Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 V 52



99 V 52

19. Urteil vom 10. Januar 1973 i.S. Marti gegen Eidgenössische
Ausgleichskasse und Versicherungsgericht des Kantons Bern Regeste

    Über den Anspruch auf Erwerbsersatz bei bloss partieller Beschäftigung
des auch während der Militärdienstzeit entsprechend Entlöhnten (Art. 19
EOG).

Sachverhalt

    A.- Lic. rer. pol. Peter Marti arbeitete seit dem 1. Dezember
1970 als nichtständiger Angestellter halbtags bei der Eidgenössischen
Steuerverwaltung; sein Lohn betrug 50% des ordentlichen Gehalts im Rahmen
der ihm entsprechenden Besoldungsklasse. Während des andern halben Tages
arbeitete er an seiner Dissertation. Im Jahre 1971 verdiente er seinen
Leutnant-Grad ab; ferner bestand er einen Wiederholungskurs. Mit Verfügung
vom 28. Oktober 1971 lehnte es die Eidgenössische Ausgleichskasse ab,
ihm für diese Militärdienstperioden Erwerbsersatz auszurichten, weil er
für diese Zeit den Lohn erhalte.

    B.- Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde hat das
Versicherungsgericht des Kantons Bern am 6. März 1972 abgewiesen.

    C.- Peter Marti reicht gegen diesen Entscheid
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein, mit der er beantragt, es sei ihm
für die Zeit des Abverdienens aufGrund seines Arbeitszeitverhältnisses
die halbe und für die Zeit des Wiederholungskurses mindestens die halbe
Erwerbsausfallentschädigung auszurichten. Die Begründung lässt sich wie
folgt zusammenfassen: Die Erwerbsausfallentschädigung habe sich nicht nur
nach der Höhe des Lohnes, sondern auch nach dem zeitlichen Umfang der
Erwerbstätigkeit zu richten. Der Lohn müsse seinerseits zum zeitlichen
Umfang der Arbeitsleistung in Beziehung gesetzt werden. Seine Studien
seien wegen der Dienstleistungen um rund 3 Monate verlängert worden, wofür
ihm ersatzweise die halbe Erwerbsausfallentschädigung zustehe. Im Falle
eines Werkstudenten sei zu berücksichtigen, dass dieser "während der Zeit,
in der er an seiner Dissertation arbeitet, Angestellter der Universität
bzw. Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichzeitig ist", wobei der Arbeitgeber
allerdings keinen Lohn bezahle. Folge man dieser Betrachtungsweise nicht,
"so könnte daraus geschlossen werden, dass das Schreiben einer Dissertation
als Freizeitbeschäftigung, gewissermassen als Hobby betrachtet wird und
demnach lohnmässig nicht bewertet werden kann". Anders stelle sich das
Problem für die Erwerbsausfallentschädigung während des obligatorischen
Wiederholungskurses. In seinem Fall habe der Bund nur die Hälfte der
Militärdienstzeit getragen, weshalb ihm für die andere Hälfte mindestens
die halbe Erwerbsausfallentschädigung zustehe.

    Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung beantragen
die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 19 Abs. 2 EOG wird die Erwerbsausfallentschädigung dem
Dienstpflichtigen ausgerichtet, doch kommt sie im Sinne einer Ausnahme
von diesem Grundsatz "in dem Ausmass dem Arbeitgeber zu, als er dem
Dienstpflichtigen für die Zeit des Dienstes Lohn oder Gehalt ausrichtet"
(lit. c).

    Nach dem ursprünglichen Wortlaut des Art. 19 Abs. 2 lit. c
kam die Entschädigung dem Arbeitgeber zu, "soweit" dieser für die
Militärdienstzeit Lohn oder Gehalt ausrichtete (Fassung gemäss EOG vom
25. September 1952, AS 1952, 1027). Hierzu hatte der Bundesrat in seiner
Botschaft vom 23. Oktober 1951 (BBl 1951 III 331) folgendes ausgeführt:
"Ein Arbeitgeber, der seinem Arbeitnehmer während des Militärdienstes
einen Betrag ausrichtet, der jenen der Erwerbsausfallentschädigung
erreicht oder übersteigt, kann somit die dem Arbeitnehmer zustehende
Entschädigung für sich beanspruchen." Offensichtlich bestand also
schon bei der Schaffung der Erwerbsersatzordnung die Meinung, dass
das betragliche Verhältnis zwischen Lohnzahlung des Arbeitgebers und
der Erwerbsausfallentschädigung entscheidend sei, mit andern Worten,
der Arbeitgeber könne die Entschädigung für sich beanspruchen, wenn
der Lohn frankenmässig grösser sei als der Erwerbsersatz. Als das EOG
auf den 1. Januar 1960 revidiert wurde, verdeutlichte der Gesetzgeber
diese Regelung in dem Sinn, dass er das Wort "soweit" durch den heute
geltenden Text "in dem Ausmass" ersetzte (vgl. AS 1959, 569). Auf Grund
dieser Materialien kann es nicht zweifelhaft sein, dass für die Anwendung
des Art. 19 Abs. 2 lit. c EOG ausschliesslich die summenmässige Relation
zwischen der Erwerbsausfallentschädigung und dem vom Arbeitgeber bezahlten
Salär massgebend ist. Die Auffassung des Beschwerdeführers, der Lohn müsse
"seinerseits ins Verhältnis zur Zeit gesetzt werden", geht daher fehl.

    Es ist unbestritten, dass das Gehalt, welches der
Beschwerdeführer während der Militärdienstperioden vom Bund bezog, die
Erwerbsausfallentschädigung von täglich Fr. 12.- für den Beförderungsdienst
bzw. von Fr. 11.10 für den Wiederholungskurs bei weitem überstieg. Der
Anspruch auf Erwerbsersatz steht daher dem Bund zu.

Erwägung 2

    2.- An dieser Rechtslage vermag die Tatsache nichts zu ändern, dass der
Beschwerdeführer zur Bundesverwaltung in einem Teilzeitarbeitsverhältnis
stand. Denn nach der unter Erwägung 1 dargelegten Konzeption ist es
unerheblich, ob dem in Art. 19 Abs. 2 lit. c EOG erwähnten Lohn oder Gehalt
ein Vollzeit-Arbeitsverhältnis oderlediglich ein Teilzeit-Arbeitsverhältnis
zugrunde liegt. Die Richtigkeit dieser Konzeption zu überprüfen, ist
nicht Sache des Richters.

Erwägung 3

    3.- Peter Marti begründet seinen Standpunkt ferner damit, dass der
Bund dann nicht die ganze Erwerbsausfallentschädigung für sich beanspruchen
könne, wenn er, der Beschwerdeführer, nicht an seiner Dissertation, sondern
noch bei einem andern Arbeitgeber beschäftigt gewesen wäre und von diesem
während der Militärdienstperioden ebenfalls Lohn erhalten hätte. Richtig
an dieser Auffassung ist, dass in einem solchen Fall der Erwerbsersatz auf
den Bund und auf den zweiten Arbeitgeber aufgeteilt werden müsste. Daraus
vermag der Beschwerdeführer aber nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Denn
es geht nicht darum, ob - bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäss Art. 19
Abs. 2 lit. c EOG - die Erwerbsausfallentschädigung an einen Arbeitgeber
auszuzahlen oder auf mehrere Arbeitgeber aufzuteilen sei. Vielmehr geht
es um die Frage, ob dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Auszahlung der
Entschädigung zusteht oder nicht. Dies trifft aber, wie bereits dargelegt,
eben nicht zu.

Erwägung 4

    4.- Schliesslich mag noch die Frage aufgeworfen werden, ob Peter Marti
neben der dem Bund zustehenden Entschädigung allenfalls eine Entschädigung
für Nichterwerbstätige im Sinn des Art. 10 EOG gewährt werden könnte. Dies
ist zu verneinen, weildas EOG eine Kumulation des Erwerbsersatzes für
Erwerbstätige (Art. 9) und Nichterwerbstätige nicht kennt.

Entscheid:

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.