Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 IV 264



98 IV 264

54. Urteil des Kassationshofes vom 27. Oktober 1972 i.S. Bienz gegen
Polizei-Inspektorat des Kantons Basel-Stadt. Regeste

    Art. 3 Abs. 4 SVG.

    1.  Der Strafrichter ist unter gewissen Voraussetzungen zur Überprüfung
der Rechtsbeständigkeit - unter Ausschluss der Angemessenheit - einer
Verwaltungsverfügung (in casu Parkreservation) befugt (Erw. 2).

    2.  Bei der Prüfung der Voraussetzungen zur Aufhebung oder
Einschränkung von Parkfeldern ist ein strenger Massstab anzulegen (Erw. 4
und 5).

    3.  Andere in den örtlichen Verhältnissen liegende Gründe
rechtfertigen keine Reservation von Parkplätzen, sondern lediglich
Geschwindigkeitsbeschränkungen, Überholverbote, Fahrverbote, Parkverbote
in Wohnquartieren, bei Schulen, Spitälern usw. (Erw. 5 d).

    Art. 82 Abs. 1 SSV.

    Vorzug der Massnahme, die mit den geringsten Verkehrsbeschränkungen
den angestrebten Zweck erreicht (Erw. 4 und 5 e).

Sachverhalt

    A.- In Basel wird seit Jahren während der Mustermesse und andern in
deren Räumen durchgeführten Ausstellungen ein Teil der in der Umgebung
verfügbaren Parkplätze gegen Entgelt an Aussteller überlassen und für
sie reserviert. Andere Ausstellungsstädte gehen ähnlich vor.

    B.- Am 4. Februar 1972 parkierte Erich Bienz seinen Wagen am
Riehenring in Basel auf einem Platz, der für die Dauer der Fachmesse
IFM für Aussteller reserviert und entsprechend signalisiert war. Der
Polizeigerichtspräsident verurteilte Bienz am 7. Juli 1972 in Anwendung
der Art. 27 und 90 SVG zu einer Busse von Fr. 20.-. Das Appellationsgericht
des Kantons Basel-Stadt bestätigte am 25. Juli 1972 die Verurteilung.

    C.- Bienz führt Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof mit
folgendem Antrag:

    "a)  Es sei richterlich festzustellen, dass die Anordnung des
Polizeidepartements dem geltenden Bundesrecht widerspricht und daher
nichtig ist.

    b)  Es sei der Verzeigte demgemäss von der Anklage des
vorschriftswidrigen Parkierens auf Allmend freizusprechen."

    Das Appellationsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerde rügt eine Verletzung der Art. 27 und 90 in
Verbindung mit Art. 3 Abs. 4 SVG.

    Gegen Verfügungen, welche Verkehrsbeschränkungen im Sinne von
Art. 3 Abs. 4 SVG anordnen, sind die Rechtsmittel des Verwaltungsrechts
gegeben; gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide kann Beschwerde
an den Bundesrat geführt werden (Art. 3 Abs. 4 letzter Satz SVG). Der
Beschwerdeführer hat in seiner Eingabe an das Appellationsgericht geltend
gemacht, er habe gegen entsprechende Parkplatzreservierungen bereits
am 13. Februar 1970, am 13. April und am 8. Juni 1970 Beschwerde an
den Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt erhoben, bis zum 10. Juni
1972 aber noch keinen einzigen Entscheid erhalten, der den Weiterzug
an den Bundesrat erlaubt hätte. Weder das Appellationsgericht noch das
Polizeigerichtspräsidium treten dieser Behauptung entgegen. Ersteres
bestätigte sie indirekt unter Bezugnahme auf die Beschwerdeschrift durch
die Erklärung, die Appellation sei weder das vom Gesetz vorgesehene Mittel,
um der "Verzögerungstaktik der Basler Regierung" ein Ende zu setzen,
noch um die Behörden zum Bau vermehrter Parkgelegenheiten in Gebiet der
Mustermesse zu veranlassen.

    Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben. Dem wegen Übertretung
eines an einen unbestimmten Benützerkreis gerichteten Parkverbots -
also einer Allgemeinverfügung - in ein Strafverfahren verwickelten
Beschwerdeführer steht unter gewissen Voraussetzungen ein Anspruch auf
vorfrageweise Prüfung der Rechtsbeständigkeit der Verfügung durch den
Strafrichter zu, unter Ausschluss der Prüfung der Angemessenheit (BGE 98
IV 106 ff.).

    In BGE 98 IV 106 wurde die Überprüfung einer Individualverfügung durch
den Strafrichter ausgeschlossen für den Fall, dass ihre Gesetzmässigkeit
bereits von einem Verwaltungsgericht bestätigt worden ist. Dieser
gänzliche Ausschluss rechtfertigt sich, weil der individuell Betroffene am
verwaltungsgerichtlichen Verfahren stets beteiligt ist und nur er später
in einem Strafverfahren angeschuldigt werden kann.

    Allgemeinverfügungen richten sich dagegen an einen unbestimmten
Personenkreis. War der nunmehr Angeschuldigte am vorausgehenden
verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt und wurden dort die von
ihm im Strafverfahren erhobenen Einwände gegen die Rechtsbeständigkeit
der Allgemeinverfügung nicht beurteilt, so steht insoweit der
Verwaltungsgerichtsentscheid einer Überprüfung der Verfügung durch den
Strafrichter nicht entgegen.

    Ist die Verfügung der Kontrolle eines Verwaltungsgerichts überhaupt
entzogen, so kann der Strafrichter sie immer vorfrageweise überprüfen.

    Konnte der Betroffene die Rechtsbeständigkeit der Verfügung auf dem
Rechtsmittelweg überprüfen lassen, machte er jedoch von dieser Möglichkeit
keinen Gebrauch oder steht der verwaltungsgerichtliche Entscheid zur Zeit
der strafrichterlichen Beurteilung noch aus, so darf der Strafrichter
die Verfügung nur auf offensichtliche Gesetzesverletzung einschliesslich
Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens überprüfen (BGE 98 IV 110/11).

    Gemäss Auskunft der Vorinstanz sind nach § 11 Ziff. 7 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes des Kantons Basel-Stadt jene Entscheide
der Beurteilung durch das Verwaltungsgericht entzogen, die in Vollziehung
bundesrechtlicher Vorschriften getroffen wurden. Im vorliegenden Fall
konnte also ein Entscheid des Regierungsrates über die Beschwerde gegen
die Reservierung von Parkplätzen nicht an das Appellationsgericht als
Verwaltungsgericht weitergezogen werden. Das hat zur Folge, dass dem
Kassationshof in casu nach der oben angeführten Rechtssprechung freie
Rechtskognition unter Ausschluss der Überprüfung der Angemessenheit
zukommt.

Erwägung 3

    3.- Art. 3 Abs. 2 SVG ermächtigt die Kantone, für bestimmte Strassen
Fahrverbote, Verkehrsbeschränkungen und Anordnungen zur Regelung des
Verkehrs zu erlassen. Art. 3 Abs. 3 umschreibt den Umfang zulässiger
Fahrverbote. Nach Art. 3 Abs. 4 SVG können "andere Beschränkungen oder
Anordnungen... erlassen werden, soweit die Sicherheit, die Erleichterung
oder die Regelung des Verkehrs, der Schutz der Strasse oder andere in
den örtlichen Verhältnissen liegende Gründe dies erfordern".

    Es ist unbestritten, dass die Reservierung von Parkplätzen von der
zuständigen kantonalen Behörde im ordentlichen Verfahren erlassen und
veröffentlicht wurde. Der Beschwerdeführer macht ausschliesslich geltend,
die materiellen Voraussetzungen gemäss Art. 3 Abs. 4 SVG seien nicht
erfüllt.

Erwägung 4

    4.- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts beziehen sich die
Verkehrsregeln des SVG auf den gesamten Verkehr mit Motorfahrzeugen und
Fahrrädern auf öffentlichen Strassen und Plätzen, also nicht nur auf den
rollenden, sondern auch auf den ruhenden Verkehr (BGE 94 IV 30, 89 I 535
E. 3 mit Verweisungen). Soweit der Kanton grundsätzlich die Strassen dem
Verkehr offen hält, das Parkieren aber allgemein oder für gewisse Benützer
verbietet oder beschränkt, müssen die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 4
SVG erfüllt sein (Entscheid des Bundesrates i.S. Verkehrsliga beider Basel
gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt vom 23. Dezember 1968 S. 5/6,
wiedergegeben in ZBl 70/1969 S. 473 ff).

    In früheren Jahren rechtfertigte sich eine grosszügige Auslegung dieser
Voraussetzungen. Strassen und Plätze reichten aus, um den rollenden wie den
ruhenden Verkehr aufzunehmen. Für Ausstellungen und Festveranstaltungen
standen regelmässig Bauplätze, Wiesen, Fabrikhöfe usw. in unmittelbarer
Nähe für das vorübergehende Parkieren zur Verfügung, ohne dass die Anwohner
bei der Aufstellung ihrer eigenen Fahrzeuge in Verlegenheit gerieten.

    Heute liegen die Dinge anders. Der stark angewachsene rollende Verkehr
lässt sich nur noch flüssig halten, indem vor immer mehr Verzweigungen
Einspurstrecken geschaffen und in städtischen Verhältnissen oftmals
die Verkehrsströme auf längeren Strecken in mehreren Kolonnen geführt
werden. Den öffentlichen Verkehrsmitteln werden in den meisten grösseren
Städten eigene Fahrspuren auf den Strassen zugewiesen, die von anderen
Fahrzeugen nicht befahren werden dürfen. Die für diese Entwicklung
notwendige seitliche Verbreiterung der Fahrbahn geht regelmässig auf
Kosten der früheren Parkstreifen entlang der Trottoirs.

    Die in den grösseren Ortschaften stets wachsende Bevölkerungszahl
führt dazu, im Interesse der Fussgänger das Parkieren auf Trottoirs zu
beschränken, neue Fussgängerstreifen zu schaffen (in deren Nähe nicht
stationiert werden darf), freie Plätze zu überbauen oder in Grünzonen
umzuwandeln, auf denen auch ausnahmsweise keine Motorfahrzeuge aufgestellt
werden dürfen.

    Die Motorisierung wächst absolut und im Verhältnis zur Kopfzahl. Der
Kreis der Personen, die regelmässig grössere Distanzen vom Wohnort und
Arbeitsplatz und zurück im Motorfahrzeug zurücklegen, erweitert sich
ständig. Parkflächen sind eigentliche Mangelware geworden.

    Der Parkplatznot wird auf verschiedene Art entgegengetreten. "Während
früher das Parkieren auf öffentlichem Grund in der Regel unbeschränkt
geduldet werden konnte, muss es heute bedingt durch die Entwicklung des
Motorfahrzeugverkehrs einer möglichst grossen Anzahl von Fahrzeugen
ermöglicht werden, was durch Parkzeitbeschränkungen erreicht wird"
(Entscheid des Bundesrates aaO S. 6). Das Aufstellen der Fahrzeuge während
eines halben oder eines ganzen Tages oder über Nacht kann nicht mehr als
gewöhnlicher Gemeingebrauch angesprochen werden (BGE 89 I 539). Blaue
und rote Zonen, Parkingmeter und Abgaben für "Laternengaragen" sollen
einer möglichst grossen Zahl von Autobesitzern Stationierungsmöglichkeiten
verschaffen. Verschiedene Städte machen die Erteilung von Baubewilligungen
von der gleichzeitigen Schaffung genügenden privaten Parkraums abhängig
(Aufzählung in BGE 97 I 798). Das Bundesgericht anerkennt, dass die
öffentlichen Strassen vom ruhenden Verkehr weitgehend entlastet werden
müssen, dass aber ein völliges Verbot des Parkierens auf den Strassen
angesichts der ungenügend vorhandenen privaten Abstellmöglichkeiten auch
den fliessenden Verkehr zum Erliegen bringen würde (BGE 97 I 797). Das
öffentliche Interesse an der Schaffung privaten Parkraums ist so gross,
dass es zulässig erscheint, erhebliche Ersatzabgaben zu verlangen, wenn
bei privaten Neubauten nicht gleichzeitig Parkgelegenheit auf privatem
Grund geschaffen werden kann (BGE 97 I 802).

    Bei dieser Sachlage kommt den noch vorhandenen Parkflächen auf
öffentlichen Strassen und Plätzen eine grössere Bedeutung zu, als noch
vor wenigen Jahren. Bei der Prüfung der Voraussetzungen zur Aufhebung
oder Einschränkung solcher Parkfelder im Sinne von Art. 3 Abs. 4 SVG
ist ein strenger Massstab anzulegen. Das gilt ganz besonders dort,
wo bestehende Parkflächen, die normalerweise dank Parkzeiten von kurzer
Dauer von vielen Automobilisten belegt werden können, der Benützung durch
die Allgemeinheit entzogen und während Tagen oder gar Wochen einzelnen
privilegierten Kategorien vorbehalten werden sollen.

    Bei allen solchen Beschränkungen ist zudem gemäss Art. 82 Abs. 1 SSV
stets auch darauf zu achten, dass die Massnahme gewählt wird, die mit
den geringsten Verkehrsbeschränkungen den angestrebten Zweck erreicht.

Erwägung 5

    5.- Die Vorinstanz bejaht das Vorliegen der Voraussetzung des Art. 3
Abs. 4 SVG für die angefochtene Parkplatzregelung. Der Kassationshof hat
zu entscheiden, ob sie dabei von zutreffenden rechtlichen Überlegungen
ausgegangen ist oder ob ihr Urteil, wie die Beschwerde geltend macht,
Bundesrecht verletzt.

    a) Weder die Polizeibehörden noch die Gerichte des Kantons Basel-Stadt
haben die Taxe von Fr. 40.- ins Feld geführt, die von jedem Aussteller
für die Überlassung eines reservierten Parkplatzes zu bezahlen
ist. Mit Recht. Die Erhebung einer solchen Abgabe für die Benützung
eines Allmendparkplatzes erscheint im Hinblick auf Art. 37 Abs. 2 BV
an sich schon als rechtlich fragwürdig, gleichgültig, ob sie als Miete,
Kostenbeitrag an die Überwachung oder als Gebühr für die Signalisierung
bezeichnet wird. Jedenfalls darf für die Entscheidung über die Aufhebung
des allgemeinen Parkrechts zugunsten der Aussteller diese Abgabe nicht
ins Gewicht fallen.

    b) Das Appellationsgericht betrachtet die Parkplatzreservation als
Beitrag an die Sicherheit im Strassenverkehr, weil dadurch verhindert
werden könne, dass die meist ortsfremden Messeaussteller auf der Suche nach
einem freien Parkplatz in der Umgebung der Messehallen umherfahren und
dadurch eine zusätzliche und unnötige Verkehrsbelastung hervorrufen. Da
solche Fahrer ihre Aufmerksamkeit vorwiegend der Parkplatzsuche widmen,
stellten sie erfahrungsgemäss eine besondere Gefährdung des Verkehrs
dar, weshalb die verfügte Reservation offensichtlich der Sicherheit
und Erleichterung des Strassenverkehrs diene. Ferner sprächen auch die
örtlichen Verhältnisse durchaus für eine derartige Anordnung, da eine
hinreichende Anzahl geeigneter Abstellmöglichkeiten in der näheren Umgebung
der Messehallen einfach nicht vorhanden sei.

    Diese Begründung hält nicht stand.

    c) Im Falle der jährlich stattfindenden Mustermesse ist es notorisch,
dass zahlreiche Aussteller mit Regelmässigkeit jedes Jahr der Messe die
Treue halten. Sie kennen nicht nur die Messehallen, sondern auch deren
Umgebung recht genau. Wer zum erstenmal an der Muster- oder an einer
anderen Messe ausstellt, kennt sich jedenfalls am zweiten oder dritten
Tag im Quartier aus. Die auswärtigen Messebesucher dagegen kommen meist
nur für einen Tag, zum grossen Teil nur alle paar Jahre. Ihre Zahl ist
täglich um ein Vielfaches grösser als diejenige der Aussteller. Was vom
Appellationsgericht für die Reservierung der nahe der Messe gelegenen
Parkplätze zugunsten der Aussteller vorgebracht wird, gilt daher in
vermehrtem Masse für die auswärtigen Besucher. Trotzdem werden diesen
die messenahen Parkplätze vorenthalten und auch nicht etwa andere
Parkplätze reserviert. Die appellationsgerichtliche Begründung für eine
Privilegierung der Messeaussteller gegenüber den Messebesuchern hält
also vor Art. 3 Abs. 4 SVG nicht stand. Die Parkplatzreservierung in der
Nähe der Messegebäude zugunsten zahlungswilliger Aussteller dient deren
Bequemlichkeit, nicht der Verkehrssicherheit. Eine Parkplatzreservierung
auf öffentlichen Strassen und Plätzen ist für einen solchen Zweck
unzulässig.

    Aber nicht nur die Bevorzugung der Messeaussteller gegenüber den
Messebesuchern, sondern auch diejenige gegenüber den ortsansässigen
Automobilisten lässt sich nicht mit der Argumentation der Vorinstanz
begründen, wonach diese Reservierung im Interesse der Sicherheit
des Strassenverkehrs liege. Wer auf Parkplatzsuche herumfahren muss,
wird durch das ständige Ausschauen nach einem freien Platz von der
vollen Konzentration auf den Verkehr abgelenkt und zugleich zu einem
Hindernis der flüssigen Verkehrsabwicklung, weil er langsamer fahren
muss und gelegentlich immer wieder einmal bei einem zu knappen Parkplatz
anhält. Dabei macht es jedoch keinen Unterschied, ob der Fahrer ortskundig
ist oder nicht. Die Beeinträchtigung des Verkehrs bleibt sich gleich,
ob die Messeleute oder die Einheimischen ihre Parkrunden drehen. Die
angefochtene Reservierung einer grossen Zahl von Parkplätzen, die für
den Beschwerdeführer umso schwerer wiegt, als sie sich über Tage oder
gar Wochen erstrecken kann, bedeutet also lediglich, dass nicht die
zahlenden Aussteller, sondern das übrige Ausstellungspersonal und die
ortsansässigen Automobilisten, deren Kunden und Freunde zeitraubende
Fahrten auf der Suche nach einem freien Platz unternehmen müssen, was
mit nicht geringerer Belastung für die Sicherheit und Flüssigkeit des
Strassenverkehrs verbunden ist.

    d) Appellationsgericht und Beschwerdeführer betonen, dass in
der Nähe der Messegebäude keine genügenden Einstellhallen oder
andere Abstellmöglichkeiten vorhanden sind. Die Vorinstanz sieht
in diesem Umstand "in den örtlichen Verhältnissen liegende Gründe"
im Sinne von Art. 3 Abs. 4 SVG, die eine Reservation von Parkplätzen
rechtfertigen sollen. Auch diese Begründung geht fehl. Gedacht ist
an Geschwindigkeitsbeschränkungen, Überholverbote, Fahrverbote für
Lastwagen, Einbahnverkehr usw. für enge und unübersichtliche Strassen,
an Einschränkungen für den Motorfahrzeugverkehr und das Parkieren in
Wohnquartieren, bei Schulen, Spitälern, etc. (s. BADERTSCHER/SCHLEGEL,
Strassenverkehrsgesetz, 2. A. S. 11 Ziff. 4).

    e) Das angefochtene Urteilverletzt Bundesrecht auch dadurch, dass es
völlig ausser acht lässt, ob und welche anderen Massnahmen (z.B. Einführung
der blauen oder roten Zone, Verbesserung des Pendelverkehrs zwischen
Parkplätzen am Stadtrand und den Messegebäuden, Bau neuer Parkhäuser) den
mit der Verkehrsbeschränkung angestrebten Zweck zu erreichen vermöchten
und ob diese nicht im Sinne des Art. 82 Abs. 1 SSV den Vorzug verdienten.

    f) Damit ist nicht gesagt, dass die Reservierung von Parkplätzen
für besondere Zwecke mit Art. 3 Abs. 4 SVG schlechthin unvereinbar
sei. Angesichts der ständig wachsenden Knappheit der Parkplätze ist eine
solche Reservation mit hinreichender Begründung durchaus denkbar. Die
Vergünstigung muss aber, sofern die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt
sind, allen Beteiligten - im vorliegenden Fall den Ausstellern und den
Besuchern - zugutekommen. Mit der von der Vorinstanz gegebenen Begründung
könnten beispielsweise Parkplätze für eine geringe Zahl auswärtiger
Teilnehmer eines Kongresses reserviert werden, wenn in der Umgebung für
die ansässige Bevölkerung noch ausreichender Parkraum verfügbar bleibt.

    g) Für die Reservierung von Parkplätzen in Nähe der Messegelände
zugunsten der Aussteller lässt sich nur ein stichhaltiges Argument
anführen: Die Aussteller müssen im Gegensatz zu den Besuchern
mindestens zu Beginn und am Ende der Messe, in gewissen Fällen (z.B.
Gastwirtschaftsbetriebe) auch ein- bis zweimal täglich Waren zu-
und wegführen. Hiefür benötigen sie aber nicht einen individuell
reservierten Standplatz für die ganze Messedauer. Es genügt, dass in der
Nähe der Eingänge eine Anzahl von Plätzen für kurzfristiges Aufstellen
von Ausstellerfahrzeugen reserviert sind, und eventuell eine weitere
Anzahl von Plätzen für bestimmte Tagesstunden dem Lieferantenverkehr
vorbehalten bleiben. Die Erfordernisse und Möglichkeiten entsprechen
denen der Belieferung städtischer Ladengeschäfte, Gewerbebetriebe usw. Für
die unerlässliche Überwachung des vorgeschriebenen raschen Wechsels ist
weniger Personal erforderlich, als heute für die Kontrolle der ausgedehnten
Reservierungen.

Erwägung 6

    6.- Die angefochtene Reservierung von Parkplätzen ist also mit der
von der Vorinstanz gegebenen Begründung nicht aufrechtzuerhalten. Die
Bestrafung wegen Übertretung einer rechtswidrigen Verwaltungsverfügung
ist nicht zulässig. Die Beschwerde ist deshalb zu schützen und die
Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an das Appellationsgericht
zurückzuweisen.

Entscheid:

Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben
und die Sache zur Freisprechung im Sinne der Erwägungen an die kantonale
Behörde zurückgewiesen.