Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 IV 293



98 IV 293

58. Urteil des Kassationshofes vom 29. September 1972 i.S. Iseli gegen
Statthalteramt des Bezirkes Zürich. Regeste

    Art. 1 Lotteriegesetz und Art. 43 Ziff. 2 Lotterieverordnung.

    1.  Voraussetzungen für die Teilnahme an einer Lotterie (Erw. 2 a
und b).

    2.  Ein erheblicher Unsicherheitsfaktor ist schon dann gegeben, wenn
der Zufall nur eine wesentliche (nicht ausschliessliche) Rolle spielt;
für die Ermittlung der nichtzufälligen Elemente ist auf die Merkfähigkeit
und Aufmerksamkeit des durchschnittlichen Teilnehmers abzustellen (Erw. 3).

    Art. 20 StGB: Voraussetzung für Rechtsirrtum (Erw. 4 a).

Sachverhalt

    A.- Die Firma Achtnich & Co. AG, Winterthur, für welche Fritz Iseli
verantwortlich zeichnet, liess im Tagblatt der Stadt Zürich vom 10. Mai
1971 und im Tages-Anzeiger für Stadt und Kanton Zürich vom 17. Mai 1971
eine Anzeige mit Abbildungen dreier gelber Damenslips von verschiedenem
Muster und folgendem Text erscheinen:

    "Sie erhalten Fr. 100.-- für jeden SAWACO GOLDEN SLIP. Schauen Sie
genau hin! Diese SAWACO-SLIPS werden beim Waschen goldig, und für jeden
goldig-gewaschenen SAWACO-Slip erhalten Sie Fr. 100.--.

    Ein wenig Scharfsinn gehört schon dazu, aber Ihr typisch weiblicher
Spürsinn wird Sie sicher auf die richtige Fährte bringen. Und wer
weiss, vielleicht verfallen Sie zum ersten Mal einem Goldrausch - einem
romantischen Goldrausch, der das nüchterne Einkaufen wieder einmal spannend
und prickelnd macht.

    Warum sollten nicht gerade Sie einen oder sogar mehrere der vielen
SAWACO GOLDEN SLIPS finden?

    Sie gehen einfach in die Fachgeschäfte und Warenhäuser und suchen
sich sorgfältig einen der abgebildeten SAWACO-Slips heraus. Haben Sie
das richtige Modell gefunden - kaufen Sie es!

    Wenn der gekaufte Slip beim normalen Waschen plötzlich seine
ursprüngliche Farbe verliert und goldgelb wird, haben Sie die sichere
Bestätigung, dass Sie dafür von SAWACO Fr. 100.-- erhalten. Sie senden
ihn einfach an: Sawaco, 8401 Winterthur."

    Gleichlautende Inserate erschienen in weiteren Zeitschriften der
Schweiz.

    Im Rahmen dieser Werbeaktion liess die Achtnich & Co. AG in
Warenhäusern und anderen Geschäften mit den gleichen Anzeigen versehene
Kartonbehälter aufstellen. In jedem dieser Behälter befanden sich ca. 45
Slips dreierlei Machart, jedes Stück in einem Plastikbeutel verpackt,
der die Musterung teilweise sichtbar werden liess. Bei der ganzen Aktion
wurden insgesamt 500 "Golden-Slips" ausgesetzt, die sich von der übrigen
Ware durch eine abweichende Musterung unterschieden und so vorbereitet
waren, dass sie sich beim ersten Waschen goldgelb färbten. Auf ungefähr
drei Kartonbehälter fiel ein "Golden-Slip".

    B.- Am 21. Juli 1971 verfällte das Statthalteramt des Bezirkes Zürich
Fritz Iseli wegen Übertretung von Art. 1 und 4 in Verbindung mit Art. 38
des Bundesgesetzes betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten
vom 8. Juni 1923 (LG) und Art. 43 Ziff. 2 der Vollziehungsverordnung zum
genannten Gesetz in der Fassung des BRB vom 10. Mai 1938 (LV) in eine
Busse von Fr. 200.--.

    Nachdem der Gebüsste gerichtliche Beurteilung verlangt hatte, sprach
der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich ihn von Schuld und
Strafe frei, überband ihm aber die Verfahrenskosten.

    Auf kantonale Nichtigkeitsbeschwerde des Statthalteramtes verurteilte
das Obergericht des Kantons Zürich Iseli am 26. Juni 1972 wegen Übertretung
von Art. 1 und 4 LG und Art. 43 Ziff. 2 LV zu einer bedingt vorzeitig
löschbaren Busse von Fr. 200.--.

    C.- Iseli führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem
Antrag, das Urteil des Obergerichtes sei aufzuheben und die Sache zu
seiner Freisprechung, eventuell zur Umgangnahme von einer Strafe wegen
Rechtsirrtums an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Das Statthalteramt der Stadt Zürich hat sich mit dem Antrag auf
Abweisung der Beschwerde vernehmen lassen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 38 LG ist strafbar, wer eine durch dieses Gesetz
verbotene Lotterie ausgibt oder durchführt. Gemäss Art. 1 LG gilt als
Lotterie jede Veranstaltung, bei der gegen Leistung eines Einsatzes oder
bei Abschluss eines Rechtsgeschäftes ein vermögensrechtlicher Vorteil
als Gewinn in Aussicht gestellt wird, über dessen Erwerbung, Grösse oder
Beschaffenheit planmässig durch Ziehung von Losen oder Nummern oder durch
ein ähnliches auf Zufall gestelltes Mittel entschieden wird. Den Lotterien
gleichgestellt und damit grundsätzlich verboten sind nach Art. 43 Ziff. 2
LV Preisausschreiben und Wettbewerbe jeder Art, an denen nur nach Leistung
eines Einsatzes oder nach Abschluss eines Rechtsgeschäftes teilgenommen
werden kann und bei denen der Erwerb oder die Höhe der ausgesetzten
Gewinne wesentlich vom Zufall oder von Umständen abhängig ist, die der
Teilnehmer nicht kennt.

Erwägung 2

    2.- Im vorliegenden Fall hält der Beschwerdeführer das Merkmal
"nach Abschluss eines Rechtsgeschäftes" nicht für erfüllt. Nach
der Begriffsumschreibung des Gesetzes sei unter einer Lotterie das
Erkaufen einer Gewinnchance zu verstehen. Bei der hier zu beurteilenden
Veranstaltung habe sich der Teilnehmer nicht mit dem Abschluss eines
Rechtsgeschäftes jene Aussicht auf Gewinn geöffnet. Vielmehr habe es sich
so verhalten, dass er vor dem Kaufabschluss durch Suchen und Auswahl aus
den verschiedenen offen aufgelegten Slips die deutlich kenntlich gemachten
"Treffer" habe auslesen und damit die Gewinnchance wahrnehmen können. Es
habe deshalb auch das für die Lotterie wesentliche Risiko des Leerausgehens
gefehlt. Bei einer Lotterie bleibe bei der Ziehung einer "Niete" der
Einsatz geleistet. Bei der beanstandeten Veranstaltung habe, wer keinen
Treffer gefunden habe, überhaupt nichts zu leisten gebraucht. Irgendeine
Ausgabe sei daher mit der Wahrnehmung der Gewinnchance nicht verbunden
gewesen. Nur wer einen Gewinnerslip gefunden habe, habe ihn auch kaufen
müssen, um den sicheren Gewinn von Fr. 100.-- zu erhalten. Das Auslesen
des Trefferloses habe somit vor dem Entschluss zum Kauf stattgefunden,
und es habe daran auch teilnehmen können, wer gar nicht kaufen wollte. Ein
Einsatz sei nicht verlangt gewesen.

    a) Zum richtigen Verständnis des Tatbestandsmerkmals des Abschlusses
eines Rechtsgeschäftes ist vom Wortlaut des Art. 43 Ziff. 2 LV auszugehen,
durch den Art. 1 LG verdeutlicht wird. Aus ihm ergibt sich nämlich, dass
der Abschluss eines Rechtsgeschäftes der Teilnahme an der Veranstaltung
vorauszugehen hat ("nach Leistung eines Einsatzes oder nach Abschluss
eines Rechtsgeschäftes"), dass er im Hinblick auf die Lotterie oder die
lotterieähnliche Veranstaltung erfolgen muss (MATTI, Spiel und Wette,
SJK, Karte 631 a, S. 3). Ist aber jener Geschäftsabschluss Voraussetzung
der Teilnahme, so kann sich diese nur auf etwas beziehen, was jenem
nachfolgt, und das kann nur die Gewinnziehung sein. Mit der Leistung eines
Einsatzes bzw. dem Abschluss eines Rechtsgeschäftes wird also einzig
die Berechtigung erworben, an der Gewinnziehung teilzunehmen und einen
eventuellen Gewinn zu erlangen. Nicht zur Teilnahme an der Veranstaltung
im eigentlichen Sinne gehört schon im Normalfall des Loskaufes die
Auswahl des Loses. Diese geht regelmässig der Leistung des Einsatzes
vor. Dabei ist denkbar, dass der präsumptive Teilnehmer nur ein Los mit
einer bestimmten Zahl zu erwerben gedenkt. Wird er es nach Durchsuchen
der ihm an der Verkaufsstelle vorgelegten Lose finden, so muss er es
kaufen, um an der Gewinnziehung teilnehmen zu können. Findet er es nicht,
besteht auch für ihn kein Kaufzwang. Entsprechend kann es sich in den
Fällen verhalten, in welchen der Einsatz durch den Kauf einer bestimmten
Ware ersetzt wird. Der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Kundinnen
Gelegenheit hatten, die aufgelegten Slips nach dem vermutlichen "Treffer"
zu durchsuchen und kein Zwang zum Kauf eines solchen Kleidungsstückes
bestand, wenn sie den gesuchten Slip nicht fanden, steht deshalb der
Annahme des Tatbestandsmerkmals des Abschlusses eines Rechtsgeschäftes
als Voraussetzung der Teilnahme an der Gewinnziehung nicht entgegen.

    b) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang aber auch der Einwand,
dass die Teilnehmer den "Treffer" angeblich mit Sicherheit schon vor
dem Geschäftsabschluss hatten auswählen können und damit das Risiko des
Leerausgehens nicht mehr bestanden habe. Einmal gehört das Verlustrisiko
nicht zum Gewinnbegriff des Lotteriegesetzes (BGE 58 I 279). Es wird
darin nicht nur nicht erwähnt, sondern durch den Einbezug der Fälle,
in welchen der Einsatz durch den Abschluss eines Rechtsgeschäftes
ersetzt wird, notwendig ausgeschlossen (STAEHELIN, Das Bundesgesetz
betr. die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten, Diss. Zürich 1941,
S. 46/7; s. auch EGOLF, Über das schweizerische Lotteriewesen und
dessen strafrechtliche Bekämpfung, Diss. Zürich 1915, S. 102). Damit
erfasst nämlich das Gesetz auch Rechtsgeschäfte, die den Teilnehmer
nur zur Leistung eines gewöhnlichen marktgemässen Gegenwertes einer
Ware (ohne Aufpreis) verpflichten (BGE 62 I 49). Zum andern übersieht
der Beschwerdeführer, dass das die Lotterie charakterisierende Element
der Ungewissheit der Gewinnaussichten nicht das Tatbestandsmerkmal des
Einsatzes bzw. des Geschäftsabschlusses berührt, sondern zu der im Gesetz
davon klar unterschiedenen Voraussetzung der Zufälligkeit des Gewinnerwerbs
gehört. Bei Beurteilung der Frage, ob die Teilnahme an der Veranstaltung
vom Abschluss eines Rechtsgeschäftes abhängig gemacht wurde oder nicht, ist
deshalb ohne Belang, ob im Zeitpunkt jenes Geschäftes die Gewinnaussichten
gesichert waren oder nicht.

    c) Im vorliegenden Fall hat deshalb die Vorinstanz gestützt auf die
tatsächliche Feststellung, dass nur die Kundin, die einen Slip kaufte,
in den Genuss des in Aussicht gestellten Gewinns habe kommen können,
die Voraussetzung des Abschlusses eines Rechtsgeschäftes mit Fug
bejaht. Übrigens anerkennt auch der Beschwerdeführer selber, dass zur
schliesslichen Erlangung des Gewinns von Fr. 100.-- der Kauf eines sog.
"Golden-Slip" notwendig gewesen sei. Insoweit bestand deshalb auch nach
seiner Meinung für die Teilnahme an der Veranstaltung ein Kaufzwang,
was nach Art. 1 LG und 43 Ziff. 2 LV genügt.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer macht des weiteren geltend, das Obergericht
habe zu Unrecht auch das Tatbestandsmerkmal des Zufalls bejaht. Es räume
selber ein, dass dieser bei der Gewinnermittlung von jeder aufmerksamen
und findigen Kundin schon vor dem Kauf habe ausgeschlossen werden
können. Zudem ergebe sich aus dem Werbetext, welcher in fünf Absätzen
die Aktion deutlich umschrieben habe, dass es sich darum handelte,
bestimmte Muster herauszusuchen. Der Veranstalter habe dabei dem
Publikum sogar geraten, zuerst eines der auf den Kartonbehältern sehr
deutlich abgebildeten Modelle zu suchen und erst zu kaufen, wenn es
gefunden sei. Die für die richtige Auswahl massgebende Musterung sei
deutlich gewesen. Auch sei im Text hervorgehoben worden, dass es sich
für die Interessenten darum handelte, "sorgfältig", mit "Scharfsinn"
und mit "weiblichem Spürsinn" den Gewinnerslip herauszusuchen. Der
Interessent habe es selber in der Hand gehabt, den Treffer ausfinding zu
machen. Vom Teilnehmer abhängige Faktoren hätten deshalb ein derartiges
Übergewicht gehabt, dass der Zufall bei der Gewinnerlangung praktisch
keine Rolle gespielt habe. Kein Interessent habe übersehen können, dass
die Treffereigenschaft von der Musterung abhing. Da keiner von ihnen
vernünftigerweise habe annehmen können, dass alle Slips Treffer seien,
habe er wenigstens oberflächlich den Aktionsbeschrieb zur Kenntnis nehmen
müssen, der keinen Zweifel darüber habe aufkommen lassen, dass es an ihm
war, durch seine Auswahltätigkeit seine Chance zu erproben. Zeigte sie
sich nicht, so habe er - ohne zum Kauf gedrängt oder gezwungen zu sein -
die weiteren Beziehungen zum Veranstalter aufgeben können.

    a) Inwiefern der letztere Umstand im Zusammenhang mit dem
Tatbestandsmerkmal der Zufälligkeit des Gewinnerwerbs von Belang
sein sollte, ist nicht ersichtlich. Was aber die Behauptung des
Beschwerdeführers anbelangt, die Vorinstanz habe selber anerkannt, dass
jede findige und aufmerksame Kundin den Zufall habe ausschalten können,
so trifft sie nicht zu. Das Obergericht hat lediglich ausgeführt, er,
Iseli, sei der Auffassung, dass der Zufall bei der Gewinnermittlung
von jeder aufmerksamen und findigen Kundin schon vor dem Kauf habe
ausgeschaltet werden können. Daran hat es den Satz angefügt: "Das war
grundsätzlich nicht ausgeschlossen", um jedoch unvermittelt fortzufahren:
"Dass die Kundin das Augenmerk auf die... minim abweichende Musterung zu
richten hatte, kam jedoch im Werbetext nur undeutlich zum Ausdruck. Das
herauszufinden, blieb dem Scharfsinn des Publikums überlassen. Klar ging
für die Kundin aus den Inseraten und Aufdrucken nur hervor, dass ein
beim ersten Waschen goldgelb werdender Slip ein Treffer war, usw." Und
schliesslich gelangte es zum Ergebnis, auf Grund der "Auskündigung" und
bei der Art der Durchführung der Veranstaltung sei das breite Publikum
davon ausgegangen, dass über den Gewinnerwerb letztlich durch die
Waschprobe entschieden werde, so dass dieser deshalb für die Mehrzahl der
Teilnehmer massgeblich vom Zufall abgehangen habe. Im Zusammenhang der
gesamten Erwägungen betrachtet, kann daher der erste an das Vorbringen
des Beschwerdeführers angeschlossene Satz des Obergerichtes nur besagen,
dass objektiv zwar die Möglichkeit bestanden hatte, den Zufall weitgehend
auszuschalten, dass subjektiv aber - und darauf kommt es an (STAEHELIN,
op.cit. S. 48) - wegen verschiedener von der Vorinstanz erwähnter Umstände
(Undeutlichkeit des Werbetextes, besonderes Hervorheben der Waschprobe in
jenem Text, minimer Unterschied in der Musterung, undeutliche Wiedergabe
derselben in den Inseraten, nur teilweise Erkennbarkeit des Dessins
infolge der Verpackung, Unmöglichkeit der sorgfältigen Auswahl) für die
Mehrzahl der Teilnehmer eine solche Möglichkeit ausser Betracht gefallen
war. Soweit diese Würdigung tatsächlicher Natur ist - und das trifft
bezüglich der Annahmen zu, welche sich auf die verschiedenen Umstände
der Veranstaltung beziehen - bindet sie den Kassationshof und kann mit
der Nichtigkeitsbeschwerde nicht bemängelt noch durch einen abweichenden
Sachverhalt ersetzt werden (Art. 273 Abs. 1 lit. b und Art. 277 bis Abs. 1
BStP). Unzulässig ist es deshalb insbesondere, wenn der Beschwerdeführer im
Unterschied zu den gegenteiligen Feststellungen der Vorinstanz behauptet,
die Musterung der Gewinnerslips sei deutlich abgebildet gewesen und es
habe kein Interessent übersehen können, dass die Treffereigenschaft von
der Musterung abgehangen habe. Des weiteren kann ihm aber auch insoweit
nicht gefolgt werden, als er dem Obergericht wegen der Bejahung des
Zufallselementes eine Verkennung des Lotteriebegriffs vorwirft. Einmal
übersieht Iseli, dass die Vorinstanz Art. 43 Ziff. 2 LV angewendet und
damit jedenfalls eine lotterieähnliche Veranstaltung angenommen hat,
bei welcher der Zufall (anders als bei der eigentlichen Lotterie, BGE
55 I 64) weder eine ausschliessliche noch eine entscheidende, sondern
nur eine wesentliche Rolle spielen muss (STAEHELIN, op.cit. allgemein
S. 49, im besonderen S. 53 oben, 75 und 76 oben). Das hat zur Folge,
dass für nichtzufällige Faktoren als Mitursachen des Gewinnerwerbs Raum
bleibt. Sodann zeigt der Hinweis des Obergerichtes auf das breite Publikum,
dass es bei Würdigung des Werbetextes zutreffend auf die Aufmerksamkeit
und Merkfähigkeit der durchschnittlichen Kundin abgestellt hat (vgl. BGE 95
I 76), von welcher erfahrungsgemäss nicht vorausgesetzt werden kann, dass
sie angesichts der heutigen Flut der Reklame beim Lesen eines Werbetextes
einen besonderen Scharfsinn an den Tag lege. Übrigens hatte auch der
Rechtsberater des Beschwerdeführers in seinem Schreiben vom 25. Februar
1971 die Wahl des Wortes "Scharfsinn" im Werbetext beanstandet. Und in der
Tat ist es Sache des Veranstalters der Aktion, dass er die Bedingungen,
unter denen an dieser teilgenommen werden kann, klar formuliere. Denn es
kann nicht der Wille des Gesetzes sein, dass ein Unternehmen, das nach der
Art seiner Ankündigung dem Publikum als lotterieähnlich erscheinen muss,
durch einen nicht oder nicht klar ausgedrückten Gedanken des Unternehmers
zur erlaubten Veranstaltung gestempelt werden könne (nicht veröffentlichtes
Urteil des Kassationshofes vom 1. Juni 1951 i.S. Bachmann). Die Auffassung
der Vorinstanz lässt sich durchaus vertreten, wonach im vorliegenden Fall
undeutlich zum Ausdruck gekommen sei, dass die Kundin ihr Augenmerk auf
die minim abweichende Musterung zu richten gehabt habe, das Hauptgewicht
im Werbetext vielmehr auf der goldgelben Verfärbung der Gewinnerslips
beim ersten Waschen gelegen habe und deshalb das breite Publikum davon
ausgegangen sei, über den Gewinnerwerb werde letztlich die Waschprobe
entscheiden. Tatsächlich ist in Absatz 2 und 6 des Werbetextes von der
goldgelben Verfärbung der Gewinnerslips beim Waschen die Rede, und es
wird auch in Absatz 3 in offensichtlicher Anlehnung an die beim Waschen
hervortretende goldgelbe Farbe der betreffenden Slips vom Goldrausch
gesprochen. Neben diesen aufdringlichen Hinweisen auf die Waschprobe tritt
die in Absatz 5 enthaltene Aufforderung, einfach in ein Warenhaus zu gehen
und sich sorgfältig einen der abgebildeten Sawaco-Slips herauszusuchen und
dann das richtige "Modell" zu kaufen, eher in den Hintergrund. Auch sind
darin der Unterschied in der Musterung und dessen entscheidende Bedeutung
nicht ausdrücklich erwähnt. Das Wort "Muster" fehlt überhaupt, obschon auch
insoweit der Rechtsberater des Beschwerdeführers im genannten Schreiben
vom 25. Februar 1971 empfohlen hatte, an zwei Stellen die Aufforderung des
sorgfältigen Aussuchens "des Sawaco-Slip obigen (mit obigem) Muster(s)"
in den Werbetext aufzunehmen. Iseli hat auch diesen Rat nicht befolgt,
sondern in Absatz 5 bloss vom Modell gesprochen. Modell und Muster sind
indessen nicht dasselbe, was namentlich auch der in Modefragen bewanderten
weiblichen Kundschaft durchaus geläufig ist. Angesichts dessen erscheint
die Würdigung des Obergerichtes als sachlich haltbar.

    b) Wollte man aber annehmen, der Werbetext habe abweichend von der
Meinung der Vorinstanz schon für den Durchschnitt der Kundschaft deutlich
zum Ausdruck gebracht, dass die Treffereigenschaft von der Musterung
abhing, so hülfe das dem Beschwerdeführer nichts. Denn Sorgfalt war im
vorliegenden Fall nicht nur zum richtigen Verständnis des Werbetextes
geboten, sondern auch bei der Auswahl der Gewinnerslips selbst. In dieser
Hinsicht aber stellt die Vorinstanz verbindlich fest, dass ein sorgfältiges
Aussuchen in den meisten Verkaufslokalen nicht möglich gewesen sei, die
Verpackung der Ware zudem deren Musterung nur teilweise habe sichtbar
werden lassen, die Zeitungsinserate ferner die Dessins nicht deutlich
wiedergegeben hätten und konkrete Vergleiche überhaupt nur mit grosser
Mühe angestellt werden konnten, weil nicht alle Kartonbehälter einen
"Golden-Slip" enthielten. Damit ist erwiesen, dass auch ein richtiges
Verständnis des Werbetextes das mit der nachherigen Auswahl der Ware
unzweifelhaft verbunden Unsicherheitsmoment nicht hätte ausschliessen
können. Dieser Unsicherheitsfaktor war aber nach den Umständen für
den Durchschnitt der Teilnehmer so erheblich, dass die Vorinstanz mit
Fug annehmen durfte, der Gewinnerwerb sei in entscheidendem Masse vom
Zufall abgehangen. Jedenfalls hatte er die Gewinnermittlung wesentlich
beeinflusst, was - wie dargetan - zur Bejahung auch des zweiten Merkmals
der lotterieähnlichen Veranstaltung nach Art. 43 Ziff. 2 LV genügt.

Erwägung 4

    4.- Eventualiter stellt sich der Beschwerdeführer auf den Standpunkt,
es komme ihm Rechtsirrtum zugute, weshalb von Strafe Umgang zu nehmen
sei. Er habe nämlich auf Anraten seines Anwaltes auf eine erste Variante
der Werbeaktion, bei welcher die Treffer allein durch die Goldgelbfärbung
beim Waschen nach dem Kauf bestimmt worden wäre, verzichtet und auch
die zu beurteilende Veranstaltung erst durchgeführt, nachdem sein
Rechtsberater sie als zulässig bezeichnet habe. Das Obergericht habe die
Anwendung von Art. 20 StGB unter Berufung auf BGE 81 IV 196 verweigert. In
diesem Falle habe jedoch der Täter guten Glauben behauptet, obschon er
Erkundigungen unterlassen hatte. Hier lägen die Verhältnisse anders. Durch
die vorgängige Abklärung der Rechtsverhältnisse und durch Verzicht
auf eine erste Variante der Verkaufsaktion habe der Beschwerdeführer
bewiesen, dass er nicht Unrecht habe tun wollen. Das von ihm eingeholte
Rechtsgutachten vom 10. Dezember 1970 habe die Verkaufsaktion als nicht
unter den Lotteriebegriff fallend bezeichnet. Er habe daher keinen Anlass
gehabt, sich nicht auf die erhaltene Rechtsauskunft zu verlassen, zumal
sich auch die Kommission zur Überwachung der Lauterkeit in der Werbung des
Schweizerischen Reklame-Verbandes durch das Gutachten von der Zulässigkeit
der Aktion habe überzeugen lassen.

    a) Nach ständiger Rechtsprechnung kann sich auf Rechtsirrtum nur
berufen, wer zureichende Gründe zur Annahme hatte, er tue überhaupt nichts
Unrechtes, und nicht schon, wer die Tat bloss für straflos hielt (BGE 81
IV 196, 91 IV 29 und 164, 93 IV 124). Zureichend ist ein Grund nur dann,
wenn dem Täter aus seinem Rechtsirrtum kein Vorwurf gemacht werden kann,
weil er auf Tatsachen beruht, durch die sich auch ein gewissenhafter Mensch
hätte in die Irre führen lassen (BGE 75 IV 153). Obschon Rechtsunkenntnis
dabei in der Regel kein zureichender Grund ist (BGE 91 IV 152, 93 IV 124,
98 IV 50/51), müsste dem rechtsunkundigen Täter der Rechtfertigungsgrund
des Rechtsirrtums ausnahmsweise zugebilligt werden, wenn - wie im
vorliegenden Fall - eine Rechtsfrage zu lösen war, die er wegen ihrer
besonderen Natur und erhöhten Kompliziertheit nicht erkennen konnte,
weshalb er auf die Auskünfte eines eigens dafür beigezogenen Rechtsberaters
abstellte. Unter diesen Umständen ist nämlich anzunehmen, dem Täter habe
das normale Unrechtsempfinden gefehlt (BGE 92 IV 74), weshalb ihm ein
Vorwurf nicht gemacht werden kann. Voraussetzung ist jedoch, dass dem
Rechtsberater der Sachverhalt zur Prüfung vorlag, der vom Täter nachher
verwirklicht wurde, und dass er im Gutachten unter allen rechtlichen
Gesichtspunkten geprüft worden ist, die auch der Täter kennen musste. Im
vorliegenden Fall gebricht es an der ersten dieser Voraussetzungen.

    b) Aus dem bei den Akten liegenden Schreiben Dr. Felders vom
25. Februar 1971 ergibt sich, dass diesem am 23. Februar 1971 Werbetexte
unterbreitet worden sind, die mit denen dem Gutachten vom 10. Dezember 1970
zugrunde gelegten nicht identisch waren. Über diese neuen Texte, die nach
den gesamten Umständen zu schliessen zum endgültigen Werbetext geführt
haben, äusserte sich der genannte Rechtsberater des Beschwerdeführers im
erwähnten Schreiben dahin, dass sie allzusehr den Eindruck erweckten,
erst beim Waschen erweise sich, ob man einen Treffer-Slip gekauft
habe oder nicht. Um den Gesamteindruck, es liege eine Lotterie vor, zu
vermeiden, empfahl deshalb Dr. Felder das Wort "Scharfsinn", das nicht
richtig gewählt sei, zu streichen und an zwei Stellen des Werbetextes
auf das sorgfältige Aussuchen eines "Sawaco-Slips mit obigem Muster"
hinzuweisen. Diese Empfehlungen hat jedoch der Beschwerdeführer - wie
bereits erwähnt - offensichtlich nicht befolgt. Einerseits findet sich in
dem heute zu beurteilenden Werbetext erneut der Appell an den Scharfsinn
des Publikums, obschon der Beschwerdeführer nach dem Schreiben seines
Rechtsberaters sich Rechenschaft darüber geben musste, dass damit an den
Durchschnitt seiner Kundschaft eine zu hohe Anforderung gestellt wurde, und
anderseits wurde das Wort "Muster" in beiden von Dr. Felder vorgeschlagenen
Stellen unterdrückt und damit bewirkt, dass für die durchschnittliche,
nicht mit besonderem Scharfsinn begabte Kundschaft aus dem Werbetext
nur undeutlich zum Ausdruck kam, dass sie ihr Augenmerk auf die minim
abweichende Musterung der Slips zu richten hatte. Angesichts dessen
steht es Iseli nicht an, sich auf das Gutachten seines Rechtsberaters zu
berufen. Er muss sich vielmehr, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt,
den Sinn der Inserate und der Veranstaltung so entgegenhalten lassen,
wie er sie gutgeheissen hat. Bei der Unklarheit des Werbetextes, der im
Zusammenspiel mit den übrigen Umständen der Veranstaltung unverkennbar
als erheblicher Unsicherheitsfaktor wirken musste, konnte Iseli bei
gewissenhafter Überlegung nicht übersehen, dass seine Aktion zumindest
lotterieähnlichen Charakter hatte. Zudem stellt die Vorinstanz in für den
Kassationshof verbindlicher Weise fest, dass der Beschwerdeführer selber
im aleatorischen Moment seiner Veranstaltung den Kaufansporn gesehen
habe. Tatsächlich wäre der Erfolg der Aktion (ca. 60 000 verkaufte Slips)
in Frage gestellt gewesen, wenn der Zufall bei der Gewinnermittlung
keine wesentliche Rolle gespielt hätte, mit anderen Worten, wenn die
durchschnittliche Kundin mit solcher Sicherheit die "Treffer" hätte
ausfindig machen können, wie das der Beschwerdeführer behauptet. Die
gesamte Veranstaltung war offensichtlich darauf angelegt, das Publikum
durch die Aussicht auf einen Gewinn zum Abschluss von Rechtsgeschäften
zu verlocken, wovor es aber das Lotteriegesetz und die dazu erlassene
Verordnung schützen wollen.

    Darüber hilft schliesslich auch der Umstand nicht hinweg, dass
die Kommission zur Überwachung der Lauterkeit in der Werbung des
Schweizerischen Reklame-Verbandes, bei welcher das Inserat der Achtnich &
Co. AG beanstandet worden war, aufgrund des ihr zugestellten Gutachtens
des Rechtsberaters der genannten Firma vom 10. Dezember 1970 am 1. Juni
1971 das "Verfahren eingestellt" hat. Abgesehen davon nämlich, dass es sich
dabei um eine Tatsache handelt, die erst nach der Tatbegehung eingetreten
ist und daher den Beschwerdeführer damals in seiner Meinung nicht hatte
beeinflussen können, ist auch in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen,
dass der Werbetext, welcher dem Gutachten zugrunde lag, mit dem später
verwendeten offensichtlich nicht in allen Teilen übereinstimmte und dass
Dr. Felder diesbezüglich Änderungen empfohlen hatte, die von Iseli nicht
angebracht worden waren. Das Schreiben Dr. Felders mit diesen Empfehlungen
aber ist der genannten Kommission nicht übermittelt worden, so dass diese
nicht in voller Kenntnis der Sache hatte handeln können.

Entscheid:

Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtgkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.