Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 IV 243



99 IV 243

57. Urteil des Kassationshofes vom 26. September 1973 i.S. B. gegen
Polizeiinspektorat Basel-Stadt Regeste

    Tramfahren ohne gültigen Fahrausweis (Art. 37 Abs. 1 des Reglements
über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen).

    Die Verpflichtung der Trambenützer zum Bezug des Fahrausweises durch
Billetautomaten, die nur gegen bestimmte Münzen Fahrausweise abgeben,
widerspricht nicht den Vorschriften des Bundesgesetzes über das Münzwesen.

Sachverhalt

    A.- Am 27. Januar 1973 benützte B. einen Tramwagen der Basler
Verkehrsbetriebe (BVB), ohne im Besitze eines gültigen Fahrausweises
zu sein. Dem kontrollierenden Beamten verweigerte er die Bezahlung der
Fahrtaxe von Fr. 0.70 und des Zuschlages von Fr. 5.- mit der Begründung,
er habe ausser Notengeld nur ein Zweifrankenstück bei sich und sei deshalb
ausserstande gewesen, am Billetautomaten einen Fahrausweis zu beziehen. Er
wurde deshalb durch die BVB verzeigt.

    B.- Nachdem B. gegen den Strafbefehl Einsprache erhoben hatte, wurde
er vom Polizeigerichtspräsidenten am 15. Mai 1973 des Tramfahrens ohne
gültiges Billet (Art. 37 Abs. 1 Transportreglement) schuldig erklärt und
in Anwendung der Art. 6 und 8 des Bahnpolizeigesetzes zu einer Busse von
Fr. 20.- verurteilt.

    Die von B. gegen dieses Urteil eingereichte Beschwerde wurde vom
Ausschuss des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt am 31. Juli
1973 abgewiesen.

    C.- B. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung
des Urteils des Appellationsgerichts und Rückweisung der Sache zur
Freisprechung. Er bringt hauptsächlich vor, dass die Vorschrift,
Billetautomaten benützen zu müssen, insoweit gesetzwidrig sei, als von
diesen Automaten nicht alle gesetzlichen Münzen angenommen werden.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Es ist unbestritten, dass das Reglement über den Transport
auf Eisenbahnen und Schiffen (Transportreglement, SR 742.401), das
der Bundesrat gestützt auf Art. 2 des Bundesgesetzes vom 11. März
1948 über den Transport auf Eisenbahnen und Schiffen (SR 742.40)
am 2. Oktober 1967 erlassen hat, auch auf den Verkehr der vom Bund
konzessionierten Strassenbahnen des Kantons Basel-Stadt Anwendung
findet. Mit Recht bestreitet der Beschwerdeführer auch nicht mehr,
dass die Basler Verkehrsbetriebe (BVB) grundsätzlich berechtigt sind,
die Fahrausweise durch Billetautomaten abzugeben. Art. 40 Abs. 5 des
Transportreglements sieht diese Möglichkeit ausdrücklich vor. Dass
die dazu erforderliche Bewilligung des Eidgenössischen Verkehrs-
und Energiewirtschaftsdepartements am 6. November 1969 erteilt wurde,
ergibt sich aus der unangefochtenen Feststellung der Vorinstanz. Ebenso
ist nach deren weiteren Feststellung die Einführung von Billetautomaten
vorschriftsgemäss in geeigneter Weise bekanntgegeben worden. Auch in
diesem Punkt werden in der Beschwerde keine Einwendungen mehr erhoben.

Erwägung 2

    2.- Dagegen macht der Beschwerdeführer geltend, dass es ihm nicht
möglich gewesen sei, mit dem Zweifrankenstück, das er als einzige Münze
auf sich getragen habe, am Billetautomat einen Fahrausweis zu beziehen,
weil die Billetautomaten nur gegen bestimmte Münzen Fahrausweise abgeben
und ein Geldwechselautomat an den Tramhaltestellen nicht zur Verfügung
gestanden sei. Diese Art Billetausgabe widerspreche aber den Vorschriften
des Bundesgesetzes über das Münzwesen, das die Transportunternehmen
wie jedermann verpflichte, bis zu hundert Scheidemünzen, also auch
Zweifrankenstücke, an Zahlung zu nehmen. Insoweit sei die Abgabe von
Fahrausweisen durch Billetautomaten der BVB gesetzwidrig und daher gemäss
Art. 14 des Transportreglements nichtig.

    Diese Betrachtungsweise geht fehl. Der in Art. 6 des Bundesgesetzes
vom 18. Dezember 1970 über das Münzwesen (AS 1971, 361) aufgestellte
Grundsatz, dass ausser den Kassen des Bundes niemand gehalten ist,
für eine Zahlung mehr als hundert Münzen anzunehmen, besagt nur, dass
Münzen grundsätzlich nicht in unbeschränktem Umfang angenommen werden
müssen. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass ein Gläubiger, dem
eine grössere Geldsumme als die geschuldete angeboten wird, verpflichtet
sei, Geld zu wechseln (vgl. VON TUHR-SIEGWART, Bd. 1 S. 56 Anm. 7). Eine
gesetzliche Pflicht zum Geldwechsel sieht die Münzordnung nur für gewisse
öffentliche Kassen des Bundes vor, nämlich für die Kassen der PTT-Betriebe,
der Schweizerischen Bundesbahnen und der Schweizerischen Nationalbank
(Art. 6 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung vom 1. April 1971). Da die
Billetautomaten der BVB keine Kassen im Sinne der Münzgesetzgebung sind,
beruft sich der Beschwerdeführer zu Unrecht auf diese Bestimmungen. Dass
auf Grund anderer Normen die BVB zum Geldwechsel verpflichtet seien,
wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

    Die BVB waren demnach zur Beförderung nur verpflichtet, wenn sich der
Beschwerdeführer den geltenden Beförderungsbedingungen und allgemeinen
Anordnungen unterzog (Art. 7 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über den
Transport auf Eisenbahnen und Schiffen und Art. 6 Abs. 1 lit. a des
Transportreglements). Diese Voraussetzung war nicht erfüllt. Statt sich
mit dem Kleingeld zu versehen, das zur vorgeschriebenen Benützung des
Billetautomaten erforderlich war, trat der Beschwerdeführer die Fahrt
entgegen Art. 37 Abs. 1 des Transportreglements ohne gültigen Fahrausweis
an. Gestützt auf diese Widerhandlung konnte der Beschwerdeführer
strafrechtlich verfolgt werden und waren die BVB gemäss Art. 43 Abs. 1 des
Transportreglements befugt, nebst dem Fahrpreis auch den in den Tarifen
vorgesehenen Zuschlag zu erheben.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer beanstandet, dass der durch die BVB verlangte
Taxzuschlag von Fr. 5.-, der inzwischen auf Fr. 10.- erhöht wurde, in
keinem angemessenen Verhältnis zum Fahrpreis stehe und als übersetzt
bezeichnet werden müsse. Eventuell sei dieser Zuschlag als Busse zu
betrachten und als solche verfalle sie dem Staat, nicht den BVB.

    Auf diese Rügen kann nicht eingetreten werden. Der auf dem Fahrpreis
erhobene Zuschlag ist nicht Strafe und war auch nicht Gegenstand des
vorliegenden Strafverfahrens.

Entscheid:

Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.