Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 IV 188



98 IV 188

36. Urteil des Kassationshofes vom 4. September 1972 i.S.
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen Marty. Regeste

    Art. 153, 154 StGB; Warenfälschung und Inverkehrbringen gefälschter
Waren.

    Unter diese Bestimmungen fallen das Herstellen und das Feilhalten
von Birnenweggen,

    -  deren Füllung teilweise aus zur Tierfütterung bestimmtem
Birnentrester besteht (Erw. 1, 2);

    - deren Fettsubstanz nur zu 22,7% in Butter besteht, unter der
Bezeichnung "Feinste Butter- und Birnenspezialität" (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Im Jahre 1960 begann das Ehepaar Franz und Gertrud Marty mit
der Herstellung und dem Grosshandel von Birnenweggen und Lebkuchen.
Als Füllung der Birnenweggen, von denen sie jährlich 50'000-100'000
absetzten, wurde nach einem von Franz Marty entwickelten Rezept neben
Trockenbirnen, Zucker und Gewürzen auch Futtertrester (Birnentrester)
verwendet, und zwar im Verhältnis von einem Drittel bis zur Hälfte der
Gesamtfüllung.

    Von Mai 1961 bis Juni 1964 wurde das Geschäft von Frau Marty allein
geführt, da sich der Ehemann im Strafvollzug befand. Nach der Scheidung
der Ehe im Oktober 1967 bezog sie von Dezember 1967 bis Mai 1968 für ihr
eigenes Geschäft von ihrem frühern Ehemann die genannte Füllmasse und
verwendete sie zur Herstellung von Birnenweggen.

    Nachdem Franz Marty im März 1967 in Waltenschwil die Firma Marwey
AG gegründet hatte, brachte er ab Ende 1967 Birnenweggen mit dem
Qualitätshinweis "Feinste Butter- und Birnenspezialität" in den Handel,
die zwar keinen Trester mehr enthielten, deren Teig aber u.a. mit einem
Fettgemisch hergestellt war, das nur zu 22,7% aus reiner Butter bestand.

    B.- Auf Anzeige des Chemischen Laboratoriums des Kantons Aargau
klagte die Staatsanwaltschaft Franz und Gertrud Marty der gewerbsmässigen
Warenfälschung und des gewerbsmässigen Inverkehrbringens gefälschter
Waren an.

    Das Bezirksgericht Muri verurteilte die beiden Angeklagten wegen
Widerhandlung gegen Art. 149 Abs. 2 und 160 LMV zu Bussen von je Fr.
1'000.--.

    Auf Berufung der Staatsanwaltschaft sprach das Obergericht des
Kantons Aargau am 20. April 1972 Franz und Gertrud Marty von der
Anklage der gewerbsmässigen Warenfälschung und des gewerbsmässigen
Inverkehrbringens gefälschter Waren frei. Franz Marty erklärte es der
Widerhandlung gegen Art. 149 Abs. 2 LMV schuldig, stellte jedoch das
Verfahren wegen Eintritts der absoluten Verjährung ein.

    C.- Die Staatsanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem
Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache an dieses
zurückzuweisen zur Bestrafung beider Beschwerdegegner wegen gewerbsmässiger
Warenfälschung und gewerbsmässigen Inverkehrbringens gefälschter Waren
nach Art. 153 und 154 StGB.

    Gertrud Marty hat sich mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde
vernehmen lassen. Franz Marty hat innert Frist keine Gegenbemerkungen
eingereicht.

Auszug aus den Erwägungen:

              Der Kassationshof zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach dem angefochtenen Urteil steht fest, dass die Beschwerdegegner
zum Zwecke des Weiterverkaufs während Jahren in grossen Mengen Birnenweggen
hergestellt oder durch ihre Angestellten haben herstellen lassen, deren
Füllung zum Teil aus Birnentrester bestand, der für die Tierfütterung
bestimmt war. Die Vorinstanz hat, was von der Staatsanwaltschaft übersehen
wird, in diesem Verhalten objektiv insoweit eine Warenfälschung und ein
Inverkehrbringen gefälschter Waren gesehen, als sie eine Wertverringerung
der Ware angenommen hat. Ein Nachahmen oder Verfälschen hat sie dagegen
verneint.

    a) Zur Wertverringerung führt die Vorinstanz aus, die Beschwerdegegner
hätten ihren Birnenweggen keinen besonderen Qualitätsanschein gegeben,
aus dem auf die ausschliessliche Verwendung ganzer gedörrter Birnen
hätte geschlossen werden können. Wenn Obsttrester auch minderwertige
Nebenprodukte seien, so bedeute ihre Verwendung in Backwaren doch nur dort
eine Wertverringerung, wo der Konsument mit solchen Zutaten nicht rechnen
müsse. Es sei indessen nicht dargetan, dass nach der Verkehrsauffassung
die Füllung gewöhnlicher Birnenweggen ausser gedörrten Birnen nicht
auch Stoffe minderer Qualität enthalten dürfe, namentlich wenn, wie im
vorliegenden Fall, die Ware verhältnismässig billig sei. Indessen sei
dennoch eine Wertverringerung zu bejahen, weil der für die Tierfütterung
bestimmte Birnentrester nach den Erhebungen des Kantonschemikers direkt
getrocknet worden sei, welches Vorgehen die Gefahr gesundheitsschädlicher
Verunreinigungen berge. Da der von den Beschwerdegegnern verwendete
Trester für die menschliche Ernährung nicht zu empfehlen sei, habe
die Birnenweggenfüllung einer vom Publikum als selbstverständlich
vorausgesetzten Anforderung nicht genügt und sei somit in ihrem Wert
verringert gewesen.

    Mit dieser Begründung kann eine Wertverringerung im Sinne der
Art. 153 und 154 StGB nicht bejaht werden. Wie der Kassationshof in
BGE 81 IV 99 und 161 entschieden hat, wollen diese Bestimmungen nicht
der öffentlichen Gesundheit oder sonstwie dem menschlichen Wohlbefinden
dienen, mit anderen Worten, vor dem Gebrauch oder Verbrauch mit sachlichen
Mängeln behafteter Waren schützen. Schutzobjekt der Art. 153 und 154
ist vielmehr das Vermögen. Sie sollen gewährleisten, dass der Erwerber
nicht eine Ware erhält, die er nur zu geringerem Preise oder überhaupt
nicht erstehen würde, wenn er wüsste, dass ihre Beschaffenheit nicht
dem entspricht, was ihr Aussehen, ihre Bezeichnung oder ihre Aufmachung
vortäuscht. Entscheidend ist deshalb nicht, ob die Ware für die Gesundheit
bekömmlich ist, sondern ob ihr Handelswert mit dem vorgetäuschten Wert
übereinstimmt. Das hat die Vorinstanz verkannt. Dennoch ist ihr - mit
anderer Begründung - im Ergebnis beizupflichten.

    Die Vollwertigkeit einer Ware hängt ab von den Eigenschaften, die der
Käufer gemäss herrschender Verkehrsauffassung nach Aussehen, Bezeichnung
oder Aufmachung der Ware voraussetzen darf (ebenso DÜRR, Kommentar
zum eidg. Lebensmittelgesetz nebst Verordnungen, S. 59; SCHWANDER, Das
Schweiz. StGB, 2. Aufl., S. 356). Dem Obergericht ist insoweit zuzustimmen,
dass bei verhältnismässig billigen Backwaren der Käufer damit rechnen
muss, dass sie auch Rest- und Nebenprodukte, wie sie in einer Bäckerei
anfallen können, enthalten. Das berechtigt jedoch den Hersteller solcher
Waren nicht, Abfallprodukte, die ihrer Natur nach überhaupt nicht
für die Verwendung in Bäckereien bestimmt sind, heranzuziehen, um die
Gestehungskosten zu senken und einen grösseren Gewinn zu erzielen. Das aber
haben die Beschwerdegegner getan. Sie haben zur Herstellung der Füllmasse,
die für Birnenweggen charakteristisch ist und weitgehend deren Handelswert
bestimmt, ausser Zucker und Gewürzen nicht nur gedörrte Birnen verwendet,
die üblicherweise den Hauptbestandteil der Füllung bilden (Auskunft der
Fachschule Richemont des Schweiz. Bäcker-Konditorenmeisterverbandes),
sondern in erheblichem Masse die Birnen durch Birnentrester ersetzt, der
nach der eigenen Feststellung der Vorinstanz zur Tierfütterung bestimmt war
und übrigens von den Beschwerdegegnern selber auch den Schweinen gefüttert
wurde. Mit der Beimischung eines derart minderwertigen Abfallproduktes
aber muss der Kunde nicht rechnen. Er darf sich darauf verlassen, dass
eine als Birnenweggen angebotene Backware aus Stoffen zusammengesetzt
ist, die zur Herstellung dieses menschlichen Nahrungsmittels allgemein
verwendet werden, und deshalb den dafür geforderten handelsüblichen Preis
wert ist. Indem die Beschwerdegegner die gedörrten Birnen, die ihnen
auf Fr. 250.-- die 100 kg zu stehen kamen, in Umfang von 30% bis 50% der
Weggenfüllung durch Tierfutter ersetzt haben, für das sie bloss Fr. 24.92
je 100 kg bezahlten, haben sie Birnenweggen hergestellt, deren Füllung im
genannten Masse zehnmal weniger wert war als der Käufer in guten Treuen
nach der Bezeichnung der Ware und ihrem Preis erwarten durfte. Diese
war deshalb, auch wenn sie keine besondere Qualitätsbezeichnung trug,
in ihrem Werte verringert.

    b) Das Verhalten der Beschwerdegegner erfüllt objektiv überdies
den Tatbestand der Warenverfälschung. Die Vorinstanz hat eine solche
verneint, weil die Lebensmittelgesetzgebung nicht vorschreibe, wie die
Füllung von Birnenweggen zusammengesetzt sein müsse. Die Auffassung des
Kantonschemikers, wonach sie aus ganzen gedörrten Birnen bestehen müsse,
könne sich auf keine gesetzliche Vorschrift stützen. Vielmehr werde
in Art. 243 Abs. 1 LMV für Konditoreiwaren, die nach einer bestimmten
Frucht bezeichnet seien, vorgeschrieben, dass sie mindestens 5% der
betreffenden Frucht enthalten müssten. Analog müsse auch bei Backwaren
die Beigabe von anderen Stoffen erlaubt sein. Das entspreche, soweit es
um Birnenweggen gehe, der Verkehrsauffassung. Das Publikum "dürfte" sich
denn auch bewusst sein, dass die verschiedensten Rest- und Nebenprodukte
eines Bäckereibetriebes bei der Herstellung der Füllmasse für Birnenweggen
mitverwertet würden. Im vorliegenden Fall sei die Füllung zu 50-66% aus
gedörrten Birnen und zu 33-50% aus Birnentrester, dem Rückstand gepresster
Birnen, hergestellt worden, so dass die Ware den Namen Birnenweggen
verdient habe. Obsttrester seien zwar, was ihren Nährwert für den Menschen
betreffe, minderwertig, aber nicht gesundheitsschädlich. Schliesslich
sei nicht erstellt, dass die Verwendung von Obsttrester als Zusatz zur
Füllmasse von Birnenweggen nicht im Rahmen der Vorstellung liege, die
sich das Publikum über die für eine solche Füllung mitverwendeten Rest-
und Nebenprodukte machen dürfte.

    Dass sich die Lebensmittelgesetzgebung über die Zusammensetzung der
Füllmasse von Birnenweggen nicht im einzelnen ausspricht, trifft zu. Auch
ist richtig, dass nach Art. 243 Abs. 1 LMV Konditoreiwaren, die nach einer
bestimmten Frucht benannt sind, "mindestens" 5% der betreffenden Frucht
enthalten müssen. Abgesehen davon, dass es zweifelhaft ist, ob diese
Vorschrift mangels einer Verweisung auf die unter einem anderen Titel der
LMV geregelten Backwaren Anwendung findet, handelt es sich dabei jedoch um
eine Mindestvorschrift, mit deren Einhaltung die Frage, ob eine bestimmte
Backware im Sinne von Art. 153 StGB in ihrer natürlichen Beschaffenheit
verfälscht worden sei, noch nicht beantwortet wäre. Denn niemandem würde
es beispielsweise einfallen, eine Backware, die nur 5% Äpfel enthält,
als Apfelstrudel oder Apfelkuchen zu bezeichnen. In welchem Umfang und
in welcher Form (frisch, gedörrt usw.) eine nach einer Frucht benannte
Backware diese enthalten muss, bestimmt sich deshalb auch hier nach der
Verkehrsauffassung. Nach dieser aber wird der Kunde, der Birnenweggen
kauft, von der Vorstellung ausgehen, dass er eine Backware erhält,
deren Füllung zum grössten Teil Birnen enthält; denn das eigentliche
Birnenweggenaroma entsteht durch den Dörrprozess bei den Birnen. Dabei
spielt die sog. Karamelisierung des Fruchtzuckers eine wesentliche Rolle,
welcher Vorgang bei der Verwendung von Trestern entfällt. Weiter wird der
Käufer erwarten, dass dieser Fruchtanteil nicht ein Abfallprodukt sei,
das bei einer anderweitigen Verwertung der Frucht zurückgeblieben ist und
im Handel allgemein nur noch als Tierfutter gilt. Denn wer eine Bäckerei
betritt, um Birnenweggen zu erstehen, wünscht nicht Tierfutter zu kaufen,
sondern eine Ware, die den Anforderungen genügt, welche üblicherweise an
ein für Menschen bestimmtes Nahrungsmittel der betreffenden Art gestellt
werden. Ein Gemisch, das ausser gedörrten oder gekochten Birnen, Zucker,
Feigen und Gewürzen zu einem erheblichen Teil für die Tierfütterung
bestimmten Birnentrester enthält, liegt deshalb ausserhalb des Rahmens
der Vorstellung, die sich das Publikum über die Zusammensetzung der
Füllmasse von Birnenweggen macht und machen muss. Wer demnach eine
Backware herstellt, deren Füllung in einem solchen Gemisch besteht,
und sie als Birnenweggen anbietet, verfälscht entgegen der Meinung
des Obergerichtes objektiv die Ware und täuscht den Kunden über deren
natürliche Beschaffenheit, unbekümmert darum, ob das verfälschte Erzeugnis
ebenso gut ist wie das unverfälschte und ob seine Veränderung eine Gefahr
für das menschliche Wohlbefinden schafft (BGE 97 IV 65 mit Zitaten). Daran
ändert nichts, dass während des zweiten Weltkrieges Obsttrester auch für
die menschliche Nahrung verwendet wurden; denn damit ist nicht gesagt,
dass auch unter den heutigen Verhältnissen Birnentrester, der wegen seiner
Behandlung zur Tierfütterung bestimmt ist, menschlichen Nahrungsmitteln
und namentlich Birnenweggen als Füllmasse beigegeben werden darf. Einmal
ist nicht jeder irgendwie hergestellte Obsttrester als menschliches
Nahrungsmittel geeignet, und des weitern kann bezüglich der Beschaffenheit
eines Lebensmittels die Verkehrsauffassung in Kriegszeiten eine andere
sein als in Friedenszeiten. Tatsächlich stellt der Kunde erfahrungsgemäss
in Notzeiten an die Zusammensetzung eines Nahrungsmittels weniger hohe
Anforderungen als in Zeiten allgemeinen wirtschaftlichen Wohlergehens.

Erwägung 2

    2.- Die Vorinstanz hat die Beschwerdegegner von der Anklage der
Warenfälschung und des Inverkehrbringens gefälschter Waren wegen Fehlens
des Vorsatzes freigesprochen. Es sei nicht nachgewiesen, dass sie von
der möglichen Verunreinigung des Tresters infolge der Trocknung durch
direkte Feuerung Kenntnis hatten. Es liege auch nichts vor, was den
Schluss zulasse, Futtertrester fielen nur in Mostereien an, die über eine
Trocknungsanlage mit direkter Feuerung verfügten, so dass sie stets "die
Gefahr einer Gesundheitsgefährdung" für den Menschen in sich trügen. Hätte
die Obstverwertung Hitzkirch, von welcher die Beschwerdegegner den
Trester bezogen hatten, diesen mittels indirekter Feuerung getrocknet,
so wäre der Birnentrester nicht zu beanstanden gewesen.

    Damit geht die Vorinstanz erneut von dem unzutreffenden Gesichtspunkt
der Gesundheitsschädlichkeit aus. Wie bereits ausgeführt (Erw. 1a), kommt
darauf nach Art. 153 und 154 StGB nichts an. Der Gesundheitsschutz ist
Gegenstand der Lebensmittelgesetzgebung, während die genannten Bestimmungen
auf den Schutz des Vermögens angelegt sind. Soweit daher im vorliegenden
Fall eine Wertverringerung der Ware in Frage steht, ist das Verhältnis von
tatsächlichem Wert und Preis massgebend Die Vorinstanz hätte deshalb prüfen
sollen, ob sich die Beschwerdegegner einerseits bewusst waren, dass sie
mit der erheblichen Beimischung des Futtertresters eine Ware herstellten,
die wertmässig nicht dem entsprach, was der Kunde nach ihrer Bezeichnung,
ihrem Aussehen oder ihrer Aufmachung und nach dem für sie geforderten
handelsüblichen Preis erwarten durfte, und ob sie anderseits eine solche
Täuschung des Publikums auch wollten. Gegebenenfalls wäre abzuklären
gewesen, ob sich den Beschwerdegegnern die Möglichkeit einer Täuschung
nicht derart aufdrängen musste, dass ihr Handeln als Billigung derselben
erscheint (BGE 89 IV 67). Da die Vorinstanz dies nicht getan hat, ist
die Sache an sie zurückzuweisen, damit sie feststelle, wie es sich damit
verhielt. Dabei wird sie zur Vorsatzfrage auch unter dem Gesichtspunkt der
Warenverfälschung Stellung beziehen müssen, nachdem feststeht, dass die
Beschwerdegegner die Birnenweggen nicht nur in ihrem Wert verringert,
sondern auch in ihrer natürlichen Beschaffenheit unzulässigerweise
verändert haben.

Erwägung 3

    3.- (...).

Erwägung 4

    4.- Nach der verbindlichen Feststellung des Obergerichtes hat Franz
Marty ab Dezember 1967 für die Marwey AG Birnenweggen unter der Bezeichnung
"Feinste Butter- und Birnenspezialität" hergestellt und vertrieben,
wobei die in der Backware verarbeitete Fettsubstanz nur zu 22,7% in
Butter bestand. Dennoch hat es auch in diesem Falle eine Warenfälschung
und ein Inverkehrbringen gefälschter Waren objektiv und subjektiv
verneint. Art. 149 Abs. 2 LMV schreibe zwar vor, dass Backwaren, deren
Bezeichnung auf einen Buttergehalt schliessen lasse, mit reiner Butter und
ohne Zusatz anderer Fette hergestellt werden müssten. Diese Bestimmung habe
Marty eindeutig verletzt. Eine Warenfälschung habe er sich aber deswegen
nicht zuschulden kommen lassen, weil das Publikum dem Qualitätshinweis
"Feinste Butter- und Birnenspezialität" nur entnehme, dass bei der
Herstellung der Birnenweggen auch Butter mitverwendet worden sei. Dass
die Birnenweggen bei solcher Berühmung keine anderen Fette enthalten
dürften, wisse der Durchschnittskäufer nicht. Er erwarte dies auch nicht,
jedenfalls dort nicht, wo der Buttergehalt der Backware eine untergeordnete
Rolle spiele wie bei Birnenweggen. Eine Täuschung durch die beanstandete
Bezeichnung sei daher zu verneinen. Dazu komme dass Marty "die Bezeichnung"
nicht zum Zwecke der Täuschung gewählt habe, sondern zur Verbesserung des
Geschmacks! Schliesslich erscheine die Behauptung des Beschwerdegegners,
er habe Art. 149 Abs. 2 LMV nicht gekannt, nicht unglaubhaft, da es sich
um eine ausgesprochene Spezialvorschrift handle. Diese beziehe sich wohl
auf die Branche Martys; doch sei nicht anzunehmen, dass dieser bei Kenntnis
der Rechtslage das Risiko einer neuen Verurteilung mit Widerruf seiner 1964
erfolgten bedingten Entlassung aus der Strafanstalt eingegangen wäre. Sei
ihm aber die Unzulässigkeit der Bezeichnung "Feinste Butter-Spezialität"
nicht bewusst gewesen, dann könne er diese auch nicht mit der Absicht,
Handel und Verkehr zu täuschen, verwendet haben. Jedenfalls aber fehle
für dieses subjektive Tatbestandsmerkmal der rechtsgenügende Beweis.

    a) Dass der Beschwerdegegner mit dem Qualitätshinweis "Feinste
Butter-Spezialität" gegen Art. 149 Abs. 2 LMV verstossen hat (welche
Übertretung verjährt ist), anerkennt auch das Obergericht. Diese
Bestimmung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Reihe anderer
Vorschriften der LMV, welche auf die Verwendung des Wortes Butter
Bezug haben (z.B. Art. 98 Abs. 3, 99 Abs. 1, 102 Abs. 1, 104 Abs. 1,
106 Abs. 2, 109) und aus denen sich ergibt, dass der Gesetzgeber dieses
Wort allein oder in Verbindung mit anderen Bezeichnungen grundsätzlich
nur zulassen wollte, wo die im betreffenden Nahrungsmittel enthaltene
Fettsubstanz ausschliesslich in Milchfett, d.h. in reiner Butter besteht
(nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 2. Juni 1972
i.S. Schaerer betr. "Kräuterbutter"). Dass sich der Gesetzgeber hierbei
nicht nur von gesundheitspolizeilichen Überlegungen hat leiten lassen,
sondern dass er auch der Täuschungsgefahr hat einen Riegel schieben
wollen (s. auch Art. 54 Abs. 1 LMG, Art. 8, 15 und 18 LMV), erhellt
ohne weiteres aus dem Sinn der genannten Vorschriften. Wer deshalb
für ein Nahrungsmittel eine Sachbezeichnung, einen Phantasienamen
oder einen Qualitätshinweis verwendet, der das Wort "Butter" oder ihm
ähnliche Ausdrücke enthält, obschon die betreffende Ware hinsichtlich
ihres Fettanteils nicht vollständig aus reiner Butter beteht, der begeht
objektiv eine Warenfälschung gemäss Art. 153 StGB, indem er dem Publikum
eine Eigenschaft des betreffenden Erzeugnisses vortäuscht, die dieses
nicht hat. Das gilt entgegen der Auffassung der Vorinstanz insbesondere
auch im vorliegenden Fall. Die Bezeichnung der Birnenweggen als "Feinste
Butter-Spezialität" beinhaltete für den Durchschnittskäufer keineswegs nur
die Angabe eines blossen Butterzusatzes neben anderen Fetten. Vielmehr
musste jene Bezeichnung bei ihm den Eindruck erwecken, dass die
betreffende Backware hinsichtlich ihres Fettanteils ausschliesslich
mit Butter hergestellt wurde. Darin musste ihn die Tatsache bestärken,
dass auf der Verpackung von "Feinster Butter-Spezialität" die Rede
war. Inwiefern der Umstand, dass der Buttergehalt bei Birnenweggen im
allgemeinen nur eine untergeordnete Rolle spielt, zu einem andern Schluss
führen sollte, ist nicht ersichtlich. Gegenteils musste gerade dieses
von der Vorinstanz herangezogene Moment bewirken, dass der ausdrückliche
Hinweis auf die feinste Butter-Spezialität dem Käufer besonders auffiel
und ihm die Vorstellung, dass es sich um ein ausschliesslich mit Butter
hergestelltes Gebäck handle, erst recht aufdrängte. Dass schliesslich
der Durchschnittskäufer nicht weiss, dass Birnenweggen bei der genannten
Berühmung keine andern Fette als Butter enthalten dürfen, ist entgegen der
Meinung des Obergerichts nach Art. 153 und 154 StGB belanglos. Nach diesen
Bestimmungen kommt es nicht auf die Gesetzeskenntnis des Publikums an,
sondern einzig darauf, welche Eigenschaften es aufgrund der Bezeichnung,
des Aussehens oder der Aufmachung einer Ware dieser in guten Treuen
beimessen darf. So betrachtet aber unterliegt es keinem Zweifel,
dass im vorliegenden Fall Herstellung und Vertrieb der als "Feinste
Butter-Spezialität" bezeichneten Birnenweggen nach Art. 153 und 154 StGB
unzulässig war, weil dadurch beim Kunden der Eindruck erweckt wurde,
es würden ihm Backwaren angeboten, deren Fettanteil ausschliesslich aus
Butter bestehe, während in Wirklichkeit die Butter nur 22,7% der gesamten
Fettsubstanz ausmachte. Die von Marty hergestellte und feilgebotene
Backware entsprach somit nicht dem, was der Käufer nach der genannten
Bezeichnung erwarten durfte. Das aber genügt zur Erfüllung des objektiven
Tatbestandes (BGE 97 IV 65 mit Zitaten und das angeführte Urteil des
Kassationshofes i.S. Schaerer). Die Rüge der Staatsanwaltschaft, wonach
die Vorinstanz insoweit Art. 153 und 154 StGB verletzt habe, ist somit
begründet.

    b) Was den subjektiven Tatbestand anbelangt, so hat das Obergericht
die Täuschungsabsicht verneint mit der Begründung, Marty habe die
vorgenannte "Bezeichnung" nicht zum Zweck der Täuschung gewählt, wie dies
der Tatbestand erheische, sondern zur "Verbesserung des Geschmacks". Mit
dieser missglückten Formulierung wollte die Vorinstanz offenbar zum
Ausdruck bringen, der Beschwerdegegner habe bei der Herstellung von
Birnenweggen ein Gemisch von Butter und anderen Fetten verwendet, um dem
Gebäck einen besseren Geschmack zu verleihen, und es ergebe sich daraus,
dass er auch mit der gewählten Bezeichnung nicht eine Täuschung von
Handel und Verkehr gewollt habe. Damit aber hat sie eine tatsächliche
Feststellung getroffen, die den Kassationshof bindet, auch wenn sie
im gegebenen Fall deswegen nicht voll zu überzeugen vermag, weil die
Herstellung der Ware und deren Bezeichnung zweierlei sind. Der Bäcker,
der einen Birnenweggen statt mit reiner Butter mit einem Fettgemisch
herstellt - was an sich zulässig ist -, kann dies in der wohlgemeinten
Absicht tun, dem Gebäck einen besseren Geschmack zu verleihen. Das
schliesst aber nicht notwendig aus, dass derselbe Bäcker sodann bei der
Bezeichnung seines Erzeugnisses wissentlich und willentlich Angaben macht,
die der inneren Zusammensetzung desselben nicht entsprechen und deswegen
eine Täuschungsgefahr schaffen. Man könnte sich angesichts dessen fragen,
ob der Richter den Begriff der Täuschungsabsicht nicht verkennt, wenn er
diese bei einer unzulässigen Warenbezeichnung einzig deswegen verneint,
weil das Motiv, welches den Täter zu einer bestimmten Zusammensetzung
seiner Ware veranlasst hat, nicht eine Täuschung von Handel und Verkehr
gewesen ist. Indessen hielte auch bei Bejahung der Frage das angefochtene
Urteil in diesem Punkte stand, weil das Obergericht es nicht bei jener zu
Zweifeln Anlass gebenden Erwägung hat bewenden lassen, sondern am Schluss
seiner Ausführungen zur Frage der Täuschungsabsicht allgemein festgestellt
hat, es fehle jedenfalls für "dieses subjektive Tatbestandsmerkmal der
rechtsgenügende Beweis". Damit ist die Sache für den Kassationshof von
der tatsächlichen Seite her endgültig erledigt, und es kann deshalb auch
dahingestellt bleiben, ob das weitere in diesem Zusammenhang angeführte
und von der Beschwerdeführerin beanstandete Argument der Vorinstanz,
wonach der Beschwerdegegner die Spezialvorschrift des Art. 149 Abs. 2
LMV nicht gekannt habe, ihm deshalb die Unzulässigkeit der Bezeichnung
"Feinste Butter-Spezialität" nicht bewusst gewesen sei und er diese
infolgedessen auch nicht mit Täuschungsabsicht habe verwenden können,
rechtlich haltbar sei (s. BGE 97 IV 66 E. 3).

Entscheid:

Demnach erkennt der Kassationshof:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen und die Sache zu
neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.