Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 IV 80



99 IV 80

18. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 6. Juli 1973 i.S. X. und
Y. gegen Generalprokurator des Kantons Bern. Regeste

    Art. 153 und 154 StGB: Warenfälschung und Inverkehrbringen gefälschter
Waren setzen eine Substanzveränderung der Ware, zumindest ein Nachmachen
der Ware oder eine Verringerung des Warenwertes voraus (Erw. 3).

    Art. 148 StGB, Betrug:

    1.  Der Gast wird bei Abgabe anderer als bestellter Ware betrogen,
wenn seine Schädigung sowie die Arglist und Bereicherungsabsicht des
Täters gegeben sind (Erw. 4).

    2.  Umschreibung der Gewerbsmässigkeit; die soziale Gefährlichkeit
des Täters ist keine Voraussetzung (Erw. 7 und 8).

Sachverhalt

    A.- X. betreibt seit 1968 mit seiner Ehefrau Y. das Hotel Restaurant
Z. in A.

    a) Im Jahre 1969 erhielt er wegen der kleinen Waadtländer Weinernte
erheblich weniger Féchy und Epesses, als er benötigte. Er kaufte daher
2000 Liter Neuenburger Cressier zu Fr. 3.30 pro Liter. Da dieser bei
seinen Gästen keinen Anklang fand, ging er dazu über, den Cressier
anstelle von Féchy (Einstandspreis Fr. 3.25 - Fr. 3.50) oder Epesses
(Einstandspreis Fr. 4.- -Fr. 4.20) auszuschenken. Damit Gäste und
Servierpersonal die Unterschiebung nicht bemerkten, wurde der Cressier auch
bei Bestellungen von einem Liter in eigens zu diesem Zweck angeschafften
Karaffen ausgeschenkt. Normalerweise servierte man den offenen Wein
bei X. in Karaffen von 2, 3 und 5 dl und in etikettierten Flaschen von
1 Liter. Insgesamt wurden auf diese Weise höchstens 824 Liter Cressier
als Féchy oder Epesses ausgeschenkt. Y. wusste um diese Machenschaften
und schenkte selbst am Buffet Cressier anstelle von Waadtländerwein aus.

    b) In der Saison 1969 gab X. in seinem Restaurant anstelle von
bestelltem Rehpfeffer zu etwa 50% Hirschpfeffer ab. In der Saison 1970
bot er auf seiner Speisekarte und der Wildspezialitätenkarte verschiedene
Rehgerichte an, aber kein Hirschfleisch. Tatsächlich wurden jedoch mit
wenigen Ausnahmen die als Reh angebotenen Speisen mit Hirschfleisch
hergestellt. So wurden mindestens 310 kg Hirschpfeffer und 123,8 kg
Hirschschnitzel anstelle des bestellten Rehfleisches serviert. Einen
direkten Mehrerlös erzielte X. damit nicht, da das verwendete ausgebeinte
Hirschfleisch bei gleichen Portionen ebensoviel kostete wie Rehfleisch mit
Knochen. Dagegen wäre Rehfleisch ohne Knochen erheblich teurer gewesen. Die
Wildspeisen ohne Knochen waren bei den Kunden viel beliebter als das
vorher servierte nicht ausgebeinte Rehfleisch.

    Y. hatte mit der Unterschiebung von Hirschfleisch nichts zu tun.

    c) X. servierte in seinem Restaurant verschiedentlich Truthahnfleisch,
wenn auf der Karte die Fleischsorte nicht genau bezeichnet war, wenn also
z.B. Schnitzel, Pikata oder Geschnetzeltes nach Züricher Art aufgeführt
war. Lautete die Bezeichnung Kalbsschnitzel, Kalbspikata usw. dann
verwendete er allerdings Kalbfleisch. Als er in der Folge Schweinefleisch
billiger als Truthahn erwerben konnte, verwendete er bei den nicht näher
bezeichneten Speisen Schweinefleisch.

    B.- Am 4. Mai 1972 verurteilte das Amtsgericht Burgdorf die Eheleute
X. und Y. wegen Widerhandlung gegen das Lebensmittelgesetz, begangen
durch den Verkauf von Cressier anstelle von Féchy und Epesses, X.
ausserdem wegen der Abgabe von Hirschpfeffer und Hirschfleisch anstelle
von Rehpfeffer und Rehfleisch. Dafür wurde er mit 2 Monaten Haft,
bedingt vollziehbar auf eine Probezeit von einem Jahr, und einer Busse
von Fr. 1000.-- bestraft. Y. wurde eine Busse von Fr. 200.-- auferlegt.

    Die gegen dieses Urteil von der Staatsanwaltschaft erhobene Berufung
wurde am 12. Oktober 1972 von der I. Strafkammer des Obergerichtes des
Kantons Bern teilweise gutgeheissen. X. wurde des fortgesetzten Betruges
schuldig erkannt, begangen durch Verkauf einer nicht bestimmbaren aber
maximal 824 lt ausmachenden Menge Weisswein der Sorte Cressier als
solchen der Marken Féchy und Epesses, sowie durch Verkauf von mindestens
310 kg Hirschpfeffer, der als Rehpfeffer und 123,8 kg Hirschschnitzel,
die als Rehschnitzel erklärt worden waren. Y. wurde des fortgesetzten
Betruges schuldig erkannt, begangen durch Verkauf einer nicht bestimmbaren
aber höchstens 824 lt ausmachenden Menge Weisswein der Sorte Cressier
als solchen der Marken Féchy und Epesses. X. wurde zu einer bedingt
aufgeschobenen Gefängnisstrafe von 8 Monaten abzüglich der erstandenen
Untersuchungshaft, die Ehefrau zu einer bedingt aufgeschobenen
Gefängnisstrafe von 3 Monaten verurteilt.

    C.- Gegen das obergerichtliche Urteil haben der Ankläger und der
Verteidiger Nichtgkeitsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben.

    Der Generalprokurator des Kantons Bern beantragt die Aufhebung
des Urteils und die Rückweisung der Sache zur Verurteilung der beiden
Angeklagten wegen gewerbsmässigen Betrugs sowie zur neuen Festsetzung
der Strafe.

    Der Verteidiger der Angeklagten beantragt die Aufhebung des
obergerichtlichen Urteils und die Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz sur Neubeurteilung. Aus der Begründung ergibt sich, dass die
Voraussetzungen des Betrugstatbestandes bestritten werden, die Verurteilung
wegen Verletzung des Lebensmittelgesetzes dagegen unangefochten ist.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    I. Nichtigkeitsbeschwerde der Eheleute X.  3. - Mit den kantonalen
Gerichten und der Verteidigung ist festzustellen, dass es an sich
nahe liegen würde, die Abgabe von Wein und Fleisch anderer Herkunft
als der auf Wein- und Speisekarten angegebenen Art. 153 oder 154 StGB
zu unterstellen. Die kantonalen Gerichte verweisen jedoch zutreffend
auf die bundesgerichtliche Praxis, wonach diese Straftatbestände eine
Substanzveränderung der Ware oder mindestens ein Nachmachen der Ware
oder eine Verringerung des Warenwertes verlangen (BGE 97 IV 65, 94 IV
109 mit Verweisungen).

    a) Diese Praxis ist freilich nicht unbestritten.  SCHWANDER
(Schweiz. Strafgesetzbuch, 2.A. Nr. 572, S. 355) vertritt die Auffassung,
entscheidend sei die Verwechslungsgefahr; es komme darauf an, ob Schein
und Sein übereinstimmten; auch eine blosse Falschdeklaration, z.B.
über die Herkunft des Weines, sei als Warenfälschung zu bestrafen. Die
Praxis des Bundesgerichts führe zum unbefriedigenden Ergebnis, dass
wegen Warenfälschung milder bestraft werde, wer gepantschten Wein falsch
deklariere, während der Verkauf unverschnittenen, falsch deklarierten
Weines der schweren Betrugsstrafe unterliege.

    Ob diese Kritik berechtigt ist - der Kassationshof hat sich bereits
in BGE 84 IV 97 damit auseinandergesetzt - braucht im vorliegenden Fall
aus zwei Gründen nicht entschieden zu werden.

    Einmal haben die Beschwerdeführer die Ware selbst nicht falsch
deklariert, wie das etwa durch Aufkleben falscher Etiketten oder durch das
Umgiessen des Cressier in Epessesflaschen hätte geschehen können. Sie haben
Originalware in neutraler Präsentation abgegeben, aber durch die Speise-
und Weinkarte eventuell auch mündlich in Aussicht gestellt, andere Ware
zu liefern. Solche unwahren, mündlichen oder schriftlichen Zusicherungen,
ohne dass die Ware selbst manipuliert wurde, sind auch nach Auffassung
Schwanders keine Warenfälschung (SCHWANDER, aaO).

    Zum andern erschöpfte sich das Verhalten der Täter, wie es aus dem
Urteil der Vorinstanz hervorgeht, nicht in einer blossen Abgabe anderer
als der bestellten und erwarteten Ware.

    b) Art. 153 und 154 StGB setzen weder Bereicherungsabsicht noch eine
Schädigung voraus (BGE 97 IV 66 E. 7 mit Verweisungen). Handelt der Täter
aber in Bereicherungsabsicht und veranlasst er den Käufer durch arglistige
Irreführung zu einem vermögensschädigenden Verhalten, dann ist er nach
Art. 148 StGB wegen Betruges strafbar. Wer ohne diese Voraussetzungen
des Betrugstatbestandes dem Käufer lediglich andere Waren liefert, als
dieser bestellte oder aufgrund von Preislisten oder mündlichen Äusserungen
erwartete, bleibt straflos. Das mag als Mangel empfunden werden. Es wäre
jedoch Sache des Gesetzgebers, einen neuen Straftatbestand zu schaffen,
falls dies als notwendig erscheint.

    Hat der Täter die besonderen Voraussetzungen des Art. 148 StGB erfüllt,
so ist es nicht unbillig, ihn demgemäss zu bestrafen, auch wenn sich
seine Tat auf die Abgabe von Lebensmitteln bezieht. Sein Verhalten ist
nicht weniger strafwürdig als das vieler anderer kleinen Betrüger.

Erwägung 4

    4.- Die Verteidigung anerkennt, dass der Gast bei der Abgabe anderer
als der bestellten Ware getäuscht worden ist. Dagegen bestreitet sie die
Arglist, die Bereicherungsabsicht der Täter und die Vermögensschädigung
der Kunden.

    a) Mit Recht kritisiert die Beschwerde nicht die verbindlich
festgestellte Tatsache, dass X. Literkaraffen eigens dazu angeschafft
hat, um auch bei der Bestellung eines ganzen Liters Waadtländerwein nicht
eine etikettierte Literflasche aufstellen zu müssen. Dagegen wendet die
Beschwerde ein, die Abgabe in Karaffen sei landesüblich, die Anschaffung
also nicht eine "besondere Veranstaltung", die den Vorwurf der Arglist
rechtfertige.

    Der Einwand hilft den Beschwerdeführern nichts. Im Gegenteil. Gerade
der Umstand, dass in andern Lokalen häufig Literkaraffen verwendet werden,
ermöglichte es X., den Cressier unauffällig anstelle des bestellten
Waadtländers aufzutischen und zugleich eine Kontrolle durch den Gast
auszuschliessen. Im Lokal der Beschwerdeführer waren vorher keine
Literkaraffen gebraucht worden. Bei Bestellung eines ganzen Liters wurde
vielmehr die etikettierte Originalflasche aufgestellt. Die Beschwerdeführer
hätten also entweder in solchen Fällen den richtigen Wein servieren und
dadurch Gefahr laufen müssen, dass bei Nachbestellung eines kleineren
Quantums der Gast den Geschmacksunterschied gemerkt hätte oder sie hätten
den Cressier in leere Féchy- oder Epessesflaschen umfüllen müssen, was
nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz die Aufmerksamkeit
des Personals erregt und die Kontrollmöglichkeit des Gastes sowie die
Entdeckungsgefahr überhaupt gesteigert hätte. Die Vorinstanz durfte
ohne Rechtsverletzung annehmen, die Anschaffung von Literkaraffen zur
erfolgreichen Täuschung der Kunden und zur Erschwerung der Überprüfung
sei arglistig im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 148 StGB (BGE 76 IV 95;
Handkommentar GERMANN, 9. Auflage S. 258/59; SCHWANDER aaO, Nr. 566).

    Dazu kommt der weitere Umstand, auf den die Vorinstanz ebenfalls mit
Recht verwiesen hat. X. weihte nur den Buffetburschen und dessen Frau ein;
diese beiden und Y. füllten am Buffet den falschen Wein in die Karaffen;
vor dem Servierpersonal wurde das geheim gehalten; es konnte dem Gast in
guten Treuen bestätigen, den bestellten Wein aufgetischt zu haben. Der
Gast, der normalerweise nur mit dem Servierpersonal zu tun hat, konnte
ohne besondere unübliche Erkundigungen dem Schwindel nicht auf die Spur
kommen. Auch diese Massnahme zusammen mit der erstgenannten ist mit Recht
als Arglist beurteilt worden.

    Dass es sich dabei um sehr einfache Vorkehren handelte und man
unlautere Machenschaften ohnehin nicht an die grosse Glocke zu hängen
pflegt, entkräftet entgegen der Ansicht der Beschwerde den Vorwurf
nicht. Die Frage, ob eine arglistige Machenschaft auch in einem Unterlassen
bestehen kann oder ob ein positives Tun unbedingt erforderlich ist, mag
hier offen bleiben. Das Verhalten der Eheleute X. ging jedenfalls über
das hinaus, was man als Unterlassungsdelikt bezeichnen kann (99 IV 222,
Erw. 5 und 6).

    Wie die Vorinstanz ausführt, hat Y. die Machenschaften ihres Ehemannes
nicht nur geduldet, sondern stillschweigend unterstützt, indem sie gegen
besseres Wissen Cressier statt des bestellten Waadtländers ausschenkte. Sie
ist somit als Mittäterin anzusehen. Mittäterschaft ist nämlich gegeben,
wenn der zweite Täter sich massgeblich an der Entschliessung oder Planung
und an der Ausführung der Tat beteiligt (BGE 85 IV 23). Zudem ist nach
ständiger Rechtsprechung besonders auf das Mass des schuldbaren Wollens
abzustellen (BGE 91 IV 221, 85 IV 133/4, 81 IV 62). Nach dem angefochtenen
Urteil hat Y. nicht nur an der Ausführung der Tat massgeblich mitgewirkt,
sondern sie hat auch den deliktischen Erfolg gewollt. Wenn dem aber
so ist, muss die Arglist der Ehefrau bejaht werden. Y. hat zumindest
die Arglist ihres Ehemannes übernommen, falls sie nicht selbständig zu
seinen Machenschaften beigetragen hat. Im übrigen ist die Verteidigung
selber der Auffassung, dass für beide Eheleute dieselben Überlegungen
anzustellen seien.

    b) Auch für die Abgabe des Hirschfleisches hat die Vorinstanz
ohne Rechtsverletzung Arglist des Ehemannes X. angenommen. An sich
genügte hiefür schon ihre Feststellung, dass "X. alles tat, um die Gäste
überhaupt nicht auf den Gedanken kommen zu lassen, dass etwa ungewohnt
schmeckendes,Rehfleisch'vielleicht Hirschfleisch sein konnte" und dass
ein Laie ohnehin in einem bekannten Restaurant nicht auf die Idee kommt,
es werde ihm eine andere als die bestellte Fleischsorte vorgesetzt,
zumal wenn beide Gerichte ähnlich aussehen und schmecken. X. hat sich
nach diesen Ausführungen also darauf verlassen, dass die Gäste die
Herkunft des Fleischs nicht überprüfen würden. Darüber hinaus hat er,
obwohl er Hirschfleisch verarbeitete, überhaupt kein solches auf der
Speisekarte aufgeführt. Er tat das nach Feststellung der Vorinstanz,
damit die Gäste gar nicht auf den Gedanken gebracht würden, Hirschfleisch
zu erhalten. Auch sollte der Gefahr vorgebeugt werden, dass ein Gast
einmal Hirsch, einmal Reh bestellen und Verdacht schöpfen könnte, wenn
er keinen Unterschied feststellt. X. hat also einerseits den Umstand
ausgenützt, dass der Getäuschte eine Überprüfung unterlassen werde und
er hat zusätzliche Massnahmen getroffen, um die Gefahr einer Überprüfung
noch besser auszuschalten. Das aber ist Arglist im Sinne von Art. 148 StGB
(BGE 87 IV 12, 86 IV 205, 78 IV 26, 77 IV 84, 76 IV 95).

    c) Das Obergericht stellt fest, dass X. sowohl bei der Abgabe des
Neuenburgers statt Waadtländers, wie bei der Verwendung von Hirschfleisch
für Reh in der Absicht unrechtmässiger Bereicherung gehandelt hat. Ebenso
wird der subjektive Tatbestand des Betrugs generell für Y. bejaht, wobei
sich aus dem Urteil ergibt, dass die Vorinstanz sich im klaren war, dass
die Bereicherungsabsicht mit zu diesem Vorsatz gehört. Die Feststellung
bezieht sich auf einen inneren Tatbestand; sie ist daher der Überprüfung
des Kassationshofes entzogen (Art. 273 Abs. 1 lit. b und art. 277 bis
Abs. 1 BStP). Die Beschwerde hat denn auch mit Recht darauf verzichtet,
die Bereicherungsabsicht vor Bundesgericht zur Diskussion zu stellen.

    d) Dagegen bestreitet die Nichtigkeitsbeschwerde, dass die Kunden
geschädigt und die Eheleute X. bereichert worden sind. Auch hiebei
handelt es sich um eine Bemängelung verbindlicher Feststellungen der
Vorinstanz. Die Beschwerde ist insoweit unzulässig (Art. 273 Abs. 1 lit. b
BStP). Rechtsfrage und vom Kassationshof zu überprüfen ist dagegen, ob
die Vorinstanz von einem richtigen Begriff der Schädigung und Bereicherung
ausgegangen ist. Das ist zu bejahen.

    Der Cressier war im Ankauf billiger als der Féchy und insbesondere
als der Epesses. Im System der freien Marktwirtschaft mit freier
Preisgestaltung ist der Kunde nicht bereit, wissentlich für einen im
Einkauf billigeren Wein den gleichen oder höheren Preis zu bezahlen wie für
einen teureren. Dazu kommt, dass die Kundschaft der Beschwerdeführer den
Cressier nicht einmal zum Normalpreis konsumierten, weil sie Waadtländer
vorzogen. X. hätte den Wein entweder mit Verlust im eigenen Betrieb
verarbeiten oder bestenfalls zu einem wesentlich reduzierten Preis in
seinem Restaurant absetzen können. Durch sein Täuschungsmanöver brachte er
die Gäste dazu, den Wein überhaupt zu geniessen und zum vollen Preis des
teureren Waadtländers zu bezahlen. Vermögensvorteil für X. und Schädigung
der Kundschaft sind offensichtlich. Bei den Wildspezialitäten hatte X.
festgestellt, dass seinen Gästen die vielen Knochen des Rehfleisches
missfielen. Wollte er keinen Umsatzrückgang riskieren, so musste er
entweder das teurere, knochenfreie Fleisch verwenden oder die Preise
herabsetzen, bzw. die Portionen erhöhen. Durch die Verwendung des
ausgebeinten Hirschfleisches täuschte er vor, knochenfreies Rehfleisch ohne
Preiserhöhung und ohne Reduktion der Portionen zum Normalpreis abzugeben,
was sich auf seinen Umsatz günstig auswirkte. Sein finanzieller Vorteil ist
offensichtlich, auch wenn nicht unmittelbar ein Mehrerlös resultierte. Aber
auch die Schädigung der Kunden ist ausgewiesen und zwar selbst dann, wenn
man fälschlicherweise ausgebeintes Hirschfleisch und nicht ausgebeintes
Rehfleisch auf die gleiche Ebene stellt. Gleichwertigkeit der versprochenen
und erbrachten Lieferung schliesst dennoch eine Schädigung nicht aus,
wenn die gelieferte Sache nicht die zugesicherten Eigenschaften aufweist
(BGE 72 IV 126 E. 3; GERMANN, aaO S. 260).

Erwägung 5

    5.- Was von der Verteidigung sonst noch vorgebracht wird, vermag die
Verurteilung wegen Betruges auch nicht als rechtsverletzend darzutun.

    So ist es belanglos, wieviele Kunden einen Geschmacksunterschied
feststellten und wieviele dies beanstandeten. Ebensowenig hilft den
Beschwerdeführern der Umstand, dass es in der gleichen Lage Weine
verschiedener Qualität und vom gleichen Rebberg verschieden gute Jahrgänge
gibt.

    Zuzugeben ist, dass Gesetzgebung und Praxis gewisse Zusätze und
Änderungen bei Weinen, Lebensmitteln und anderen Waren gestatten und dass
auch bei Qualitäts- und Materialbezeichnungen teilweise gewisse Toleranzen
bestehen. Veränderungen, die von Gesetz und Verordnung zugelassen werden,
sind aber offenkundig; der Käufer weiss, dass er damit rechnen muss. Er
ist an sich nicht getäuscht und der Verkäufer handelt jedenfalls nicht
arglistig. Wer aber statt eines bestellten Rehpfeffers Hirschfleisch und
statt Féchy Cressier vorgesetzt bekommt, dazu noch zum teureren Preis
der bestellten Ware, der ist betrogen.

    II. Nichtigkeitsbeschwerde des Generalprokurators

Erwägung 6

    6.- Schon vor Obergericht hatte der Anklagevertreter die Verurteilung
der Eheleute X. wegen gewerbsmässigen Betrugs beantragt und eine Strafe
von 14 Monaten Zuchthaus bedingt für den Ehemann, von 12 Monaten Zuchthaus
bedingt für die Ehefrau gefordert.

    Das Obergericht hat die Gewerbsmässigkeit verneint. X. habe durch
seine Machenschaften die Gäste nur geringfügig oder zum Teil gar nicht
geschädigt; er sei im übrigen als reeller Wirt bekannt und geschätzt; seine
zwar verwerfliche Entgleisung sei nicht Ausdruck einer rücksichtslosen
Missachtung sozialer Normen, welche eine besondere Gefährlichkeit
verrate. Unter Hinweis auf BGE 94 IV 20 führt die Vorinstanz aus,
diese soziale Gefährlichkeit sei die eigentliche Voraussetzung für die
Annahme von Gewerbsmässigkeit im Sinne von Art. 148 StGB. Wo die soziale
Gefährlichkeit fehle, sei die Mindeststrafe von einem Jahr Zuchthaus
nicht zu rechtfertigen und deshalb die Gewerbsmässigkeit zu verneinen.

    Der Generalprokurator rügt mit Nichtigkeitsbeschwerde diese
Auslegung des Art. 148 StGB als rechtsverletzend. Die soziale
Gefährlichkeit sei nicht Voraussetzung der Gewerbsmässigkeit als
Qualifikationsmerkmal. Entscheidend sei vielmehr die Bereitschaft,
gegenüber unbestimmt vielen Personen zu handeln in der Absicht, zu einem
Erwerb zu gelangen.

Erwägung 7

    7.- Gewerbsmässig handelt, wer in der Absicht, zu einem
Erwerbseinkommen zu gelangen und mit der Bereitschaft, gegenüber
unbestimmt vielen zu handeln, die Tat begeht (BGE 94 IV 21, 88 IV 19,
86 IV 207 je mit Verweisungen; GERMANN, aaO S. 146-148). Nicht notwendig
ist, dass es sich dabei um den hauptsächlichen oder regelmässigen Erwerb
des Täters handelt. Auch eine gegenüber einem Einzelnen begangene Tat
kann gewerbsmässig sein, wenn die Umstände den Schluss zulassen, dass
der Täter bereit war, gegenüber unbestimmt vielen oder bei jeder sich
bietenden Gelegenheit zu handeln (BGE 86 IV 207 E. 1; nur scheinbar anders
BGE 94 IV 21).

    Weitere Kriterien werden weder vom Gesetz (der Begriff ist für das
ganze StGB derselbe; BGE 88 IV 20) noch von der Praxis (BGE 79 IV 11
ff.) gefordert. Das gilt auch für die von der Vorinstanz vertretene
Auffassung, Gewerbsmässigkeit setze eine besondere soziale Gefährlichkeit
des Täters voraus, die ausser den bereits erwähnten Kriterien nachgewiesen
sein müsse. Es ist zwar richtig, dass in dem von der Vorinstanz zitierten
BGE 94 IV 20 E. 2 der Satz steht, "gewerbsmässiges Handeln wird schärfer
bestraft, weil die Bereitschaft gegen unbestimmt viele zu handeln sozial
besonders gefährlich ist". Schon aus dem Wortlaut ergibt sich, dass
damit kein zusätzliches Begriffsmerkmal eingeführt werden sollte. Auch
die anschliessende Folgerung, massgebend sei somit, ob diese Bereitschaft
beim Täter selber bestehe, zeigt, dass nur die Bedeutung der Bereitschaft
hervorgehoben werden sollte, gegenüber unbestimmt vielen zu handeln. In
diesem Umstand liegt die soziale Gefährlichkeit. Das Urteil hebt hervor,
dass die Gewerbsmässigkeit daher nicht bejaht werden dürfe, wenn die
eingeklagte Handlung zwar im Gewerbebetrieb vorgenommen wird, wenn
aber nicht der Täter, sondern nur sein Abnehmer bereit war, gefälschte
Ware an beliebig viele Personen weiter zu veräussern. Eindeutig wird
die Bedeutung des zitierten Satzes auch durch den darin enthaltenen
Hinweis auf BGE 86 IV 11 und 88 IV 19. In diesen beiden Urteilen hat
der Kassationshof wiederum die herkömmliche Umschreibung verwendet und
die soziale Gefährlichkeit des Täters hervorgehoben, der bereit ist,
gegenüber beliebigen Personen zu handeln. In beiden Urteilen wird die
Auffassung abgelehnt, Gewerbsmässigkeit setze eine soziale Entfremdung,
eine niedrige Gesinnung des Täters etc. voraus. Wegen gewerbsmässigen
Betrugs kann auch bestraft werden, wer nicht aus niedriger Gesinnung,
sondern aus einer Notlage delinquiert.

    Die Auffassung der Vorinstanz, das hohe Strafminimum von Art. 148
Abs. 2 StGB beweise, dass Gewerbsmässigkeit nur bei besonderer sozialer
Gefährlichkeit des Täters angenommen werden dürfe, ist vom Bundesgericht
bereits früher zurückgewiesen worden unter Berufung auf die Tatsache,
dass das StGB den gleichen Begriff der Gewerbsmässigkeit auch bei andern
Tatbeständen verwendet, wo erheblich mildere Strafen angedroht sind (BGE
79 IV 11; dazu auch GERMANN, aaO S. 147 unten). Es besteht kein Anlass,
von dieser Praxis abzuweichen.

Erwägung 8

    8.- Ob der Täter bereit war, gegen unbestimmt viele zu handeln,
ist Tatfrage (BGE 86 IV 207 E. 1). Das angefochtene Urteil hat sie für
den Kassationshof verbindlich bejaht. Es hat daraus auch die richtige
Schlussfolgerung gezogen, dass damit "an sich die Voraussetzungen für
die Annahme der Gewerbsmässigkeit vorliegen würden". Dass sich X. aus den
ertrogenen Einnahmen ein Erwerbseinkommen verschaffen wollte, wird von der
Vorinstanz zwar nicht ausdrücklich gesagt, ergibt sich aber einerseits
aus der Schilderung seines Vorgehens, anderseits aus der eben zitierten
Schlussfolgerung, nachdem die Notwendigkeit dieser Voraussetzungen von
der Vorinstanz nicht verkannt worden ist.

    Wenn das Obergericht schliesslich die Gewerbsmässigkeit dennoch
verneint hat, so lediglich deshalb, weil es fälschlich als weitere
Voraussetzung die soziale Gefährlichkeit des Täters im allgemeinen, eine
rücksichtslose Missachtung sozialer Normen für erforderlich hielt. Damit
hat die Vorinstanz Art. 148 Abs. 2 StGB verletzt. Die Beschwerde des
Generalprokurators ist begründet.

Entscheid:

               Demnach erkennt der Kassationshof:

Erwägung 1

    1.- Die Nichtigkeitsbeschwerde der Eheleute X. wird abgewiesen.

Erwägung 2

    2.- Die Nichtigkeitsbeschwerde des Generalprokurators wird
gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an die
Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie die Eheleute X. des gewerbsmässigen
Betruges schuldig spreche und die Strafe entsprechend neu festsetze.