Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 IA 535



99 Ia 535

65. Urteil vom 20. Juni 1973 i.S. Wagner und Touring-Club der Schweiz sowie
Mitbeteiligte gegen Regierungsrat und Landrat des Kantons Basel-Landschaft.
Regeste

    Art. 85 lit. a OG, Art. 4 BV; Landratsbeschluss über die Erhöhung
der kantonalen Motorfahrzeugabgaben; Gewaltentrennung, Willkür.

    1.  Im Kanton Basel-Landschaft ist eine hinreichende gesetzliche
Grundlage für die Erhebung von Verkehrssteuern vorhanden (Erw. 3).

    2.  Für die Zulässigkeit einer Gesetzesdelegation an das kantonale
Parlament sind nicht die gleichen Kriterien massgebend wie für die
Delegation an die Exekutive. § 1 des kantonalen Gesetzes aus dem Jahre
1910, der den Landrat ermächtigt, die Verkehrsabgaben festzusetzen,
verstösst nicht gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung (Erw. 4).

    3.  Die Erhöhung der basellandschaftlichen Verkehrsabgaben um 40%
ist angesichts der vom Kanton zu tragenden Kosten für das Strassenwesen
vertretbar (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Nach § 1 des kantonalen Gesetzes betreffend den Motorwagen-
und Fahrradverkehr vom 19. Mai 1910 ist der Landrat des Kantons
Basel-Landschaft befugt, "auf dem Wege der Verordnung oder des
Konkordates die erforderlichen polizeilichen Vorschriften für den
Motorwagen- und Fahrradverkehr zu erlassen sowie die Gebühren dieser
Fahrzeuge festzusetzen". Gestützt auf diese Bestimmung beschloss
der Landrat am 8. Dezember 1947, die damals geltenden Ansätze für
die "Verkehrsgebühren" um 20% zu erhöhen. Dagegen erhoben zwei
Motorfahrzeughalter staatsrechtllche Beschwerde wegen Verletzung des
Grundsatzes der Gewaltentrennung, indem sie geltend machten, die fraglichen
"Gebühren" stellten eine Steuer dar, weshalb der Landratsbeschluss der
Volksabstimmung hätte unterbreitet werden müssen. Am 11. März 1948 wies
das Bundesgericht die Beschwerde jedoch ab. Dabei führte es aus, der vom
Gesetzgeber verwendete Ausdruck "Gebühren" könne ohne Willkür in der Weise
ausgelegt werden, dass er die vom Landrat festgesetzte Abgabe selbst dann
zu decken vermöge, wenn darin eine Steuer zu erblicken wäre.

    Gestützt auf § 1 des erwähnten Gesetzes und auf Art. 106 Abs. 2 und
3 SVG erliess der Landrat am 4. April 1968 eine Vollziehungsverordnung
zum SVG, wobei er in den §§ 25 ff. die "Verkehrssteuern" sowie die
Gebühren für die Prüfungen, die Erstellung von Ausweisen und für weitere
Verwaltungshandlungen neu festsetzte. Am 16. November 1972 erhöhte er
diese Ansätze um 40%. § 2 dieses Beschlusses lautet wie folgt:

    "1 Dieser Beschluss tritt am 1. Januar 1973 in Kraft und ist zu
veröffentlichen.

    2 Er wird mit der Inkraftsetzung der Neuordnung der
Motorfahrzeugsteuern und -gebühren hinfällig."

    Die Veröffentlichung im Amtsblatt erfolgte am 14. Dezember 1972. - Im
Verlaufe der parlamentarischen Beratung dieses Beschlusses hatte Landrat
Paul Wagner-Maurer erfolglos Nichteintreten beantragt mit der Begründung,
der Landrat sei mangels Bestehens einer hinreichenden Delegationsnorm nicht
befugt, die vom Regierungsrat beantragte Erhöhung der Verkehrssteuern in
eigener Kompetenz zu beschliessen, denn hiefür sei das Volk zuständig.

    B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 11. Dezember 1972 stellt
Paul Wagner-Maurer folgende Anträge:

    "1. Es sei der Landratsbeschluss vom 16. November 1972 betreffend
die Erhöhung der Verkehrssteuern und -gebühren aufzuheben;

    2. eventualiter: Es sei der zitierte Landratsbeschluss mit Bezug auf
die Erhöhung der Verkehrssteuern gemäss § 26 der Vollziehungsverordnung
zum SVG vom 4.4.1968 aufzuheben."

    Die gleichen Begehren stellen der Touring-Club der Schweiz, Sektion
beider Basel, Dr. Rolf Bürgin, Binningen, und Willy Prack, Biel-Benken,
in ihrer gemeinsamen staatsrechtlichen Beschwerde vom 12. Januar 1973.

    Die Beschwerdeführer machen geltend, der angefochtene Landratsbeschluss
verstosse gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung (§ 10 KV), gegen die
Volksrechte (§ 11 KV) und gegen die Kompetenzordnung des Landrates (§
18 KV). Nach dem Grundsatz der Gewaltentrennung dürfe keine der drei
Gewalten in den Geschäftskreis der andern eingreifen; alle Gesetze
unterlägen der Volksabstimmung, und Steuern könnten nur im Rahmen
der Gesetzgebung eingeführt und erhöht werden. Als einzige Ausnahme
gestatte § 18 Ziff. 11 KV dem Landrat die Beschlussfassung über "die
Erhebung einer Vermögens-, Einkommens- und Erwerbssteuer bis auf 1 vom
Tausend Vermögen". Die Erhebung einer Steuer auf Motorfahrzeugen sei
auch in § 45 KV nicht vorgesehen, weshalb die fiskalische Belastung der
Motorfahrzeuge den Betrag einer Gebühr nicht übersteigen dürfe. - Die
Frage der Verfassungsmässigkeit der Anordnung von Verkehrssteuern durch
den Landrat sei vom Beschwerdeführer Wagner schon bei der Beratung der
Vollziehungsverordnung zum SVG vom 4. April 1968 aufgeworfen worden. Damals
sei im Landrat die Titelbezeichnung "Steuern und Gebühren" angenommen
worden; da jedoch der Sache nach nur eine Anpassung der Abgaben an die
Teuerung in Frage gestanden habe, sei der Landrat dem Problem nicht weiter
nachgegangen. Die angefochtene Erhöhung um 40% sei jedoch eindeutig
nur fiskalisch begründet und halte vor der Verfassung nicht stand,
weil dafür nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 97
I 344 ff.) die Volksabstimmung nicht umgangen werden könne. Das Urteil
vom 11. März 1948 sei demnach überholt und könne nicht zur Stützung des
angefochtenen Beschlusses herangezogen werden. Selbst wenn angenommen
würde, der Landrat sei befugt, die Gebühren für Prüfungen und Ausweise
von sich aus zu erhöhen, sei er nach dem erwähnten neueren Urteil nicht
zuständig, gestützt auf die verfassungswidrige Blankettnorm in § 1 des
Gesetzes betreffend den Motorwagen- und Fahrradverkehr vom 19. Mai 1910
eine generelle Erhöhung der Verkehrsabgaben um 40% zu beschliessen,
denn aus den neuen Ansätzen ergebe sich eindeutig, dass die Abgabe
Steuercharakter habe. Wenn der angefochtene Beschluss geschützt werde, sei
damit zu rechnen, dass bereits im Jahre 1974 eine weitere massive Erhöhung
der Verkehrssteuern beschlossen werde, zumal schon eine entsprechende
offizielle Ankündigung erfolgt sei. Im übrigen könnte von vorneherein nur
eine Erhöhung um 20% vor der Verfassung standhalten, denn eine solche von
40% verstosse "gegen das Prinzip der Verhältnismässigkeit und widerspreche
den staatspolitischen Rechtssätzen hinsichtlich der Teuerungsbekämpfung".

    C.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft beantragt als
Vertreter des Landrats und im eigenen Namen Abweisung der Beschwerde.

    D.- In ihrer Beschwerdeergänzung halten die Beschwerdeführer an ihren
Anträgen fest.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Beide staatsrechtliche Beschwerden richten sich gegen den
Landratsbeschluss vom 16. November 1972 und enthalten gleichlautende
Anträge. Sämtliche Beschwerdeführer sind zudem durch den gleichen Anwalt
vertreten. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich, die beiden
Beschwerden zu vereinigen und in einem einzigen Urteil zu behandeln.

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführer machen geltend, der Landrat habe unter
Umgehung einer Volksabstimmung einen allgemein verbindlichen Erlass
beschlossen und damit die Verfassung (§§ 10, 11 und 18 KV) verletzt. Damit
rügen sie sinngemäss eine Verletzung der politischen Stimmberechtigung,
die mit staatsrechtlicher Beschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG geltend
gemacht werden kann. Hiezu sind die Beschwerdeführer Wagner, Bürgin
und Prack als stimmberechtigte Einwohner des Kantons Basel-Landschaft
ohne weiteres legitimiert. Der Touring-Club der Schweiz, dessen Sektion
beider Basel ebenfalls als Beschwerdeführer auftritt, bezweckt in erster
Linie die Wahrung der gemeinsamen Interessen seiner Mitglieder, die zum
grössten Teil Motorfahrzeughalter und stimmberechtigte Bürger sind. Mit
Rücksicht darauf steht auch ihm ein Beschwerderecht zu (vgl. BGE 99 I a
239 Erw. 1 mit Verweisungen). Auf die Beschwerde ist daher einzutreten.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführer bringen zunächst vor, die dem angefochtenen
Landratsbeschluss zugrunde liegende Vorschrift in § 1 des Gesetzes vom
19. Mai 1910 vermöge keine hinreichende gesetzliche Grundlage für die
Erhebung von Verkehrssteuern abzugeben, weil darin bloss von "Gebühren"
die Rede sei.

    a) Wäre diese Rüge begründet, so wären auch die früher bezogenen
Verkehrssteuern ohne gesetzliche Grundlage und damit in Missachtung
verfassungsmässiger Rechte der Betroffenen erhoben worden. Soweit diese
Steuern jedoch auf rechtskräftigen Veranlagungen beruhen, können sie
von vorneherein nicht Gegenstand der vorliegenden Beschwerden bilden
(vgl. BGE 98 Ia 570, Erw. 2). Wie die Beschwerdeführer mit Recht annehmen,
hat das Bundesgericht vielmehr bloss zu prüfen, ob für künftige, gestützt
auf den angefochtenen Landratsbeschluss zu erhebende Verkehrssteuern eine
genügende gesetzliche Grundlage besteht.

    b) § 1 des Gesetzes vom 19. Mai 1910 ermächtigt den Landrat,
die "Gebühren" für die Zulassung von Fahrzeugen zum Strassenverkehr
festzusetzen. Nach dem heutigen Sprachgebrauch der Steuerrechtswissenschaft
sind Gebühren Entgelte für staatliche Leistungen, bei deren Festsetzung
das Kostendeckungs- und das Äquivalenzprinzip zu beachten sind (BGE
97 I 204, 334; 95 I 506). Ihr Gesamtertrag soll die gesamten Kosten
des betreffenden Verwaltungszweiges in der Regel nicht übersteigen,
und sie dürfen den objektiven Wert der staatlichen Leistung nicht
überschreiten, wenn sie nicht zur eigentlichen Steuer werden sollen. -
Die allgemeine Motorfahrzeugabgabe, welche die Kantone gestützt auf
Art. 105 SVG erheben können, ist nach der Rechtsprechung eine Steuer,
auch wenn sie gewisse Elemente einer Gebühr in sich schliesst (BGE 99 Ia
240/41 mit Verweisungen). Die angefochtene "Verkehrssteuer" des Kantons
Basel-Landschaft trägt ihren Namen demnach zu Recht. Sie ist keine Gebühr
im rechtstechnischen Sinn.

    c) Wäre § 1 des Gesetzes vom 19. Mai 1910 objektivzeitgemäss
auszulegen, so wäre im Kanton Basel-Landschaft nach dem Gesagten keine
taugliche gesetzliche Grundlage für die Erhebung einer Motorfahrzeugsteuer
vorhanden. Landrat und Regierungsrat machen jedoch geltend, dass in diesem
Zusammenhang auf den entstehungszeitlichen Sinn der soeben erwähnten
Vorschrift abzustellen sei; danach müsse unter dem Begriff "Gebühr"
jede mit Bezug auf die Belange des Strassenverkehrs erhobene Abgabe
verstanden werden. Wie es sich damit verhält, kann das Bundesgericht
nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür überprüfen, da die
Auslegung und Anwendung einer kantonalen Vorschrift in Frage steht, die
nicht der Verfassungs-, sondern bloss der Gesetzesstufe angehört. Können
jedoch haltbare Gründe dafür vorgebracht werden, dass dem Landrat im Jahre
1910 in der Tat die Befugnis zur Erhebung von Verkehrsabgaben jeder Art
übertragen werden sollte, so vermögen die Beschwerdeführer mit ihrer Rüge
nicht durchzudringen.

    d) Über die Entstehungsgeschichte des Gesetzes aus dem Jahre 1910 ist
nichts Schlüssiges bekannt, doch ist unbestritten, dass das fragliche
Gesetz in den Frühzeiten des Motorfahrzeugverkehrs erlassen wurde,
zumal im Zeitpunkt des Inkrafttretens im Kanton Basel-Landschaft bloss
22 Personenwagen und noch kein einziger Lastwagen registriert waren
(Statistisches Jahrbuch der Schweiz 1910, S. 366). Fest steht zudem,
dass zur Zeit des Erlasses des fraglichen Gesetzes noch weitgehend
unklar war, welche Stellung den Motorfahrzeugabgaben im System des
Abgaberechts zukommt. Dies ergibt sich insbesondere aus der älteren
Rechtsprechung zum interkantonalen Doppelbesteuerungsverbot (Art.
46 Abs. 2 BV), wo das Bundesgericht wiederholt entschied, dass die
"impôts sur les voitures" als "une taxe spéciale sur le luxe" nicht
unter das Doppelbesteuerungsverbot fielen (vgl. BGE 4, 199 und 5, 3;
kritisch dazu die bundesrätliche Botschaft vom 6. März 1885 zu einem
BG über das Verbot der Doppelbesteuerung, BBl 1885 I 542). Im ersten
Urteil über eine eigentliche Automobilsteuer vom 26. Januar 1901 (BGE 27
I 158 ff.) liess das Bundesgericht die Frage offen, wobei es ausführte,
das Doppelbesteuerungsverbot sei jedenfalls dann nicht verletzt, wenn
der fraglichen Abgabe der Charakter einer "taxe de police" zukomme (BGE
27 I 160). Wie das Bundesgericht sodann bereits im bekannten Urteil vom
11. März 1948 erkannt hat (Erw. 3), bezeichnete der Landrat des Kantons
Basel-Landschaft die gleiche Motorfahrzeugabgabe bald als Gebühr und bald
als Steuer.

    Unter diesen Umständen ist es vertretbar, dem vom Gesetzgeber
verwendeten Begriff "Gebühr" in § 1 des Gesetzes aus dem Jahre 1910
jene Bedeutung beizumessen, wie sie ihm im Lichte von § 45 der aus dem
Jahre 1892 stammenden Kantonsverfassung zukommt. Nach dieser Bestimmung,
welche die wesentlichen Einnahmequellen des Staates aufzählt, gelten
als "Gebühren" insbesondere Sporteln und Taxen (lit. c), während der
Begriff "Steuern" vor allem für die Abgaben vom Vermögen, Einkommen und
Erwerb, d.h. für die sog. direkten Steuern verwendet wird (§ 45 lit. g
KV). Aus § 45 lit. d KV kann jedoch ohne weiteres geschlossen werden,
dass der Verfassungsgesetzgeber den Begriff "Gebühr" nicht im heutigen
rechtstechnischen Sinn verstanden hat, zumal in dieser Bestimmung auch von
einer "Handänderungsgebühr", d.h. von einer Abgabe mit Steuercharakter
(vgl. BGE 95 I 324) die Rede ist. Darf der vom Gesetzgeber verwendete
Begriff "Gebühr" somit weit ausgelegt werden, so ist es - wie das
Bundesgericht bereits mit Urteil vom 11. März 1948 festgestellt hat -
nicht willkürlich, § 1 des Gesetzes vom 19. Mai 1910 als gesetzliche
Grundlage für die Erhebung von Verkehrsabgaben mit Steuercharakter
heranzuziehen. Die erste Verfassungsrüge der Beschwerdeführer erweist
sich daher als unbegründet.

Erwägung 4

    4.- Der zweite Einwand der Beschwerdeführer geht dahin, § 1
des Gesetzes aus dem Jahre 1910 sei selbst verfassungswidrig, denn
der Gesetzgeber könne die Befugnis, Steuern nach Objekt und Höhe zu
umschreiben, nicht auf den Landrat übertragen; eine solche Delegation
verletze den Grundsatz der Gewaltentrennung.

    a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts bedürfen die Steuern in
ihren Grundzügen, vor allem hinsichtlich Objekt und Höhe, der Verankerung
in einem Gesetz im formellen Sinn (BGE 97 I 804 Erw. 7, 347, 203 lit. b mit
weiteren Hinweisen). Nach dieser Rechtsprechung, die von der herrschenden
Lehre (vgl. zuletzt E. HÖHN, Gesetz und Verordnung als Rechtsquellen
des Abgaberechts, in: Der Staat als Aufgabe, Gedenkschrift für Max
Imboden, Basel 1972, S. 173 ff) gebilligt wird, genügt es somit nicht,
wenn das formelle Gesetz (d.h. der auf dem ordentlichen Gesetzgebungsweg
zustandegekommene Erlass) lediglich die Einführung einer Steuer vorsieht,
ohne selber festzulegen, in welchem Rahmen sich diese zu bewegen hat und
nach welchen Grundsätzen sie zu erheben ist. Wie das Bundesgericht erkannt
hat, folgt daraus freilich kein absolutes Verbot der Gesetzesdelegation
(BGE 97 I 347). Eine Blankettdelegation des Gesetzgebers an die
Exekutive in dem Sinn, dass diese ohne nähere Richtlinien ermächtigt oder
verpflichtet wird, eine bestimmte Steuer zu erheben, verletzt jedoch
den in allen Kantonen anerkannten Grundsatz der Gewaltentrennung und
ist deshalb nicht zulässig, selbst dann nicht, wenn das kantonale Recht
die Gesetzesdelegation grundsätzlich nicht ausschliesst (BGE 92 I 47,
97 I 348 lit. b; vgl. auch 98 Ia 109 und 592). Anders entscheiden hiesse
das Prinzip der Gesetzmässigkeit der Besteuerung seines wesentlichen
Gehalts berauben (BGE 97 I 347; vgl. auch 98 Ia 592). Delegationsnormen,
mit denen die Exekutive zum Erlass einer gesetzesvertretenden Verordnung
auf dem Gebiet des Steuerrechts ermächtigt werden soll, müssen demnach
von Verfassungs wegen mindestens die Voraussetzungen der Steuerpflicht und
den Rahmen des Steuermasses festsetzen (BGE 97 I 347; zustimmend E. HÖHN,
aaO, S. 190). Was die Motorfahrzeugsteuer anbelangt, so wurde dieser
Grundsatz im übrigen bereits im Entscheid 48 I 73 sinngemäss anerkannt.

    b) Im vorliegenden Fall steht indessen nicht eine Delegation an die
Exekutive, sondern eine solche an das kantonale Parlament in Frage. Ob
diese nur unter den gleichen Voraussetzungen zulässig sei wie jene,
hat das Bundesgericht bisher nicht eindeutig entschieden (vgl. in diesem
Zusammenhang immerhin BGE 74 I 114 und 88 I 154). E. HÖHN (aaO, S. 187)
scheint diese Frage zu bejahen.

    Einer solchen Betrachtungsweise kann nicht gefolgt werden. Bei der
Delegation an das Parlament handelt es sich um eine typische Frage des
schweizerischen Rechts, die sich nur in der direkten Demokratie stellt;
nur bei dieser Staatsform beruht das Zustandekommen eines Gesetzes auf
dem Zusammenwirken von zwei Staatsorganen, dem Parlament einerseits und
der Aktivbürgerschaft anderseits. Die Zustimmung der letzteren kann dabei
je nach dem kantonalen Verfassungsrecht ausdrücklich vorgesehen sein
(beim obligatorischen Referendum) oder aber stillschweigend erfolgen
(im Falle des Verzichts auf das fakultative Referendum). Enthält ein
kantonales Gesetz eine Delegation an das Parlament, so verzichtet
die Aktivbürgerschaft zum voraus für eine bestimmte Frage auf ihr
Mitspracherecht. Ob und gegebenenfalls inwieweit eine solche Delegation
zulässig sei, lässt sich mit Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit des
Verfassungsrechts der einzelnen Kantone nicht generell beantworten. Die
Bundesverfassung steht einer solchen Delegation jedenfalls nicht im Wege,
denn Art. 6 Abs. 2 BV verlangt nur, dass die Kantonsverfassungen "die
Ausübung der politischen Rechte nach republikanischen (repräsentativen
oder demokratischen) Formen sichern". Das bedeutet bloss, dass die
Organisation der Rechtsetzung in den Kantonen nach den Grundsätzen der
direkten oder indirekten Demokratie zu erfolgen hat (vgl. W. BURCKHARDT,
Kommentar zur BV, Art. 6, S. 67). Inwieweit die Aktivbürgerschaft
ihre Rechte durch Delegation auf das kantonale Parlament übertragen
kann, bestimmt sich demnach ausschliesslich nach dem kantonalen
Verfassungsrecht. Dementsprechend sind die Verordnungskompetenzen des
kantonalen Parlaments von Kanton zu Kanton verschieden (vgl. die Übersicht
bei OTTO HEINRICH MÜLLER, Die Verordnungskompetenzen der kantonalen
Legislativen, Diss. Zürich 1942, sowie Z. GIACOMETTI, Das Staatsrecht
der schweizerischen Kantone, S. 487).

    Ob der basel-landschaftliche Gesetzgeber dem Landrat im Jahre 1910 die
Kompetenz zur Festsetzung von Motorfahrzeugabgaben übertragen konnte, ist
demnach ausschliesslich durch Auslegung des kantonalen Verfassungsrechts zu
ermitteln. Dabei steht dem Bundesgericht grundsätzlich die freie Prüfung zu
(BGE 97 I 32 Erw. 4 a).

    c) Nach § 11 KV unterliegen der Volksabstimmung alle Gesetze,
allgemein verbindlichen Beschlüsse und Verträge, "soweit sie über die
in Verfassung und Gesetzen den Behörden ausdrücklich eingeräumten
Kompetenzen hinausgehen". Daraus folgt, dass die Mitwirkung der
Aktivbürgerschaft beim Erlass generell-abstrakter Normen nach dem
kantonalen Verfassungsrecht entfällt, sofern die zuständige Behörde dabei
innerhalb der ihr durch die Delegationsnorm gesetzten Schranken bleibt. Der
Umfang der zulässigen Delegation an den Landrat ergibt sich aus § 18
Ziff. 4 KV, welche Bestimmung von der Befugnis des Landrats zum Erlass
"der zur Einführung und Vollziehung von eidgenössischen und kantonalen
Gesetzen erforderlichen Verordnungen" handelt und bestimmt, dass diese
Erlasse "niemals veränderte oder neue Bestimmungen über die Hauptsache
enthalten dürfen". Da beim Erlass der Kantonsverfassung noch kaum
zwischen Vollziehungsverordnungen und gesetzesvertretenden Verordnungen
unterschieden wurde, ist somit im Lichte der erwähnten Verfassungsnormen
anzunehmen, dass das basel-landschaftliche Verfassungsrecht innerhalb der
vom Gesetzgeber festgesetzten Schranken eine umfassende Gesetzesdelegation
an den Landrat zulässt. Dass sich demgegenüber Delegationen an die
Exekutive an die erwähnten Grenzen halten müssen (vgl. oben lit. a),
ändert daran nichts. Dementsprechend rechnet denn auch OTTO HEINRICH
MÜLLER (aaO, S. 345) den Kanton Basel-Landschaft zu den Kantonen,
deren Legislative eine verhältnismässig weite Kompetenz zum Erlass
von Verordnungsrecht eingeräumt ist. Wie sich aus den Akten ergibt,
entspricht diese Auslegung einer langjährigen Rechtsüberzeugung sowohl
des Landrats als auch des Regierungsrats. Sie steht zudem im Einklang
mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Rechtsetzungsdelegation an
die Parlamente anderer Kantone mit einer ähnlichen verfassungsrechtlichen
Ordnung (vgl. BGE 74 I 114 und 88 I 154).

    Was die Beschwerdeführer dagegen vorbringen, schlägt nicht durch. So
vermögen sie insbesondere aus § 18 Ziff. 11 KV nichts zu ihren Gunsten
abzuleiten. Nach dieser Verfassungsbestimmung steht dem Landrat
"die Beschlussfassung über Erhebung einer Vermögens-, Einkommens-
und Erwerbssteuer bis auf 1 vom Tausend Vermögen" zu. Damit wird
dem Landrat bloss die Kompetenz zur Einführung gewisser begrenzter,
direkter Steuern auf dem Wege einer selbständigen, unmittelbar auf die
Kantonsverfassung abgestützten Rechtsverordnung eingeräumt. Zur Frage,
welche gesetzgeberischen Befugnisse an den Landrat delegiert werden
dürfen, lässt sich daraus nichts ableiten. Die Rüge, § 1 des Gesetzes vom
19. Mai 1910 enthalte eine unzulässige Gesetzesdelegation und sei daher
verfassungswidrig, erweist sich daher als unbegründet.

    Richtig ist freilich, dass die umstrittene Rechtsetzungskompetenz
des Landrats heute als ungewöhnlich weitreichend erscheint. Wenn
die Beschwerdeführer jedoch glauben, diese Delegation sei nicht mehr
zeitgemäss, so ist ihnen zuzumuten, von ihrem verfassungsmässigen Recht
zur Durchsetzung einer Gesetzesänderung Gebrauch zu machen und gestützt
auf § 12 Abs. 1 KV mit Hilfe einer genügenden Zahl von Gleichgesinnten
die nötigen Vorkehren für eine Initiative zu einer Gesetzesrevision zu
treffen. Wie OTTO HEINRICH MÜLLER (aaO, S. 345) mit Recht ausführt, liegt
auch darin ein wirksamer Schutz gegen eine missbräuchliche Handhabung
der delegierten Kompetenz durch den Landrat.

Erwägung 5

    5.- Hält somit § 1 des Gesetzes vom 19. Mai 1910 auch heute noch
vor der Verfassung stand, so bleibt zu prüfen, ob der Landrat die ihm
eingeräumte Kompetenz missbraucht und eine Ordnung getroffen hat, die
gegen Art. 4 BV verstösst.

    a) Wie bereits ausgeführt, ist die Motorfahrzeugabgabe eine
Steuer, die gewisse Elemente einer Gebühr in sich schliesst (vgl. oben
Erw. 3b). Mit Rücksicht auf den Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen
Delegationsnorm (vgl. oben Erw. 3d) muss unter diesen Umständen angenommen
werden, dass die Motorfahrzeugabgaben vernünftigerweise nicht so hoch
angesetzt werden dürfen, dass sie geradezu zu einer Haupteinnahmequelle
des Kantons werden und einen Ertrag abwerfen, der die Strassenkosten
erheblich übersteigt. Die in § 1 des Gesetzes aus dem Jahre 1910
verankerte Kompetenz des Landrats ist mithin kein Freipass für beliebige
Erhöhungen der Motorfahrzeugabgaben. Aus dem Willkürverbot und aus den
einer Gesetzesdelegation naturgemäss innewohnenden Schranken (vgl. dazu
A. GRISEL, Droit administratif suisse, S. 84 f. sowie BGE 98 Ia 592)
folgt vielmehr, dass die Motorfahrzeugabgaben zusammen mit dem Anteil
des Kantons am Ertrag des Treibstoffzolls (vgl. den entsprechenden BB
vom 23. Dezember 1959, SR 725.116.2) und den übrigen zweckgebundenen
Einnahmen nicht mehr ausmachen dürfen, als die Aufwendungen des Kantons
für das Strassenwesen und für die Kontrolle des motorisierten Verkehrs.

    Was den Kanton Basel-Landschaft anbelangt, so ergibt sich aus
den vom Regierungsrat ins Recht gelegten Zahlen, dass der Ertrag
der Verkehrsabgaben in den Jahren 1962-1971 die Aufwendungen für den
Strassenbau bloss zu 44,3% gedeckt hat. Die Beschwerdeführer wenden jedoch
ein, massgebend sei in diesem Zusammenhang nicht der Deckungsgrad,
sondern der Eigenwirtschaftlichkeitsgrad, zumal Strassen nicht im
Baujahr abgeschrieben werden müssten. Sie berufen sich auf die Zahlen,
welche die Vereinigung Schweizerischer Strassenfachmänner ermittelt
hat und die in der Zeitschrift "strasse und verkehr" Nr. 2/1972 S. 102
ff. veröffentlicht sind. Diese Zahlen beziehen sich indessen auf das Jahr
1970 und sind deshalb für die Beurteilung der angefochtenen Erhöhung
nicht schlüssig. Massgebend sind vielmehr die Zahlen des Voranschlags
1973. Dieser sieht Gesamtaufwendungen für das Strassenwesen von Fr. 60
566 004.-- und entsprechende Gesamteinnahmen (inkl. die umstrittene
Erhöhung) von Fr. 50 264 521.-- vor, was Mehraufwendungen aus den
übrigen Staatsmitteln im Betrage von Fr. 10 301 483.-- erfordert. Diese
Zahlen entsprechen den Berechnungsgrundlagen der Strassenrechnung,
wie sie alljährlich in der erwähnten Zeitschrift "strasse und verkehr"
veröffentlicht wird. Die Motorfahrzeugabgaben sind in diesem Voranschlag
mit einem Nettoertrag von Fr. 20 477 340.-- eingesetzt, die Leistungen
des Bundes mit insgesamt Fr. 27 819 181.--, die übrigen zweckgebundenen
Beiträge mit insgesamt Fr. 1 780 000.-- und die "anderen" Verkehrsabgaben
mit Fr. 188 000.--. Daraus ergibt sich, dass die um 40% erhöhten
Abgaben die Strassenausgaben zusammen mit den übrigen zweckgebundenen
Einnahmen des Staates wohl zu einem erheblichen Teil, aber keineswegs
voll decken. Dabei bleibt es auch, wenn man von der Betrachtungsweise
der Beschwerdeführer ausgeht, wonach in die Strassenrechnung Posten
aufgenommen werden, deren Einbezug fragwürdig sein kann. Auf jeden Fall
erscheint die vom Landrat beschlossene Erhöhung der Motorfahrzeugabgaben
um 40% als sachlich vertretbar.

    b) Mit Recht machen die Beschwerdeführer nicht geltend, die lineare
Erhöhung der Abgaben um 40% verstosse als solche gegen den Grundsatz der
Rechtsgleichheit. Der Umstand, dass die Abgaben im Kanton Basel-Landschaft
höher sind als in anderen Kantonen, vermag für sich allein keine Verletzung
von Art. 4 BV zu begründen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerden werden abgewiesen.