Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 V 41



99 V 41

13. Auszug aus dem Urteil vom 5. April 1973 i.S. Wülser gegen
Ausgleichskasse des Basler Wirtschaftsbundes und Rekursbehörde für die
Sozialversicherung des Kantons Basel-Landschaft Regeste

    Geldleistungen während der Eingliederung (Art. 22 Abs. 1 IVG und 17bis
IVV). Voraussetzungen des Taggeldanspruchs für nicht zusammenhängende
Eingliederungstage.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

    Nach Art. 22 Abs. 1 Satz 1 IVG hat der Versicherte während der
Eingliederung Anspruch auf ein Taggeld, wenn er an wenigstens drei
aufeinanderfolgenden Tagen wegen der Eingliederung verhindert ist, einer
Arbeit nachzugehen, oder zu 50 Prozent arbeitsunfähig ist. Abs. 3 desselben
Artikels ermächtigt den Bundesrat, Voraussetzungen für den Anspruch auf
Taggeld für nicht zusammenhängende Tage sowie für Untersuchungs-, Warte-
und Anlernzeiten aufzustellen. Diese Voraussetzungen sind in den Art. 17-20
IVV geregelt. Von diesen Bestimmungen ist im heutigen Zusammenhang allein
Art. 17bis erwähnenswert.

    Nach der bundesrätlichen Botschaft zum IVG soll das Taggeld
während jeder Eingliederung, "die einen gewissen Dauercharakter
hat", gewährt werden (BBl 1958 II 1261). Eine Ausnahme von diesem
Prinzip ist in Art. 17bis IVV normiert, welcher dem Versicherten, der
innerhalb eines Kalendermonats an mindestens vier ganzen Tagen wegen
der Eingliederung verhindert ist, der Arbeit nachzugehen, für diese Tage
einen Taggeldanspruch einräumt.

    Aus dem Wortlaut des Art. 17bis IVV ergibt sich eindeutig, dass
diese Bestimmung nicht auf jene in Art. 22 Abs. 1 Satz 1 IVG aufgeführte
Kategorie invalider Versicherter anwendbar ist, bei denen als Voraussetzung
für den Taggeldanspruch eine 50prozentige Arbeitsunfähigkeit zur Zeit
der Eingliederungsmassnahmen genügt. Vielmehr ist sie nur anwendbar
auf jene Invaliden, die wegen der Eingliederung verhindert sind,
einer Arbeit nachzugehen. Diese Differenzierung rechtfertigt sich aus
folgenden Überlegungen: Die Expertenkommission für die Einführung der
Invalidenversicherung wollte den Taggeldanspruch auf jene Versicherten
beschränken, die wegen der Eingliederung nicht imstande sind, eine
Erwerbstätigkeit auszuüben, und daher einen Erwerbsausfall erleiden. Sie
verwies auf die ursprüngliche Regelung in der Erwerbsersatzordnung,
wonach nurjene Wehrpflichtigen eine Erwerbsausfallentschädigung
beanspruchen konnten, bei denen während des Militärdienstes ein
Verdienstausfall eintrat (Expertenbericht 1956, S. 91). Da mit der (am
1. Januar 1959 in Kraft getretenen) Revision der Erwerbsersatzordnung
die Entschädigungsberechtigung auf die Nichterwerbstätigen ausgedehnt
wurde, wollte der Bundesrat diese Kategorie von Versicherten in der
Invalidenversicherung nicht vom Taggeld ausschliessen. Den Vorschlag der
Expertenkommission erweiternd, beantragte er deshalb den eidgenössischen
Räten, den Taggeldanspruch auch einem nichterwerbstätigen Invaliden
einzuräumen, vorausgesetzt, dass er zu 50 Prozent arbeitsunfähig ist
(BBl 1958 II 1189; vgl. S. 1347 betreffend Erwerbsersatzordnung). Diese
Erweiterung der ursprünglichen Konzeption brachte den nichterwerbstätigen
Versicherten, die aber mindestens zur Hälfte arbeitsunfähig sind,
eine wesentliche Besserstellung. Wenn der Bundesrat davon absah, diese
Erweiterung auf die Fälle nicht zusammenhängender Eingliederungstage
auszudehnen, hat er keinen unsachgemässen Gebrauch von der ihm in Art. 22
Abs. 3 IVG eingeräumten Ermächtigung gemacht.