Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 IB 377



99 Ib 377

49. Auszug aus dem Urteil vom 30. November 1973 i.S. Alexander Schoeller &
Cie. AG und Maurer gegen Regierungsrat des Kantons Zürich. Regeste

    Strassenverkehr, unzulässige Reklamen, Rechtsgleichheit.

    1.  Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 1).

    2.  Art. 80 Abs. 5 Satz 2 SSV ist mit Art. 6 SVG vereinbar (Erw. 2).

    3.  Rechtsungleiche Behandlung, Folgen (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Nach Art. 6 SVG sind im Bereich der für Motorfahrzeuge oder
Fahrräder offenen Strassen Reklamen und Ankündigungen untersagt, die
zu Verwechslung mit Signalen oder Markierungen Anlass geben oder sonst,
namentlich durch Ablenkung der Strassenbenützer, die Verkehrssicherheit
beein trächtigen könnten.

    Art. 80 SSV bestimmt in Abs. 5:

    "Sie" (die Tafeln mit den Ankündigungen) "dürfen nicht in dichter Folge
aufgestellt, nicht übermässig gross oder aussergewöhnlich auffallend sein.
Betriebe ohne direkten Zusammenhang mit Strassenverkehr oder Tourismus
dürfen keine für Fahrzeugführer bestimmte Ankündigungen verwenden, die
aus mehr als 200 m Entfernung gelesen werden können..."

    B.- Die Alexander Schoeller & Cie. AG besitzt einen Fabrikneubau
in Volketswil. Als sie darum ersuchte, auf dem Dach ihrer Fabrik die
Beschriftung SCHOELLER-PLAST in 1,2 m hohen, nachts leuchtenden gelben
Buchstaben anbringen zu dürfen, bewilligte der Gemeinderat Volketswil
lediglich eine Buchstabenhöhe von 0,8 m. Der Bezirksrat Uster und der
Regierungsrat des Kantons Zürich bestätigten auf dem Rekursweg diesen
Entscheid. Mittlerweile hatte Leuchtschriftenfachmann Richard Maurer die
120 cm hohe Leuchtschrift angebracht.

    Der Regierungsrat stützt seinen Entscheid vom 28. Dezember
1972 auf Art. 6 SVG und 80 Abs. 5 SSV sowie auf die von der
Interkantonalen Kommission für den Strassenverkehr herausgegebenen
"Provisorischen Richtlinien für die Bewilligung von Reklamen gemäss
Strassenverkehrsgesetzgebung" vom 21. Januar 1971.

    C.- Die Firma Schoeller und Richard Maurer führen Beschwerde beim
Bundesgericht und beim Bundesrat mit den Anträgen, es sei der Entscheid
des Regierungsrates aufzuheben und die Firmenschrift SCHOELLER-PLAST in
der bestehenden Ausführung zuzulassen; eventuell sei die Sache an die
Vorinstanz zur Abklärung der tatsächlichen Verhältnisse zurückzuweisen.

    Aufgrund eines Meinungsaustausches mit dem Bundesrat hat das
Bundesgericht die Beurteilung der Beschwerde übernommen.

    Der Regierungsrat des Kantons Zürich und das Eidg. Justiz- und
Polizeidepartement (EJPD) beantragen Abweisung der Beschwerde.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt den angefochtenen
Entscheid im Sinne der Erwägungen auf.

Auszug aus den Erwägungen:

Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Der angefochtene Entscheid ist eine Verfügung im Sinne von
Art. 5 VwG. Der Regierungsrat entschied als letzte kantonale Instanz. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher gemäss Art. 97 Abs. 1 und 98
lit. g OG grundsätzlich zulässig. Eine Ausnahme im Sinne der Art. 99 bis
102 OG ist nicht gegeben; namentlich trifft Art. 100 lit. 1 OG nicht zu,
da diese Bestimmung die Ausnahmen auf dem Gebiet des Strassenverkehrs
abschliessend aufführt und Entscheide aufgrund von Art. 6 SVG nicht erfasst
(BGE 98 I/b 333, Erw. 1).

    b) Nach Art. 103 lit. a OG ist zur Beschwerde befugt, wer durch die
angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an
deren Aufhebung oder Änderung hat. Der Beschwerdeführer muss durch die
angefochtene Verfügung mehr als irgendein Bürger berührt sein und an
ihrer Aufhebung ein eigenes und unmittelbares Interesse haben (GRISEL,
Droit administratif suisse, S. 478 f.; GYGI, Verwaltungsrechtspflege
und Verwaltungsverfahren im Bunde, S. 107 ff.; BGE 98 I/b 70 f. und
99 I/b 106). Dies ist hier bei der Firma A. Schoeller & Cie. AG
der Fall. Richard Maurer wird hingegen vom angefochtenen Entscheid
nicht unmittelbar betroffen. Zwar mag er als Beleuchtungsfachmann an
einer engen Auslegung der verkehrstechnischen Reklamebeschränkungen
allgemein interessiert sein, doch bedeutet der Entscheid für ihn keinen
praktischen wirtschaftlichen oder anders gearteten Nachteil (vgl. BGE
99 I/b 106 Erw. 1 a). Er behauptet selber nicht, er müsse nach den
zwischen ihm und der Firma Schoeller massgebenden Rechtsbeziehungen
im Falle einer endgültigen Verweigerung der Beschriftung einen Teil
der Herstellungs- und Montagekosten seinerseits tragen. Würde man die
Legitimation Maurers bejahen, so müsste man z.B. bei Baubeschwerden auch
die beteiligten Unternehmer und Architekten zur Beschwerde zulassen,
da sie an der Erteilung der Baubewilligung mittelbar interessiert sind;
dies würde aber den von Art. 103 lit. a OG gesetzten Rahmen sprengen. Die
Beschwerdelegitimation Richard Maurers ist somit nicht gegeben.

Erwägung 2

    2.- Art. 6 SVG untersagt im Bereich von Strassen Reklamen und
Ankündigungen, welche - namentlich durch Ablenkung der Strassenbenützer
- die Verkehrssicherheit beeinträchtigen könnten. Hiezu reichen
schon eine potentielle Beeinträchtigung oder eine entfernte, nicht
einmal in der Regel eintretende mittelbare Gefährdung aus. Das
ergibt sich aus dem Gesetzestext, der alle Ankündigungen verbietet,
welche die Verkehrssicherheit beeinträchtigen "könnten", und aus der
Entstehungsgeschichte: Nach der Botschaft des Bundesrates (BBl 1955 II
1 ff.) soll bei der Beurteilung der Frage, ob die Verkehrssicherheit
beeinträchtigt werde, "ein strenger Massstab angelegt werden".

    Art. 80 SSV führt - ohne erschöpfend zu sein - eine Reihe von Merkmalen
an, die Reklamen und andere Ankündigungen unter dem Gesichtspunkt von
Art. 6 SVG unerlaubt machen. In Abs. 5 wird gesagt, solche Ankündigungen
dürften "nicht übermässig gross" sein. Verboten sind Ankündigungen von
Betrieben ohne direkten Zusammenhang mit Strassenverkehr und Tourismus an
den Fahrzeugführer, "die aus mehr als 200 m Entfernung gelesen werden
können". Die Beschwerdeführerin wendet ein, die in Art. 80 Abs. 5
SSV enthaltene Beschränkung der Lesbarkeit halte vor Art. 6 SVG nicht
stand und dürfe daher nicht angewendet werden. Vom Bundesrat erlassene
Vollziehungsverordnungen zu Bundesgesetzen sind für das Bundesgericht
nicht schlechthin verbindlich. Das Gericht prüft, ob die Vorschriften
einer solchen Verordnung mit dem Gesetz vereinbar sind... (BGE 97 I 446
mit Hinweisen).

    Der Zweck von Art. 6 SVG liegt offensichtlich im Schutz der
Verkehrssicherheit vor störenden Einwirkungen vor allem optischer Natur.
Diesem Zweck hat auch die Vollziehungsverordnung des Bundesrates zu dienen.
Dagegen schreibt das Gesetz dem Bundesrat nicht den Gebrauch bestimmter
Mittel vor, sondern räumt ihm hier einen weiten Ermessensspielraum ein. Das
Bundesgericht hat sich darum nicht darüber auszusprechen, ob die in der
Verordnung getroffene Lösung zur Erreichung des gesetzlichen Zweckes am
besten geeignet sei, da es nicht sein Ermessen an die Stelle jenes des
Bundesrates setzen kann. Dagegen kann es prüfen, ob die in der Verordnung
gegewählten Mittel überhaupt geeignet seien, jenem Zweck zu dienen (BGE
94 I 396 f. Erw. 3).

    Danach fragt sich, ob der Bundesrat in Art. 80 Abs. 5 SSV mit der
Begrenzung der Lesbarkeitsentfernung ein geeignetes Mittel zum Schutze
der Verkehrssicherheit gewählt hat. Es leuchtet ein, dass die Gefahr
der Ablenkung der Fahrzeugführer und damit die Beeinträchtigung der
Verkehrssicherheit umso grösser ist, je auffälliger und grossräumiger die
Ankündigungsschriften sind. Das Bestreben, Grösse und Auffälligkeit der
Reklamen und damit ihren Ablenkungseffekt zu begrenzen, muss daher als
taugliches Mittel zum Schutze der Verkehrssicherheit anerkannt werden. Zu
erörtern bleibt noch die Vorschrift über die Begrenzung der Lesbarkeit
gerade auf 200 m Entfernung als allgemeine und oberste Limite. Man kann
sich fragen, ob nicht eine elastischere und differenziertere Lösung
vorzuziehen gewesen wäre. Sie wäre indessen nach der Natur der Sache
wohl auf grosse Schwierigkeiten gestossen. Zudem hat das Bundesgericht
ja lediglich zu prüfen, ob die in der Ausführungsverordnung getroffene
Lösung an sich geeignet ist, dem gesetzgeberischen Zweck zu dienen. Das
aber ist auf alle Fälle zu bejahen.

    Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass die maximale Schrifthöhe ein
geeignetes Kriterium für die Wahrung der Verkehrssicherheit sei. Das
Gegenteil könne sogar der Fall sein: je kleiner eine Schrift sei,
umso schwerer sei sie lesbar, umso stärker und länger werde daher die
Aufmerksamkeit des Lesenden beansprucht und in umso gefährlicherer Weise
könne er vom übrigen Verkehrsgeschehen abgelenkt werden. Richtig an diesem
Einwand ist, dass eine Reihe von Faktoren die Verkehrsgefährlichkeit
mitbestimmen. Es kann jedoch nicht bestritten werden, dass die
Lesbarkeitsentfernung und damit die Schriftgrösse einen bedeutenden Faktor
darstellen. Art. 80 Abs. 5 SSV schreibt nicht kleine Schriften vor, sondern
begrenzt die Schrift auf eine Lesbarkeit aus 200 m Entfernung. Jedenfalls
lässt sich mit guten Gründen die Auffassung des Bundesrates vertreten,
der Nutzen einer solchen Lesbarkeitsbeschränkung überwiege gegenüber ihren
Nachteilen. Art. 80 Abs. 5 Satz 2 SSV hat somit vor Art. 6 SVG Bestand.

Erwägung 5

    5.- Die Beschwerdeführerin rügt eine rechtsungleiche Behandlung,
weil im Gebiet des Kantons Zürich Eigen- und Fremdreklamen in fast
unübersehbarer Zahl installiert worden seien und polizeilich geduldet
werden, obschon sie den Vorschriften des Art. 80 SSV in auffallender
Weise widersprächen. So habe der Gemeinderat Volketswil noch während
des Rekursverfahrens dem Migros-Genossenschaftsbund vier übergrosse -
mindestens 3 x 3 m messende - M auf seinen Lagerhäusern In Zumikon
bewilligt. Es gebe in Volketswil noch weitere ähnliche Beispiele.

    Der Regierungsrat begründet diese Ungleichheit zum Teil damit,
dass die Werbung mit Reklameschriften sich schnell entwickelt habe und
ihre Auswüchse erst hätten erfasst werden können, als sie "signifikant"
vorlagen. Ausserdem hätten die Behörden zunächst jene Angelegenheiten
erledigen müssen, mit denen sie aktuell befasst waren; die hängigen
Verfahren hätten sie nicht bis zur Bereinigung aller nicht konformen
Fälle sistieren können. In neuerer Zeit habe sich die Praxis präzisiert,
verschärft und auf die 80 cm festgelegt. Es wird jedoch nicht bestritten,
dass auch in jüngster Zeit noch überdimensionierte Schriften bewilligt
worden sind.

    Nach Auffassung des EJPD können Firmennamen ohne werbende
Aufschriften oder blosse Markenzeichen den Reklamen nicht in jeder
Beziehung gleichgestellt werden, da sie das Auffinden einer Firma für den
motorisierten Verkehr erleichterten und somit einem verkehrstechnischen
Bedürfnis entsprächen. Die Firmenanschrift SCHOELLER-PLAST sei jedoch eine
Eigenreklame, die nicht aus mehr als 200 m Entfernung lesbar sein dürfe.

    Es ist zu prüfen, ob die behauptete unterschiedliche Behandlung
gegeben ist und ob allenfalls hiefür sachliche Gründe bestehen.

    a) Der Regierungsrat gibt zu, dass im Kanton Zürich die in Art. 80
Abs. 5 SSV enthaltene allgemeine Lesbarkeitsbeschränkung auf 200 m
nicht durchwegs eingehalten wird. Eine frühere largere Praxis bleibt
hier unbeachtlich, da eine sachlich begründete Praxisänderung oder
-verschärfung nicht gegen das Gebot der rechtsgleichen Behandlung
verstösst (BGE 89 I 90/91, mit Hinweisen). Besonderes Gewicht haben
jedoch die in letzter Zeit bewilligten oder geduldeten Tatbestände. In
diesen Fällen haben sich die Behörden zur Rechtfertigung ihrer Praxis
auf die "Provisorischen Richtlinien" berufen, die von der Interkantonalen
Kommission für den Strassenverkehr - einer Unterkommission der kantonalen
Polizeidirektorenkonferenz - ausgearbeitet worden sind. Die Richtlinien
verfolgen das Ziel, in der Anwendung der bundesrechtlichen Bestimmungen
auf dem Gebiete der Strassenreklame eine einheitliche Praxis der kantonalen
Behörden zu erreichen. Sie sind rechtlich nicht verbindlich, doch kann man
sie als Auslegungshilfe von einigem sachlichen Gewicht und als Ausdruck
einer in Gang kommenden übereinstimmenden behördlichen Praxis betrachten.

    Auch die Richtlinien haben sich indessen an den Rahmen der
bundesrechtlichen Bestimmungen zu halten. Dies ist hier nicht der
Fall: Die Richtlinien weichen von Art. 80 Abs. 5 SSV insofern ab,
als sie Reklamezonen innerorts ausscheiden (Ziff. 231, 511 und 512)
und Vorschriften über "Eigenreklamen" und "Warenreklamen" aufstellen
(Ziff. 221 und 222). Unter den Eigen- und Warenreklamen dürfen nämlich
"Firmenname und Signet" aus mehr als 200 m Entfernung lesbar sein
(Ziff. 531 und 532); "Fremdreklamen" (Ziff. 223) geniessen dieses Vorrecht
nicht. Der Regierungsrat begründet das Grössenprivileg der Firmennamen
damit, dass hier das private Interesse gegenüber dem öffentlichen
überwiege. Diese Auffassung ist unrichtig, denn die von der SSV geschützte
Verkehrssicherheit hat zweifellos ein grösseres Gewicht als das Interesse
des privaten Betriebsinhabers an einer überdimensionierten Ausführung des
Firmennamens oder Signetes. Zudem ist der Grundsatz von Art. 80 Abs. 5
SSV genau umschrieben und kennt keine Ausnahme von der Beschränkung der
Lesbarkeit auf 200 m.

    Das EJPD rechtfertigt das Grössenprivileg damit, dass Firmennamen
ohne werbende Aufschriften oder blosse Markenzeichen dem motorisierten
Verkehr das Finden einer Firma erleichterten. Dass auch Firmennamen
und Signete unter den allgemeinen Begriff der "Ankündigungen" (Art. 6
SVG und Art. 80 SSV) fallen, kann indessen nicht bezweifelt werden,
denn der Begriff "Ankündigung" ist weiter gefasst als der Begriff
"Reklame". Als Ankündigungen sind alle Hinweise anzusehen, durch die eine
mögliche Kundschaft angesprochen wird, auch wenn sie keinen bestimmten
Verkaufsgegenstand oder keine bestimmte Firma nennen; der weitere Begriff
"Ankündigung" umfasst immer auch den engeren der "Reklame" (Entscheid des
Bundesrates vom 5. Oktober 1970 i.S. Neon-Haller, Erw. 3). Solange Art. 80
Abs. 5 SSV in Kraft ist, bleibt kein Raum für das in den Richtlinien
vorgesehene Firmennamen- und Signetprivileg.

    Daraus folgt, dass der Migros-Genossenschaftsbund in Volketswil durch
die Bewilligung von mehr als 2 m hohen, nachts leuchtenden Signeten
M im Hinblick auf Art. 80 Abs. 5 SSV unrechtmässig begünstigt worden
ist. Die Stellungnahme des Regierungsrates lässt darauf schliessen,
dass der genannte Fall nicht der einzige seiner Art ist, sondern dass die
Zürcher Behörden in Anwendung der Richtlinien noch für weitere Firmennamen
und Signete Ausnahmen bewilligt haben (z.B. RANK XEROX in Bachenbülach,
3 m hoch).

    b) Aus diesen Feststellungen ergibt sich, dass die Rüge, im Kanton
Zürich würden dem Art. 80 SSV widersprechende Beschriftungen bewilligt
und geduldet, berechtigt ist. Daraus folgt indessen noch nicht, dass die
Beschwerdeführerin hinsichtlich ihrer Leuchtschrift SCHOELLER-PLAST gleich
- d.h. ebenfalls gesetzwidrig - zu behandeln ist.

    Das Bundesgericht hat wiederholt ausgeführt, der Grundsatz der
Gesetzmässigkeit der Verwaltung gehe in der Regel der Rücksicht auf
gleichmässige Rechtsanwendung vor, und der Umstand, dass das Gesetz in
andern Fällen nicht oder nicht richtig angewandt worden sei, gebe dem
Bürger grundsätzlich keinen Anspruch darauf, ebenfalls abweichend vom
Gesetz behandelt zu werden (BGE 98 I/a 161 f., mit Hinweisen; 99 I/b 290
Erw. 3 c). Es hat diesen Grundsatz dahingehend eingeschränkt, dass er
lediglich gelte, wenn nur in einem einzigen oder in einigen wenigen Fällen
eine abweichende Behandlung dargetan sei. Wenn dagegen die Behörden die
Aufgabe der in andern Fällen geübten gesetzwidrigen Praxis ablehnten,
könne der Bürger verlangen, dass diese widerrechtliche Begünstigung,
die dem Dritten zuteil werde, auch ihm gewährt werde.

    Diese Einschränkung ist im vorliegenden Fall für den gegenwärtigen
Zeitpunkt massgebend. Da der Regierungsrat in keiner Weise zu erkennen
gibt, dass er seine gesetzwidrige Praxis aufgeben will, sondern in seiner
Vernehmlassung die "Provisorischen Richtlinien" auch in Zukunft als für ihn
massgebend ansieht, verlangt der Grundsatz der Rechtsgleichheit, dass der
Beschwerdeführerin die gleiche widerrechtliche Behandlung zuteil wird. Für
die Zukunft ist zu unterscheiden: Lehnt es der Regierungsrat nach wie
vor ab, den gesetzmässigen, von Art. 6 SVG und Art. 80 SSV geforderten
Zustand wiederherzustellen, und privilegiert er die Firmennamen und
Signete weiterhin, muss er auch die fragliche Beschriftung SCHOELLER-PLAST
weiterhin dulden. Lässt er hingegen die andern, aufgrund von Art. 80
SSV unzulässigen Ankündigungen - insbesondere die überdimensionierten
Firmennamen und Signete - entfernen bzw. abändern (Art. 81 Abs. 1 Satz
2 SSV), so kann und muss er auch die Beschriftung der Beschwerdeführer
beseitigen bzw. ändern lassen.

    c) Immerhin erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass einer von der
gesetzlichen Ordnung abweichenden Gleichbehandlung auch dann, wenn die
obgenannten Voraussetzungen erfüllt sind, gewichtige öffentliche Interessen
entgegenstehen könnten. Im vorliegenden Fall geht es um Vorschriften,
die der Verkehrssicherheit dienen. Man kann sich fragen, ob der Schutz
der Verkehrssicherheit dem Gebot der Rechtsgleichheit unter Umständen
nicht vorgehen müsste. Denn es wäre nicht unbedenklich, diesem Gebot den
Vorrang zu geben, wenn damit eine ernstliche Gefährdung des Lebens oder
der Gesundheit von Menschen in Kauf genommen werden müsste. Es besteht
jedoch kein Grund anzunehmen, dass dieser Fall hier gegeben ist. Der
Regierungsrat erklärt im angefochtenen Entscheid selber, "dass die Schrift
SCHOELLER-PLAST an ihrem heutigen Standort kaum, jedenfalls in viel
geringerem Masse verkehrsgefährdend wirke, als dies andere bestehende
Ankündigungen tun, von denen die Rekurrenten zahlreiche überzeugende
Beispiele genannt haben". Der Anspruch der Beschwerdeführerin auf
Gleichbehandlung muss also nicht einem übergeordneten Rechtsgut weichen.

    d) Schützt das Bundesgericht eine rechtsgleiche, aber
bundesrechtswidrige Behandlung eines Bürgers, so ist es angezeigt, den
Entscheid nicht nur dem zur Vernehmlassung eingeladenen Departement,
sondern auch dem Bundesrat zur Kenntnis zu bringen. Er ist zum Entscheid
zuständig, ob die nicht rechtgleich angewandte Bestimmung der SSV
abzuändern oder ob sie rechtsgleich durchzusetzen ist (Art. 102 Ziff. 2
BV).