Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 II 67



99 II 67

12. Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. März 1973 i.S. X. AG gegen
Lloyd's Underwriters. Regeste

    Versicherungsvertrag.

    1. Unmassgeblichkeit der Antworten des Versicherungsnehmers auf die
Fragen in einem fremdsprachigen, der Aufsichtsinstanz nicht zur Genehmigung
unterbreiteten Antragsformular? (Erw. 2).

    2. Vertragsbestimmung, wonach der Versicherer für Schaden nicht haftet,
der daraus entsteht, dass die vom Versicherungsnehmer im Antragsformular
beschriebenen Sicherheitsvorkehren ohne Zustimmung des Versicherers
aufgehoben oder abgeändert werden (Wegbedingung der Haftung des
Versicherers für den Fall der Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit
im Sinne von Art. 29 VVG). Betrifft die Angabe des versicherten Juweliers
über die Mindestzahl der während der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen
anwesenden Betriebsangehörigen eine Sicherheitsvorkehr im Sinne dieser
Vertragsbestimmung? Auslegung dieser Klausel (Erw. 3).

    3. Bedeutet die Unterschreitung der vom Versicherungsnehmer
angegebenen Mindestzahl der anwesenden Betriebsangehörigen eine wesentliche
Gefahrserhöhung? (Art. 28 VVG; Erw. 4). Pflicht derkantonalen Gerichte,
das Bundesrecht von Amtes wegen anzuwenden (Erw. 4 Abs. 1). Folgen
einer vom Versicherungsnehmer herbeigeführten Gefahrserhöhung (Erw. 4
lit. a, b): Die Anwendung von Art. 28 Abs. 1 VVG setzt u.a. eine
Anderung mit Bezug auf eine erhebliche Gefahrstatsache voraus. Begriff
der Gefahrstatsache; Vermutung der Erheblichkeit (Art. 4 VVG). Die
Antwort des Versicherungsnehmers auf die Frage nach der Mindestzahl der
Anwesenden betrifft eine als erheblich zu vermutende Gefahrstatsache
(Erw. 4 c). Besteht zwischen dieser Antwort und weitern Antworten des
Versicherungsnehmers ein Widerspruch, um dessen Behebung der Versicherer
sich hätte bemühen sollen? (Erw. 4 d). Nachweis, dass die Angabe des
Versicherungsnehmers über die Mindestzahl der Anwesenden den Entschluss des
Versicherers, den Vertrag zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen,
nicht beeinflusst hat; Verwerfung der Einrede der Gefahrserhöhung auf
Grund dieses Nachweises (Erw. 4 e, f).

    4. Kürzung der Versicherungsleistung wegen Mitverschuldens des
Versicherungsnehmers bei Beantwortung der Frage nach der Mindestzahl der
Anwesenden? (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Die X. AG betreibt als Grossistin für Edelsteine ein Etagengeschäft
in Zürich. Sie pflegte ihre Handelsware bei den Lloyd's Underwriters,
London, gegen Gefahren von grundsätzlich jeder Art zu versichern.
Dabei wurde jedes Jahr auf Grund eines neuen Antrags eine neue
Pauschal-Versicherungspolice für Juweliere (Jewellers'Block Policy)
ausgestellt. Am 20. September 1968 unterzeichnete sie einen englisch
verfassten Antrag für eine Versicherung zu US $250'000.--, der u.a. die
folgenden Fragen und Antworten enthält:

    "Questions                                            Answers
   ...                                                   ...

    3. Employees

    (a) How many employees have you?                    (a) 4

    (b) What is the minimum number of employees
         including principals in the sales section of your premises
         at any time during business hours, including lunchtime?
         (b) 5".

    In Beantwortung der Frage 4 über die Warenlagerwerte (stock values)
bezifferte die Antragstellerin den durchschnittlichen Gesamtwert (average
total value) der eigenen Ware und der ihr anvertrauten Ware auf US
$90'000.-- bzw. 60'000.-- und den Höchstwert (maximum value) der beiden
Kategorien in den letzten zwölf Monaten auf US $300'000.--. Unter den
Ziffern 11-19 gab sie Auskunft über die bestehenden Sicherheitsvorkehren
(protections). Gestützt auf diesen Antrag und die Zahlung der Prämie von
US $ 5'000.-- stellten ihr Lloyd's unter Verwendung eines französisch
abgefassten, mit Angaben in englischer Sprache ausgefüllten und
ergänzten Formulars eine für die Zeit vom 31. Dezember 1968 bis und mit
30. Dezember 1969 gültige Police aus. Da der Londoner Versicherungsmakler
der Versicherungsnehmerin die Papiere für eine neue Jahresversicherung
erst im Januar 1970 zustellte, wurde die Deckung gemäss Police für das
Jahr 1969 um 30 Tage (d.h. bis und mit 29. Januar 1970) erstreckt.

    B.- Am 27. Januar 1970 überfielen zwei Männer, die Schusswaffen
trugen, das Geschäft der Versicherungsnehmerin, in welchem sich
nur Fräulein X. (die Tochter des massgebenden Aktionärs X.) und eine
Sekretärin befanden, und raubten eigene Ware der Versicherungsnehmerin im
Werte von US $263'844.01 und Konsignationswaren Dritter im Werte von US
$237'256.25. Eigene Ware und Konsignationsware für mindestens US $30'000.--
bzw. 100'000.-- konnten wieder beigebracht werden.

    Die Versicherungsnehmerin erhob Anspruch auf die Versicherungssumme
von US $250'000.--. Die Versicherer erklärten durch Schreiben ihrer
Beauftragten vom 10. März und 3. Juni 1970 den Rücktritt vom Vertrage
und verweigerten jede Leistung, weil die Versicherungsnehmerin nach den
Ermittlungen des von ihnen beigezogenen Schadensexperten bei Beantwortung
von Frage 4 den Durchschnitts- und den Höchstwert der bei ihr liegenden
Ware viel zu niedrig beziffert und ihnen damit eine erhebliche
Gefahrstatsache unrichtig mitgeteilt habe (Art. 6 VVG). Eventuell
machten sie Unterversicherung geltend (Art. 69 Abs. 2 VVG). Die
Versicherungsnehmerin bestritt die Richtigkeit des Expertenbefundes und
die ihr gestützt darauf vorgeworfene Anzeigepflichtverletzung und machte
geltend, eine Kürzung der Versicherungsleistungen wegen Unterversicherung
sei schon deshalb unzulässig, weil die Versicherung eines Teilschadens
vereinbart worden sei.

    C.- Im September 1970 klagte die Versicherungsnehmerin gegen die
Versicherer beim Handelsgericht des Kantons Zürich auf Zahlung der vollen
Versicherungssumme.

    Die Beklagten hielten an den schon vor dem Prozess erhobenen
Einreden fest und machten in der Klageantwort vom 27. November 1970
ausserdem geltend, laut Police sei vereinbart, dass die im Fragebogen
beschriebenen Sicherheitsmassnahmen und -einrichtungen ohne Zustimmung
der Versicherer weder aufgehoben noch abgeändert werden dürfen und
dass die Versicherer im Falle der Verletzung dieser Vereinbarung
für den daraus entstandenen Schaden nicht haften ("Il est entendu et
convenu que les mesures et installations de sécurité décrites dans le
questionnaire ne seront ni supprimées, ni modifiées sans le consentement
des assureurs. Si l'assuré contrevenait à cette convention les assureurs ne
répondraient pas des dommages survenant de ce fait"); mit ihrer Antwort
auf die Frage 3 b habe die Klägerin die Obliegenheit übernommen, die
Geschäftsräume während der Geschäftszeiten mit mindestens fünf Personen
besetzt zu halten; dabei handle es sich um eine vertraglich festgelegte
Vorsichtsmassnahme und Sicherheitsvorkehrung; die Klägerin habe die in
Frage stehende Obliegenheit aufs schwerste verletzt, da sich zur Zeit
des Schadensfalles nur zwei Damen im Geschäft aufgehalten hätten; das
berechtige die Beklagten nach der erwähnten Vertragsklausel und nach
Art. 29 Abs. 1 VVG zur Leistungsverweigerung; für den Fall, dass der
Richter dieser Auffassung nicht folgen sollte, müsste die Anwesenheit von
nur zwei Damen in den Geschäftsräumen der Klägerin angesichts der grossen
dort liegenden Werte als grobe Fahrlässigkeit gewürdigt werden, welche
die Beklagten nach Art. 14 Abs. 2 VVG zu einer Kürzung ihrer Leistung um
mindestens 40% berechtige. Die Klägerin bezeichnete die Einreden der
Beklagten als unbegründet und verwies gegenüber dem für die streitige
Versicherung verwendeten, dem Eidgenössischen Versicherungsamt nicht
vorgelegten englischen Fragebogen auf die von diesem Amt genehmigten,
für Abschlüsse in der Schweiz bestimmten Fragebogen in deutscher und
französischer Sprache, in denen nach dem Höchstwert des Lagers und nach
der Zahl der Angestellten nicht gefragt wird.

    Das Handelsgericht erachtete die im englischen Fragebogen enthaltenen
Antworten als für die Klägerin verbindlich und nahm an, die Klägerin habe
damit, dass sie nicht für die regelmässige Anwesenheit von fünf Personen
in den Geschäftsräumen gesorgt habe, wenn nicht eine Obliegenheit verletzt,
so doch auf alle Fälle gegenüber dem deklarierten Zustand eine wesentliche
Gefahrserhöhung herbeigeführt (Art. 28 VVG), die auf den Eintritt des
befürchteten Ereignisses einen Einfluss ausgeübt habe (Art. 32 Ziff. 1
VVG); diese Gefahrserhöhung berechtige die Beklagten nach Art. 28 Abs. 1
VVG und nach der Vertragsklausel über die Sicherheitsmassnahmen zur
Leistungsverweigerung. Deshalb wies es die Klage am 8. Mai 1972 ab,
ohne die übrigen Einreden der Beklagten zu prüfen.

    D.- Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung an das
Bundesgericht erklärt mit dem Antrag, es sei aufzuheben und die Sache sei
zur quantitativen Bestimmung der Ansprüche der Klägerin an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

    Die Beklagten beantragen die Abweisung der Berufung, eventuell
die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Beurteilung ihrer
Begehren auf "a) Abweisung der Klage infolge Anzeigeverletzung, b)
eventuell Reduktion des eingeklagten Betrages wegen Unterversicherung,
c) subeventuell zusätzliche Reduktion wegen Mitverschuldens der Klägerin
bei der Beantwortung von Frage 3 im Fragebogen."

    Das Bundesgericht hebt das Urteil des Handelsgerichts auf und weist die
Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück.

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Berufungsschrift enthält keinen materiellen Antrag, wie er
nach Art. 55 Abs. 1 lit. b OG grundsätzlich erforderlich ist, sondern
die Klägerin verlangt nur die Aufhebung des angefochtenen Urteils und
die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Ein solcher Antrag genügt
nach der Rechtsprechung, wenn das Bundesgericht bei Gutheissung der vom
Berufungskläger verfochtenen Rechtsauffassung kein Sachurteil fällen kann,
sondern den Fall zur weitern Abklärung des Tatbestands an die Vorinstanz
zurückweisen muss (BGE 95 II 436 Erw. 1 mit Hinweisen). Diese Voraussetzung
ist im vorliegenden Falle erfüllt. Das Fehlen eines materiellen Antrags
schadet daher der Klägerin nicht.

Erwägung 2

    2.- Keine gesetzliche Vorschrift verlangt, dass in der Schweiz
verwendete Formulare für Versicherungsanträge in einer der schweizerischen
Landessprachen abgefasst sein müssen. Der Versicherer darf deshalb
dem Antragsteller mit dessen Einverständnis ein Formular in einer
andern Sprache vorlegen. Dieses Einverständnis war im vorliegenden
Falle unzweifelhaft vorhanden; denn die Klägerin hat nicht erst 1968,
sondern schon 1967 ein englisch abgefasstes Formular widerspruchslos
entgegengenommen und in der gleichen Sprache ausgefüllt; in den Jahren
1965 und 1966 hatte sie sogar einen Fragebogen mit französischem Vordruck
englisch beantwortet.

    Die Tatsache, dass die Beklagten das englische Antragsformular
dem Eidgenössischen Versicherungsamt entgegen den damals geltenden
Vorschriften nicht zur Genehmigung vorgelegt hatten, konnte nur Folgen
öffentlich-rechtlicher Art auslösen. Auf die Gültigkeit des Vertrags,
der unter Verwendung dieses Formulars abgeschlossen wurde, hat das
Fehlen der Genehmigung des Formulartextes durch die Aufsichtsinstanz
keinen Einfluss (KOENIG, Schweiz. Privatversicherungsrecht, 3. Aufl.,
S. 26/27; ROELLI/KELLER, Kommentar zum VVG, I S. 28 Anm. 8).

    Die Verbindlichkeit des Versicherungsvertrags, welche die Klägerin mit
ihren Einwendungen gegen die Massgeblichkeit des als Vertragsgrundlage
verwendeten Formulars in Frage stellt, ist im übrigen Voraussetzung der
Klage auf Zahlung der Versicherungssumme.

Erwägung 3

    3.- Die Beklagten begründeten die Verweigerung jeder Leistung im
kantonalen Verfahren ausschliesslich damit, dass die Klägerin mit der
angeblich zu niedrigen Bewertung ihres Warenlagers im Versicherungsantrag
ihre Anzeigepflicht verletzt und mit der Unterschreitung der von ihr
angegebenen Zahl der in den Geschäftsräumen anwesenden Personen eine
vertragliche Obliegenheit verletzt habe. Sie erklärten in der Duplik
ausdrücklich, Art. 28 VVG über die Gefahrserhöhung stehe im vorliegenden
Prozess nicht zur Diskussion; die Leistungsverweigerung werde nicht
mit Gefahrserhöhung begründet. Vor Bundesgericht halten sie an der -
vom Handelsgericht nicht abschliessend geprüften - Auffassung fest,
dass die Antwort der Klägerin auf die Frage 3 b in Verbindung mit
der wiedergegebenen Policenklausel über die Sicherungsvorkehren die
Obliegenheit der Klägerin begründet habe, während der Geschäftszeit
mindestens fünf Personen in den Geschäftsräumen zu belassen, und dass
die Klägerin mit der ohne Zustimmung der Beklagten erfolgten Senkung der
Personenzahl auf zwei diese Obliegenheit verletzt habe, was die Beklagten
nach der erwähnten Klausel zur Leistungsverweigerung berechtige.

    Art. 29 Abs. 1 VVG erlaubt Vertragsabreden, wonach der
Versicherungsnehmer bestimmte Obliegenheiten (d.h. Nebenpflichten)
übernimmt, um die Gefahr zu vermindern oder eine Gefahrserhöhung zu
verhüten, und Art. 29 Abs. 2 VVG lässt grundsätzlich die Vertragsbestimmung
zu, dass der Versicherer, wenn eine solche Obliegenheit verletzt wird,
an den Vertrag nicht gebunden ist. Auf eine derartige Vertragsbestimmung
kann sich jedoch der Versicherer nach der zuletzt genannten Vorschrift
nicht berufen., wenn die Verletzung der Obliegenheit keinen Einfluss
auf den Eintritt des befürchteten Ereignisses und auf den Umfang der ihm
obliegenden Leistung gehabt hat. Ferner bleibt dem Versicherungsnehmer die
Exkulpation nach Art. 45 Abs. 1 VVG vorbehalten (vgl. zu alledem KOENIG,
S. 127 ff., 197-199; ROELLI/KELLER, S. 426 ff. zu Art. 29 VVG).

    Die Klausel des vorliegenden Versicherungsvertrags, aus welcher
die Beklagten das Recht zur Leistungsverweigerung wegen Verletzung
einer Obliegenheit ableiten, sieht vor, dass die Versicherer für den
Schaden nicht haften, der daraus entsteht, dass die im Fragebogen
beschriebenen Sicherheitsmassnahmen und -einrichtungen (les mesures et
installations de sécurité décrites dans le questionnaire) ohne ihre
Zustimmung aufgehoben oder abgeändert werden. Diese Klausel ist nach
dem Gesagten grundsätzlich zulässig. Die Tatsache, dass die Klägerin
die im Fragebogen unter Ziffer 3 b angegebene Mindestzahl von während
der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen anwesenden Betriebsangehörigen
(employees including principals) nicht aufrechterhielt, fällt unter
diese Klausel und rechtfertigt unter Vorbehalt der Exkulpation nach
Art. 45 Abs. 1 VVG die Leistungsverweigerung der Beklagten, wenn die
Angabe der Klägerin über die Mindestzahl der Anwesenden als Beschreibung
einer Sicherheitsmassnahme oder -einrichtung aufzufassen ist und die
Unterschreitung der angegebenen Zahl für den eingetretenen Schaden kausal
war. Fehlt es dagegen an einer dieser Voraussetzungen (oder an beiden),
so scheitert die Einrede der Obliegenheitsverletzung.

    Die Zahl der Betriebsangehörigen eines Juwelengeschäfts, die während
der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen anwesend sind, kann für den
Versicherer, der den Warenvorrat u.a. gegen alle Arten des Diebstahls
durch Dritte versichert, bei der Beurteilung der Gefahr eine gewisse
Rolle spielen (vgl. Erw. 4 c hienach). Das erlaubt aber nicht den
Schluss, dass der Versicherungsnehmer mit der Angabe dieser Zahl im
Fragebogen des Versicherers eine Sicherheitsmassnahme oder -einrichtung
beschreibe. Die blosse Tatsache, dass sich in einem Juwelengeschäft
während der Geschäftszeit eine bestimmte Anzahl von Betriebsangehörigen
aufhalten, um dort ihre geschäftliche Tätigkeit auszuüben, stellt keine
Sicherheitsvorkehr im üblichen Sinne dieses Wortes dar, und es besteht
kein Grund, diesem Ausdruck im Rahmen der von den Beklagten angerufenen
Policenklausel einen weitern als den üblichen Sinn beizulegen. Dass die
Frage 3 b eine Sicherheitsvorkehr im Sinne dieser Klausel betreffe, kann
um so weniger angenommen werden, als der Fragebogen der Beklagten den
Sicherheitsvorkehren unter der Überschrift "Protections" einen besondern
Abschnitt (Fragen 11-19) widmet, wo die Beklagten sich mit Ausnahme
der Frage, ob das Geschäftshaus zur Nachtzeit vom Antragsteller oder
von einem Angestellten oder Hauswart bewohnt sei, ausschliesslich nach
gewissen baulichen Verhältnissen und nach technischen Schutzeinrichtungen
und -massnahmen erkundigen. Für die Klägerin war es deshalb gegeben, die
Vertragsklausel über die im Fragebogen beschriebenen Sicherheitsvorkehren
auf die Massnahmen und Einrichtungen zu beziehen, die sie bei Beantwortung
der Fragen 11-19 erwähnt hatte. Auf jeden Fall aber lässt der von
den Beklagten verfasste Text der Police nicht klar erkennen, dass die
Beklagten auch in der Antwort auf die unter der Überschrift "Employees"
stehende Frage 3 b die Beschreibung einer Sicherheitsvorkehr im Sinne
der erwähnten Vertragsklausel erblicken möchten. Vertragsbestimmungen,
die in guten Treuen verschieden aufgefasst werden können, sind nach
dem Vertrauensprinzip, das sich aus Art. 2 ZGB ergibt, zu Ungunsten des
Vertragspartners auszulegen, der den Vertrag verfasst hat (BGE 87 II 95
f. Erw. 3 mit Hinweisen, 92 II 348, 97 II 73 f. Erw. 3). Diese Regel
(sog. Unklarheitenregel) gilt namentlich auch für die Auslegung von
Versicherungsverträgen (vgl. die angeführten Entscheide). Daher muss
sich die Klägerin nicht vorwerfen lassen, sie habe damit, dass sie
die Zahl der im Geschäft Anwesenden unter fünf sinken liess, gegen
die Vertragsklausel betreffend die Aufrechterhaltung der im Fragebogen
beschriebenen Sicherheitsvorkehren verstossen. Aus diesem Grunde ist die
Einrede der Verletzung einer vertraglichen Obliegenheit zu verwerfen,
ohne dass zu prüfen wäre, ob das erwähnte Verhalten der Klägerin für den
Schaden kausal sei.

Erwägung 4

    4.- Obwohl die Beklagten im kantonalen Verfahren erklärt hatten, die
Leistungsverweigerung werde nicht mit Gefahrserhöhung begründet, durfte
und musste die Vorinstanz prüfen, ob die in den Prozess eingeführten
Tatsachen den Beklagten erlauben, die von ihnen verlangte Leistung
wegen Gefahrserhöhung zu verweigern. Das Bundesrecht ist nämlich vom
kantonalen Richter (wie gemäss Art. 63 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 OG vom
Bundesgericht) unabhängig von der Begründung der Parteianträge von Amtes
wegen anzuwenden (KUMMER, Das Klagerecht und die materielle Rechtskraft
nach schweiz. Recht, 1954, S. 104/05; LEUCH, Die ZPO für den Kanton
Bern, 3. Aufl. 1956, S. 224/25; GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht,
2. Aufl. 1958, S. 69/70, 132, und ZSR 1961 II 34; VOYAME, ZSR 1961 II
108 lit. d a.E.; ebenso die seitherige Rechtsprechung des Bundesgerichts:
BGE 89 II 339 f. Erw. 2, 90 II 40 Erw. 6 b, 95 II 252 Erw. 3), und weder
das Bundesrecht (Art. 28 VVG) noch die gemäss Bundesrecht zu beachtenden
Bestimmungen des vorliegenden Versicherungsvertrags machen den Hinfall
der Leistungspflicht des Versicherers wegen wesentlicher Gefahrserhöhung
davon abhängig, dass dieser ausdrücklich geltend macht, beim Sachverhalt,
mit dem er seine Leistungsverweigerung begründet, handle es sich um eine
solche Gefahrserhöhung. Dass die Beklagten nicht bloss die Erhebung dieses
Einwands unterlassen, sondern vor Handelsgericht geradezu erklärt haben,
Art. 28 VVG stehe nicht zur Diskussion, die Leistungsverweigerung werde
nicht mit Gefahrserhöhung, sondern nur mit Verletzung der Anzeigepflicht
und einer vertraglichen Obliegenheit begründet (Erw. 3 hievor), bedeutet
nicht etwa einen Verzicht auf den Rücktritt vom Vertrag, der nach Art. 32
Ziff. 4 VVG den Eintritt der Rechtsfolgen der Gefahrserhöhung ausschlösse,
sondern jene Erklärung betraf nur die für den Richter nicht massgebende
rechtliche Begründung des tatsächlich erfolgten Rücktritts. Die Frage,
ob eine wesentliche Gefahrserhöhung im Sinne des Gesetzes vorliege,
ist daher materiell zu prüfen.

    a) Wenn überhaupt eine solche Gefahrserhöhung vorliegt, kann es sich
nur um eine solche "mit Zutun des Versicherungsnehmers" im Sinne des
bereits angeführten Art. 28 VVG handeln; denn die Klägerin bestimmte die
Zahl der Betriebsangehörigen, die sich während der Geschäftszeit in den
Geschäftsräumen aufzuhalten hatten.

    b) Die Tatsache, dass der Versicherungsnehmer im Laufe der Versicherung
eine wesentliche Gefahrserhöhung herbeigeführt hat, bewirkt nach Art. 28
Abs. 1 VVG unter Vorbehalt von Art. 32 VVG ohne weiteres, dass der
Versicherer für die Folgezeit an den Vertrag nicht gebunden ist. Die in der
vorliegenden Police enthaltenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen lauten
im gleichen Sinne. Der Eintritt der erwähnten Rechtsfolge hängt also nicht
etwa davon ab, dass sich der Versicherer innert einer bestimmten Frist
vom Vertrag lossagt. Die Klausel der Versicherungsbedingungen, wonach der
Versicherer an den Vertrag gebunden bleibt, wenn er nicht innert 14 Tagen
seit der dem Versicherungsnehmer vertraglich vorgeschriebenen Mitteilung
der Gefahrserhöhung (Art. 28 Abs. 3 VVG) vom Vertrage zurücktritt, greift
im vorliegenden Falle nicht ein, weil hier eine solche Mitteilung nicht
erfolgt ist.

    c) Die Gefahrserhöhung ist nach Art. 28 Abs. 2 VVG wesentlich, "wenn
sie auf der Änderung einer für die Beurteilung der Gefahr erheblichen
Tatsache (Art. 4) beruht, deren Umfang die Parteien beim Vertragsabschlusse
festgestellt haben". Die Anwendung von Art. 28 Abs. 1 VVG setzt also
u.a. voraus, dass eine Änderung mit Bezug auf eine Tatsache eingetreten
ist, die der Versicherungsnehmer nach Art. 4 Abs. 1 VVG auf eine Frage des
Versicherers hin diesem mitzuteilen hatte, und dass diese Gefahrstatsache
im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VVG erheblich war.

    Gefahrtatsachen sind alle Tatsachen, die bei Beurteilung der Gefahr in
Betracht fallen, mit andern Worten den Versicherer über den Umfang der zu
deckenden Gefahr aufklären können, also nicht nur solche Tatsachen, welche
die Gefahr verursachen, sondern auch solche, die bloss einen Rückschluss
auf das Vorliegen von die Gefahr verursachenden Tatsachen gestatten (BGE
55 II 58, 72 II 130 oben, 75 II 163 Erw. 3; ROELLI/KELLER, S. 96/97 § 2).
Erheblich sind nach Art. 4 Abs. 2 VVG "diejenigen Gefahrstatsachen,
die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag
überhaupt oder zu den vereinbarten Bedingungen abzuschliessen, einen
Einfluss auszuüben". Die Gefahrstatsachen, auf welche die schriftlichen
Fragen des Versicherers in bestimmter, unzweideutiger Fassung gerichtet
sind, werden nach Art. 4 Abs. 3 VVG als erheblich vermutet.

    Soll der Warenvorrat eines Juwelengeschäfts u.a. gegen Diebstahl
jeder Art, also z.B. gegen Raub in seinen mannigfachen Formen und
gegen Trick- und Einschleichdiebstahl versichert werden, so kann die
Zahl der Betriebsangehörigen, die sich während der Geschäftszeit in
den Geschäftsräumen aufhalten, den Versicherer bei der Beurteilung der
versicherten Gefahr interessieren, da eine schwache personelle Besetzung
der Räume unter Umständen einen solchen Diebstahl erleichtert. Die Zahl
der anwesenden Betriebsangehörigen hat daher als Gefahrstatsache zu gelten.

    Diese Zahl ist Gegenstand der Frage 3 b des von den Beklagten
im vorliegenden Fall verwendeten Fragebogens. Da das Geschäft der
Klägerin nach ihren eigenen Angaben ein Engrosgeschäft ("Wholesale
100%") ohne Detailverkauf ("Retail"), Produktion ("Manufacturing")
oder Pfandleihtätigkeit ("Pawnbroking") darstellt, ist der in Frage
3 b verwendete Ausdruck "sales section of your premises" im Falle der
Klägerin nach Treu und Glauben auf die Gesamtheit der Geschäftsräume zu
beziehen. Mit der Frage 3 b haben sich die Beklagten also in für die
Klägerin klarer und unmissverständlicher Weise nach der Mindestzahl
der während der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen anwesenden
Betriebsangehörigen erkundigt. Daher ist nach Art. 4 Abs. 3 VVG zu
vermuten, es handle sich dabei um eine im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VVG
erhebliche Gefahrstatsache. Dass die in Frage stehende Zahl bei einer
objektiven, vernünftigen Würdigung (vgl. ROELLI/KELLER, S. 97/98)
überhaupt nicht geeignet gewesen sei, den Vertragswillen der Beklagten
zu beeinflussen, was die Vermutung der Erheblichkeit entkräften würde,
lässt sich nicht sagen. Daher ist zunächst davon auszugehen, dass die
Antwort der Klägerin auf die Frage 3 b eine im Sinne von Art. 4 Abs. 2
VVG erhebliche, d.h. zur Beeinflussung des Vertragswillens der Beklagten
an sich geeignete Gefahrstatsache betreffe.

    d) Die Klägerin will ihre Antwort auf die Frage 3 b nicht gegen sich
gelten lassen. Sie behauptet, für die Beklagten sei klar erkennbar gewesen,
dass diese Antwort mit den Antworten auf die Fragen 3 a und 7 in unlösbarem
Widerspruch stehe und geradezu unsinnig sei; nach BGE 90 II 456 hätten
die Beklagten für eine Behebung dieser Widersprüche sorgen müssen.

    Der Versicherer ist im allgemeinen nicht verpflichtet, den
Gefahrstatsachen nachzuforschen und die Angaben des Versicherungsnehmers
über solche Tatsachen zu überprüfen (BGE 73 II 56 Erw. 6, 90 II
456; ROELLI/Keller, S. 161). Er ist jedoch nach Treu und Glauben
gehalten, Unklarheiten und Widersprüche, die sich aus dem Wortlaut des
Versicherungsantrags unmittelbar ergeben, zu beseitigen oder beseitigen
zu helfen (vgl. den zuletzt angeführten Entscheid).

    Wie bereits ausgeführt (lit. c hievor), ist der Ausdruck "sales
section", der in Frage 3 b verwendet wird, im vorliegenden Falle auf die
Gesamtheit der Geschäftsräume zu beziehen. Die Behauptung der Klägerin,
bei einer Aktiengesellschaft könne es keine "principals" geben, wie sie
in Frage 3 b erwähnt werden, trifft nicht zu. Das englische Hauptwort
"principal" bezeichnet im Handelswesen nicht bloss den Geschäftsinhaber,
sondern ist auf jede leitende Persönlichkeit, insbesondere auf einen
"Chef" anwendbar (Langenscheidts Handwörterbuch Englisch, Englisch-Deutsch,
11. Aufl. 1969, Art. principal, II 5, S. 481; Harrap's Standard French and
English Dictionary, English-French, 1955, Art. principal, II 1, S. 954),
was X., der den Versicherungsantrag unterzeichnete und unstreitig des
Englischen mächtig ist, zweifellos wusste. Bei der Klägerin hatte
mindestens der Haupt- oder Alleinaktionär X., der im Geschäftsbetrieb
massgebend mitwirkte, die Stellung eines solchen "principal". Bei dieser
Sachlage brauchten die Beklagten nicht ohne weiteres anzunehmen, zwischen
der Antwort auf die Frage 3 a (die Klägerin habe vier "employees") und der
Antwort auf die Frage 3 b (die Mindestzahl der während der Geschäftszeit in
der "sales section" anwesenden "employees including principals" betrage
fünf) bestehe ein Widerspruch, welcher der Aufklärung bedürfe.

    Heikler ist das Problem, ob sich die Antworten auf die Fragen 3 a und
3 b mit der Antwort auf Frage 7 vereinbaren lassen. Diese Frage betrifft
das gemäss lit. B der "Special Conditions" nur bis zu US $ 150'000.--
versicherte "Outdoor risk" (Aussenrisiko). Die Beklagten forderten die
Klägerin mit dieser Frage auf, ihnen in bezug auf alles versicherte
Gut, das "by yourselves and your employees (e.g. travellers, outside
salesmen, messengers and delivery hands but NOT Brokers)", d.h. "durch Sie
(Klägerin) selbst und Ihre Angestellten (z.B. Reisende, externe Verkäufer,
Boten und Lieferpersonal, aber NICHT Makler)", an Orte ausserhalb der
Geschäftsräume verbracht wird, die Namen aller "principals, travellers
and outside salesmen" zu nennen, die in der Stadt oder im Lande des
Geschäftssitzes oder anderswo versicherte Ware mit sich führen, und für
jede Person die Zahl der (Reise-) Tage sowie den Mittel- und Höchstwert
der mitgeführten Ware anzugeben. In ihrer Antwort auf Frage 7 gab die
Klägerin für die Stadt des Geschäftssitzes die folgenden vier Namen an:
"Fräulein X., X., W, B". (Für die beiden andern Gebiete nannte sie nur die
drei zuletzt genannten Personen). Rechneten die Beklagten von den vier
erwähnten Personen nur X., den Unterzeichner des Versicherungsantrags,
zu den "principals", was angesichts des geringen Personalbestands der
Firma nahelag, so blieben für die Kategorie der "travellers and outside
salesmen" drei Personen übrig. Diese hatten nach den Beispielen, mit denen
in Frage 7 der Begriff der "employees" erläutert wurde, als Angestellte zu
gelten. Hatte die Klägerin gemäss ihrer Antwort auf Frage 3 a im ganzen
vier Angestellte und entfielen davon drei auf die Reisenden und externen
Verkäufer, so konnte nur ein anderer Angestellter vorhanden sei. Mit einem
reisenden "principal", drei Reisenden oder externen Verkäufern und einem
andern Angestellten, d.h. mit insgesamt fünf Personen, von denen vier
zeitweise unterwegs waren, liess sich die ständige Anwesenheit von fünf
Personen in den Geschäftsräumen während der Geschäftszeit offensichtlich
nicht aufrechterhalten. Das musste aber auch dann noch zum mindesten als
schwierig erscheinen, wenn von den vier namentlich erwähnten Personen
ausser X. noch eine weitere Person (z.B. Fräulein X.) zu den "principals"
gezählt und folglich angenommen wurde, neben zwei reisenden "principals"
seien zwei reisende Angestellte und zwei andere Angestellte, insgesamt also
sechs zum Betrieb gehörende Personen vorhanden. Dass immer nur höchstens
eine dieser Personen unterwegs sei, war angesichts der Gesamtzahl der
angegebenen Reisetage (145) und der Möglichkeit von Krankheiten und
andern Abhaltungen wenig wahrscheinlich. Betrachteten die Beklagten die
Antworten auf die Fragen 3 a und 3 b im Zusammenhang mit der Antwort auf
Frage 7, so mussten ihnen also Zweifel darüber aufsteigen, ob die Angabe
unter Ziffer 3 b stimmen könne, dass während der Geschäftszeit ständig
(at any time) fünf Personen (employees including principals) in den
Geschäftsräumen anwesend seien. Die gleiche Überlegung gilt auch schon
für die Antworten im Fragebogen vom 25. September 1967, welcher der
Versicherung für das Jahr 1968 zugrunde lag (Zahl der Angestellten: 2;
Mindestzahl der anwesenden employees including principals: 3; principals,
travellers und outside salesmen im Sinne von Frage 7: Frau Z., Fräulein
X. und X. mit insgesamt 180 Reisetagen; reisende Angestellte je nachdem,
ob nur X. oder auch Fräulein X. als "principal" angesehen wurde: 2 oder 1;
nicht reisende Angestellte: 0 oder 1; gesamter Personalbestand folglich
entweder ein reisender "principal" und zwei reisende Angestellte = drei
Personen, oder zwei reisende "principals", ein reisender Angestellter und
ein anderer Angestellter = vier Personen, was für die Aufrechterhaltung
einer ständigen Präsenz von drei Personen ungenügend oder doch sehr
knapp war).

    Es kann sich allerdings fragen, ob die Beklagten verpflichtet
gewesen seien, die Antworten auf die Fragen 3 a, 3 b und 7 in dieser
Weise miteinander zu vergleichen. Als Grund für die Bejahung dieser
Frage lässt sich anführen, dass die Angabe einer Mindestpräsenz von 5
(Vorjahr 3) Personen bei 4 (Vorjahr 2) Angestellten und 4 (Vorjahr 3)
zeitweise auf Reisen befindlichen "principals" und Angestellten schon auf
den ersten Blick (ohne die hievor angestellte Berechnung) recht auffällig
war. Ob den Beklagten in dieser Hinsicht eine pflichtwidrige Unterlassung
vorzuwerfen sei und welche Rechtsfolgen an eine solche Unterlassung zu
knüpfen wären, kann jedoch offen bleiben, wenn sich ergibt, dass die
Unterschreitung der unter Ziffer 3 b angegebenen Mindestzahl von während
der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen anwesenden Betriebsangehörigen
die Leistungsverweigerung der Beklagten unter dem Gesichtspunkte der
Gefahrserhöhung aus einem andern Grunde nicht zu rechtfertigen vermag.

    e) Beruft sich der Versicherer zur Begründung seiner
Leistungsverweigerung auf eine Angabe des Versicherungsnehmers
über eine Gefahrstatsache, die nach Art. 4 VVG an und für sich als
erheblich zu gelten hat, so bleibt dem Versicherungsnehmer der Nachweis
vorbehalten, dass seine Angabe über diese Tatsache den Willensentschluss
des Versicherers im konkreten Fall in Wirklichkeit nicht beeinflusst hat,
mit andern Worten, dass der Versicherer den Vertrag so, wie er zustandekam,
auch dann geschlossen hätte, wenn die Angabe über die betreffende Tatsache
gefehlt oder anders gelautet hätte (BGE 39 II 309, 75 II 163, 165, 92 II
352 Erw. 5; ROELLI/KELLER, S. 98/99; vgl. auch KOENIG S. 176 f. Anm. 2).

    Im vorliegenden Falle steht fest, dass die Beklagten speziell für
die schweizerische Kundschaft bestimmte Antragsformulare in deutscher
und in französischer Sprache (mit dem Datumvermerk 1.1.48) geschaffen
haben, welche die Fragen nach der Zahl der Angestellten und nach der
Mindestzahl der während der Geschäftszeit in den Geschäftsräumen
anwesenden Betriebsangehörigen sowie nach den Namen der reisenden
"principals, travellers and outside salesmen" nicht enthalten. Diese
Formulare wurden auch noch verwendet, nachdem das englische Formular
(mit dem Datumvermerk 11.3.65), das die erwähnten Fragen enthält,
geschaffen worden war. Die Beklagten liessen der Klägerin noch für die
Versicherungen pro 1966 und 1967 das französisch abgefasste Formular
vorlegen (Anträge vom 3. September 1965 und 26. August 1966). Sogar dem
Schreiben von 11. Mai 1970, mit welchem eine Maklerfirma der Klägerin
mitteilte, dass einige "Underwriters" anscheinend bereit seien, einen
neuen Anschluss in Betracht zu ziehen, lag neben dem englischen ein
schweizerisches Formular bei. Als die Beklagten der Klägerin für die
Versicherung pro 1968 erstmals das englische Formular vorlegen liessen,
machten sie die Klägerin nicht darauf aufmerksam, dass dieses Formular
neue Fragen über für die Beklagten wesentliche Punkte enthalte, wie
das angesichts der unstreitig schon seit mehreren Jahren bestehenden
Geschäftsbeziehungen nahegelegen und dem Gebote von Treu und Glauben
entsprochen hätte, wenn die neu verlangten Angaben für die Entschliessung
der Beklagten wirklich wesentlich gewesen wären. Trotz den beträchtlichen
Unterschieden, welche die Anträge für die Versicherungsjahre 1968 und
1969 in den Angaben über die Zahl der Angestellten (2 bzw. 4) und über die
Mindestzahl der Anwesenden (3 bzw. 5) aufweisen, forderten die Beklagten
für diese beiden Jahre bei im übrigen gleichen Verhältnissen die gleiche
Prämie. Während der vorprozessualen Auseinandersetzungen der Parteien,
die vom Schadensfall (27. Januar 1970) bis in dem Sommer 1970 dauerten,
beriefen sich die Beklagten nicht auf die Tatsache, dass die Klägerin die
im Antrag vom 20. September 1968 angegebene Mindestzahl von Anwesenden
nicht aufrechterhalten hatte. Diesen Einwand brachten sie vielmehr erst in
der Klageantwort vom 27. November 1970 vor. Den Übergang von den früher
verwendeten schweizerischen Formularen zum englischen begründeten sie
in der Klageantwort nur damit, dass der massgebende Leiter der Klägerin,
X., das Englische besser beherrsche, sowie damit, dass die Beklagten bei
ihrer Entschliessung über die Annahme und Tarifierung eines Risikos der
in Frage stehenden Art in vermehrtem Masse auch auf den (im englischen
Formular neu erfragten) maximalen Lagerbestand abstellten.

    In Anbetracht all dieser Umstände muss angenommen werden, dass
die Antwort auf die Frage 3 b des englischen Formulars den Beklagten
jedenfalls im Falle der Klägerin gleichgültig war und ihren Entschluss, die
Warenvorräte der Klägerin zu den vereinbarten Bedingungen zu versichern,
in Wirklichkeit nicht beeinflusste. Hiebei bleibt es auch dann, wenn man
mit ROELLI/KELLER (aaO S. 99; vgl. auch BGE 39 II 309 Mitte) annehmen
will, zum Nachweis, dass eine an sich erhebliche Tatsache ohne Einfluss
auf die Entschliessung des Versicherers geblieben sei, genüge nicht,
"dass der Versicherungsnehmer dartut, dass der Versicherer bei frühern
oder bei andern - mit Dritten abgeschlossenen - Versicherungen auf eine
bestimmte Gefahrstatsache kein Gewicht gelegt hat"; vielmehr müsse der
Nachweis der Unerheblichkeit für den konkreten Vertragsabschluss erbracht
werden. Im vorliegenden Falle ist nämlich, wie ausgeführt, nicht bloss
dargetan, dass sich die Beklagten bei frühern Abschlüssen mit der Klägerin
und offenbar auch bei Abschlüssen mit andern schweizerischen Kunden für
die Mindestzahl der in den Geschäftsräumen anwesenden Betriebsangehörigen
nicht interessierten. Vielmehr steht fest, dass die Beklagten im Verkehr
mit der Klägerin noch in einer Zeit, da bereits ein Formular mit der
Frage nach dieser Zahl vorlag, Formulare ohne diese Frage verwendeten, und
dieser Umstand ist nur ein Glied in einer ganzen Kette von Indizien, die
in ihrer Gesamtheit darauf schliessen lassen, dass die erwähnte Zahl für
die Beklagten beim Abschluss der streitigen Versicherung für das Jahr 1969
(und bei deren Verlängerung um 30 Tage) keine Rolle spielte. Anders als
durch Schlüsse, die mit Hilfe der allgemeinen Lebenserfahrung aus den
gesamten Umständen, insbesondere aus dem Verhalten des Versicherers,
gezogen werden, lässt sich der grundsätzlich zulässige Beweis, dass eine
bestimmte Gefahrstatsache die Entschliessung des Versicherers im konkreten
Falle nicht beeinflusste, in der Regel nicht erbringen. Solche Schlüsse
unterliegen im Berufungsverfahren der Überprüfung durch das Bundesgericht
(BGE 92 II 352 f. Erw. 5; vgl. auch BGE 39 II 309, 75 II 163/64).

    f) Betraf die Frage 3 b eine für den Abschluss und die Bedingungen des
streitigen Vertrags effektiv nicht erhebliche Gefahrstatsache, so fehlt
gemäss lit. c hievor eine Grundvoraussetzung für die Anwendung von Art. 28
Abs. 1 VVG. Die Einrede der Gefahrserhöhung ist deshalb zu verwerfen, ohne
dass noch zu prüfen wäre, ob die Parteien im Sinne von Art. 28 Abs. 2 VVG
den "Umfang" der fraglichen Tatsache "beim Vertragsabschlusse festgestellt
haben" (vgl. zu diesem Erfordernis einerseits KOENIG S. 188/89, anderseits
ROELLI/KELLER, S. 401/02), ob die von den Beklagten geltend gemachte
Unterschreitung der Mindestzahl der in den Geschäftsräumen anwesenden
Betriebsangehörigen als "wesentliche" Gefahrserhöhung angesehen werden
könnte und ob sich die Klägerin, falls alle Voraussetzungen für die
Anwendung von Art. 28 VVG erfüllt wären, auf Art. 32 Ziff. 1 VVG berufen
könnte, wonach die an die Gefahrserhöhung geknüpften Rechtsfolgen nicht
eintreten, wenn die Gefahrserhöhung "auf den Eintritt des befürchteten
Ereignisses und auf den Umfang der dem Versicherer obliegenden Leistung
keinen Einfluss ausgeübt hat".

Erwägung 5

    5.- Erlaubt die Unterschreitung der von der Klägerin unter Ziff. 3
b des Fragebogens angegebenen Mindestzahl der Anwesenden den Beklagten
aus den angeführten Gründen nicht, ihre Leistung wegen Verletzung
einer Obliegenheit oder wegen Gefahrserhöhung zu verweigern, so ist
das auf die gegenteilige Auffassung gestützte Urteil der Vorinstanz
aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie
prüfe, ob die Beklagten berechtigt seien, ihre Leistung wegen Verletzung
der Anzeigepflicht bei Beantwortung von Frage 4 zu verweigern oder ihre
Leistung wegen grobfahrlässiger Herbeiführung des befürchteten Ereignisses
(Art. 14 Abs. 2 VVG) oder wegen Unterversicherung (Art. 69 Abs. 2 VVG)
zu kürzen. Dagegen kommt nicht in Frage, die Leistung der Beklagten
im Sinne von Eventualantrag c der Berufungsantwort deswegen zu kürzen,
weil der Klägerin ein erhebliches Mitverschulden bei der Beantwortung
von Frage 3 b vorzuwerfen sei, das eine allfällige culpa in contrahendo
der Beklagten (vgl. Erw. 4 d hievor; Nichtabklärung von Widersprüchen im
Antrag) grossenteils kompensieren würde (vgl. BGE 90 II 458 f. Erw. 6);
denn für die Annahme, dass die Antwort der Klägerin auf die Frage 3 b
den Beklagten nicht erlaube, jede Leistung zu verweigern, ist nicht eine
den Beklagten möglicherweise vorzuwerfende culpa in contrahendo, sondern
die Tatsache entscheidend, dass die Klägerin mit ihrer Antwort auf die
erwähnte Frage keine von ihr aufrechtzuerhaltende Sicherheitsvorkehr
beschrieben hat und dass die Entschliessung der Beklagten durch diese
Antwort überhaupt nicht beeinflusst wurde.