Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 III 66



99 III 66

14. Entscheid vom 18. Dezember 1973 i.S. Konkursmasse IBZ Finanz AG und
Wirtschaftsbank Zürich AG. Regeste

    Lastenverzeichnis im Konkurs; Umfang der Pfandhaft.

    1.  Faustpfandberechtigte an Schuldbriefen sind im Konkurs des
Grundeigentümers legitimiert, gegen eine Verfügung des Konkursamtes,
die den Umfang der Pfandhaft betrifft, Beschwerde zu führen (Erw. 1).

    2.  Ein Lastenverzeichnis, das keine klare Entscheidung darüber
enthält, ob sich die Pfandhaft auf die Zugehör erstrecke oder nicht,
ist nachträglich zu ergänzen und neu aufzulegen (Erw. 2, 4).

    3.  Das Lastenverzeichnis kann durch die Steigerungsbedingungen nicht
abgeändert werden (Erw. 3).

Sachverhalt

    A.- Der Wirtschaftsbank Zürich AG steht ein Faustpfandrecht an
den am 29. Mai 1964 errichteten und der IBZ Finanz AG gehörenden
Schuldbriefen im 4. Rang im Gesamtbetrag von Fr. 600 000.-- auf der
Liegenschaft Hotel Continental in Lausanne zu. Gemäss dem Text der
Pfandtitel umfasst die Pfandhaft auch die Hotelzugehör. Im Konkurs der
Eigentümerin der Liegenschaft, der Kommanditgesellschaft W. Fuchs &
Co., wurden die Schuldbriefe von der IBZ Finanz AG, die inzwischen
ebenfalls in Konkurs gefallen war, angemeldet und kolloziert. Das
Faustpfandrecht der Wirtschaftsbank wurde im Konkurs über die IBZ Finanz
AG berücksichtigt. Hinsichtlich der Liegenschaft Hotel Continental
enthält das Lastenverzeichnis im Konkurs W. Fuchs & Co. folgenden Vermerk:

    "Mention: Accessoires de Fr. 338 317.80

    Dat. 5.11.1949    No. 234 632

    Bemerkung: Diese Anmerkung betrifft das Mobiliar des alten,
abgebrochenen Hotels; es ist nicht mehr vorhanden. Siehe Brief des
Konkursamtes Lausanne vom 24. November 1965."

    Das Lastenverzeichnis wurde nicht angefochten.

    Die Versteigerung der Liegenschaft wurde auf den 25. März 1969
angesetzt. Die Konkursverwaltung im Konkurs der IBZ Finanz AG, die eine
Steigerungsanzeige erhalten hatte, orientierte die Wirtschaftsbank darüber
und teilte ihr mit, sie müsse ihre Interessen als Faustpfandgläubigerin
der Schuldbriefe selbst wahrnehmen; insbesondere sei es an ihr, in die
in Lausanne aufliegenden Steigerungsbedingungen Einsicht zu nehmen und
allenfalls an der Steigerung mitzubieten. Bezüglich der Haftung der
Zugehör ist in den Steigerungsbedingungen folgendes festgehalten:

    "Lors du dépôt de l'état des charges, les biens meubles se trouvant à
l'Hôtel Continental n'ont pas été considérés comme étant des accessoires
de l'immeuble. Ils seront néanmoins réalisés en bloc avec l'immeuble,
mais la question de la répartition du produit de la vente est expressément
réservée."

    Auch die Steigerungsbedingungen blieben unangefochten. Am 27. Juli 1972
nahm der Vertreter der Wirtschaftsbank Einsicht in den beim Konkursamt
Altstetten-Zürich aufliegenden Kollokationsplan im Konkurs W. Fuchs &
Co. Bei dieser Gelegenheit erklärte ihm der Konkursbeamte, dass der
IBZ Finanz AG für die fraglichen Schuldbriefe kein Treffnis aus dem auf
die Zugehör entfallenden Teil des Zuschlagspreises zukommen werde. Mit
Brief vom 3. August 1972 ersuchte die Wirtschaftsbank das Konkursamt,
diese Frage nochmals zu prüfen und allenfalls das Lastenverzeichnis neu
aufzulegen. Das Konkursamt teilte ihr jedoch mit Schreiben vom 31. August
1972 mit, es halte an seiner Auffassung fest und lehne die Neuauflage
des Lastenverzeichnisses ab.

    B.- Mit Eingabe vom 11. September 1972 erhoben darauf die Konkursmasse
der IBZ Finanz AG und die Wirtschaftsbank Beschwerde beim Bezirksgericht
Zürich als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde mit dem Antrag, das
Konkursamt Altstetten-Zürich als Konkursverwaltung im Konkurs der W.
Fuchs & Co. sei anzuweisen, das Lastenverzeichnis über die Liegenschaft
Hotel Continental in bezug auf die Haftung des Hotelmobiliars als
Zugehör zugunsten der den Beschwerdeführerinnen zustehenden Schuldbriefe
klarzustellen und neu aufzulegen. Das Bezirksgericht wies die Beschwerde am
20. Dezember 1972 ab, soweit es darauf eintrat. Einen Rekurs gegen diesen
Entscheid wies das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale
Aufsichtsbehörde mit Beschluss vom 13. März 1973 ab.

    C.- Gegen diesen Beschluss rekurrieren die Wirtschaftsbank und die
IBZ Finanz AG unter Erneuerung ihres Antrags an die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Das Obergericht hat der Wirtschaftsbank die Legitimation zur
Beschwerdeführung abgesprochen mit der Begründung, diese stehe als
Faustpfandgläubigerin einer Pfandgläubigerin in keiner rechtlichen
Beziehung zum Konkursverfahren über die W. Fuchs & Co; sie werde durch
die Verwertung der Schuldbriefe nur tatsächlich berührt.

    Zur Beschwerde nach Art. 17 SchKG legitimiert sind die Parteien des
Betreibungsverfahrens und solche Drittpersonen, die durch die angefochtene
Verfügung in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen werden
(BGE 96 III 61, 87 III 4 mit Hinweisen). Als Faustpfandbesitzerin der
Schuldbriefe hat die Wirtschaftsbank ein eigenes Interesse daran, dass
sich die Pfandhaft auf die Hotelzugehör erstreckt. Und zwar kann sie
dieses Interesse im Konkurs des Eigentümers der verpfändeten Liegenschaft
selbst wahrnehmen. Dritte mit Faustpfandrechten an Grundpfandtiteln
sind gemäss Art. 40 Abs. 1 KV verpflichtet, diese Titel dem Konkursamt
abzuliefern, wenn der Grundeigentümer in Konkurs fällt. Sie können ihre
Faustpfandrechte in diesem Konkurs anmelden, auch wenn sich ihre Forderung
nicht gegen den Gemeinschuldner richtet. Soweit möglich sind solche
Pfandansprachen übrigens von Amtes wegen zu berücksichtigen (Art. 246
SchKG; BGE 64 III 70). Sie sind ins Lastenverzeichnis aufzunehmen und
unterliegen dem Lastenbereinigungs- bzw. Kollokationsverfahren (BGE 64 III
70/71). Hat aber die Wirtschaftsbank das Recht, ihre Faustpfandansprache
im Konkurs der W. Fuchs & Co. anzumelden, und unterliegt diese Ansprache
dort dem Lastenbereinigungsverfahren, so ist sie durch eine Verfügung
des Konkursamtes, welche den Umfang der Pfandhaft betrifft, in ihren
rechtlichen Interessen tangiert. Ihre Beschwerdelegitimation ist daher
zu bejahen.

Erwägung 2

    2.- Mit unbenutztem Ablauf der Frist von Art. 250 Abs. 1 SchKG erwächst
das Lastenverzeichnis bzw. der Kollokationsplan, dessen Bestandteil es
ist, in Rechtskraft. Dies setzt aber voraus, dass die Konkursverwaltung
überhaupt über den angemeldeten Anspruch befunden hat. Als Entscheid im
Sinne von Art. 245. SchKG kann nur eine Erklärung der Konkursverwaltung
gelten. die in unmissverständlicher Weise zu erkennen gibt, ob und in
welchem Ausmass der betreffende Gläubiger am Konkursergebnis teilnehmen
soll. Fehlt es daran, so kann die Unterlassung der Kollokationsklage dem
Gläubiger nicht schaden (BGE 97 III 42/43 mit Hinweisen, 85 III 95 ff.).

    Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, enthält das Lastenverzeichnis
im vorliegenden Fall keinen klaren und eindeutigen Entscheid darüber,
ob sich die Pfandhaft auch auf die Zugehör erstrecke oder nicht. Der
Vermerk, die Zugehöranmerkung im Grundbuch betreffe das Mobiliar des
abgebrochenen Hotels, lässt die Frage offen, wie es sich mit demjenigen
des neuen Hotels verhalte. Wenn die Konkursverwaltung die Haftung der
Zugehör ausschliessen wollte, so hätte sie einen ausdrücklichen Entscheid
treffen und der Eigentümerin der Schuldbriefe darüber eine Spezialanzeige
zustellen müssen (Art. 249 Abs. 3 SchKG, Art. 68 KV; BGE 97 III 42/43). Als
Faustpfandberechtigte an den Schuldbriefen hatte überdies auch die
Wirtschaftsbank Anspruch auf eine Spezialanzeige (vgl. BGE 64 III 68 ff.).

    Das Lastenverzeichnis weist somit in dieser Hinsicht einen Mangel
auf. Wie in BGE 85 III 97 dargelegt wurde, kann ein solcher Mangel auch
noch nach Ablauf der 10-tägigen Beschwerdefrist gerügt werden, da ein
Kollokationsplan, der keine klare Entscheidung über eine angemeldete
Forderung oder, wie im vorliegenden Fall, über den Umfang eines geltend
gemachten Pfandrechts enthält, als Grundlage für die Verteilung des
Konkursergebnisses schlechthin untauglich ist (vgl. auch BGE 55 III
42/43). Im übrigen hatten die Rekurrentinnen keinen Anlass, gegen das
Lastenverzeichnis Beschwerde zu führen. Da sie keine Spezialanzeige
über die Abweisung ihres sich aus dem Text der Pfandtitel ergebenden
Anspruchs auf Mithaftung der Zugehör erhielten und da sich auch aus dem
Lastenverzeichnis keine Abweisung herauslesen lässt, durften sie der
Meinung sein, das Konkursamt anerkenne diesen Anspruch. Ihre Beschwerde
ist daher nicht verspätet.

Erwägung 3

    3.- Zu Unrecht nimmt das Obergericht an, das Lastenverzeichnis sei
durch die Steigerungsbedingungen vervollständigt bzw. berichtigt worden, da
darin die Auffassung des Konkursamtes, die im Hotel Continental befindliche
Fahrnis sei nicht als Zugehör der Liegenschaft zu betrachten, klar zum
Ausdruck komme. Gemäss Art. 45 Abs. 2 VZG, der auch im Konkursverfahren
Anwendung findet (Art. 130 Abs. 1 VZG), ist das entsprechend dem
Ausgang allfälliger Prozesse oder Beschwerden berichtigte oder ergänzte
Lastenverzeichnis den Steigerungsbedingungen als Anhang beizufügen. Es
kann daher durch diese nicht abgeändert werden. Den Rekurrentinnen kann
deshalb kein Nachteil daraus erwachsen, dass sie keinen Einblick in die
Steigerungsbedingungen nahmen und dagegen keine Beschwerde führten.

Erwägung 4

    4.- Gibt das Lastenverzeichnis keine eindeutige Auskunft über den
Umfang der Pfandhaft, so ist es nachträglich zu ergänzen. Das Konkursamt
ist daher anzuweisen, eine klare und unmissverständliche Verfügung
darüber zu treffen, ob sich die Pfandhaft auch auf die Zugehör erstrecke
oder nicht, und das berichtigte Lastenverzeichnis neu aufzulegen. Der
endgültige Entscheid in dieser Frage bleibt dem Richter in einem
allfälligen Kollokationsprozess vorbehalten (BGE 97 III 43).

Entscheid:

       Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:

    Der Rekurs wird gutgeheissen und der angefochtene Beschluss
aufgehoben; das Konkursamt Altstetten-Zürich als Konkursverwaltung
im Konkurs der W. Fuchs & Co. wird angewiesen, den Kollokationsplan
bzw. das Lastenverzeichnis über die Liegenschaft Hotel Continental in
Lausanne durch einen eindeutigen Entscheid hinsichtlich der Haftung des
Hotelmobiliars als Zugehör zu ergänzen und neu aufzulegen.