Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 V 174



98 V 174

44. Urteil vom 30. August 1972 i.S. Eidgenössische Militärversicherung
gegen Schnell und Versicherungsgericht des Kantons Thurgau Regeste

    Art. 25 Abs. 4 und 26 Abs. 1 MVG: Rentenanspruch infolge Schädigung
paariger Organe.

    -  Revision der für den Verlust eines Auges vor 1964 zugesprochenen
Rente bei späterer Schädigung des anderen Auges ausserhalb des
Militärdienstes: übergangsrechtliche Auswirkungen der Gesetzesnovelle
vom 19. Dezember 1963 (in Kraft seit 1. Januar 1964).

    - Invaliditätsschätzung, insbesondere bei Augenschäden.

Sachverhalt

    A.- Bruno Schnell, der den Beruf eines Mechanikers erlernt hat, zog
sich am 13. Juni 1933 in der Rekrutenschule eine schwere Verletzung des
rechten Auges zu, das seither praktisch erblindet ist. Mit Beschluss vom
23. März 1934 gewährte ihm die Eidgenössische Pensionskommission eine Rente
wegen 25% iger Invalidität. Am 9. Dezember 1968 teilte Bruno Schnell der
Eidgenössischen Militärversicherung mit, dass die Sehkraft seines linken
Auges immer mehr nachlasse und die Rente mit Rücksicht auf den massgebenden
Jahresverdienst viel zu tief angesetzt sei. Die Militärversicherung nahm
neue Abklärungen vor, sah sich jedoch zunächst nicht veranlasst, dèn
Invaliditätsgrad zu revidieren. Hingegen erhöhte sie den anrechenbaren
Jahresverdienst. Auf Einsprache hin, mit der Bruno Schnell die Erhöhung
des Invaliditätsgrades auf 50% hatte beantragen lassen, holte die
Militärversicherung beim Chefarzt einer Augenklinik einen gutachtlichen
Bericht ein. Prof. B. veranschlagte den Invaliditätsgrad bezüglich des
rechten Auges auf 30%, weil dieses amaurotisch sei, ein Sekundärglaukom
aufweise und in ausgeprägter Divergenzstellung stehe. Hingegen habe
sich die Sehkraft des linken Auges kaum geändert; dessen Sehschärfe sei
annähernd normal, und das Gesichtsfeld sei normal. In einem zusätzlichen
Bericht begründete Prof. B. die Erhöhung des Invaliditätsgrades damit,
dass seit 1964 am rechten Auge ein Epithelödem der Hornhaut aufgetreten
sei, das vermehrte Blendung verursachen könne. Zudem habe der Strabismus
divergens dieses Auges im Verlauf der letzten Jahre zugenommen; dieser sei
kosmetisch sehr störend und wie eine Abulbie zu bewerten. - Am 7. Dezember
1970 schlug die Militärversicherung gestützt auf Art. 26 Abs. 1 MVG dem
Versicherten vor, auf den 1. Januar 1970 den Invaliditätsgrad auf 30%
festzulegen. Bruno Schnell liess jedoch nach wie vor die Auffassung
vertreten, dass nicht Art. 26 Abs. 1 MVG, sondern Art. 25 Abs. 4 MVG
anwendbar sei und der Invaliditätsgrad auf 50% festgesetzt werden müsse,
worauf die Militärversicherung am 25. Januar 1971 entsprechend ihrem
Vorschlag vom 7. Dezember 1970 verfügte.

    B.- Bruno Schnell liess diese Verfügung beim Versicherungsgericht des
Kantons Thurgau beschwerdeweise anfechten mit dem Antrag, es sei ihm eine
Invalidenrente auf der Grundlage hälftiger Invalidität zuzusprechen. Es
wurde geltend gemacht, die Sehkraft des linken Auges habe wegen der
unfallbedingten Überbeanspruchung so sehr abgenommen, dass der Versicherte
in seiner Erwerbsfähigkeit als qualifizierter Mechaniker nunmehr etwa
zur Hälfte beeinträchtigt sei. Art. 25 Abs. 4 MVG sei anzuwenden.

    Die Vorinstanz ging davon aus, dass bei der erstmaligen
Rentenfestsetzung im Jahre 1934 eine Risikoprämie von 10 bis 15% für die
allfällige spätere Schädigung des linken Auges mit berücksichtigt worden
sei. Diese unterliege ebenfalls dem Revisionsvorbehalt des Art. 26 Abs. 1
MVG, sofern sich das Risiko faktisch erheblich schwerer oder früher
realisiere, als ursprünglich angenommen worden sei... Die Vorinstanz
verhielt deshalb die Militärversicherung, eine neue Rentenverfügung auf
Grund von Art. 25 Abs. 4 MVG zu erlassen, wobei durch ein medizinisches
Gutachten abgeklärt werden müsse, wie weit die Erwerbsfähigkeit infolge der
effektiv noch bestehenden Sehkraft beider Augen gesamthaft beeinträchtigt
sei (Entscheid vom 4. November 1971).

    C.- Die Eidgenössische Militärversicherung erhebt gegen
diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf
Wiederherstellung ihrer Verfügung vom 25. Januar 1971. Zur Begründung
brmgt sie im wesentlichen vor: Der Umstand, dass im vorliegenden Fall ein
Revisionsgrund nach Art. 26 MVG gegeben sei, lasse keineswegs automatisch
auch die Anwendung von Art. 25 Abs. 4 MVG zu. Mit diesem Artikel werde
nämlich eine neue Haftung für die Folgen einer Schädigung des bisher
nicht versicherten andern paarigen Organs stipuliert. Bei der Revision
nach Art. 26 MVG könne dagegen nur der Invaliditätsgrad der "versicherten
Gesundheitsschädigung" abgeändert werden, während die andern Rentenelemente
unverändert bleiben würden. Insbesondere dürfe der Haftungsgrad im
Rahmen von Art. 26 Abs. 1 MVG nicht geändert werden. Der Einbezug einer
Risikoprämie von 10-15% in die ursprüngliche Invaliditätsschätzung auf 25%
zeige klar, dass für das unverletzte linke Auge eine Haftung des Bundes
nicht vorgesehen gewesen sei. Einer spätern Beeinträchtigung dieses
Organs und damit dem Risiko totaler Erblindung sei lediglich durch die
Erhöhung des Invaliditätsgrades mittels der Risikoprämie Rechnung getragen
worden. Eine Übernahme des Gesamtschadens sei damit ausgeschlossen worden
und könne jetzt nicht einfach über Art. 26 MVG wieder eingeführt werden.

    Bruno Schnell lässt die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
beantragen.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Durch die am 1. Januar 1964 in Kraft getretene Gesetzesnovelle vom
19. Dezember 1963 zum MVG wurde dem Art. 25 folgender Absatz 4 beigefügt:

    "Bei Schädigung eines paarigen Organs ist das Risiko einer späteren
Schädigung des andern Organs in der Berechnung der Rente nicht zu
berücksichtigen. Bei späterer Schädigung des zweiten Organs geht der
gesamte Schaden zu Lasten der Militärversicherung..."

    Vor jener Revision des MVG war die Frage der Entschädigung
für die Folgen der Schädigung paariger Organe lediglich durch die
Rechtsprechung geregelt. In seiner Botschaft vom 26. März 1963 zur
erwähnten Gesetzesnovelle (S. 13 f.) hat der Bundesrat in Übereinstimmung
mit der Expertenkommission indessen erklärt, die Rechtsprechung des
Eidg. Versicherungsgerichts auf diesem Gebiet schwanke je nach der Art
des betroffenen Organs. So habe beispielsweise das Risiko der Blindheit
in der Entschädigung für den Verlust eines Auges als mitinbegriffen zu
gelten. Gehe das zweite Auge durch eine Affektion verloren, für welche
die Militärversicherung hafte, so werde die Rente nicht geändert. Dasselbe
gelte für den Verlust einer Niere. Hingegen sei bei einseitiger Taubheit
das Risiko einer Beeinträchtigung des andern Ohres in der Rentenberechnung
nicht mitinbegriffen. Werde dieses durch eine nichtversicherte Affektion
geschädigt, so habe dies die Revision der Leistung zur Folge. Der Bundesrat
fährt fort:

    "Die Lösung, die dem Risiko des Verlustes des zweiten Organs bei der
Entschädigung für die Veränderung des ersten Rechnung trägt, ist nicht
gerecht; sie läuft darauf hinaus, denjenigen zu wenig zu geben, bei denen
das Risiko eingetreten ist, und den andern zu viel. Die Entschädigung soll
daher dem Schaden entsprechen, der aus der Schädigung des ersten Organs
entsteht. Wird das zweite als Folge einer nicht versicherten Affektion
betroffen, so ist der Fall gemäss Art. 26, Absatz 1, MVG einer Revision
zu unterziehen..."

    Die Gesetzesmaterialien lassen erkennen, dass die Frage der
Entschädigung für den Verlust paariger Organe besonders von der
Expertenkommission und den parlamentarischen Kommissionen vorrangig
behandelt, die bisherige differenzierte Entschädigungspraxis als ungerecht
und sachlich nicht vertretbar abgelehnt wurde. Der Gesetzgeber wollte
die bisherige Rechtslage offensichtlich von Grund auf ändern. Dies
führte zum heutigen Art. 25 Abs. 4 MVG im oben zitierten Wortlaut, mit
dem ein an sich versicherungsfremdes, völlig neues Rechtsinstitut in das
MVG eingeführt wurde mit dem Zweck, die ungleiche rechtliche Behandlung
analoger gesundheitlicher Schädigungen auszumerzen.

Erwägung 2

    2.- Die Militärversicherung meint nun allerdings, Art. 25 Abs. 4 MVG
sei nicht anwendbar auf jene Fälle, in denen noch vor dem Inkrafttreten
der neuen Bestimmung wegen Schädigung eines paarigen Organs eine Rente
rechtskräftig zugesprochen worden ist und das zweite paarige Organ
durch eine nicht versicherte Affektion später auch noch geschädigt
wird. Sie beruft sich auf die Übergangsbestimmung Ziffer IV Abs. 3 der
Gesetzesnovelle, wonach "die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses
Gesetzes noch nicht rechtskräftig entschiedenen Fälle" nach neuem Recht
beurteilt werden müssen. Der Rentenanspruch von Bruno Schnell sei schon
im Jahre 1934 rechtskräftig entschieden worden. Dieser Auffassung ist
folgendes entgegenzuhalten:

    Wohl trifft es zu, dass die Pensionsverfügung vom 23. März 1934
in ihrer Gesamtheit unangefochten rechtskräftig geworden ist. Die
Rechtskraft einer Verwaltungsverfügung oder eines Urteils wirkt aber - in
sachlicher Hinsicht - nur soweit, als es sich um den gleichen Verfügungs-
oder Streitgegenstand handelt. Von Gleichheit des Verfügungs- oder
Streitgegenstandes kann dann nicht gesprochen werden, wenn der Versicherte
einen gegenüber dem frühern Verwaltungsakt oder Urteil veränderten
Sachverhalt geltend macht. An dieser Identität fehlt es aber auch dann,
wenn seit Erlass des Verwaltungsaktes oder des Urteils eine Rechtsänderung
eingetreten ist, welche Verfügung oder Urteil nun als rechtswidrig
erscheinen lässt (vgl. EYERMANN-FRÖHLER, Verwaltungsgerichtsordnung,
München und Berlin, 1965, 4. Aufl., S. 588 N. 10 und S. 593 N. 30; GYGI,
Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, S. 23 N. 3.5;
ferner EVGE 1954 S. 111, 1960 S. 225, 1961 S. 103 und das nicht publizierte
Urteil vom 16. Juni 1969 i.S. Kissling).

    Die Rentenfestsetzung im Jahre 1934 betraf das geschädigte rechte
Auge des Beschwerdegegners. Darüber hinaus umfasste der Rentensatz von
25% eine Risikoprämie im Hinblick auf eine theoretisch mögliche künftige
Schädigung des linken Auges, wie noch darzutun sein wird. Anderseits macht
der Beschwerdegegner heute geltend, die Sehkraft seines linken Auges lasse
immer mehr nach, und zwar in einem Ausmass, dass seine Gesamtinvalidität
den ursprünglichen Invaliditätsgrad von einem Viertel weit übersteige. Dazu
kommt das am 1. Januar 1964 in Kraft getretene neue Rechtsinstitut von
Abs. 4 des Art. 25 MVG. Zwischen der ursprünglichen Rentenfestsetzung und
der heutigen Rechtsbehauptung des Beschwerdegegners besteht demnach keine
Identität. Der Überprüfung des streitigen Anspruchs steht somit die von
der Militärversicherung angerufene Übergangsbestimmung nicht entgegen.

Erwägung 3

    3.- a) Wird in der Folge der körperliche oder psychische Nachteil
des Versicherten erheblich grösser oder erheblich geringer, als bei der
Festsetzung der Rente angenommen wurde, so ist nach Art. 26 Abs. 1 MVG eine
neue Rente festzusetzen oder, wenn überhaupt kein Nachteil mehr besteht,
die bisherige Rente aufzuheben. - Die Militärversicherung vertritt die
Auffassung, die in dieser Bestimmung vorgesehene Revisionsmöglichkeit
beziehe sich nur auf die aus der versicherten Gesundheitsschädigung
resultierende Invalidität und lasse keineswegs automatisch auch die
Anwendung von Art. 25 Abs. 4 MVG zu.

    Art. 26 Abs. 1 MVG regelt die Rentenrevision infolge erheblich
veränderter Verhältnisse seit Erlass der Rentenverfügung (vgl. EVGE 1964
S. 140). Eine derartige Veränderung kann auch die erst seit Erlass der
Rentenverfügung eingetretene Schädigung des zweiten paarigen Organs sein
und daher ebenfalls zur Rentenrevision führen; dies jedenfalls dann,
wenn die neue Schädigung unter der Herrschaft des neuen Art. 25 Abs. 4
MVG leistungserhöhendes Ausmass erreicht hat.

    Daraus ergibt sich die Befugnis, die Gesamtinvalidität des
Beschwerdegegners unter Berücksichtigung der geltend gemachten
Visusverminderung des zweiten Auges im Sinn des Art. 26 Abs. 1 MVG
revisionsweise frei zu überprüfen und über den Rentenanspruch neu zu
befinden.
   b) Bei der Bemessung der Gesamtinvalidität ist folgendes zu beachten:

    Die Erfahrungen bei Invaliditätsschätzungen im Gebiet der Augenschäden
haben die Schweizerische Ophthalmologische Gesellschaft dazu geführt, für
die Bemessung der Erwerbsunfähigkeit Durchschnittsansätze aufzustellen. Der
totale Verlust eines Auges wird bei Berufen mit geringen optischen
Ansprüchen in der Regel mit 20%, bei mittleren optischen Ansprüchen
mit 25% und bei hohen optischen Ansprüchen mit 30-33 1/3% entschädigt,
sofern der bisherige Beruf weiterhin ausgeübt werden kann. Bleibt
der Augapfel erhalten, so können bis zu 5% in Abzug gebracht werden,
es sei denn, der Defekt sei besonders gut sichtbar und bedeute deshalb
eine erwerblich in Betracht fallende Entstellung. In diesen Ansätzen
ist das Risiko der Erblindung des zweiten Auges mit eingeschlossen. Das
Eidg. Versicherungsgericht ist dieser Praxis gefolgt, wie sich übrigens aus
Erwägung 1 ergibt (vgl. GRAVEN, Les Invalidités, S. 54; EVGE 1958 S. 217
und das nicht publizierte Urteil vom 28. Februar 1967 i.S. Barlogis).

    Demnach muss im vorliegenden Fall mit der Militärversicherung und
entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners davon ausgegangen werden,
dass der Invaliditätsansatz von 25% auch eine Risikoprämie für die
Erblindung des zweiten Auges umfasste, obschon das Erblindungsrisiko im
Rentenbeschluss der Pensionskommission vom März 1934 nicht ausdrücklich
erwähnt wird. Bruno Schnell hat seither also eine Rente bezogen,
deren Höhe ein Risiko berücksichtigte, das sich - nach den Angaben des
Versicherten - anscheinend heute zu realisieren beginnt. Es fragt sich,
wie diese Risikoprämie bei der Festsetzung des Gesamtinvaliditätsgrades
zu berücksichtigen ist.

    Der Zweck dieser Prämie besteht darin, das Risiko der theoretisch
möglichen Schädigung des zweiten paarigen Organs abzugelten. Realisiert
sich dieses Risiko, so ist - in Anwendung von Art. 26 Abs. 1 und 25
Abs. 4 MVG - eine Rente für den gesamten durch die Beeinträchtigung
beider paarigen Organe bedingten Schaden zuzusprechen. Anderseits ist
von diesem Zeitpunkt hinweg die Weitergewährung der Prämie sachlich nicht
mehr gerechtfertigt.

    Daher wäre es logisch, die Rente nur nach Massgabe der
Gesamtinvalidität unter Ausschluss der Risikoprämie festzusetzen. Dies
hätte unter Umständen jedoch zur Folge, dass die Gesamtinvalidität und
damit die Rente geringer bemessen werden müsste, als dem bisherigen
Invaliditätsgrad unter Einschluss der Risikoprämie entspräche. Dieser
Lösung steht die in Ziffer IV Abs. 1 der Gesetzesnovelle
verankerte Besitzstandsgarantie entgegen, auf die der Vertreter der
Militärversicherung bei der Beratung des Art. 25 Abs. 4 MVG in der
ständerätlichen Kommission ausdrücklich hingewiesen hat. Dem Sinn des
Gesetzes entspricht es daher am ehesten, die Rente zwar ausschliesslich
nach Massgabe der effektiven Gesamtinvalidität neu zu bemessen, sie jedoch
in jenen Fällen, in denen dieser Invaliditätsgrad zur Herabsetzung der
Versicherungsleistungen führen würde, nach dem bisherigen Rentenansatz
(für die Schädigung des ersten paarigen Organs und die Risikoprämie)
weiterhin auszurichten. Eine Rentenrevision im Sinn des Art. 26 Abs. 1
MVG käme demzufolge nur in Betracht, wenn die nach Art. 25 Abs. 4 MVG
neu geschätzte Gesamtinvalidität den bisherigen Rentenansatz übersteigt.

    Das Gericht verkennt nicht, dass mit diesem Vorgehen jener
Versicherte, der eine Prämie für ein Risiko bezogen hat, das sich erst nach
Jahrzehnten realisiert, günstiger gestellt ist als der Invalide, dessen
zweites paariges Organ schon nach kurzdauerndem Bezug der Risikoprämie
geschädigt wird. Man könnte sich deshalb fragen, ob die neue Rente für
die Gesamtinvalidität, soweit sie den bisherigen Rentenansatz übersteigt,
nicht mit Rücksicht auf die lange Bezugsdauer angemessen gekürzt werden
müsste. Eine solche Lösung würde indessen zu kaum verantwortbaren
Komplikationen in der Rentenbemessung führen.

Erwägung 4

    4.- Es wird nun Sache der Militärversicherung sein, die
Gesamtinvalidität des Beschwerdegegners im Sinn der obigen Erwägungen zu
veranschlagen und über den Rentenanspruch neu zu befinden.

Entscheid:

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, und die Akten gehen an
die Militärversicherung, damit diese im Sinn der Erwägungen verfahre.