Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 V 88



98 V 88

23. Auszug aus dem Urteil vom 2. Mai 1972 i.S. Brigger gegen Kantonale
Ausgleichskasse des Wallis und Versicherungsgericht des Kantons Wallis
Regeste

    Art. 4 AHVG: Beitragspflicht.

    Begriff des gewerbsmässigen Liegenschaftenhandels.

Sachverhalt

    Malermeister Karl Brigger tätigte in den Jahren 1967/68 zahlreiche
Liegenschaftskäufe und -verkäufe. Die kantonale Steuerbehörde behandelte
die im Liegenschaftshandel erzielten Gewinne ebenfalls als Einkommen. Dazu
zählte sie Provisionen, Liegenschaftserträge und das Einkommen aus dem
Malergeschäft.

    Mit seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Karl Brigger
beantragen, es sei festzustellen, dass auf den Liegenschaftsgewinnen
keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden müssen. Da er
in seinem Malergeschäft voll beschäftigt sei, könne nicht behauptet
werden, er. betreibe gewerbsmässig Liegenschaftshandel. Dazu fehle ihm
die Zeit. Die erzielten Liegenschaftsgewinne stammten zudem grösstenteils
aus Baukonsortien, in denen er selber keine Tätigkeit ausgeübt habe. Wenn
er sein Geld in solchen Baukonsortien investiere oder für die Kredite
mithafte, so bedeute dies noch keine planmässige und fortlaufende
selbständige Erwerbstätigkeit. Diese Transaktionen seien im Rahmen blosser
Vermögensverwaltung und Ausnutzung zufällig sich bietender Gelegenheiten
erfolgt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Als Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit, von dem
Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden müssen, gilt u.a. das in
selbständiger Stellung erzielte Einkommen aus Handel und Gewerbe (Art. 17
AHVV). Wie sich aus Art. 23 Abs. 1 AHVV ergibt, hat die Ermittlung des
massgebenden Einkommens grundsätzlich nach den gleichen Kriterien zu
erfolgen wie bei der Wehrsteuerveranlagung.

    Erwerbseinkommen im Sinn von Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB ist der durch
Veräusserung eines Grundstücks erzielte Gewinn dann, wenn er im Rahmen
einer (haupt- oder nebenberuflichen) Erwerbstätigkeit erzielt wird. Nicht
Erwerbseinkommen, sondern Vermögenszuwachs bildet ein solcher Gewinn nur
dann, wenn er als Folge der ordentlichen Vermögensverwaltung oder einer
sich zufällig bietenden Gelegenheit anfällt (Archiv für Schweizerisches
Abgaberecht Bd. 37, S. 153, und Bd. 38, S. 395, BGE 96 I 658 Erw. 1).

    Die Annahme, dass ein beim Verkauf einer Liegenschaft erlangter
Gewinn einer Erwerbstätigkeit entspringt, kann sich aus der Häufung
von Grundstückkäufen und -verkäufen oder aus andern Umständen ergeben,
insbesondere aus dem Zusammenhang mit einer selbständigen Berufstätigkeit
des Beitragspflichtigen als Architekt, Baumeister, Gipsermeister oder
als Erwerbstätiger in ähnlichen Berufen. Sie ist auch bei vereinzelten
Verkäufen, die nicht mit einer derartigen Betätigung des Steuersubjektes
zusammenhängen, nicht ausgeschlossen. In solchen Fällen ist sie nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung gerechtfertigt, wenn der Gewinn auf
einer Tätigkeit des Steuerpflichtigen beruht, die nach Art und Umfang dem
Vorgehen eines Liegenschaftenhändlers gleichgestellt werden kann. Wie das
Bundesgericht entschieden hat, kann auf Erwerbstätigkeit z.B. allein schon
daraus geschlossen werden, dass der Steuerpflichtige für ein bestimmtes
Grundstückgeschäft in einer einfachen Gesellschaft sich mit einer
Person verbindet, die sich in Ausübung ihres Berufes beteiligt und die
Geschäftsführung für gemeinsame Rechnung im Einvernehmen mit ihm besorgt
(BGE 93 I 288 sowie 96 I 658 Erw. 2 und 664). Die Gewerbsmässigkeit kann
sich auch aus der Inanspruchnahme bedeutender fremder Gelder und aus der
Investition der Gewinne in neuem Grundbesitz ergeben (BGE 92 I 122). -
Vgl. EVGE 1960 S. 200 und 1963 S. 27.

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer tätigte in den Jahren 1967 und 1968 in
verschiedenen Gemeinden sieben Liegenschaftskäufe bzw. -verkäufe,
die ihm einen Gewinn von insgesamt ... Franken einbrachten. Diese
Liegenschaftstransaktionen nahm Karl Brigger, Inhaber eines
Malergeschäftes, jedenfalls teilweise als Mitglied von Baukonsortien vor,
in denen er selber aktiv tätig war. Aus seiner Steuererklärung ergibt sich,
dass die Geschäfte überwiegend mit fremden Geldern finanziert worden sind.

    Die Häufigkeit der Liegenschaftskäufe und -verkäufe innert zwei
Jahren, die massive Investition fremden Kapitals und die Beteiligung
des hauptberuflich selber in der Baubranche tätigen Beschwerdeführers an
Baukonsortien, welche zum Teil die Liegenschaftstransaktionen vorgenommen
haben, lassen auf gewerbsmässigen Liegenschaftenhandel schliessen. Karl
Brigger schuldet daher die Sozialversicherungsbeiträge auch auf den
Liegenschaftsgewinnen. Demzufolge hat es beim Entscheid des kantonalen
Versicherungsgerichts sein Bewenden.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.