Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 II 268



99 II 268

36. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. November 1973
i.S. Speissegger gegen Glogg AG. Regeste

    Rechtsgeschäft unter Lebenden oder von Todes wegen.

    Gilt ein Vertrag über ein Kaufsrecht, das erst nach dem Ableben des
Verpflichteten ausgeübt werden kann, als Rechtsgeschäft unter Lebenden
oder als solches von Todes wegen? Die Abgrenzung hat nicht schematisch
auf Grund eines abstrakten Kriteriums, sondern einer Würdigung aller
Umstände des konkreten Falles zu erfolgen.

Sachverhalt

                       Aus dem Tatbestand:

    A.- Georg Speissegger, geb. 1880, übertrug mit öffentlich beurkundetem
"Kaufvertrag" vom 28. August 1962 der Firma Willy Glogg AG verschiedene
Grundstücke mit den dazugehörenden Gebäuden. Unter den "weitern
Bestimmungen" des Kaufvertrages räumte er der Firma Willy Glogg AG zudem
für die Dauer von 15 Jahren, von der Eigentumsübertragung an gerechnet, an
den Parzellen Nr. 439, 441, 488 und 492 sowie am Rest der Parzelle Nr. 437
ein Kaufsrecht ein. Hiezu vereinbarten die Vertragsparteien noch folgendes:

    "Für den Fall, dass der heutige Verkäufer beabsichtigt, auf dem
Grundstück Parz. No. 492 ein Einfamilienhaus für seine eigenen Bedürfnisse
zu erstellen, verzichtet die Kaufsberechtigte auf den spätern Erwerb
dieser Parzelle. Das Kaufsrecht ist in diesem Falle mit Bezug auf dieses
Grundstück zu löschen.

    Das Kaufsrecht ist unübertragbar. Es kann erst nach dem Ableben des
Kaufsrechtsbelasteten ausgeübt werden, und ist für die Dauer von zehn
Jahren, vom Datum der Eigentumsübertragung an gerechnet, im Grundbuch
vorzumerken.

    7. Der Verkäufer G. Speissegger verpflichtet sich, bei irgendwelchen
Verhandlungen mit der Ausführungskommission der Meliorationsgenossenschaft
Hittnau über die Neuzuteilung oder irgendwelche andern Fragen, welche
den Grundbesitz des Verkäufers tangieren, die Käuferin beizuziehen."

    Am 8. Juli 1963 schloss Georg Speissegger mit der Firma Willy Glogg
sodann noch einen öffentlich beurkundeten "Kaufrechtsvertrag" ab, worin er
der genannten Firma an weitern Gebäuden sowie ca. 17 a Land ein Kaufsrecht
einräumte. Der Vertrag enthielt unter anderem folgende Bestimmungen:

    "2. Das Kaufsrecht ist unübertragbar. Es kann erst nach dem Ableben
des Kaufsrechtsbelasteten ausgeübt werden, und ist für die Dauer von zehn
Jahren, vom Tage der Eigentumsübertragung der belasteten Liegenschaft
an Georg Speissegger an gerechnet, bei der belasteten Liegenschaft im
Grundprotokoll vorzumerken. Das Kaufsrecht selber dauert 15 Jahre vom
obgenannten Tage der Eigentumsübertragung an gerechnet.

    6. Der Kaufsrechtsbelastete verpflichtet sich, bei irgendwelchen
Verhandlungen mit der Ausführungskommission der Meliorationsgenossenschaft
Hittnau über die Neuzuteilung oder irgendwelche andern Fragen, welche
den Grundbesitz des Belasteten tangieren, die Kaufsrechtsberechtigte
beizuziehen."

    Georg Speissegger starb am 10. Juli 1970. In der Folge versuchte
die Firma Willy Glogg AG, gegenüber seinen Erben ihre Kaufsrechte
geltend zu machen. Die Erben stellten sich jedoch auf den Standpunkt,
die Kaufrechtsverträge seien nichtig, weil sie nicht in den Formen des
Erbvertrages (unter Mitwirkung zweier Zeugen) abgeschlossen worden seien.

    B.- Am 23. Juli 1971 leitete die Firma Willy Glogg AG beim
Bezirksgericht Pfäffikon (ZH) gegen die Erben des Georg Speissegger Klage
ein. Sie beantragte, es sei festzustellen, dass die öffentlich beurkundeten
Kaufrechtsverträge zwischen Georg Speissegger und der Klägerin Geschäfte
unter Lebenden und nicht Geschäfte von Todes wegen darstellen.

    Das Bezirksgericht Pfäffikon und das Obergericht des Kantons Zürich
hiessen die Klage gut. Das Bundesgericht hat die Berufung der Beklagten
abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes bestätigt.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Das Bundesgericht hatte sich in BGE 84 II 247 ff.  mit einem
"Vorkaufsvertrag" zu befassen, der unter anderem die Bestimmung enthielt,
dass das Vorkaufsrecht, sofern es innert der gesetzlichen Maximaldauer
von zehn Jahren nicht wirksam werden sollte, erst mit dem Ableben der
Eigentümerin untergehe und dass der Vorkaufsberechtigte sich zu diesem
Zeitpunkt entscheiden solle, ob er alsdann das Objekt antreten oder den
gesetzlichen Erben überlassen wolle. Gestützt auf diesen Vertrag war
im Grundbuch ein Vorkaufsrecht vorgemerkt worden. Das Bundesgericht
nahm an, der Vertrag habe dem Berechtigten in Wirklichkeit neben dem
Vorkaufsrecht auch ein beim Tode der Erblasserin wirksam werdendes
Kaufsrecht eingeräumt. In diesem Zusammenhang führte es unter anderem aus,
bei der Prüfung der Frage, ob man es bei der Bestellung dieses Kaufsrechtes
mit einem Geschäft unter Lebenden oder mit einer Verfügung von Todes wegen
(deren Form nicht gewahrt wäre) zu tun habe, dürfe dieser Akt nicht für
sich allein betrachtet werden. Das Kaufsrecht hänge mit dem eingeräumten
Vorkaufsrecht eng zusammen. Da der Vertrag eine Einheit bilde und darauf
angelegt sei, neben dem sofort in Kraft tretenden Vorkaufsrecht auch das
erst mit dem Tode der Erblasserin wirksam werdende Kaufsrecht schon zu
Lebzeiten zu sichern, sei der ganze Vertrag als Geschäft unter Lebenden
zu betrachten.

    MERZ (ZbJV 95/1959, S. 426 ff) erwähnte zu diesem Entscheid,
das Bundesgericht setze in einer praktisch wichtigen und dogmatisch
subtilen Frage die mit BGE 46 II 234 f und 50 II 373 f begründete Praxis
fort. GUISAN (Festgabe Lausanne 1934, S. 34/35 und 39) habe den dieser
Praxis zugrunde liegenden Gedanken verallgemeinert und ein Geschäft
unter Lebenden immer dann bejaht, wenn noch ein anderer Rechtsgrund
als die blosse Zuwendung auf den Todesfall festgestellt werden könne,
insbesondere wenn sie im Rahmen eines Geschäftes unter Lebenden und in
funktionellem Zusammenhang mit dessen Bestimmungen stehe. Ob mit dem
vieldeutigen Begriff des Rechtsgrundes eine saubere und praktikable
Abgrenzung vorgenommen werden könne, sei allerdings fraglich. In
grundsätzlicher Beziehung werde eher in Übereinstimmung mit Theorie
und Praxis zu Art. 245 OR (Schenkung auf den Todesfall) danach zu
unterscheiden sein, ob die Bindung schon das Vermögen oder erst den
Nachlass betreffe. Die praktischen Ergebnisse beider Betrachtungsweisen
dürften indessen weitgehend übereinstimmen. Ausnahmsweise dürfe ein
aus Elementen der Zuwendung auf den Todesfall und des Geschäftes unter
Lebenden bestehendes Rechtsgeschäft einheitlich geordnet werden. Wo nicht
ein besonderes Schutzbedürfnis der Erben oder Gläubiger im Spiele stehe,
spreche die Rücksichtsnahme auf die Absichten des Erblassers für die
Aufrechterhaltung seines Rechtsgeschäftes in der einen oder andern Form.

    b) In der Folge hat sich das Bundesgericht in BGE 93 II 223 ff. erneut
mit der Abgrenzung des Rechtsgeschäftes unter Lebenden vom Rechtsgeschäft
von Todes wegen befasst. Es näherte sich dabei der von Merz vertretenen
Auffassung und führte unter anderem aus, zur Abgrenzung dieser beiden
Arten von Rechtsgeschäften sei auf den Zeitpunkt abzustellen, "auf den
das Geschäft seinem typischen Entstehungszweck und seiner juristischen
Natur nach seine Wirkungen zu äussern bestimmt ist"; massgebend sei
"ob diese Wirkungen beim Tod oder zu Lebzeiten des oder der Handelnden
eintreten sollen". Da in jenem Fall das Geschäft gemäss dem eindeutigen
Willen der Parteien erst nach dem Ableben des Erblassers wirksam werden
sollte (die Parteien hatten den Vertrag mit der Aufschrift "Letztwillige
Verfügung" versehen und verschlossen bei der Gemeinde hinterlegt), wurde
es vom Bundesgericht als Rechtsgeschäft von Todes wegen qualifiziert.

    Dieser Entscheid wurde von MERZ (ZbJV 104/1968, S. 480) gebilligt.
HAUSHEER (Grenzfragen des Erbrechts und ihre Reflexwirkung auf das
Grundbuch, in ZBGR 1971 S. 259) bemerkte, dass gegen das vom Bundesgericht
aufgestellte, weitgehend von TUOR übernommene Unterscheidungskriterium
bei aller Verschiedenheit der Formulierung in der Lehre kein Widerstand
zu erwarten sei. Er fügte unter anderem bei, schwierig sei im einzelnen
Fall allerdings die Beurteilung der entscheidenden Frage, ob der
rechtsgeschäftliche Wille der Parteien auf das Vermögen oder den Nachlass
gerichtet sei; wenn in einem Vertrag der Erfüllungszeitpunkt auf den Tod
des Zuwendenden oder später festgelegt werde, könne daraus noch nicht
ohne weiteres auf ein Rechtsgeschäft mortis causa geschlossen werden.

    PIOTET (de la distinction entre actes entre vifs et actes à cause
de mort in JdT 1968 I S. 354 ff) erklärte dagegen, das Problem sei
komplexer als das Bundesgericht es dargestellt habe, und er wies den
Praktiker darauf hin, "qu'il ne serait pas prudent de prendre à la
lettre l'arrêt examiné et d'appliquer de manière simpliste le critère
qu'il utilise". Ein Geschäft, das Wirkungen zu Lebzeiten des Erblassers
entfalte, sei kein Rechtsgeschäft von Todes wegen; der Umkehrschluss
sei jedoch nicht zulässig, denn ein Rechtsgeschäft unter Lebenden könne
auch gewollt sein, wenn es erst Wirkungen nach dem Tod des Erblassers
zeitige (S. 355 oben); ob ein Rechtsgeschäft unter Lebenden oder ein
solches von Todes wegen vorliege, könne nicht auf Grund eines abstrakten
Unterscheidungskriteriums, sondern nur auf Grund einer Würdigung und
Interpretation der im einzelnen Fall vorliegenden Beweise entschieden
werden, wobei zur Erleichterung der Wahrheitsfindung auch auf tatsächliche
Vermutungen zurückgegriffen werden dürfe (S. 357 oben). PIOTET hält dafür,
ein zweiseitiges entgeltliches Rechtsgeschäft, das Leistungen beim Tod des
Erblassers oder später vorsieht, sei in der Regel eher als Rechtsgeschäft
unter Lebenden zu qualifizieren; wenn es an die Bedingung des Überlebens
des Zuwendungsempfängers geknüpft sei, spreche die Vermutung eher für ein
Rechtsgeschäft von Todes wegen, ausgenommen wenn ein oder mehrere Elemente
darauf hindeuteten, dass das Geschäft nach dem Willen der Parteien schon
zu Lebzeiten des Erblassers Wirkungen entfalten solle. Als Beispiel führt
er den Fall an, in dem die Parteien an einer Liegenschaft des Erblassers
ein Kaufsrecht vereinbaren, dessen Ausübung zwar an die Bedingung des
Überlebens des Zuwendungsempfängers geknüpft wird. das aber im Grundbuch
vorzumerken ist. Die Vereinbarung der sofortigen Vormerkung deutet nach
PIOTET darauf hin, dass ein Recht schon zu Lebzeiten des Erblassers
existiert und das Geschäft demzufolge als Rechtsgeschäft unter Lebenden
zu qualifizieren ist (S. 358 f).

    Diese Ausführungen PIOTETS stellen keinen Widerspruch zu den
Erwägungen des bundesgerichtlichen Urteils 93 II 223 ff. dar. Das
Bundesgericht brachte bereits in diesem Entscheid (S. 226) sinngemäss
zum Ausdruck, es sei jeweils auf Grund einer Würdigung aller Umstände
des einzelnen Falles, vor allem unter Mitberücksichtigung des Willens der
Vertragsschliessenden (Entstehungszweck) zu beurteilen, ob das Geschäft
von den Vertragsschliessenden dazu bestimmt worden sei, das Vermögen des
Verpflichteten oder erst dessen Nachlass zu belasten, bzw. in welchem
Zeitpunkt nach dem Willen der Vertragsschliessenden seine Wirkungen
eintreten sollten. Die Abgrenzung des Rechtsgeschäftes unter Lebenden von
den Verfügungen von Todes wegen ist somit auch nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung nicht schematisch auf Grund eines abstrakten Kriteriums,
sondern einer Würdigung aller Umstände des konkreten Falles vorzunehmen.

Erwägung 3

    3.- a) Die umstrittenen Kaufrechtsverträge hängen mit dem am
28. August 1962 abgeschlossenen Kaufvertrag eng zusammen. Das zuerst
eingeräumte Kaufsrecht wurde mit dem Kaufvertrag im gleichen Schriftstück
verurkundet. Das würde nach der angeführten Meinung Guisans für die Annahme
eines Rechtsgeschäftes unter Lebenden bereits ausreichen. Sodann ging
es der Klägerin, wie die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich
feststellte, beim Abschluss der Kaufrechtsverträge um die Arrondierung
ihres mit Kaufvertrag vom 28. August 1962 erworbenen Grundbesitzes,
was ebenfalls für einen Zusammenhang der beiden Geschäfte spricht.

    b) Dass Speissegger die Klägerin zur Erbin habe einsetzen wollen, wird
nicht behauptet. Nach den verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen
haben die Parteien auch die Ausrichtung eines Vermächtnisses nicht
gewollt. Erbrechtliche Ausdrücke, wie sie normalerweise in einem
Rechtsgeschäft von Todes wegen Verwendung finden (wie "Erbeinsetzung",
"Vermächtnis" usw.), fehlen in den streitigen Verträgen (im Gegensatz zu
dem in BGE 93 II 223 ff. behandelten Falle).

    c) Die Vorinstanz gelangte auf Grund einer Würdigung der Umstände
zum Ergebnis, es sei zu vermuten, dass der Wille der Vertragsparteien auf
eine lebzeitige rechtsgeschäftliche Bindung Speisseggers gerichtet gewesen
sei. Das ist eine auf Grund der Beweiswürdigung getroffene Feststellung
tatsächlicher Art, die das Bundesgericht bindet (Art. 63 Abs. 2 OG). Was
die Beklagten dagegen vorbringen, ist Kritik an der vorinstanzlichen
Beweiswürdigung, die im Berufungsverfahren vor Bundesgericht nicht
zulässig ist. Dass die vorinstanzliche Beweiswürdigung willkürlich sei,
behaupten die Beklagten zu Recht nicht.

    d) Die beiden Kaufrechtsverträge äusserten insofern Wirkungen zu
Lebzeiten Speisseggers, als dieser verpflichtet war, bei Verhandlungen
mit der Meliorationsgenossenschaft über die Neuzuteilung oder irgendwelche
andere seinen Grundbesitz betreffende Fragen die Klägerin beizuziehen.

    e) Die Vertragsparteien haben das Kaufsrecht im Grundbuch vormerken
lassen. Wie die Vorinstanz zutreffend ausführte, kann dies zusammen
mit den andern angeführten Umständen als Indiz dafür gewertet werden,
dass die Parteien ein Geschäft unter Lebenden abschliessen wollten. Die
Vormerkung zeitigte schon zu Lebzeiten Speisseggers gewisse Wirkungen,
sodass angenommen werden darf, der Parteiwille sei bereits auf derartige
lebzeitige Wirkungen gerichtet gewesen.

    f) Schliesslich durfte die Vorinstanz bei ihrer Vertragsauslegung
und Beweiswürdigung auch tatsächliche Vermutungen mitberücksichtigen
(zum Problem der tatsächlichen Vermutungen: vgl. KUMMER, N. 362 ffzu
Art. 8 ZGB). Es ist allgemein bekannt, dass Rechtsgeschäfte von Todes
wegen besonderen Formvorschriften unterstehen. Wenn die Parteien diese
Formvorschriften nicht einhalten, ist dies ein Indiz dafür, dass sie
ein Rechtsgeschäft unter Lebenden abschliessen wollen (dazu PIOTET, aaO
S. 357 Ziff. 2). Nach dem Grundsatz des favor negotii ist sodann eher ein
gültiges Rechtsgeschäft unter Lebenden als ein ungültiges Rechtsgeschäft
von Todes wegen anzunehmen, wenn beide Arten von Rechtsgeschäften möglich
sind (PIOTET, aaO, S. 358 Ziff. 4).

    g) Berücksichtigt man alle diese Momente in ihrer Gesamtheit,
dann verstiess die Vorinstanz nicht gegen Bundesrecht, wenn sie die
Kaufrechtsverträge als Rechtsgeschäfte unter Lebenden qualifizierte.

Erwägung 4

    4.- Die Beklagten stützen sich zur Begründung ihres gegenteiligen
Standpunktes im wesentlichen auf den Wortlaut der Kaufrechtsklauseln
und die Tatsache, dass die Haupt- und Gegenleistung erst nach dem Tode
Speisseggers zu erfüllen war. Auf diese Punkte darf indessen nicht
allein abgestellt werden, da die Abgrenzung zwischen den beiden Arten
von Rechtsgeschäften auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände
vorzunehmen ist.

    Nach der Ansicht der Beklagten darf aus der Vormerkung der Kaufsrechte
nicht geschlossen werden, die Vertragsparteien hätten ein Rechtsgeschäft
unter Lebenden tätigen wollen, da auch ein erbvertraglich begründetes
Kaufsrecht im Grundbuch vorgemerkt werden dürfe. Ob die letzte Behauptung
richtig ist (was vom Notariatsinspektor bestritten wird), kann offen
bleiben. Müsste ihr beigetreten werden, dann dürfte doch zumindest aus der
erfolgten Vormerkung in Verbindung mit den andern angeführten Umständen
abgeleitet werden, dass die Vertragsparteien ein Rechtsgeschäft unter
Lebenden gewollt hatten. Selbst wenn aber die erfolgte Vormerkung nichts
beitragen könnte zur Beurteilung der Frage, ob ein Rechtsgeschäft unter
Lebenden oder ein solches von Todes wegen gewollt gewesen war, bleiben
immer noch genügend Anhaltspunkte für die Qualifizierung der fraglichen
Kaufsrechtsverträge als Rechtsgeschäfte unter Lebenden.

    Ob allgemein die Möglichkeit besteht, auf den Tod gestellte
Kaufrechtsverträge in der Form eines Rechtsgeschäftes von Todes wegen
abzuschliessen, ist hier nicht zu entscheiden. In diesem Verfahren ist
lediglich zu prüfen, ob die beiden Kaufrechtsverträge vom 28. August 1962
und 8. Juli 1963 Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder solche von Todes
wegen sind. Die Ausführungen der Vorinstanz beziehen sich denn auch auf
die beiden im Streite liegenden Kaufrechtsverträge. Aus dem angefochtenen
Urteil kann deshalb, entgegen der Meinung der Beklagten, nicht abgeleitet
werden, die Vorinstanz habe generell die Möglichkeit verneinen wollen,
auf den Tod gestellte Kaufrechtsverträge als Rechtsgeschäfte von Todes
wegen zu qualifizieren.

    Der Typus eines Vertrages ergibt sich nach Auffassung der
Beklagten aus den sogenannten "essentialia negotii". Da in den
Kaufrechtsverträgen die Klausel, dass die Kaufsrechte erst nach dem
Ableben des Kaufrechtsbelasteten ausgeübt werden könnten, auf ein
Rechtsgeschäft von Todes wegen hinweise, allen andern essentialia
negotii und Nebenabreden sich nach Art ihrer Abfassung und ihrem
Inhalt aber nicht entnehmen lasse, ob eine lebzeitige Verpflichtung von
Speissegger im Sinne eines Rechtsgeschäftes unter Lebenden beabsichtigt
war, seien die Kaufrechtsverträge als Rechtsgeschäfte von Todes wegen
zu qualifizieren. Bei dieser Argumentation stellen die Beklagten jedoch
einseitig auf gewisse Formulierungen in den Verträgen ab und lassen dabei
andere Vertragsbestimmungen sowie alle übrigen Umstände ausser Betracht,
was nach der angeführten Rechtsprechung nicht zulässig ist.

    Dass alte Leute - (Speissegger war bei Abschluss der Kaufrechtsverträge
82 bzw. 83 Jahre alt) - "praktisch ohne Ausnahme keine lebzeitigen
Verfügungen über ihr vorhandenes Eigentum mehr treffen", ist eine
Behauptung, für welche die Beklagten den Beweis schuldig bleiben. Nach
der verbindlichen vorinstanzlichen Feststellung schloss Speissegger die
Kaufrechtsverträge ab, weil er die fraglichen Grundstücke zu Lebzeiten noch
zu behalten wünschte. Ein solches Verhalten ist auch bei alten Leuten
einfühlbar und liegt jedenfalls nicht ausserhalb jeder Norm. Wenn die
Vorinstanzen demnach davon ausgingen, das hohe Alter Speisseggers spreche
nicht zwingend dagegen, dass dieser ein Rechtsgeschäft unter Lebenden
habe abschliessen wollen, kann darin keine Verletzung von Bundesrecht
erblickt werden.

    Richtig ist, dass Speissegger am 14. August 1969 über das fragliche
Land noch einen zehnjährigen Pachtvertrag mit Boller abschloss. Die
Beklagten leiten daraus ab, Speissegger sei beim Abschluss der
Kaufrechtsverträge der Meinung gewesen, zu Lebzeiten noch frei zu sein und
durch die Verträge lediglich seinen Nachlass zu belasten. Die Vorinstanz
mass dem Abschluss des Pachtvertrages jedoch keine Bedeutung bei, weil
sie annahm, Speissegger habe damals die Existenz der Kaufrechtsverträge
einfach vergessen oder sich über deren Verhältnis zum Pachtvertrag
keine Gedanken gemacht. Diese Annahme ist vertretbar und verletzt keine
Bestimmung des Bundesrechts. Sofern Speissegger das Kaufrechtsobjekt
(eine landwirtschaftliche Liegenschaft) nicht mehr selbst bewirtschaften
wollte, war er zu dessen Verpachtung geradezu gezwungen. Machte der
Pächter den Abschluss eines Pachtvertrages von einer zehnjährigen
Vertragsdauer abhängig, musste Speissegger diese Bedingung wohl oder
übel eingehen. Welche Rechtsfolgen sich daraus für seine Erben und die
das Kaufsrecht ausübende Klägerin ergeben werden, konnte er der Zukunft
überlassen. Der Abschluss des Pachtvertrages trägt demnach auch unter
diesem möglichen Gesichtspunkt nichts zur Beantwortung der Frage bei,
ob die Kaufrechtsverträge Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder solche von
Todes wegen seien.

    Im Vertrag vom 28. August 1962 wurde bestimmt, dass das Kaufsrecht
mit Bezug auf Parzelle Nr. 492 erlösche, falls Speissegger auf dieser
Parzelle ein Einfamilienhaus für eigene Bedürfnisse zu erstellen
beabsichtige. Dies beweist entgegen der Meinung der Beklagten nicht, dass
die Kaufrechtsverträge Rechtsgeschäfte von Todes wegen gewesen seien,
da beim allfälligen Bau eines Einfamilienhauses durch Speissegger das
Kaufsrecht an den andern im Vertrag vom 28. August 1962 angeführten
Grundstücken bestehen blieb.

    Speissegger schloss den Kaufrechtsvertrag vom 8. Juli 1963 unter
dem Vorbehalt ab, dass der Kaufvertrag zwischen Frau Rosa Jucker-Furrer
(als Verkäuferin) und ihm (als Käufer) vom 8. Juli 1963 zur Eintragung ins
Grundprotokoll angemeldet werde. Er hatte demnach einen Kaufrechtsvertrag
über ein Grundstück abgeschlossen, das sich in diesem Zeitpunkt noch
nicht in seinem Eigentum befand. Inwiefern dieser Umstand gegen die
Annahme eines Rechtsgeschäftes unter Lebenden sprechen sollte, ist nicht
ersichtlich. Die Rüge der Beklagten ist diesbezüglich nicht substanziert.