Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 II 55



99 II 55

11. Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. April 1973 i.S. Ringier & Co. AG
gegen Weltwoche-Verlag Karl von Schumacher & Co. AG. Regeste

    Anfechtung von Beschlüssen einer Generalversammlung.

    1.  Art. 706 Abs. 1 OR. Recht des Aktionärs zur Anfechtung (Erw. 1).

    2.  Art. 646, 652, 660 und 703 OR.  Beschlüsse einer
Generalversammlung, das Grundkapital durch Ausgabe neuer Namenaktien um
das Mehrfache zu erhöhen und die neuen Aktien den bisherigen in allen
Teilen gleichzustellen; Erhöhungsgründe und Emissionsbedingungen, die
weder den Anspruch des Aktionärs auf Gleichbehandlung, noch seine Rechte
auf Beteiligung am Reingewinn und auf Anteil am Liquidationsergebnis
verletzen, noch gegen Art. 2 ZGB und die Statuten verstossen (Erw. 2-5).

Sachverhalt

    A.- Das Grundkapital der Weltwoche-Verlag Karl von Schumacher &
Co. AG von Fr. 750'000.-- ist zerlegt in 750 Namenaktien, die gemäss
Art. 8 der Statuten nur mit Zustimmung des Verwaltungsrates übertragen
werden können. 343 Aktien gehören der Ringier & Co. AG, 328 der Jean
Frey AG, 64 der Litho + Cliché AG und je 5 drei anderen Personen. Am
29. Februar 1972 beschloss eine ausserordentliche Generalversammlung trotz
Protestes der Ringier & Co. AG mit den 407 Stimmen der anderen Aktionäre,
das Grundkapital durch Ausgabe von 5250 in bar zu liberierenden neuen
Namenaktien im Nennwert von je Fr. 1'000.-- zu pari auf 6 Millionen Franken
zu erhöhen, die neuen Aktien den bisherigen in allen Teilen gleichzustellen
und sie vom Geschäftsjahr 1972 an Dividenden beziehen zu lassen. Die vom
Verwaltungsrat beantragte Kapitalerhöhung war an der Versammlung damit
begründet worden, die Gesellschaft brauche 5,2 bis 5,5 Millionen Franken
neue Mittel, wovon etwa 4,1 Millionen zur Anschaffung und Inbetriebnahme
einer elektronischen Anlage zur Datenverarbeitung, etwa 0,8 Millionen zur
Umstellung der Zeitung "Weltwoche" auf Magazin-Format und 0,35 bis 0,5
Millionen zur Übernahme einer anderen schweizerischen Zeitschrift. Das
Recht jedes Aktionärs, einen seinem bisherigen Aktienbesitz entsprechenden
Teil der neuen Aktien zu beanspruchen, wurde ausdrücklich anerkannt.

    B.- Die Firma Ringier & Co. AG beantragte dem Handelsgericht des
Kantons Zürich mit Klage vom 17. März 1972, die erwähnten Beschlüsse der
Generalversammlung "ungültig zu erklären und aufzuheben".

    Das Handelsgericht wies die Klage am 5. September 1972 entsprechend
dem Antrag der Weltwoche-Verlag Karl von Schumacher & Co. AG ab.

    Auf eine Nichtigkeitsbeschwerde der Klägerin ist das Kassationsgericht
des Kantons Zürich am 22. Dezember 1972 nicht eingetreten.

    C.- Die Klägerin hat gegen das Urteil des Handelsgerichts die Berufung
erklärt. Sie beantragt, die Klage gutzuheissen, eventuell den Prozess an
das Handelsgericht zurückzuweisen mit der Auflage, ein Beweisverfahren
durchzuführen.

    Die Klägerin macht geltend, die angefochtenen Beschlüsse verletzten
ihren Anspruch auf Gleichbehandlung sowie ihre Rechte auf Beteiligung am
Reingewinn und auf Anteil am Liquidationsergebnis. Die Beschlüsse seien
zudem rechtsmissbräuchlich und verstiessen gegen Art. 2 der Statuten.

    D.- Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen und das
angefochtene Urteil zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beklagte erachtet die Klage als rechtsmissbräuchlich im Sinne
des Art. 2 ZGB, weil Treu und Glauben verlangt hätten, dass die Klägerin
in der Generalversammlung Abänderungsvorschläge mache, wenn sie mit den vom
Verwaltungsrat beantragten Emissionsbedingungen nicht einverstanden war.

    Diese Auffassung hält nicht stand. Das Recht des Aktionärs, Beschlüsse
der Generalversammlung, die gegen das Gesetz oder die Statuten verstossen,
beim Richter mit Klage gegen die Gesellschaft anzufechten (Art. 706
Abs. 1 OR), geht unter, wenn der betreffende Aktionär dem Beschluss
zugestimmt hat. Hat er das nicht getan, so bleibt es ihm gewahrt, und
zwar sogar dann, wenn er der Generalversammlung ferngeblieben ist (BGE
74 II 41 ff.). Umso weniger verliert er es, wenn er an der Versammlung
teilnimmt und, wie die Klägerin es getan hat, gegen die Beschlussfassung
protestiert. Es ist nicht Sache des den Beschluss missbilligenden
Aktionärs, Gegenvorschläge zu machen. Die Verwaltung, welche die Geschäfte
der Generalversammlung vorzubereiten (Art. 722 Abs. 2 Ziff. 1 OR) und
dabei alle Sorgfalt anzuwenden hat (Art. 722 Abs. 1 OR), muss selber
wissen, welche Beschlüsse mit dem Gesetz und den Statuten verembar
sind. Sie bedarf keiner Belehrung seitens eines sich widersetzenden
Aktionärs. Dieser braucht auch die Generalversammlung nicht über die
Voraussetzungen aufzuklären, unter denen er einem Beschluss zustimmen
würde. Ausnahmen sind unter dem Gesichtspunkt des Art. 2 ZGB denkbar,
wenn im einzelnen Falle besondere Umstände vorliegen. Solche werden jedoch
im vorliegenden Falle von der Beklagten keine geltend gemacht. Namentlich
behauptet die Beklagte nicht etwa, die Mehrheitsaktionäre hätten in der
Versammlung einen Verständigungswillen bekundet und den Vertreter der
Klägerin gefragt, unter welchen Bedingungen er sich einer Erhöhung des
Grundkapitals nicht mehr widersetzen würde.

Erwägung 2

    2.- Die Aktiengesellschaft hat die Aktionäre alle gleich zu behandeln,
soweit nicht Abweichungen unumgänglich nötig sind, um im Interesse aller
den Gesellschaftszweck zu verfolgen (BGE 69 II 248 ff., 88 II 105, 91 II
300 f., 93 II 406, 95 II 162).

    Die angefochtenen Beschlüsse verletzen diesen Grundsatz nicht. Sie
behandeln alle Aktionäre gleich. Sie tasten das Recht jedes Aktionärs,
einen seinem bisherigen Aktienbesitz entsprechenden Teil der neuen Aktien
zu beanspruchen (Art. 652 OR), nicht an. Auch können alle Aktionäre
die neuen Aktien zu den gleichen Bedingungen zeichnen. Die Beschlüsse
stellen ferner die neuen und die bisherigen Aktien einander in allen
Teilen gleich. Die Klägerin bestreitet das alles nicht. Sie sieht eine
ungleiche Behandlung nur darin, dass sie als Minderheitsaktionärin vor
die Wahl gestellt werde, entweder für 2'401 Millionen Franken neue Aktien
zu zeichnen und zu liberieren oder wegen Abnahme des inneren Wertes der
alten Aktien Fr. 742'700 zu verlieren, während die Mehrheitsaktionäre neu
einbezahltes Kapital unter ihrer Herrschaft behielten und an den Reserven
voll teilnähmen.

    Die Veränderung in den Vermögen der Beteiligten ist jedoch die Folge
davon, dass die Klägerin von dem ihr eingeräumten Zeichnungsrecht
nicht Gebrauch machen wollte, während die Mehrheitsaktionäre
zeichnungswillig waren. Auch die Einbusse an Stimmkraft, welche die
Klägerin im Verhältnis zu den Mehrheitsaktionären erleidet, ist nicht
unmittelbar den angefochtenen Beschlüssen als solchen zuzuschreiben,
sondern darauf zurückzuführen, dass die Klägerin die Aktien, die sie
beziehen durfte, nicht zeichnen wollte. Die Zwangslage sodann, entweder
unter Einzahlung neuen Kapitals vom Bezugsrecht Gebrauch zu machen oder
die erwähnten Nachteile auf sich zu nehmen, ist zwar die unmittelbare
Folge der angefochtenen Beschlüsse, aber von einer ungleichen Behandlung
kann trotzdem nicht die Rede sein, denn die Beschlüsse stellen alle
Aktionäre vor die gleiche Wahl. Die Klägerin meint in Wirklichkeit, die
Beschlüsse hätten nicht nach dem Willen der Mehrheit gefasst, sondern
ihrem Willen als Minderheit angepasst werden sollen. Der Anspruch der
Aktionäre auf Gleichbehandlung verlangt das jedoch nicht. Die Beschlüsse
der Generalversammlung folgen nicht dem Willen der Minderheit, noch
setzen sie Einstimmigkeit voraus, sondern werden, soweit das Gesetz oder
die Statuten es nicht anders bestimmen, mit der absoluten Mehrheit der
vertretenen Aktienstimmen gefasst (Art. 703 OR).

Erwägung 3

    3.- Die Rechte des Aktionärs auf Beteiligung am Reingewinn und
auf Anteil am Liquidationsergebnis gehören gemäss Art. 646 OR zu den
"wohlerworbenen", "von den Beschlüssen der Generalversammlung und der
Verwaltung unabhängigen", d.h. zu jenen Rechten, "die den einzelnen
Aktionären in ihrer Eigenschaft als Aktionäre zustehen und ihnen nicht
ohne ihre Zustimmung entzogen werden können". Damit ist jedoch nur
gesagt, dass die Generalversammlung und die Verwaltung den Reingewinn und
das Liquidationsergebnis grundsätzlich den Aktionären zukommen lassen
müssen, und zwar nach Massgabe der von ihnen einbezahlten Beträge und
im Verhältnis der mit ihren Aktien verbundenen Rechte (Art. 660, 745
Abs. 1 OR). Die "Wohlerworbenheit" der Rechte auf Anteil am Reingewinn
und am Liquidationsergebnis bedeutet nicht, dass die erwähnten Organe
alle ihnen nach Gesetz und Statuten zustehenden Beschlüsse so gestalten
müssen, dass sie die Anwartschaft der Aktionäre auf Anteil am Reingewinn
und am Liquidationsergebnis nicht beeinflussen. Der Reingewinn und
das Liquidationsergebnis sind nur insoweit unter die Aktionäre zu
verteilen, als das Gesetz und die Statuten es nicht anders bestimmen
(Art. 660 Abs. 1, 745 Abs. 1 OR). So darf, ja muss z.B. ein Teil des
Reingewinns dem gesetzlichen Reservefonds zugewiesen werden (Art. 671
OR). Die Generalversammlung kann aus dem Reingewinn auch Einlagen in
statutarische Reserve- oder andere Fonds machen (Art. 674 OR). Sie kann
ferner das Grundkapital erhöhen und das Recht der Aktionäre auf Bezug der
neuen Aktien einschränken oder aufheben (Art. 650, 652 OR), wodurch das
Verhältnis, in dem die Aktionäre am Reingewinn und am Liquidationsergebnis
Anteil hatten, gegen den Willen der Minderheit verändert wird. Der
Aktionär hat weder ein wohlerworbenes Recht auf Beibehaltung des
Grundkapitals (BGE 26 II 432), noch ein unentziehbares Recht darauf,
dass sich die relative Grösse seiner Beteiligung nicht verändere (BGE 98
II 100). Die Generalversammlung kann sogar die Ausgabe von Vorzugsaktien
beschliessen und damit Vorrechte verbinden, die sich auf die Dividende
und den Liquidationsanteil erstrecken können (Art. 654-656 OR). Sie kann
in den Statuten zugunsten der Gründer oder anderer Personen Genussscheine
oder andere besondere Vorteile vorsehen (Art. 628 Abs. 3, 657 OR). Das
Recht der Aktionäre auf Anteil am Reingewinn und am Liquidationsergebnis
kann ihr daher auch nicht verbieten, den Ausgabepreis neuer Aktien so
niedrig festzusetzen, dass der innere Wert der alten Aktien sinkt und
die auf Ausübung des Bezugsrechtes verzichtenden alten Aktionäre einen
entsprechenden Nachteil erleiden. Der Aktionär hat nicht Anspruch darauf,
dass die Gesellschaft den Ausgabepreis der neuen Aktien dem über dem
Nennwert liegenden inneren Wert der alten Aktien gleichsetze oder annähere
und das Agio als Dividende verteile oder als Reserve buche. Das ergibt
sich schon aus Art. 624 Abs. 3 OR, wonach es zulässig ist, den über den
Nennwert hinaus erzielten Mehrerlös zu Wohlfahrtszwecken zu verwenden.

    Der nicht zeichnungswillige Aktionär kann auch nicht verlangen,
dass ihm die anderen Aktionäre oder die Gesellschaft die Bezugsrechte
abkaufen. Die Gesellschaft kann keinen hiezu zwingen, und sie selbst darf
die Bezugsrechte ebenfalls nicht kaufen. Da sie eigene Aktien nur in den im
Gesetz vorgesehenen Fällen erwerben darf (Art. 659 OR), könnte sie diese
Rechte nicht ausüben. Deren "Kauf" würde die vollständige Zeichnung und
Einzahlung des Betrages der beschlossenen Kapitalerhöhung vereiteln, was
das Gesetz verbietet (Art. 650 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 635 Abs. 2
OR). Er käme zudem einer Ausschüttung von Gewinn gleich. Das Gebot der
Gleichbehandlung untersagt, den nicht zeichnungswilligen Aktionär auf
diese Weise zulasten des Gesellschaftsvermögens zu bevorzugen.

    Zulässig ist es, den alten Aktionären bei einer Kapitalerhöhung
Genussscheine abzugeben, damit ihre Anwartschaft auf Anteil am Reingewinn
und am Liquidationsergebnis selbst dann nicht beeinträchtigt werde,
wenn sie neue Aktien nicht zu zeichnen wünschen. Einen Anspruch darauf,
dass die Gesellschaft so vorgehe, haben sie jedoch nicht. Sie können sich
ihre Aussicht auf Anteil am Reingewinn und am Liquidationsergebnis durch
Ausübung der Bezugsrechte erhalten. Wer den damit verknüpften Nachteil,
neue Aktien zeichnen zu müssen, nicht auf sich nehmen will, kann sich
nicht darüber beklagen, dass ihm der mit den neuen Aktien verbundene
Vorteil entgeht.

    Es verhält sich selbst dann nicht anders, wenn der Aktionär die
Bezugsrechte nicht an einen Dritten verkaufen kann, weil die Aktien auf den
Namen lauten und die Statuten ihre Übertragung verbieten oder beschränken.
Die Vinkulierung ist erlaubt (Art. 627 Ziff. 8, 684 Abs. 1 OR), und der
Aktionär hat sich damit abzufinden, dass ihretwegen auch Bezugsrechte
nicht gegen den Willen der Gesellschaft veräussert werden können.

    Das Recht der Klägerin auf Anteil am Reingewinn und am
Liquidationsergebnis wird somit durch die angefochtenen Beschlüsse nicht
verletzt.

Erwägung 4

    4.- a) Der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs sodann, den die Klägerin
erhebt, lässt sich nicht mit der Behauptung stützen, die Beklagte habe
die Gründe der Kapitalerhöhung nur vorgeschoben, um weiteres Kapital
der Klägerin beherrschen oder den gehorteten Gewinn in die Tasche der
Mehrheitsaktionäre leiten zu können. Das Handelsgericht stellt nicht
fest, der Beklagten habe der Wille gefehlt, die durch die Erhöhung
des Grundkapitals zu beschaffenden Mittel wirklich zum Ankauf einer
elektronischen Datenverarbeitungsanlage, zur Umstellung der Zeitung
"Weltwoche" auf Magazin-Format und zur Übernahme einer anderen
schweizerischen Zeitschrift zu verwenden. Es geht gegenteils davon
aus, dass diese Absichten bestanden, hält es doch der Klägerin vor,
sie habe selber ursprünglich mit der Beklagten über eine allfällige
gemeinsame Anschaffung einer solchen Anlage verhandelt. Es ist denn auch
zu vermuten, dass der Wille, den die Organe der Beklagten kundgegeben
haben, wirklich vorhanden sei. Der Klägerin oblag es, diese Vermutung zu
widerlegen. Bezügliche Beweise hat sie jedoch keine angeboten. Ohne solche
ist unglaubwürdig, dass die Mehrheitsaktionäre das Grundkapital von 0,75
Millionen um 5,25 Millionen Franken erhöhten, nur um die Klägerin entweder
zur Zeichnung neuer Aktien im Nennwert von 2'401 Millionen Franken zu
bewegen oder sie um angeblich mindestens 742'700 Franken zu schädigen
und sich selbst um ebensoviel zu bereichern.

    b) Zum weiteren Anbringen der Klägerin, die Kapitalerhöhung sei
sachlich völlig unvertretbar, die Datenverarbeitungsanlage sei nicht
nötig, die angegebenen Zwecke hätten mit geringeren Mitteln verfolgt
werden können und die Beklagte hätte sich das benötigte Geld auf andere
Weise verschaffen können, ist zunächst zu bemerken, dass der Richter nicht
frei zu entscheiden hat, was der Aktiengesellschaft und den Aktionären
nützt. Wie er in den Fällen, in denen das Gesetz oder die Statuten
gewisse Beschlüsse dem Ermessen der Generalversammlung anheimstellen,
nicht berufen ist, sie auf Angemessenheit hin zu überprüfen, sondern
sie nur aufheben darf, wenn sie willkürlich sind (BGE 54 II 29, 72 II
297, 304, 82 II 150, 91 II 310, 93 II 403, 405, 95 II 163), hat er auch
unter dem Gesichtspunkt des Art. 2 ZGB nicht weitergehende Befugnisse;
insbesondere darf er das Gesetz nicht auf dem Umweg über diese Bestimmung
ändern. Auf eine solche Änderung laufen die Begehren der Klägerin aber
hinaus, da damit ein vom Gesetz nicht vorgesehener Schutz der Minderheit
verlangt wird. Beschlüsse, die im Sinne der erwähnten Rechtsprechung
"den Rahmen vernünftiger Überlegungen nicht willkürlich sprengen", können
inhaltlich nicht offenbar rechtsmissbräuchlich sein.

    Das Gebot schonender Rechtsausübung, das die Klägerin und ihre
Rechtsberater aus Art. 2 und 737 Abs. 2 ZGB ableiten, ändert nichts. Eine
Kapitalerhöhung kann den Interessen aller Aktionäre zum vorneherein
nicht in gleicher Weise entsprechen. Das liegt in der Struktur des
Gesellschaftsrechtes begründet und ist vom Gesetzgeber auch für den
Fall, dass Minderheitsaktionäre sich an der Erhöhung nicht beteiligen,
in Kauf genommen worden. Mit dem Eintritt in die Gesellschaft unterwirft
der Aktionär sich bewusst dem Willen der Mehrheit und anerkennt, dass
diese auch dann bindend entscheidet, wenn sie nicht die bestmögliche
Lösung trifft und ihre eigenen Interessen unter Umständen denjenigen
der Gesellschaft und einer Minderheit vorgehen lässt (BGE 84 II 64, 95
II 163). Inwieweit die Mehrheitsaktionäre die Minderheit schonen können,
ohne gegen die eigenen Interessen und jene der Gesellschaft zu handeln,
ist zudem eine Frage des Ermessens. Der Richter darf nur einschreiten,
wenn die Mehrheitsaktionäre die Macht, die ihnen Art. 703 OR einräumt,
im Hinblick auf entgegengesetzte Interessen der Minderheitsaktionäre
offensichtlich missbraucht haben.

    c) Die I. Zivilabteilung hat in BGE 69 II 249/250 und 95 II 163
ausgeführt, wenn das Gebot der Gleichbehandlung nicht verletzt sei,
erübrige es sich, den Beschluss jeweilen auch noch unter dem Gesichtspunkt
des Art. 2 ZGB zu überprüfen. Es ist deshalb fraglich, ob die angefochtenen
Beschlüsse inhaltlich überhaupt offenbar rechtsmissbräuchlich sein können,
nachdem feststeht, dass sie weder gegen das Gebot der Gleichbehandlung
der Aktionäre noch gegen deren Recht auf Anteil am Reingewinn und am
Liquidationsergebnis verstossen. Zu dieser Frage braucht indessen nicht
Stellung genommen zu werden, da die Anbringen der Klägerin zur Begründung
des Vorwurfs offenbaren Rechtsmissbrauchs jedenfalls nicht genügen.

    d) Über die Behauptung, die Beklagte benötige weniger als 5,25
Millionen Franken, um die als Grund der Kapitalerhöhung angeführten Ziele
zu erreichen, hat das Handelsgericht nicht Beweis abgenommen. Es hält der
Klägerin vor, sie behaupte nicht, die beschlossene Kapitalerhöhung lasse
sich sachlich überhaupt nicht vertreten. Es sagt, ihre Einwendungen
richteten sich nur gegen die Wirtschaftlichkeit des Vorgehens der
Beklagten. Da der Kapitalbedarf zur Hauptsache mit der Anschaffung
einer Datenverarbeitungsanlage begründet werde, erscheine unter den
heutigen Verhältnissen und angesichts von Art und Grösse der Beklagten die
Kapitalerhöhung insofern sachlich mindestens vertretbar. Auch den weiteren
Kapitalbedarf für die Umstellung der "Weltwoche" auf Magazin-Format und
die eingeleitete Übernahme einer anderen schweizerischen Zeitschrift
erachte die Klägerin als wirtschaftlich ungerechtfertigt, ohne jedoch
völlige sachliche Unvertretbarkeit zu behaupten.

    Diese Ausführungen verstossen nicht gegen Art. 8 ZGB, wie die Klägerin
geltend macht. Es trifft nicht zu, dass das Handelsgericht damit unbesehen
auf Behauptungen der Beklagten abstelle; es setzt sich mit den Einwendungen
der Klägerin auseinander. Die Klägerin geht auch fehl, wenn sie vorbringt,
die Last des Beweises, dass die beschlossene Kapitalerhöhung nötig sei,
treffe die Beklagte. Es ist die Klägerin, die offenbaren Rechtsmissbrauch
behauptet und daher die Tatsachen zu beweisen hat, aus denen er sich
angeblich ergibt. Übrigens genügt die Behauptung, die Beklagte könnte
die verfolgten Ziele mit erheblich geringeren Mitteln erreichen, zur
Substanzierung eines offenbaren Rechtsmissbrauches nicht. Die Klägerin
hätte weitere Tatsachen behaupten müssen, aus denen sich offensichtlich
ergäbe, dass das Mass der Kapitalerhöhung gegen Treu und Glauben verstosse.

    Die Ausführungen des Handelsgerichts sind auch nicht "aktenwidrig",
wie die Klägerin sagt, womit sie wahrscheinlich ein offensichtliches
Versehen im Sinne von Art. 55 Abs. 1 lit. d und 63 Abs. 2 OG behaupten
will. Gewiss hat die Klägerin in der Replik ausgeführt, bei der
Firmengrösse der Beklagten sei ein Aufwand von 5 Millionen Franken für eine
Datenverarbeitungsanlage "weit übersetzt", der angebliche Kapitalbedarf
könne nicht stimmen, die Erhöhung des Kapitals auf 6 Millionen Franken
sei "offensichtlich übersetzt". Das kann aber sehr wohl dahin verstanden
werden, die Beklagte käme nach der derzeitigen Grösse ihres Unternehmens
augenscheinlich mit einer erheblich billigeren Datenverarbeitungsanlage
aus. Das heisst nicht, sie verfolge eine schlechterdings unhaltbare,
offensichtlich gegen Treu und Glauben verstossende Geschäftspolitik, indem
sie die derzeit zu leistungsfähige Datenverarbeitungsanlage gegen Entgelt
auch anderen mit ihr verbundenen Unternehmen zur Verfügung stellen will
und damit rechnet, sie später allenfalls ausschliesslich für die eigenen
Bedürfnisse zu benötigen. Das Handelsgericht durfte die Ausführungen der
Klägerin umsomehr als Behauptung blosser Unwirtschaftlichkeit der Anlage
verstehen, als die Klägerin in der Referentenaudienz die Expertise nur
dafür angerufen hatte, "dass die Beklagte nicht 5,2 bis 5,5 Millionen
neue Mittel braucht, nämlich 4,1 Millionen für die Datenverarbeitung, rund
800'000 für die geplante Umstellung der Weltwoche auf Magazin-Format und
rund 350'000 bis 500'000 für die Übernahme einer weiteren schweizerischen
Zeitschrift".

    Der Einwand der Klägerin, das Handelsgericht hätte allfällige Zweifel
über den Sinn ihrer Ausführungen durch sein Fragerecht beheben sollen,
ist nicht zu hören; denn nicht das Bundesrecht, sondern das kantonale
Prozessrecht bestimmt, ob und inwieweit das Gericht verpflichtet war,
der Klägerin Fragen zu stellen und sie zur Erläuterung oder Ergänzung
ihrer Anbringen zu bewegen.

    Das Bundesgericht darf im Berufungsverfahren auch nicht auf den Vorwurf
eintreten, in der Nichtabnahme der beantragten Beweise liege Willkür und
eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs. Diese Rüge hätte nur Gegenstand
einer staatsrechtlichen Beschwerde bilden können (Art. 43 Abs. 1 OG).

    e) Zur Frage sodann, inwiefern es offenbar rechtsmissbräuchlich
sei, dass die Beklagte die neuen Aktien nicht über pari ausgab, um
sich die benötigten 5,25 Millionen Franken zu verschaffen, schweigt
die Klägerin sich aus. Sie trägt nur vor, die Beklagte hätte das
Agio zur Verfolgung ihrer Ziele ausgeben dürfen und ihre Pflicht,
es buchmässig dem gesetzlichen Reservefonds gutzuschreiben oder zu
Abschreibungen zu verwenden (Art. 624 Abs. 3 OR), dennoch nachkommen
können. Diese Möglichkeit für sich allein konnte jedoch die Ausgabe
der Aktien zum Nennwert nicht rechtsmissbräuchlich machen. Die Klägerin
hätte dartun müssen, welche Tatsachen der Beklagten nach Treu und Glauben
schlechterdings verboten, die neuen Mittel ausschliesslich als Grundkapital
statt teilweise als Agio einzuverlangen.

    f) Die Klägerin führt auch nicht aus, inwiefern es offensichtlich
missbräuchlich gewesen sei, dass die Beklagte das Grundkapital
erhöhte, statt die gewünschten Mittel von den Mehrheitsaktionären zu
entlehnen. Es genügt nicht, zu behaupten, das alte Grundkapital von 0,75
Millionen Franken stehe nicht in einem Missverhältnis zum Umsatz der
Beklagten. Übrigens waren die Aktionäre nicht verpflichtet, der Beklagten
Darlehen zu machen.

    g) Die Beklagte handelte auch nicht offenbar gegen Treu und Glauben,
indem sie weder die Bezugsrechte verkäuflich erklärte, noch zugunsten der
alten Aktionäre Genusscheine ausgab. Das Gesetz verlangt nicht, dass die
Gesellschaft bei der Erhöhung des Grundkapitals darauf Rücksicht nehme,
ob die Aktionäre über das nötige Geld verfügen, um ihre Bezugsrechte selber
auszuüben. Übrigens hat die Klägerin nicht behauptet und Beweis angeboten,
dass es ihr finanziell unmöglich gewesen wäre, den ihr zustehenden Teil
der neuen Aktien zu zeichnen.

Erwägung 5

    5.- Die Klägerin macht schliesslich noch geltend, der von der Beklagten
beabsichtigte Aufwand für eine Datenverarbeitungsanlage und damit auch die
beschlossene Erhöhung des Grundkapitals verletzten Art. 2 der Statuten,
weil die Verfolgung des Gesellschaftszweckes sie nicht erfordere. Das
Verlagsgeschäft und die Herausgabe von Zeitungen und Zeitschriften
erforderten keine solche Anlage und nicht ein so hohes Grundkapital. Die
Beklagte eröffne mit der Anlage ein neues Tätigkeitsgebiet, nämlich
auf dem Dienstleistungssektor. Die Erhöhung des Grundkapitals auf das
Achtfache sprenge den ursprünglichen Rahmen der Gesellschaft völlig.

    Nach Art. 2 der Statuten bezweckt die beklagte Gesellschaft, Zeitungen
und Zeitschriften, insbesondere die Zeitung "Die Weltwoche", zu verlegen
und herauszugeben (Abs. 1). Die Gesellschaft kann im In- und Ausland
Zweigniederlassungen errichten, sich an anderen Unternehmungen des In-
und Auslandes beteiligen, gleichartige oder verwandte Unternehmen erwerben
oder errichten, sowie alle Geschäfte eingehen und Verträge abschliessen,
die geeignet sind, den Zweck der Gesellschaft zu fördern, oder direkt
oder indirekt damit zusammenhängen (Abs. 2). Die Gesellschaft kann auch
Grundstücke erwerben, belasten und veräussern (Abs. 3).

    Diese Bestimmungen setzen der Beklagten hinsichtlich der
technischen Mittel, deren sie sich bedienen darf, um "Zeitungen
und Zeitschriften, insbesondere die Zeitschrift ,Die Weltwoche',
zu verlegen und herauszugeben", keinerlei Schranken. Die Wendung,
die Beklagte dürfe "alle Geschäfte eingehen und Verträge abschliessen,
die geeignet sind, den Zweck der Gesellschaft zu fördern, oder direkt
oder indirekt damit zusammenhängen", spricht im Gegenteil für weiteste
Freiheit. Die Anschaffung einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage,
die der Beklagten die Verwaltung ihres Unternehmens erleichtern soll,
ist daher durch den statutarischen Zweck der Gesellschaft sogut gedeckt
wie z.B. der Ankauf von Druckerpressen, Papier und allen anderen Dingen,
welche die Beklagte im Unternehmen benötigt. Dass die Beklagte, wie
sie an der Generalversammlung vom 29. Februar 1972 bekanntgab, die
Datenverarbeitungsanlage auch anderen mit ihr verbundenen Gesellschaften
gegen Entgelt zum Gebrauch überlassen will, ändert nichts. Damit
richtet sie nicht einen Dienstleistungsbetrieb auf dem Gebiete der
Datenverarbeitung ein, sondern nützt sie nur die Leistungsfähigkeit der
Anlage, soweit sie diese vorläufig nicht für das eigene Unternehmen
benötigt, besser aus. Sie macht damit nichts grundsätzlich anderes,
als wenn sie für ihre Bedürfnisse z.B. einen Neubau erstellen, ihn
wegen der Möglichkeit der Weiterentwicklung ihres Unternehmens zu gross
bemessen und die einstweilen nicht benötigten Räume an Dritte vermieten
würde. Dass sie durch ihr Vorgehen den Zweck der Gesellschaft überschreite,
kann umso weniger gesagt werden, als die Datenverarbeitungsanlage
nur von Gesellschaften mitbenützt werden soll, die mit der Beklagten
verbunden sind. Die Klägerin behauptet nicht, die Beziehungen zu
diesen Gesellschaften lägen ausserhalb des in Art. 2 der Statuten
umschriebenen Zweckes. Ob es wirtschaftlich oder unwirtschaftlich ist,
die Anlage nicht ausschliesslich den eigenen Bedürfnissen der Beklagten
anzupassen, ist für die Frage, ob der Gesellschaftszweck überschritten
sei, bedeutungslos. Art. 2 der Statuten verbietet der Beklagten nicht,
in der Verfolgung ihres Zweckes Beschlüsse zu fassen, über deren
Wirtschaftlichkeit sich streiten lässt. Diese Bestimmung kann auch nicht
deshalb verletzt sein, weil die angefochtenen Beschlüsse das Grundkapital
um das Siebenfache des bisherigen Bestandes erhöhen. Art. 2 der Statuten
sagt nicht, die Beklagte dürfe ihren Zweck nur insoweit verfolgen, als
die hiezu benötigten Gelder innerhalb bestimmter Grenzen blieben.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichtes des
Kantons Zürich vom 5. September 1972 bestätigt.