Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 IV 246



99 IV 246

58. Urteil des Kassationshofes vom 21. Dezember 1973 i.S. Statthalteramt
Uster gegen X. Regeste

    Art. 85 ZSG; Art. 66 ZSV.

    Diese Bestimmungen bilden keine Grundlage dafür, einen bereits im
Zivilschutz Eingeteilten, der infolge Krankheit einem Kursaufgebot keine
Folge leistet, zur Rechenschaft zu ziehen.

Sachverhalt

    A.- X. wurde am 15. Dezember 1972 von der Zivilschutzstelle
der Gemeinde Dübendorf zu einem am 10./11. Januar 1973 in Kloten
stattfindenden Gebäudechef-Grundkurs aufgeboten. Am fraglichen Tage rückte
er zu diesem Kurse nicht ein. Statt dessen meldete er sich telefonisch
krank mit der Begründung, er könne wegen plötzlich aufgetretener starker
Schmerzen, die von einem Bandscheibenschaden herrührten, das Haus nicht
verlassen. Ein ärztliches Zeugnis reichte er trotz Aufforderung durch
die Zivilschutzorgane nicht ein.

    B.- Mit Strafverfügung vom 21. Februar 1973 belegte das Statthalteramt
des Bezirkes Uster X. in Anwendung von Art. 84 Ziff. 1 lit. a des
Bundesgesetzes über den Zivilschutz vom 23. März 1962 (ZSG) mit einer
Busse von Fr. 60.-. Der Gebüsste verlangte gerichtliche Beurteilung,
worauf der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Uster am 25. April
1973 die Strafverfügung aufhob und X. von Schuld und Strafe freisprach.

    Eine vom Statthalteramt Uster gegen dieses Urteil gerichtete
Nichtigkeitsbeschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich am
16. Oktober 1973 ab.

    C.- Das Statthalteramt des Bezirkes Uster führt eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt Bestrafung von X. wegen Übertretung
von Art. 85 ZSG.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

    Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Uster ist in seinem
Entscheid zum Schluss gekommen, X. habe am 10. Januar 1973 tatsächlich
wegen starker Schmerzen, also aus gesundheitlichen Gründen, nicht
zum fraglichen Kurs einrücken können. Die dagegen vom Statthalteramt
erhobenen Einwände hat das Obergericht als unbegründet zurückgewiesen. Die
vorliegende Beschwerde bestreitet nicht mehr, dass X. einen triftigen Grund
hatte, dem Kursaufgebot nicht Folge zu leisten. Sie behauptet jedoch, der
Angeklagte wäre zur Einreichung eines ärztlichen Zeugnisses verpflichtet
gewesen; da er dies trotz Aufforderung durch die Zivilschutzorgane
unterlassen habe, werde sein Verhalten von Art. 85 ZSG erfasst.

    Nachdem das Statthalteramt dem Angeklagten im kantonalen Verfahren
durchwegs eine Widerhandlung gegen Art. 84 ZSG zur Last gelegt hat, will es
nun Art. 85 ZSG angewendet wissen. Nach dieser Bestimmung wird mit Busse
bis Fr. 200.-- - in schweren Fällen oder bei Rückfall überdies mit Haft -
bestraft, wer vorsätzlich den in Ausführung des genannten Gesetzes vom
Bundesrat erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt.

    Das Statthalteramt vertritt die Auffassung, die Pflicht zur Vorlage
eines ärztlichen Zeugnisses für den Fall, dass ein zu einem Zivilschutzkurs
Aufgebotener wegen seines besonderen Gesundheitszustandes (Reiseunfähigkeit
etc.) nicht einrücken könne, sei in den Richtlinien des eidgenössischen
Justiz- und Polizeidepartements vom 1. Juli 1964, die aufgrund von
Art. 66 der Verordnung über den Zivilschutz vom 24. März 1964 erlassen
wurden, festgelegt. Ob das genannte Departement, dem die Ausarbeitung
von Richtlinien bezüglich körperlicher und geistiger Tauglichkeit für
Zivilschutzdienste übertragen worden ist, überhaupt ermächtigt war,
vom Dienstpflichtigen in gewissen Fällen die Emreichung eines ärztlichen
Zeugnisses zu verlangen und ob es gegebenenfalls auch Strafbestimmungen
erlassen durfte, kann offen bleiben.

    Die genannten Richtlinien bilden ohnehin keine Grundlage für die
hier zu beurteilende Frage der Pflicht zur Einreichung eines ärztlichen
Zeugnisses. Art. 66 der Verordnung über den Zivilschutz steht unter
dem Marginale "Einteilungs-, Entlassungs- und Ausschlussverfahren". Sein
Gegenstand deckt sich nicht mit der zur Entscheidung gestellten Frage,
was der bereits im Zivilschutz Eingeteilte, der wegen Krankheit nicht zu
einem Kurs einrücken kann, vorzukehren hat.

Entscheid:

Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.