Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 V 103



99 V 103

34. Auszug aus dem Urteil vom 10. Juli 1973 i.S. Amacker gegen Kantonale
Ausgleichskasse des Wallis und Versicherungsgericht des Kantons Wallis.
Regeste

Rentenrevision (Art. 41 IVG).

    Die Verwaltung hat einen von ihr vorgesehenen Revisionstermin dem
Versicherten nicht mitzuteilen. Wurde dieser Termin dem Versicherten
dennoch mitgeteilt, so ist ihm das Revisionsergebnis durch beschwerdefähige
Verfügung zu eröffnen.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 41 IVG ist die Rente für die Zukunft entsprechend
zu erhöhen, herabzusetzen oder aufzuheben, wenn sich der Grad der
Invalidität eines Rentenbezügers in einer für den Anspruch erheblichen
Weise ändert. Die Revision wird gemäss Art. 87 Abs. 2 IVV von Amtes
wegen durchgeführt, wenn sie im Hinblick aufeine mögliche erhebliche
Änderung des Invaliditätsgrades bei der Festsetzung der Rente auf einen
bestimmten Termin in Aussicht genommen worden ist oder wenn Tatsachen
bekannt oder Massnahmen angeordnet werden, die eine erhebliche Änderung
des Grades der Invalidität als möglich erscheinen lassen. Voraussetzung
der Rentenrevision von Amtes wegen ist also jedenfalls eine erhebliche
Änderung des Invaliditätsgrades.

    Dieser Ordnung geht jedoch der Grundsatz vor, dass die Verwaltung
auf eine rechtskräftige Verfügung nach den von der Praxis entwickelten
Regeln zurückkommen kann. Eine Rente kann somit allenfalls unter
diesem Gesichtspunkt aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für
eine Revision gemäss Art.41 IVG fehlen (EVGE 1966 S. 56/57, ZAK 1964
S. 433, nicht veröffentlichte Urteile i.S. Briw vom 11. November 1971
und i.S. Niederberger vom 10. Dezember 1971).

    Daraus hat das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 98 V 53 geschlossen,
dass die Verwaltung rechtlich nicht an den in Aussicht genommenen
Revisionstermin gebunden sei, wenn sich eine für den Rentenanspruch
erhebliche Änderung des Invaliditätsgrades vor diesem Zeitpunkt ergibt
oder wenn sich die Rentenverfügung nachträglich als zweifellos unrichtig
erweist. Die Angabe eines Revisionsdatums in einer Rentenverfügung
werde der - ohnehin bloss formellen - Rechtskraft der Verfügung nicht
teilhaftig und habe keinesfalls den Sinn, die Ausrichtung der Rente bis zum
angegebenen Zeitpunkt zu garantieren. Die Verwaltung sei zur Angabe eines
Revisionstermins nicht verpflichtet; nenne sie dennoch ein solches Datum,
so habe dies lediglich die Bedeutung einer verwaltungsinternen Anmerkung
(vgl. ZAK 1964 S. 433, nicht veröffentlichte Urteile i.S. Häfliger vom
27. Dezember 1967, i.S. Maffioli vom 15. Februar 1971 und i.S. Briw vom
11. November 1971).

    Damit indessen die Meldepflicht laut Art. 77 IVV nicht ausgehöhlt wird,
sondern gewährleistet bleibt, ist der Revisionstermin dem Versicherten
nicht mitzuteilen. In diesem Sinne ist das bereits zitierte Urteil BGE
98 V 52 zu präzisieren.

Erwägung 3

    3.- Aus dem Urteil vom 28. April 1971 i.S. Varone (ZAK 1971
S. 522) ergibt sich, dass bei Wiedererwägung von Amtes wegen, die den
Rentenanspruch nicht verändert, keine neue Verfügung zu erlassen ist. Wird
dagegen die Überprüfung auf Begehren des Versicherten vorgenommen, hat in
jedem Falle eine beschwerdefähige Verfügung zu ergehen (ZAK 1971 S. 524;
vgl. dazu auch Randziffer 1039 der Wegleitung über die Renten, gültig ab
1. Januar 1971).

    Im vorliegenden Fall teilte die Ausgleichskasse - offenbar gestützt
auf das erwähnte Urteil und auf Randziffer 1039 der Rentenwegleitung -
dem Beschwerdeführer am 2. August 1972 brieflich mit, dass die halbe Rente
bis zum neuen Revisionsdatum (31. August 1974) weiter entrichtet werde. Es
fragt sich, ob das Urteil Varone überhaupt zum Vergleich herangezogen
werden darf; denn dort war die Frage zu prüfen, ob die Verwaltung befugt
sei, nochmals über einen Sachverhalt zu verfügen, der schon Gegenstand
einer frühern, damals nicht angefochtenen Verfügung gebildet hatte, womit
der Rechtsweg neu eröffnet worden wäre. Das Eidg. Versicherungsgericht
erklärte dazu, dass im Gegensatz zur Revision auf Begehren des Versicherten
bei einer Revision von Amtes wegen, die den Status quo feststelle, die
Briefform als Mitteilung an den Versicherten genüge.

    Der heute zu beurteilende Fall liegt indessen anders. Dem
Beschwerdeführer wurdejeweils mitgeteilt, dass die Rente bis zu einem
bestimmten Zeitpunkt, in dem sie Gegenstand einer Revision sein werde,
gewährt würde (Verfügungen vom 24. November 1966, 10. Januar 1969, 2. Juni
1970 und der Briefvom 2. August 1972). Unter diesen Umständen war es jedoch
nicht ausgeschlossen, dass die Rente nicht mehr verlängert worden wäre,
wie sich auch aus den Mitteilungen vom 1. August 1968 und 1. August 1969
ergibt, wodurch dem Versicherten zur Kenntnis gebracht wurde, dass sein
Fall gegenwärtig einer Revision unterzogen, die Rente jedoch provisorisch
während sechs Monaten weiter ausgerichtet werde.

    Es ging daher nicht an, dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Revision
von Amtes wegen formlos bekanntzugeben. Wenn einem Versicherten der
Revisionstermin zum voraus mitgeteilt wurde, wodurch er möglicherweise
von einer sofortigen Anfechtung abgehalten wird, muss das Resultat der
Revision durch Verfügung eröffnet werden, in welchem Sinne das Urteil
Varone (ZAK 1971 S. 522) zu präzisieren ist. Im übrigen erscheint es
fraglich, ob der mit Randziffer 1039 der Rentenwegleitung angestrebte
Zweck erreicht werden kann. Es ist nämlich nicht einzusehen, warum an
Stelle des vorgedruckten Verfügungsformulars mit Rechtsmittelbelehrung
die formlose briefliche Bekanntgabe eine Vereinfachung darstellen soll...

Erwägung 5

    5.- ... Bei einer zum voraus auf einen bestimmten Zeitpunkt in Aussicht
genommenen Revision von Amtes wegen ist das entsprechende Datum massgebend
und Art. 88bis Abs. 1 IVV findet - entgegen der Auffassung des Bundesamtes
für Sozialversicherung - keine Anwendung. Die Ausgleichskasse hat die
Invalidenversicherungs-Kommission in solchen Fällen rechtzeitig auf den
Revisionstermin aufmerksam zu machen (Randziffer 225 der Wegleitung
über Invalidität und Hilflosigkeit, gültig ab 1. Januar 1971). Die
Invalidenversicherungs-Kommission muss die erforderlichen Massnahmen
treffen, damit das Revisionsverfahren fristgemäss abgeschlossen
werden kann. Disponiert die Verwaltung zeitlich nicht richtig, kann
das den Revisionstermin nicht beeinflussen; dies um so weniger, wenn -
wie im vorliegenden Fall - der Revisionstermin auf den 31. August 1971
festgesetzt wurde, der Beschluss der Invalidenversicherungs-Kommission
am 19. Januar 1972 und die Kassenverfügung am 2. August 1972 erging.