch mangels Gewinnsucht (Art. 50 Abs. 1
StGB) - nicht in Betracht (Urteil des Bezirksgerichts S. 665
f. und S. 668). Entgegen der Verteidigung sei der Straf-
rahmen von Art. 315 StGB und nicht jener von Art. 288 StGB
massgebend. Es könne der Tatsache, dass Art. 315 StGB Zucht-
haus bis zu drei Jahren oder Gefängnis und Art. 288 StGB nur
Gefängnis androhe, angesichts der bei Gehilfenschaft mögli-
chen Strafmilderung Rechnung getragen werden (angefochtenes
Urteil S. 36).

        Die Strafandrohung von Art. 315 Abs. 1 StGB ist
Zuchthaus bis zu drei Jahren oder Gefängnis, jene von
Art. 288 StGB ist Gefängnis (und kann mit Busse verbunden
werden). Die Gefängnisstrafe dauert zwischen drei Tagen und
drei Jahren (Art. 36 StGB). Der Gehilfe kann milder bestraft
werden (Art. 25 StGB). Die Anwendung von Art. 65 StGB führt
dazu, dass die Strafe zumindest gemindert werden muss und
dass sie gemildert werden kann; der Strafrahmen ist nach
unten erweitert (BGE 116 IV 11 E. 2e).

        Die Vorinstanzen gingen von einem durch diesen
Milderungsgrund gegebenen Strafrahmen und einem recht
schweren Verschulden des Beschwerdeführers aus. Dabei
schlossen sie einerseits blosse Haft oder Busse aus und
zogen anderseits eine Zuchthausstrafe offenkundig nicht in
Betracht, denn bereits das Bezirksgericht ging gemäss
Art. 65 StGB davon aus, wegen des Milderungsgrunds könne
"statt auf Gefängnis: auf Haft oder Busse" erkannt werden.
Anders als die Vorinstanzen nimmt die neuere Lehre überwie-
gend an, bei der Teilnahme zur Tat von Art. 315 StGB sei
stets der mildere Strafrahmen von Art. 288 StGB anzuwenden
(Stratenwerth, a.a.O., BT II, § 57 N 27; Marco Balmelli, Die
Bestechungstatbestände des schweizerischen Strafgesetz-
buches, Basler Diss. 1996, Bern 1996, S. 223; Rolf Kaiser,
Die Bestechung von Beamten unter Berücksichtigung des Vor-
entwurfs zur Revision des Schweizerischen Korruptions-
strafrechts, Zürcher Diss. 1998, Zürich 1999, S. 291). Es
geht darum, dass der Extraneus, der am Sonderdelikt
(Art. 315 StGB) mitgewirkt hat, nicht strenger bestraft wer-
den soll, als wenn er als aktiver Bestecher gehandelt hätte.

        Die Vorinstanz berücksichtigt im Ergebnis den
Art. 288 StGB entsprechenden milderen Strafrahmen und weiter
ein gegenüber H.________ geringeres Verschulden des Be-
schwerdeführers, weil dieser keine Beamtenpflicht verletzt
habe (angefochtenes Urteil S. 36 f.). Dass die Strafe aus
anderen Gründen schuldunangemessen sein könnte, wird vom
Beschwerdeführer nicht geltend gemacht und ist auch nicht
ersichtlich. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem
Punkt als unbegründet.

     3.- Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten.

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

     1.- Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird
abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

     2.- Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird dem
Beschwerdeführer auferlegt.

     3.- Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der
Staatsanwaltschaft und dem Obergericht (II. Strafkammer) des
Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

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Lausanne, 16. Mai 2000

                Im Namen des Kassationshofes
             des SCHWEIZERISCHEN BUNDESGERICHTS
                       Der Präsident:

                   Der Gerichtsschreiber: