Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 IA 459



99 Ia 459

56. Urteil vom 17. Oktober 1973 i.S. Ackermann und Konsorten gegen
Gemeinderat Entlebuch und Regierungsrat des Kantons Luzern. Regeste

    Art. 4 BV. Handänderungssteuer; Verkauf von Aktien; wirtschaftliche
Betrachtungsweise.

    Der Verkauf der Gesamtheit oder überwiegenden Mehrheit der Aktien
einer Immobiliengesellschaft kann ohne Verletzung von Art. 4 BV in
wirtschaftlicher Betrachtungsweise dem Verkauf der der AG gehörenden
Grundstücke gleichgestellt und damit der Handänderungssteuer unterworfen
werden. Hingegen ist es, jedenfalls aufgrund der luzernischen Gesetzgebung,
mit Art. 4 BV nicht vereinbar, auch den Übergang der Mehrheitsbeteiligung
an Betriebsgesellschaften in bezug auf die im Eigentum der Gesellschaft
befindlichen Grundstücke der Handänderungssteuer zu unterstellen.

Sachverhalt

                      Aus dem Sachverhalt:

    A.- § 1 des luzernischen Gesetzes betreffend die Handänderungsgebühren
vom 30. November 1897 (HGG) lautet:

    "Wenn eine Liegenschaft an einen neuen Eigentümer übergeht, sei
es durch Kauf, Tausch, Erbschaft oder Schenkung, so ist von der Kaufs-
oder Schatzungssumme (...) eine Handänderungsgebühr zu entrichten."

    Die Gebühr beträgt 1,5% des Kaufpreises bzw. der Katasterschatzung
und fällt zu gleichen Teilen an den Staat und an die Einwohnergemeinde (§
2, rev. Fassung vom 11. Mai 1954). In der Regel berechnet sich die Gebühr
nach der "ganzen Kaufsumme" (§ 5). Erreicht jedoch bei einem freiwilligen
Verkaufe einer Liegenschaft die Kaufsumme die Katasterschatzung nicht,
so ist die Gebühr von der letzteren zu berechnen; das gleiche gilt bei
Handänderungen, welche auf Grund einer Schenkung oder eines ähnlichen
Rechtstitels erfolgen (§ 6). Sofern im Kaufvertrag nichts anderes bestimmt
ist, ist die Gebühr vom Käufer und Verkäufer zu gleichen Teilen, jedoch
unter solidarischer Haftbarkeit, zu bezahlen (§ 8 Abs. 1).

    B.- Die Firma Gebr. Ackermann AG in Entlebuch ist ein
Textilversandgeschäft. Der Bilanzwert der gesamten Aktiven belief sich
am 30. Juni 1971 auf rund 29 Millionen Franken. Davon entfielen rund 11
Millionen Franken auf Grundstücke, Gebäude, Baukonten und Akontozahlungen
für Bauten. Die Gebr. Ackermann AG lässt die von ihr benötigten
Textilwaren von einer eigenen Gesellschaft, der Stoff AG in Entlebuch,
einkaufen. In der Bilanz der Stoff AG per 30. Juni 1971 beliefen sich die
Aktiven auf rund 6 Millionen Franken, wovon rund 2 Millionen Franken auf
Immobilien entfielen. Die den beiden Gesellschaften zu Eigentum gehörenden
elf Grundstücke wiesen im November 1971 einen Katasterwert von insgesamt
Fr. 15 914 300.-- auf.

    Im Januar 1972 wurde bekannt, dass die beiden Hauptaktionäre der Gebr.
Ackermann AG und der Stoff AG, Karl und Alfred Ackermann in Entlebuch,
ihre Aktien veräussert hatten. Es handelte sich dabei um die überwiegende
Mehrheit des Aktienbesitzes, d.h. 98,4% der Gebr. Ackermann AG und 100%
der Stoff AG.

    Der Gemeinderat von Entlebuch machte mit Schreiben vom 15. Februar
1972 die Gebr. Ackermann AG darauf aufmerksam, dass die Übertragung der
Aktienmehrheit von Betriebsgesellschaften die Handänderungssteuerpflicht
auslöse, soweit damit ein Wechsel in der wirtschaftlichen Verfügungsgewalt
über die der Gesellschaft gehörenden Grundstücke eingetreten sei.
Gleichzeitig wurden die Gebr. Ackermann AG und Alfred Ackermann
aufgefordert, die notwendigen Unterlagen für die Steuerveranlagung
einzureichen, insbesondere auch die Übernahmebilanzen der beiden
Gesellschaften. Als die verlangten Angaben innert der gesetzten Frist
nicht gemacht wurden, veranlagte der Gemeinderat am 23. Mai 1972 die
Handänderungssteuer. Auf Grund des Katasterwerts der Liegenschaften
der beiden Gesellschaften im Betrag von Fr. 15 914 300.-- wurde eine
Steuer von Fr. 238 714.50 errechnet. Sie wurde zur Hälfte den Gebrüdern
Karl und Alfred Ackermann als Verkäufern, zur Hälfte den beiden Firmen
Gebr. Ackermann AG und Stoff AG an Stelle der unbekannten Käuferschaft
überbunden.

    C.- Gegen diese Veranlagung erhoben die Gebrüder Ackermann sowie
die genannten beiden Aktiengesellschaften Rekurs beim Regierungsrat des
Kantons Luzern. Sie machten im wesentlichen geltend, eine Besteuerung
auf Grund wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei nur zulässig, wenn
der Aktienbesitz einer Immobiliengesellschaft übertragen werde. Das
treffe hier nicht zu. Von den drei Käufern, welche die Aktien von den
Gebrüdern Ackermann übernommen hätten, besitze keiner für sich die
Aktienmehrheit. Auch aus diesem Grund könne nicht angenommen werden,
wirtschaftlich habe das Verfügungsrecht über die Grundstücke der
Gesellschaften gewechselt. 1966 seien in einem andern Fall sämtliche
Aktien einer Skilift- und Sesselbahn-AG übertragen worden, ohne dass eine
Handänderungssteuer bezogen worden wäre, weshalb es eine rechtsungleiche
Behandlung darstelle, im zu beurteilenden Fall die Steuer zu erheben. Es
sei auch unrichtig, bei der Besteuerung die beiden Gesellschaften als
Käuferinnen zu behandeln. Sie seien nicht Vertragsparteien, sondern
Gegenstand des Veräusserungsgeschäfts.

    Der Regierungsrat des Kantons Luzern wies die Beschwerde am 7. Mai 1973
ab, wobei er zur Begründung u.a. ausführt: Der im HGG verwendete Ausdruck
"Handänderung" erfasse nicht nur den zivilrechtlichen Eigentumsübergang,
sondern ganz allgemein die rechtsgeschäftliche Verschiebung von
Grundeigentum. Es lasse sich daher nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung ohne Willkür folgern, dass das HGG den wirtschaftlichen und
nicht den formellen Eigentumsübergang oder aber beides treffen wolle. In
Lehre und Praxis werde überwiegend die Ansicht vertreten, die Übertragung
von Beteiligungsrechten begründe nur dann eine Handänderungssteuerpflicht,
wenn es sich um Immobiliengesellschaften handle. Gehe man aber vom
Grundsatz aus, dass das HGG den wirtschaftlichen und nicht nur den
formellen Eigentumsübergang oder aber beides treffen wolle, so sei
nicht einzusehen, weshalb die wirtschaftliche Betrachtungsweise auf die
Übertragung von Aktien oder Anteilsrechten an Immobiliengesellschaften
beschränkt werden solle. Es sei unbestritten, dass die Gebrüder Ackermann
im November 1971 98,4% der Aktien der Gebr. Ackermann AG und 100% der
Aktien der Stoff AG an ein derzeit noch unbekanntes Konsortium veräussert
hätten. Mit dem Erwerb der überwiegenden Aktienmehrheit dieser beiden
Gesellschaften habe sich das Konsortium die einem Grundeigentümer
zukommende tatsächliche und rechtliche Verfügungsgewalt über die den
Gesellschaften gehörenden Grundstücke verschafft. Der Tatbestand der
wirtschaftlichen Handänderung sei damit erfüllt. Eine rechtsungleiche
Behandlung liege nicht vor, da der Übergang von Anteilsrechten an
Betriebsgesellschaften erstmals im Jahre 1968 der Handänderungssteuer
unterstellt und diese Praxis seither beibehalten worden sei. Da der
Steuerbehörde die Namen der Erwerber der Aktien nicht angegeben worden
seien, habe der Gemeinderat zu Recht die Hälfte der Steuer den beiden
Aktiengesellschaften als Stellvertretern des Käuferkonsortiums überbunden.

    D.- Gegen den Entscheid des Regierungsrats vom 7. Mai 1973 haben
Alfred und Karl Ackermann sowie die Gebr. Ackermann AG und die Stoff AG
mit gemeinsamer Eingabe gestützt auf Art. 4 BV staatsrechtliche Beschwerde
erhoben, mit der sie die Gutheissung des an den Regierungsrat gerichteten
Rekurses verlangen. Die Begründung der Beschwerde ergibt sich, soweit
nötig, aus den folgenden Erwägungen.

    E.- Der Regierungsrat des Kantons Luzern und der Gemeinderat von
Entlebuch beantragen Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Prozessuales.)

Erwägung 2

    2.- Karl und Alfred Ackermann haben fast sämtliche Aktien (98,4%) der
Gebr. Ackermann AG und die Gesamtheit der Aktien der Stoff AG an ein aus
drei Personen bestehendes Konsortium verkauft. Die Grundstücke, die den
beiden Aktiengesellschaften gehören, sind damit nicht auf einen andern
Eigentümer übergegangen. Zivilrechtlich sind die Eigentumsverhältnisse
nach wie vor dieselben. Der Regierungsrat hat indessen angenommen,
wirtschaftlich sei das Eigentum an den Grundstücken von den beiden Brüdern
Ackermann auf die drei Personen des Käuferkonsortiums übergegangen. In
wirtschaftlicher Betrachtungsweise erblickte er im Übergang der Aktien
eine Handänderung hinsichtlich der Grundstücke.

    Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die von den
Beteiligten gewählte Gestaltung der zivilrechtlichen Verhältnisse für
die Besteuerung nicht ohne weiteres massgebend. Vielmehr darfunter
bestimmten Voraussetzungen auf den wirtschaftlichen Sachverhalt
abgestellt werden. Unter dem Gesichtspunkt des in Art. 4 BV verankerten
Willkürverbotes ist nur erforderlich, dass für eine sogenannte
wirtschaftliche Betrachtungsweise triftige sachliche Gründe bestehen;
hingegen wird dort, wo dem Bundesgericht freie Prüfung zusteht, d.h. bei
Doppelbesteuerungskonflikten und Streitigkeiten über bundesrechtliche
Abgaben, die wirtschaftliche Betrachtungsweise beschränkt auf Fälle,
in denen die Gestaltung der zivilrechtlichen Verhältnisse ungewöhnlich,
sachwidrig oder absonderlich ist und lediglich der Steuerumgehung dient
(BGE 98 Ib 323, 96 I 118, 95 I 143, 94 I 595, 93 I 691, 90 I 221 mit
Hinweisen auf frühere Urteile). Die Anwendung dieser Grundsätze durch
das Bundesgericht war wohl nicht immer ganz folgerichtig. Es hat die
Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise gelegentlich auch
unter dem Gesichtswinkel des Art. 4 BV davon abhängig gemacht, dass die
gewählte Rechtsgestaltung als den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig
unangemessen erscheine und angenommen werden müsse, sie sei missbräuchlich
und nur deshalb gewählt worden, um die bei sachgemässer Ordnung der
Verhältnisse getroffenen Steuern einzusparen (ASA 27 S. 190; vgl.
dazu ARIOLI, Zulässigkeit der wirtschaftlichen Betrachtungsweise nach
Art. 4 BV, ASA 34 S. 81 ff, insbesondere S. 87). - Wie in der Rechtslehre
mit Grund ausgeführt wurde, ist es auch im Rahmen von Willkürbeschwerden
angebracht, je nach dem anwendbaren kantonalen Gesetz die Grenzen der
wirtschaftlichen Betrachtungsweise enger oder weiter zu ziehen (ARIOLI,
aaO S. 92; im gleichen Sinn auch das in ASA 27 S. 188 ff. veröffentlichte
Bundesgerichtsurteil, E. 4). Eine gewisse Zurückhaltung ist am Platz, weil
die Besteuerung auf Grund rein wirtschaftlicher Betrachtung im allgemeinen
den Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Steuer beeinträchtigt. Der
sogenannte Durchgriff bei Aktiengesellschaften, der dazu führt, dass
steuerlich die Existenz der Gesellschaften ganz oder teilweise unbeachtet
bleibt, darf nur vorgenommen werden, wenn gewichtige Gründe ein solches
Vorgehen nahelegen (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts
vom 20. Dezember 1972 i.S. Müller, E. 2).

Erwägung 3

    3.- a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann in
wirtschaftlicher Betrachtungsweise ein der Gewinn- oder Handänderungssteuer
unterliegender Eigentumsübergang angenommen werden, wenn die Gesamtheit
oder die überwiegende Mehrheit der Aktien einer Immobiliengesellschaft
veräussert wird (BGE 98 Ia 92 f., 91 I 471, 85 I 101/2, 79 I 19 ff., 75 I
302 f., ASA 33 S. 347 E. 2). Man mag den Begriff der Immobiliengesellschaft
etwas enger oder weiter fassen (vgl. dazu REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER,
Komm. zum zürcherischen StG, Bd. IV N 63 zu § 161), in jedem Fall ist es
klar, dass weder die Gebr. Ackermann AG noch die Stoff AG zu dieser Art
von Gesellschaften gehört. Das ergibt sich nicht nur aus dem Zweck der
beiden Gesellschaften, sondern auch daraus, dass die Immobilien bei beiden
Firmen nur rund einen Drittel aller Gesellschaftsaktiven ausmachen. Beide
Aktiengesellschaften sind unbestrittenermassen nicht Immobilien-, sondern
ausgesprochene Betriebsgesellschaften, und es stellt sich die Frage,
ob die erwähnte bundesgerichtliche Rechtsprechung, die sich bis jetzt
nur auf Immobiliengesellschaften bezog, hinsichtlich der streitigen
Handänderungssteuer auch auf Betriebsgesellschaften auszudehnen ist.

    b) Nach § 1 HGG ist eine Handänderungsgebühr zu entrichten, wenn
eine Liegenschaft "an einen neuen Eigentümer übergeht". Während andere
kantonale Steuergesetze den Handänderungen an Grundstücken ausdrücklich
die Rechtsgeschäfte gleichstellen, die bezüglich der Verfügungsgewalt
über Grundstücke tatsächlich und wirtschaftlich wie Handänderungen wirken
(vgl. § 161 Abs. 1 lit. a des Zürcher StG, § 81 Abs. 2 lit. a des Berner
StG und § 16 Abs. 1 II Ziff. 2 des Berner Amtsschreibereigesetzes), enthält
das luzernische HGG keine entsprechende Norm. Das bedeutet nicht, dass
deswegen die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausgeschlossen wäre. Die
Meinung ZUPPINGERS, die Besteuerung der wirtschaftlichen Handänderung
sei ohne gesetzliche Vorschrift überhaupt nur zulässig, wenn eine
Steuerumgehung vorliege (Steuerrevue 1969 S. 467), ist an sich überzeugend,
doch ist daran festzuhalten, dass unter dem Gesichtspunkt des Art. 4 BV
die wirtschaftliche Betrachtungsweise auch in Fällen erlaubt sein kann, in
denen die Absicht einer Steuerumgehung fehlt. Das Bundesgericht hat denn
auch schon wiederholt die Ansicht, § 1 des luzernischen HGG erfasse auch
die wirtschaftliche Handänderung, als vor Art. 4 BV haltbar bezeichnet
(nicht veröffentlichte Urteile vom 2. Juli 1945 i.S. Müller und Gaegauf,
vom 29. Juni 1960 i.S. Willimann, vom 16. Juni 1965 i.S. Dali). Freilich
kann der in einzelnen Bundesgerichtsurteilen enthaltenen Erwägung,
der im HGG verwendete Ausdruck "Handänderung" bezeichne nicht nur den
zivilrechtlichen Eigentumsübergang, sondern auch ganz allgemein die
rechtsgeschäftliche Verschiebung von Grundeigentumswerten, bei erneuter
Betrachtung kein Gewicht beigemessen werden. Der Steuertatbestand ist
in § 1 HGG umschrieben, und nach dieser Umschreibung ist die Steuer zu
entrichten, "wenn eine Liegenschaft an einen neuen Eigentümer übergeht",
womit klarerweise der Eigentumsübergang im Rechtssinn bezeichnet
ist. Trotzdem ist es nach dem Gesagten nicht ausgeschlossen, mit der
Handänderungssteuer auch Fälle zu erfassen, die wirtschaftlich einer
Handänderung gleichkommen. Die Konzeption des Gesetzes, das auf die
rechtliche Gestaltung abstellt und die wirtschaftliche Betrachtungsweise
im Gegensatz zu andern Steuergesetzen nicht ausdrücklich zulässt, zwingt in
diesem Bereich indessen zur Zurückhaltung; denn es versteht sich, dass ein
Steuergesetz, welches die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausdrücklich
vorsieht, der kantonalen Steuerbehörde einen weitern Spielraum einräumt,
als es das luzernische HGG tut.

    c) Es darf auch nicht unbeachtet bleiben, aus welchem Grund die
Praxis der Steuerbehörden eingeführt wurde, wonach die Handänderungssteuer
trotz gleichbleibender Verhältnisse im zivilrechtlichen Grundeigentum zu
erheben ist, wenn die Gesamtheit oder überwiegende Mehrheit der Aktien
einer Immobiliengesellschaft die Hand wechselt. Privatpersonen, die
Eigentümer von Liegenschaften waren und diese zu veräussern gedachten,
gründeten seinerzeit in zunehmendem Mass Aktiengesellschaften, auf welche
sie die Liegenschaften übertrugen. Das geschah aus dem einzigen oder
hauptsächlichen Grund, um später die mit einer Handänderung verbundenen
Steuern zu ersparen. Um diesen Manövern einen Riegel zu schieben,
rechtfertigte es sich, in wirtschaftlicher Betrachtung den Übergang
des Aktienbesitzes dem Eigentumsübergang gleichzustellen, weil die
Immobiliengesellschaft im allgemeinen mehr nur die Form darstellt, unter
welcher die Beteiligten ihren Grundbesitz ausüben, und das Interesse
der Aktionäre mehr auf den wirtschaftlichen Liegenschaftenbesitz als
auf die Aktie als Wertpapier gerichtet ist (GRAF, ZBl 34, S. 347). Das
Bundesgericht hat es mit Grund als sachlich gerechtfertigt bezeichnet, die
Abgabepflicht auf die Übertragung von Aktien einer Immobiliengesellschaft
zu beschränken und bei Erwerbsgesellschaften mit vielleicht bedeutenderem
kapitalmässigen Liegenschaftsbesitz keine Steuer zu erheben (Urteil vom
19. September 1956 i.S. Konsumgenossenschaft Bern, publ. in MBVR 55,
1957, S. 153 ff., E. 3 c). Zur Begründung führte das Bundesgericht
aus, wenn der Zweck einer Gesellschaft zur Hauptsache im Erwerb, in der
Verwaltung und dem Wiederverkauf von Grundstücken bestehe, dann erfülle
die Veräusserung der Gesellschaftsanteile wirtschaftlich die gleiche
Funktion wie die Übertragung des Eigentums an den Liegenschaften. Der
Käufer erlange dadurch die Verfügungsmacht über das Gesellschaftsvermögen,
und da dieses zur Hauptsache aus Grundstücken bestehe, erschöpfe sich
wirtschaftlich der Vorgang im wesentlichen darin, dass dem Erwerber eine
Stellung wie diejenige eines Eigentümers der betreffenden Grundstücke
verschafft werde. Anders verhalte es sich hingegen beim Verkauf der Aktien
einer Erwerbsgesellschaft. Dessen Wirkungen erschöpften sich nicht in der
Übertragung der Verfügungsmacht über die im Eigentum der Gesellschaft
befindlichen Grundstücke; diese Verfügungsmacht sei lediglich ein
Ausfluss der viel weitergehenden Beherrschung des gesamten Unternehmens,
die der Käufer mit dem Erwerb der Aktien erlange. - Der Grund, der es
als gerechtfertigt erscheinen lässt, den Übergang der Aktien jenem des
Grundeigentums gleichzustellen, fehlt somit dann, wenn die Aktien einer
Betriebsgesellschaft veräussert werden. Bei der Übertragung der Aktien der
Gebr. Ackermann AG und der Stoff AG ging es nicht darum, wirtschaftlich
Grundstücke auf einen neuen Eigentümer zu übertragen; vielmehr wurde das
ganze Unternehmen aufgekauft, wobei die Grundstücke nur den geringeren
Teil der Gesellschaftsaktiven ausmachten. Anders als durch Übertragung
des Aktienbesitzes konnte die Übernahme des Unternehmens im übrigen
kaum ohne Schwierigkeiten bewerkstelligt werden; auf jeden Fall kann von
einer irgendwie missbräuchlichen Rechtsgestaltung nicht die Rede sein.
Nur wenn ein Rechtsgeschäft wirtschaftlich der Übertragung von Grund und
Boden gleichkommt und sich darin erschöpft, d.h. nur bei Übertragung des
Aktienbesitzes an Immobiliengesellschaften, lässt es sich mit triftigen
Gründen rechtfertigen, den Übergang der Aktien steuerlich wie den Übergang
des Eigentums an Grundstücken zu behandeln, während solche gewichtigen
Gründe fehlen, wenn eine Betriebsgesellschaft, die Eigentümerin von
Grundstücken ist, durch Übertragung der Aktien in andere Hände übergeht.

    d) Soweit zu ersehen, wird denn auch in der Rechtslehre entsprechend
der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts die Ansicht
vertreten, die Übertragung des Aktienbesitzes könne steuerlich nur bei
Immobiliengesellschaften dem Übergang des Eigentums an den der Gesellschaft
gehörenden Grundstücken gleichgestellt werden (BLUMENSTEIN, System des
Steuerrechts, 3. A., S. 168; ZUPPINGER, Die wirtschaftliche Handänderung im
Steuerrecht, Steuerrevue 1969 S. 455 ff., insbesondere S. 471/2 mit weitern
Literaturhinweisen; GRAF, Luzernische Handänderungsgebühren nach Gesetz und
Praxis, Diss. Fribourg 1945, S. 49 ff.; GUHL, Die Spezialbesteuerung der
Grundstückgewinne in der Schweiz, Diss. Zürich 1953, S. 101; SCHUBIGER,
Das zürcherische Grundstückgewinn- und Handänderungssteuerrecht,
Diss. Zürich 1942, S. 49; MEIER, Die bernischen Handänderungs- und
Pfandrechtsabgaben, Diss. Bern 1946, S. 88 ff.; GRAF, ZBl 39, S. 347/8
und 34 S. 346). Nach § 161 des zürcherischen Steuergesetzes sind,
wie ausgeführt, den Handänderungen an Grundstücken Rechtsgeschäfte
gleichgestellt, die bezüglich der Verfügungsgewalt über Grundstücke
tatsächlich und wirtschaftlich wie Handänderungen wirken. Obschon das
Steuergesetz solchermassen die wirtschaftliche Betrachtung ausdrücklich
zulässt, steht auch die zürcherische Rechtslehre in Übereinstimmung mit
der Praxis auf dem Standpunkt, die Steuer dürfe nur bei Übertragung
von Beteiligungen an reinen Immobiliengesellschaften erhoben werden
(REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER N 62 zu § 161 StG). Umso mehr muss das bei
Anwendung eines kantonalen Steuergesetzes gelten, das wie das luzernische
die wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht ausdrücklich vorsieht.

    In der schweizerischen Rechtslehre scheint einzig IRENE BLUMENSTEIN
die unterschiedliche steuerliche Behandlung des Aktienübergangs
bei Immobiliengesellschaften einerseits und Betriebsgesellschaften
anderseits nicht für überzeugend zu halten (ASA 30 S. 221 ff.). Ihre
Ausführungen beziehen sich aber nur auf Steuergesetze, die hinsichtlich des
Begriffes der Handänderung durch eine Generalklausel die wirtschaftliche
Betrachtungsweise ausdrücklich zulassen. Demgegenüber enthält das
luzernische Gesetz keine solche Generalklausel, deren Tragweite auszulegen
wäre. Zudem verkennt Irene Blumenstein doch wohl, dass bei der Übertragung
des Aktienbesitzes einer Immobiliengesellschaft das Rechtsgeschäft
praktisch einem Grundstückkauf gleichkommt und sich darin erschöpft,
während beim Übergang des Aktienbesitzes einer Betriebsgesellschaft der
Aktienkäufer die viel weitergehende Beherrschung des gesamten Unternehmens
erlangt, wobei die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Grundstücke
der Gesellschaft nur ein Ausfluss dieser das Unternehmen beherrschenden
Stellung ist (MBVR 55 S. 160), der Aktienerwerb somit nicht mehr einem
blossen Grundstückkauf gleichgestellt und steuerlich wie dieser behandelt
werden kann.

    Würde man entgegen der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts
den Grundsatz aufgeben, dass nur Rechtsgeschäfte, die wirtschaftlich
einem Grundstückkauf gleichkommen und deren Wirkung sich darin erschöpft,
steuerlich wie ein Eigentumsübergang an Grundstücken behandelt werden
dürfen, so wäre es auch kaum mehr folgerichtig, das weitere Prinzip
aufrechtzuerhalten, wonach die Besteuerung nur erfolgen darf, wenn die
gesamte oder die überwiegende Mehrheit der Aktien übertragen wird (BGE 85
I 102); denn es lässt sich die Ansicht vertreten, auch ein Kleinaktionär
erwerbe mit dem Kauf einer einzigen Aktie oder einiger weniger solcher
Papiere wirtschaftlich irgendwie einen Anteil am Grundbesitz der
Gesellschaft. Solche Geschäfte, die mit dem Erwerb von Grundstücken im
allgemeinen praktisch nichts zu tun haben, ohne gesetzliche Grundlage der
Handänderungssteuer zu unterstellen, ginge klarerweise nicht an. Das zeigt,
dass der Rahmen, in welchem die wirtschaftliche Betrachtung zulässig ist,
nicht überspannt werden darf.

Erwägung 4

    4.- Die vorstehenden Erwägungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Das luzernische HGG sieht die Besteuerung auf Grund wirtschaftlicher
Betrachtung im Gegensatz zu andern kantonalen Steuergesetzen nicht
ausdrücklich vor; schon deshalb ist Zurückhaltung geboten. Wollte
man der Auffassung des Regierungsrates folgen, so käme man zum völlig
ungereimten Ergebnis, dass nach luzernischem Recht in wirtschaftlicher
Betrachtungsweise der Aktienübergang auch bei Betriebsgesellschaften
besteuert werden dürfte, während dies nach bernischem Recht, das
die wirtschaftliche Betrachtungsweise ausdrücklich vorsieht, nicht
zulässig wäre, weil nach Art. 81 Abs. 2 lit. a StG der Veräusserung von
Grundstücken nur die "Veräusserung der Mehrheitsbeteiligung an einer
Immobiliengesellschaft oder -genossenschaft gleichgestellt ist". -
Es lässt sich nur dann mit triftigen sachlichen Gründen rechtfertigen,
den Übergang der Gesamtheit oder der überwiegenden Mehrheit der Aktien der
Übertragung des Eigentums an Grundstücken der Gesellschaft gleichzustellen,
wenn der Aktienübergang wirtschaftlich einem Grundstückkauf gleichkommt und
seine Wirkung sich darin erschöpft. Das ist entsprechend der bisherigen
bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur bei Immobiliengesellschaften der
Fall, es wäre denn, dass aussergewöhnliche Verhältnisse, wie sie hier
nicht vorliegen (z.B. Absicht der Steuerumgehung), ausnahmsweise auch die
Besteuerung des Aktienübergangs von Betriebsgesellschaften zu rechtfertigen
vermöchten. Es bestehen keine gewichtigen Gründe, die es zulassen würden,
den Übergang der Aktien der Gebr. Ackermann AG und der Stoff AG steuerlich
wie eine zivilrechtliche Übertragung des Eigentums an den Grundstücken
dieser Gesellschaften zu behandeln, da das Rechtsgeschäft nicht einem
Grundstückkauf gleichkommt, sondern die Übernahme zweier Unternehmen zum
Gegenstand hat, deren Aktiven nur zu einem geringen Teil in Grundstücken
bestehen. Der angefochtene Entscheid ist demnach vor Art. 4 BV nicht
haltbar und aufzuheben. Damit erübrigt es sich, auf die weitern Rügen
der Beschwerdeführer einzugehen.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten werden
kann, und der Entscheid des Regierungsrats des Kantons Luzern vom 7. Mai
1973 aufgehoben.