Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 99 IA 143



99 Ia 143

17. Urteil vom 11. Juli 1973 i.S. Schmid gegen Winzeler, Stadtrat
von Schaffhausen und Obergericht als Verwaltungsgericht des Kantons
Schaffhausen. Regeste

    Art. 4 BV; Willkürliche Auslegung von Bauvorschriften.

    Es ist willkürlich, eine kantonale Vorschrift, wonach der Bau
von Hochhäusern nur bewilligt werden darf, wenn sie die Umgebung nicht
wesentlich benachteiligen, so auszulegen, dass übermässiger Schattenwurf
zwar als wesentliche Benachteiligung angesehen, bei der Prüfung eines
konkreten Hochhausprojektes aber nur darauf abgestellt wird, ob dessen
Schattenwurf allein, d.h. ohne Rücksicht auf die Schattenwirkungen bereits
bestehender Bauten, ein Nachbargrundstück wesentlich benachteiligt. Dies
gilt um so mehr, wenn eine kommunale Vorschrift den Bau von Hochhäusern,
die ausdrücklich kein Nachbargrundstück durch Schattenwurf unzumutbar
beeinträchtigen dürfen, nur im Rahmen von Gesamtüberbauungen zulässt.

Sachverhalt

    A.- Art. 53 Abs. 1 des Baugesetzes für den Kanton Schaffhausen (BauG)
vom 9. November 1964 bestimmt:

    "Eine Baute darf nicht höher als 24 m sein."

    Art. 54 besagt unter dem Marginale "Ausnahmen":

    "Auf Antrag des Gemeinderates kann der Regierungsrat über 24 m hohe
Bauten bewilligen, wenn:

    1.  eine solche Baute das Orts- und Landschaftsbild nicht
beeinträchtigt und auf einen verkehrstechnisch geeigneten Ort zu stehen
kommt;

    2.  genügend grosse Freiflächen geschaffen werden;

    3.  das Mass der Ausnützung der betreffenden Zone nicht überschritten
wird;

    4.  die Umgebung nicht wesentlich benachteiligt wird."

    Das kantonale Baugesetz ist ein Rahmengesetz. Die Gemeinden dürfen im
Rahmen ihrer Zuständigkeit weitergehende Vorschriften aufstellen. Die
Stadt Schaffhausen hat auf Grund des Baugesetzes am 23. April 1968
eine Bauordnung (Bauo) erlassen. Sie regelt in Abschnitt IV die
Wohnzonen. Art. 32 befasst sich mit den Gesamtüberbauungen und lautet:

    "Als Gesamtüberbauung im Sinne der nachfolgenden Bestimmungen gelten
mehrere, auf Grund eines Richtmodells projektierte, aufeinander abgestimmte
Wohnbauten, sofern,

    a) es sich hinsichtlich Verkehrslage um zweckmässige Projekte handelt,
die sich in die Umgebung gut einfügen;

    b) das Baugrundstück oder die zusammengehörenden Einzelparzellen
mindestens 5000 m2 umfassen;

    c) die in der Gesamtüberbauung zugelassenen Bauten mit mehr als sechs
Geschossen die Nachbargrundstücke weder durch Schattenwurf noch durch
Lichtentzug in unzumutbarer Weise beeinträchtigen."

    Bei Gesamtüberbauungen erhöht sich die für die einzelnen Wohnzonen
vorgesehene Ausnützungsziffer um 10% (Art. 34 Abs. 2 Bauo). Im übrigen
ist die Höhe der Bauten unter Vorbehalt der Beachtung von Art. 54 BauG
nicht auf 24 m beschränkt.

    Für die Erteilung der Baubewilligung ist grundsätzlich der Gemeinderat
zuständig (Art. 60 BauG). Indessen bedarf u.a. die Schaffung von Räumen
zum Einstellen von Motorfahrzeugen einer Bewilligung des Regierungsrates
bzw. der Baudirektion (Art. 61 BauG). Baubewilligungsentscheide
der Gemeinde können an den Regierungsrat weitergezogen werden. Gegen
erstinstanzliche Entscheide oder Rekursentscheide des Regierungsrates kann
gemäss Art. 34 des Gesetzes über den Rechtsschutz in Verwaltungssachen
vom 20. September 1971 Beschwerde beim Obergericht als Verwaltungsgericht
erhoben werden.

    B.- Emil Schmid, Landwirt in Schaffhausen, ist Eigentümer der
Grundstücke Nr. 6120 und 6140 in Schaffhausen; sie liegen in der
Wohnzone mit mittlerer Ausnützung. Zwischen seinen Grundstücken und
der Winkelriedstrasse hat Emil Winzeler, Architekt in Neuhausen, auf
Grund eines anfangs der sechziger Jahre entworfenen Plans noch vor dem
Inkrafttreten des BauG und der Bauo zwei Hochhäuser erstellt. Sie werfen
ihren Schatten auf die erwähnten Grundstücke des Emil Schmid. Im Plan war
der Bau eines dritten Hochhauses mit 14 Stockwerken vorgesehen. Nachdem
aber Winzeler die ihm gehörende Landfläche durch den Kauf des Grundstückes
Nr. 6171 vergrössert hatte, plante er ein 47 m hohes Gebäude mit 16
Stockwerken. Am 23. März 1972 reichte er den Baubehörden der Stadt
Schaffhausen das Gesuch ein für die Erstellung dieses Wohnhochhauses,
Hochhaus "ob de Gruebe" genannt, einer dreigeschossigen Autoeinstellhalle
sowie verschiedener Autoabstellplätze auf GB Nr. 6137 und zum Teil auf
den Nrn. 6124, 6153 und 6615. Winzeler war der Meinung, das Projekt
bilde Teil einer Gesamtüberbauung. Am 25. April 1972 genehmigte der
Stadtrat Schaffhausen das Baugesuch, soweit er sich dafür als zuständig
erachtete. Der Regierungsrat erteilte am 16. Mai 1972 die Bewilligung
für die Überschreitung der in Art. 53 BauG festgelegten Bauhöhe von 24
m, ohne näher auszuführen, inwieweit die von Art. 54 BauG aufgestellten
Bedingungen für den Höherbau erfüllt seien. Auf Antrag des Stadtrates
bewilligte darauf die kantonale Baudirektion ihrerseits am 16.
Juni 1972 das Hochhausprojekt mit Bezug auf die geplante, in ihren
Zuständigkeitsbereich fallende Autoeinstellhalle.

    Nach der Baupublikation reichte Emil Schmid beim Bezirksrichter
Schaffhausen gegen das Bauvorhaben "öffentlich- und privatrechtliche
Einsprache" ein. Da diese ausschliesslich öffentlich-rechtliche
Beschwerdegründe zum Gegenstand hatte, leitete sie der Bezirksrichter
als Rekurs an den Regierungsrat weiter, soweit das Rechtsmittel sich
gegen die vom Stadtrat und der Baudirektion erteilte Baubewilligung
richtete. Soweit Schmid jedoch den vom Regierungsrat bewilligten
Höherbau beanstandete, überwies der Bezirksrichter die Einsprache
dem Obergericht des Kantons Schaffhausen als Verwaltungsgericht. Am
3. Oktober 1972 wies der Regierungsrat den Rekurs ab. Schmid zog diesen
Entscheid an das Verwaltungsgericht weiter. In seiner Beschwerdeschrift
erklärte er u.a., zur Vereinfachung der Sachlage ziehe er die anhängige
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zurück und ersetze sie durch die neue
Beschwerde. Am 10. November 1972 schrieb infolgedessen das Obergericht
die ihm vom Bezirksrichter überwiesene Beschwerde als erledigt am
Protokoll ab und verpflichtete Schmid, dem Beschwerdegegner Winzeler
eine Parteientschädigung von Fr. 7500.-- zu bezahlen. Mit Urteil vom
2. Februar 1973 wies es sodann die Beschwerde ab. Es hielt dafür, für die
Bewilligung von über 24 m hohen Bauten sei nach BauG der Regierungsrat
allein zuständig, doch sei, da man im zur Beurteilung stehenden Fall ein
anderes Vorgehen gewählt habe, auf die ganze Beschwerde einzutreten. Es
stellte ferner fest, in der Stadt Schaffhausen könnten Hochhäuser
nur auf Grund einer Gesamtüberbauung erstellt werden. Liege gar keine
Gesamtüberbauung im Sinne von Art. 32 Bauo vor, müsse die Baubewilligung
verweigert werden. Das von Art. 32 Bauo verlangte Richtmodell sei kein
verbindlicher Plan, es unterliege keinem behördlichen Beschluss und
erfordere keine Genehmigung durch eine Aufsichtsinstanz. Es sei vielmehr
eine verwaltungsinterne Entscheidungsgrundlage, um abzuklären, ob mehrere
aufeinander abgestimmte Wohnbauten als Gesamtüberbauung anerkannt werden
könnten. Das Richtmodell solle der Behörde bei ihrem Entscheid behilflich
sein, um festzustellen, ob die Voraussetzungen nach Art. 32 lit. a-c Bauo
und gegebenenfalls diejenigen nach Art. 54 BauG erfüllt seien. Änderungen
eines ursprünglichen Richtmodells könnten zugelassen werden, wenn damit
die Voraussetzungen der Anerkennung der Gesamtüberbauung erfüllt blieben.

    Nach Ansicht des Beschwerdeführers könne keine Gesamtüberbauung
vorliegen, weil die Hochbauten seine Grundstücke durch unzumutbare
Schattenwürfe beeinträchtigen würden; dabei seien die Schattenzeiten
zu berücksichtigen, die von allen zur Überbauung gehörenden Hochhäusern
verursacht werden. Ob durch den Schattenwurf die Nachbargrundstücke in
unzumutbarer Weise beeinträchtigt würden, sei eine Rechtsfrage, bei deren
Beantwortung ein unbestimmter Rechtsbegriff anzuwenden sei. Den kantonalen
Behörden stehe ein gewisser Beurteilungsspielraum zu, insbesondere wenn
dabei örtliche Verhältnisse zu würdigen seien, ein Grenzfall vorliege
und die Auslegung schwierig sei. Ein solcher Beurteilungsspielraum sei
dem Regierungsrat zuzugestehen. Dieser betrachte in Anlehnung an die
Richtlinien des Regionalplanungsamtes Zürich die 2-stündige Schattendauer
als Grenzwert, wobei in Grenzfällen unter Umständen auch eine längere
Schattendauer zu dulden sei. Dabei habe man grundsätzlich nur die
Auswirkungen eines konkreten Projektes in Betracht zu ziehen. Wenn man
bei der Beurteilung eines Baugesuches regelmässig auch auf die in der
Nachbarschaft bestehenden Bauten abstellen müsste, würde der bauwillige
Grundeigentümer in seiner Baufreiheit zusätzlich beschränkt. Dies sei
nach Ansicht des Regierungsrates weder in der Absicht des Gesetzgebers
gewesen noch könne es der Sinn der auf die konkreten Zonenverhältnisse
abgestimmten Bauvorschriften sein. Mit dieser Auslegung habe sich der
Regierungsrat im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraumes
gehalten. Die Mitberücksichtigung weiterer Hochhäuser in der näheren
Umgebung könnte zudem auch nach Meinung des Obergerichtes nicht auf Art. 32
lit. c Bauo abgestützt werden. Öffentlich-rechtliche Beschränkungen des
Grundeigentums bedürften der klaren gesetzlichen Grundlage; an einer
solchen würde es fehlen. Hochhausprojekte sollten zwar hinsichtlich
ihrer Einwirkungen auf Nachbargrundstücke unter Berücksichtigung der
umstehenden Bauobjekte überprüft werden können. Dass ein Teil des
Baulandes des Beschwerdeführers durch die bestehenden Hochhäuser und
das zur Diskussion stehende Projekt tatsächlich mit einer sehr langen
Schattenzeit beeinträchtigt werde, die unter Umständen eine Verwendung
für die zonengemässe Überbauung mit Wohnhäusern verhindere, könne aber
aus rechtlichen Gründen nicht verhindert werden. Ob sich allenfalls eine
Umzonung gewisser Parzellen des Beschwerdeführers aufdränge, sei von
den zuständigen Rechtsetzungsinstanzen zu prüfen. Das Hochhausprojekt
Winzeler erreiche mit seinem Schattenwurf die Zweistundengrenze nur knapp
und übersteige sie an wenigen Punkten nur leicht, so dass nicht davon
gesprochen werden könne, das Nachbargrundstück des Beschwerdeführers
werde durch diese Baute in unzumutbarer Weise beeinträchtigt.

    Der Beschwerdeführer mache schliesslich eine Verletzung von Art. 54
Ziff. 1 und 4 BauG geltend. Mit Bezug auf die Fragen des Lichtentzuges
und des Schattenwurfs sei Art. 54 Ziff. 1 durch Art. 32 Bauo verschärft
worden. Es könne deshalb auf das zu Art. 32 Bauo Gesagte verwiesen
werden. Weitere Quellen für eine Benachteiligung der Umgebung im Sinne
von Art. 54 Ziff. 4 mache der Beschwerdeführer nicht geltend und das
Verwaltungsgericht, das den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären habe,
finde auch keine solchen.

    C.- Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes führt Emil Schmid
staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, es seien der Entscheid des
Obergerichtes vom 2. Februar 1973 sowie die ihm vorangegangenen Entscheide
des Regierungsrates und des Stadtrates aufzuheben.

    D.- Emil Winzeler beantragt, es sei auf die Beschwerde nicht
einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Art. 54 BauG und Art. 32 Bauo schützen nicht nur das öffentliche
Interesse an einer geordneten und zweckmässigen Überbauung, sondern
bewahren auch die Nachbarn der Baugrundstücke vor übermässigen
Auswirkungen neuer Bauten. Der Beschwerdeführer ist daher als Anstösser
der Baugrundstücke legitimiert, staatsrechtliche Beschwerde zu führen, wenn
er sich durch eine verfassungswidrige Anwendung der erwähnten Bestimmungen
in diesem Schutz beeinträchtigt glaubt (BGE 95 I 196 E. 1 mit Hinweisen).

Erwägung 2

    2.- Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtes kann sich
die staatsrechtliche Beschwerde nur gegen den Entscheid der letzten
kantonalen Instanz mit freier Prüfungsbefugnis richten und nicht auch
gegen vorausgegangene Entscheide unterer Instanzen (BGE 98 Ia 156 E. 3,
97 I 119, je mit Hinweisen). Da im vorliegenden Fall das Verwaltungsgericht
mit freier Kognition entschieden hat, ist auf das Beschwerdebegehren nicht
einzutreten, soweit damit die Aufhebung der Entscheide des Regierungsrates
des Kantons Schaffhausen und des Stadtrates Schaffhausen beantragt wird.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeschrift muss u.a. die wesentlichen Tatsachen und
eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen
Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen
Erlass oder Entscheid verletzt worden sind (Art. 90 Abs. 1 lit. b
OG). Der Beschwerdeführer erklärt nicht, inwiefern der angefochtene
Entscheid die Eigentumsgarantie nach Art. 22ter BV oder den Schutz
der Privatrechte gemäss Art. 19 KV verletze. Er behauptet lediglich,
Regierungsrat und Verwaltungsgericht hätten die Bestimmungen des BauG und
der städtischen Bauo willkürlich angewandt. Auf die Rüge der Verletzung
der Eigentumsgarantie und der kantonalen Verfassung ist daher mangels
hinreichender Begründung nicht einzutreten (BGE 96 I 36 E. 2 mit Hinweisen,
329).

    Der Beschwerdegegner Winzeler hält dafür, dass auf die ganze Beschwerde
nicht einzutreten sei, weil sie der nötigen Sachdarstellung entbehre. Diese
ist freilich dürftig. Sie ist aber hinreichend, um die Rechtsfrage, die
der Beschwerdeführer dem Bundesgericht mit der Beschwerde unterbreitet,
zu entscheiden. Soweit daher eine Verletzung von Art. 4 BV behauptet wird,
ist auf die Beschwerde einzutreten.

Erwägung 4

    4.- Lichtentzug und Schattenwurf eines Gebäudes auf benachbarte
Grundstücke gehören zu den sogenannten negativen Immissionen. Wie
weit diesen mit den Mitteln des Privatrechtes begegnet werden könnte,
kann offenbleiben, da im vorliegenden Verfahren der privatrechtliche
Immissionsschutz nicht in Frage steht. In neuerer Zeit hat sich
das öffentliche Baurecht der Frage angenommen und verbietet zuweilen
Bauten, insbesondere Hochhäuser, die durch Lichtentzug und Schattenwurf
angrenzende Grundstücke beeinträchtigen würden. Solche baurechtliche
Eigentumsbeschränkungen stehen im öffentlichen Interesse, insbesondere im
Interesse an geordnetem und gesundem Wohnen. Um vor der Bundesverfassung
standhalten zu können, müssen sie aber auch auf gesetzlicher Grundlage
beruhen (BGE 98 Ia 38 E. 2, 199 E. 1, 97 I 795 E. 2 b).

    Das Baurecht des Kantons Schaffhausen bestimmt in Art. 54 BauG,
unter welchen Voraussetzungen über 24 m hohe Bauten erstellt werden
dürfen. Für die Beurteilung der Beschwerde fällt nur Ziff. 4 in Betracht,
da vor Bundesgericht nicht mehr streitig ist, ob die weitern Bedingungen
von Art. 54 erfüllt sind. Danach darf durch das Hochhaus die Umgebung
nicht wesentlich benachteiligt werden. Damit ist wohl in erster Linie
eine Beeinträchtigung der Umgebung in aesthetischer Beziehung gemeint
und insoweit stellt Ziff. 4 eine Ergänzung von Ziff. 1, bezogen auf
die unmittelbare Nachbarschaft, dar. Der Gesetzeswortlaut gestattet
es aber, auch weitere Beeinträchtigungen als Hinderungsgründe zu
betrachten. Regierungsrat und Verwaltungsgericht nehmen an, darunter
falle auch die Schädigung der Nachbarliegenschaften durch übermässigen
Schattenwurf. Wann eine wesentliche Beeinträchtigung vorliegt, ist eine
Rechtsfrage, die durch Auslegung des Gesetzes zu beantworten ist. Sie
ist dann gegeben, wenn die zonengemässe Benutzung der anstossenden
Grundstücke verunmöglicht wird. Das trifft bei Schattenwürfen zu,
durch die eine Überbauung der betroffenen Nachbargrundstücke unzumutbar
wird. Bei der Beurteilung, ob der Schattenwurf des projektierten
Hochhauses die Grundstücke des Beschwerdeführers im Sinne von Art. 54
Ziff. 4 BauG wesentlich benachteilige, stellte der Regierungsrat auf
die vom zürcherischen Amt für Regionalplanung im Jahre 1967 erarbeitete
"Anleitung zur Bestimmung des Schattenverlaufes von hohen Gebäuden,
Die 2-Stunden-Schattenkurve" ab. Diese Studie kommt zum Schluss, dass
ein Hochhaus an einem mittleren Wintertag nicht mehr als zwei Stunden
Schatten auf einen bestimmten Punkt werfen sollte. Der Regierungsrat
oder das Verwaltungsgericht hätten auch eine andere Methode wählen oder
eine eigene entwickeln oder sich für jeden Einzelfall die Entscheidung
vorbehalten können, was als wesentliche Beeinträchtigung zu gelten habe. Es
ist nicht verfassungswidrig, wenn dem Regierungsrat dabei ein gewisser
Beurteilungsspielraum zuerkannt wird, denn, wie das Verwaltungsgericht
mit Recht annimmt, ist der Begriff der wesentlichen Beeinträchtigung ein
unbestimmter Rechtsbegriff, der zwar einheitlich ausgelegt werden muss,
bei dessen Anwendung im Einzelfall aber gelegentlich eine Wahl zwischen
verschiedenen Möglichkeiten zu treffen ist, die sich nicht immer bis ins
Letzte begründen lässt. Hingegen steht dieser Beurteilungsspielraum nicht
offen bei der Ermittlung von Sinn, Umfang und Tragweite der gesetzlichen
Vorschrift. Bei der Frage, ob bei einer Baubewilligung gemäss Art. 54 BauG
bzw. Art. 32 Bauo nur auf die Schattenwirkungen des zu bewilligenden
Bauprojektes abzustellen ist, geht es um den Sinn der gesetzlichen
Vorschriften, so dass das Verwaltungsgericht hier dem Regierungsrat
zu Unrecht einen Beurteilungsspielraum einräumte. Immerhin hat das
Bundesgericht die von den kantonalen Instanzen vorgenommene Auslegung
nur auf Willkür hin zu prüfen.

Erwägung 5

    5.- Die kantonalen Baubehörden sind der Auffassung, dass ein
Nachbargrundstück beim Bau eines Hochhauses u.a. durch übermässigen
Schattenwurf im Sinne von Art. 54 Ziff. 4 BauG benachteiligt werden
kann. Zu entscheiden ist aber, ob dabei nur auf die Schattenwirkungen
des zu bewilligenden Projektes auf ein bestimmtes Grundstück abzustellen
ist oder auch auf solche, die von bereits bestehenden Gebäuden ausgehen.
Entgegen dem Entscheid des Regierungsrates und des Verwaltungsgerichtes
sind auch bereits bestehende Bauten zu berücksichtigen. Sie wirken
durch ihren Bestand unter Umständen bereits auf das in Frage stehende
Nachbargrundstück ein. Ob die Auswirkungen eines neuen Bauvorhabens
tragbar sind, ist deshalb nicht isoliert zu prüfen, sondern nur unter
Mitberücksichtigung von allenfalls bereits bestehenden Schattenwürfen
anderer Bauten auf das gleiche Grundstück. Eine andere Auslegung würde
den Schutzzweck von Art. 54 Ziff. 4 BauG offensichtlich verfehlen, die
Norm somit klar verletzen und wäre damit willkürlich (BGE 97 I 352, 96 I
627). Mit Recht weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass andernfalls je
nach den Umständen der angestrebte Schutzzweck überhaupt nicht erreicht
werden könnte, indem die Summierung der Schattenwürfe von immer neuen
Hochbauten die zonengemässe Überbauung eines Grundstückes verunmöglicht,
weil jedes einzelne Hochhaus zwar keinen übermässigen Schatten wirft, wohl
aber mehrere miteinander, was für die Grundstücke des Beschwerdeführers
zutrifft, wie das Verwaltungsgericht zugesteht. In einem solchen Falle
drängt es sich somit auf, neue Bauprojekte im Interesse der Nachbarn
zu beschränken. In diesem Sinne trifft z.B. die bernische Bauverordnung
vom 26. November 1970 eine klare Ordnung, indem sie in Art. 130 Abs. 3
bestimmt, dass dort, wo topographische Gegebenheiten oder bestehende
Bauten die Besonnung einer Liegenschaft bereits erheblich einschränken,
die Beschattungstoleranzen, die die Verordnung im übrigen aufstellt,
angemessen zu reduzieren sind.

    Das Verwaltungsgericht befürchtet, durch eine solche Gesetzesauslegung
werde eine öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung geschaffen, für
die es an der klaren gesetzlichen Grundlage fehle. Die Besorgnis ist
unbegründet. Art. 54 BauG enthält, wenn auch nur in allgemeiner Form,
eine genügende Ordnung, weil die Beschränkung der Baufreiheit mit dem
Zweck der Bestimmung in Einklang steht und auch das angewandte Mittel
als von ihr gewollt erscheint.

Erwägung 6

    6.- Dieses Ergebnis folgt erst recht aus Art. 32 Bauo. Er verschärft
Art. 54 BauG insoweit, als Bauten mit mehr als sechs Geschossen,
d.h. Hochhäuser, nur in Gesamtüberbauungen und nicht schlechthin zugelassen
sind (zum Begriff vgl. ZAUGG, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Bern,
S. 143,

FRIEDRICH/SPÜHLER/KREBS, Bauordnung der Stadt Winterthur, S. 110 ff.,
kritisch H. EGGER, Einführung in das zürcherische Baurecht, 3. Auflage,
S. 114 f.). Eine Gesamtüberbauung besteht nach Art. 32 Bauo aus mehreren
aufeinander abgestimmten Wohnbauten. Die Überbauung gilt aber u.a. nur
dann als Gesamtüberbauung, wenn die Bauten die Nachbargrundstücke
weder durch Schattenwurf noch Lichtentzug in unzumutbarer Weise
beeinträchtigen. Mit dem Verbot der Beeinträchtigung schliesst Art. 32
Bauo an Art. 54 BauG an, wobei dieser insofern weiter gefasst ist, als
er bereits eine wesentliche Benachteiligung der Umgebung verbietet.

    Die Gesamtüberbauung setzt ausserdem voraus, dass die Bauten auf
Grund eines Richtmodells projektiert wurden. Was darunter zu verstehen
ist, sagt die Bauordnung nicht. Die Frage kann indes offenbleiben, da
vor Bundesgericht nicht streitig ist, dass das Hochhaus "ob de Gruebe"
im Rahmen einer Gesamtüberbauung erstellt werden soll. Das zur Beurteilung
stehende Projekt für sich allein genommen, kann nicht als Gesamtüberbauung
gelten, obschon es mindestens zwei Bauten umfasst, denn es müssten
Wohnbauten sein, was nicht zutrifft. Das erforderliche Richtmodell
ist offenbar anfangs der sechziger Jahre vom Beschwerdegegner erstellt
worden. Damals hatte die Stadt Schaffhausen indessen noch keine Bauordnung
und es konnte deshalb auch keine Rede davon sein, die Gesamtüberbauung
auf Grund eines Richtmodells zu planen. Nach Inkrafttreten des BauG
und der Bauo hat Winzeler kein neues Richtmodell ausgearbeitet. Dass die
früher erstellte Überbauungsstudie, die zum Teil schon ausgeführt ist, als
Richtmodell im Sinne der Bauo anerkannt wird und damit auch das geplante
Hochhaus als Teil der Gesamtüberbauung gelten und als solcher bewilligt
werden kann, sofern die übrigen Voraussetzungen nach Bauo erfüllt sind,
ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

    Auch wenn das Richtmodell, wie schon sein Name andeutet, nur gewisse
Richtlinien für die künftige Überbauung festlegt und spätere Abweichungen
in Einzelheiten zulässt, weisen doch Wortlaut und Sinn von Art. 32 Bauo
eindeutig darauf hin, dass bei einer Gesamtüberbauung die Auswirkungen
sämtlicher im Richtmodell enthaltener Bauten zu berücksichtigen sind,
wenn diese mit ihrem Schattenwurf ein Grundstück im Sinne von Art. 32
Ziff. 4 unzumutbar beeinträchtigen. Der Sinn der Gesamtüberbauung
liegt darin, eine von den Baubedingungen der allgemeinen Bauzonen
abweichende Überbauung mit in der Regel stärkerer Ausnutzungsmöglichkeit
zu gestatten. Da dabei die Nachbarn den Schutz verlieren, den ihnen die
allgemeine Zonenordnung gewährt, ist es folgerichtig, die Gesamtüberbauung
nur unter Anwendung besonderer Vorsichtsmassregeln zuzulassen, wie sie
Art. 32 Bauo vorsieht. Unerheblich ist, ob die Gesamtüberbauung nach der
behördlichen Genehmigung des Richtmodells in einem Zuge oder zeitlich
gestaffelt ausgeführt wird, sofern nur das Richtmodell mit Bezug auf jene
Eigenschaften verbindlich bleibt, die für die Anerkennung der vorgesehenen
Überbauung als Gesamtüberbauung massgebend sind. Wenn der letzte Bau,
wie im vorliegenden Fall, in zeitlich erheblichem Abstand erfolgt, muss
bei der Prüfung des Projektes darauf geachtet werden, dass dieser Bau
zusammen mit den übrigen Bestandteilen des Projektes keine unzumutbare
Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke nach sich zieht. Daraus folgt, dass
die Schattenwürfe aller zur Gesamtüberbauung gehörenden Bauten zusammen
auf das Grundstück des Beschwerdeführers zu berücksichtigen sind. Eine
andere Auffassung verstösst gegen den Wortlaut und gegen den Sinn der
Bestimmung und ist unhaltbar. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen,
und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben.

Erwägung 7

    7.- Der Beschwerdegegner bestreitet die vom Beschwerdeführer
vertretene und vom Verwaltungsgericht anerkannte Auffassung, wonach alle
Schattenwürfe der verschiedenen Hochhäuser zusammen die Grundstücke des
Beschwerdeführers in unzumutbarer Weise beeinträchtigen würden. Er macht in
der Beschwerdeantwort geltend, die Schattenwürfe beträfen diese Grundstücke
nur am Rande. Das Verwaltungsgericht unterliess es, diesen Sachverhalt
abzuklären, weil es die im BauG und in der Bauo enthaltenen Vorschriften
willkürlich auslegte und damit die Beschwerde willkürlich abwies. Es wird
Sache des allfälligen weiteren Verfahrens sein zu untersuchen, wie gross
die Schattenwürfe der bestehenden Bauten und des geplanten Hochhauses
zusammen auf die Grundstücke des Beschwerdeführers sind, ob dadurch
deren Überbauung an Stellen, die für eine Überbauung vernünftigerweise
in Frage kommen, verunmöglicht wird, und ob deshalb die Grundstücke des
Beschwerdeführers unzumutbar beeinträchtigt werden.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf eingetreten werden
kann.