Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 II 73



98 II 73

11. Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. April 1972 i.S.

    Kienast und Mitbeteiligte gegen Gubler und Mitbeteiligte.  Regeste

    Eigenhändige letztwillige Verfügung. Einrede der Ungültigkeit wegen
mangelhaften Willens und wegen Formmangels.

    1.  Ungültigkeit wegen mangelhaften Willens (Nötigung) des
Erblassers? (Art. 469 Abs. 1 und 2 ZGB; Erw. 2).

    2.  Ungültigkeit mangels eigenhändiger Niederschrift der ganzen
Verfügung im Sinne von Art. 505 ZGB? Wieweit darf dem Erblasser bei der
Niederschrift der Verfügung körperliche Hilfe geleistet werden? (Erw. 3
a). Welchen Einfluss haben von fremder Hand eingefügte Stellen auf den
übrigen Inhalt der Verfügung? (Erw. 3b).

    3.  Tatsächliche Feststellungen über die Art der Niederschrift
der Verfügung. Verletzung von Art. 8 ZGB durch falsche Verteilung der
Beweislast oder durch Nichtabnahme angebotener Beweise? (Erw. 4).

    4.  Formgültigkeit der streitigen Verfügung (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Die im Jahre 1893 geborene Frieda Götz hielt sich nach ihrem
20. Altersjahr wegen psychischer Abartigkeiten wiederholt für längere
Zeit in der psychiatrischen Klinik Breitenau (Schaffhausen) auf und
wurde Mitte der Dreissigerjahre auf eigenes Begehren gemäss Art. 394
ZGB verbeiständet. Seit 1955 lebte sie in Diessenhofen bei der Familie
von Marie Gubler-Keller, deren Mutter viele Jahre lang Hausangestellte
der Eltern Götz gewesen war. Sie führte hier ein zurückgezogenes Leben,
ging nur selten aus und fühlte sich meistens krank. Korrespondenzen liess
sie durch andere Personen erledigen; sie selbst schrieb praktisch nicht
mehr. Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte sie fast ausschliesslich
im Bett, wobei sie sich von Frau Gubler in jeder Hinsicht bedienen
liess. Die Eheleute Gubler erhielten für Logis, Kost und Betreuung eine
Pauschalentschädigung, die zuletzt monatlich Fr. 540.-- betrug.

    Am 17. Dezember 1967 starb Frieda Götz. Sie hinterliess ein Vermögen
von rund Fr. 250'000.--. Ihre gesetzlichen Erben sind die beiden Vettern
Johann und Ernst Kienast und die Cousine Seline Gysel-Kienast.>

    B.- Am 11. Januar 1968 eröffnete der Notar von Diessenhofen eine
ihm am 17. November 1966 verschlossen zur Aufbewahrung überbrachte
handschriftliche, mit dem Datum "Diesshofen am 15. Oktober 1963" und mit
der Unterschrift "Frieda Götz" versehene letztwillige Verfügung, durch
welche Fr. 3'000.-- für den Grabstein und den Grabunterhalt bestimmt
und verschiedenen Personen, Körperschaften und Anstalten Geldbeträge von
insgesamt Fr. 117'000.-- vermacht wurden, unter anderm (Zeilen 20-23)

    "...

    8) Der Frau Marie Gubler-Keller für gute

    Krankenpflege: Fr. 10'000.--

    9) deren Sohn Rolf Gubler: Fr.  5'000.--

    10) der Tochter Margrit Gubler: Fr.  5'000.--

    ...".

    Dem Testament lag ein ärztliches Zeugnis vom 6. Januar 1964 bei,
worin Dr. Klingenfuss bestätigte, dass sich Frieda Götz seit September
1961 in seiner ärztlichen Kontrolle befunden habe und "während dieser
Zeit und insbesondere während der letzten Monate voll zurechnungsfähig"
gewesen sei.

    C.- Die gesetzlichen Erben bezweifelten, dass die Erblasserin
die ihnen eröffnete Verfügung selbst geschrieben habe. Der von ihnen
beigezogene Schriftsachverständige W. Hofmann, Chef der kriminaltechnischen
Dienste der Kantonspolizei Zürich, führte in der Zusammenfassung seines
Gutachtens vom 15. Januar 1969 u.a. aus, es liege keine Totalfälschung
vor, sondern der überwiegende Teil des Testaments stamme von der Hand
der Erblasserin; dieser sei mit Sicherheit Schreibhilfe geleistet worden;
diese Hilfe habe stellenweise die Handstützung überschritten und sei in
Handführung übergegangen; es sei aber auch mit der Möglichkeit zu rechnen,
dass einzelne Schriftfragmente von der die Schreibhilfe leistenden Person
frei beigefügt bzw. eingesetzt worden seien.

    Am 5. Februar 1969 erstatteten die gesetzlichen Erben beim Verhöramt
des Kantons Thurgau Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Urkundenfälschung
und Nötigung. Im Strafverfahren ergab sich, dass Marie Gubler-Keller an der
Vorbereitung und Niederschrift der letztwilligen Verfügung nicht beteiligt
war, sondern dass Ida Hanhart-Hübscher der Erblasserin dabei geholfen
hatte. Diese (im Testament nicht bedachte, ebenfalls in Diessenhofen
wohnende) Frau führte bei ihrer Vernehmung im wesentlichen aus, die
Erblasserin, die ihres Wissens "ganz von sich aus" ein Testament habe
errichten wollen, habe sich mit ihr in den beiden letzten Jahren vor dem
Errichtungstage manchmal beraten; bei Besprechung der Vermächtnisse habe
die Erblasserin der mit den grossen Opfern von Frau Gubler begründeten
Anregung einer Zuwendung an diese Frau zugestimmt und erklärt, sie wolle
auch den beiden Kindern etwas vermachen; den Notar kommen zu lassen,
habe sie abgelehnt; dagegen habe sie den Vorschlag angenommen, den ihr von
Jugend auf bekannten ehemaligen Stadtschreiber von Stein am Rhein, Kaspar
Störchlin, aufzusuchen; dieser habe nach den Angaben der Erblasserin einen
Entwurf für ein eigenhändiges Testament aufgesetzt; da die Erblasserin den
Beizug eines Notars weiterhin abgelehnt habe und das Testament auch nicht
im Hause Gubler habe schreiben wollen, habe Frau Hanhart sie schliesslich
zu sich geholt und ihr die Verfügung nach dem Entwurf Störchlin diktiert;
nach Besprechung mit Frau Hanhart habe die Erblasserin die im Entwurf
offen gelassenen Beträge der Vermächtnisse für Frau Gubler und deren Kinder
eingesetzt. Auf den Vorhalt, das Testament sei nach der Meinung der Erben
nicht vollständig von der Erblasserin geschrieben worden, antwortete
Frau Hanhart nach Betrachtung einer Photokopie des Testaments, es sei
möglich und wahrscheinlich, dass sie auf Zeile 36 die Wörter "bestimme
ich" mit Ausnahme der vier ersten Buchstaben geschrieben habe, und es
sei auch möglich, dass sie einige andere Buchstaben oder Wortteile selbst
hineingeschrieben habe, aber alles nach dem Willen und in Anwesenheit der
Erblasserin. Sie bezeichnete den Wortteil "gemeinde" (in "Kirchgemeinde",
Zeile 9) und die Wörter "als Fonds" (Zeile 10) als von ihr geschrieben. Bei
einer spätern Vernehmlassung erklärte sie, sie glaube nicht, auch Zahlen
zur Bezifferung der Vermächtnisse selbst geschrieben zu haben; denn sie
habe gewusst, dass die Zahlen der wesentliche Teil des Testaments seien.

    In seinem Ergänzungsbericht vom 25. März 1970 kam der Schriftexperte
zum Schluss, Frau Hanhart habe nach seiner Überzeugung nicht bloss in ihrer
persönlichen und gewohnten Handschrift Wort- und Textteile hinzugefügt,
sondern sich auch teilweise an den Schriftcharakter der Erblasserin
angepasst; sie habe möglicherweise "einzelne Ziffern der inkriminierten
Zahlenbeträge der Legate geschrieben"; das vorliegende Material (zu
dem zwei Schriftproben von Frau Hanhart, darunter eine Abschrift des
Testaments, gehören) reiche aber für einen mehr oder weniger gesicherten
Nachweis nicht aus.

    Am 25. August 1970 stellte die Anklagekammer des Kantons Thurgau die
Strafuntersuchung ein. Sie nahm an, es könne nicht nachgewiesen werden,
dass Frau Hanhart wider den Willen der Erblasserin und in der Absicht
gehandelt habe, jemanden am Vermögen oder andern Rechten zu schädigen
oder sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen.

    D.- Am 25. Februar 1971 leiteten Marie Gubler-Keller und ihre beiden
Kinder Margrit und Rudolf Gubler gegen die gesetzlichen Erben der Frieda
Götz Klage auf Auszahlung der ihnen zugedachten Vermächtnisse ein.

    Das Bezirksgericht Diessenhofen wies die Klage am 17. Juli 1971 ab,
weil das Testament wegen Willens- und Formmangels ungültig sei.

    Das Obergericht des Kantons Thurgau, an das die Kläger appellierten,
hat die Klage mit Urteil vom 11. November 1971 geschützt.

    E.- Gegen das Urteil des Obergerichts haben die Beklagten die Berufung
an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage,
eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz.

    Die staatsrechtliche Beschwerde der Beklagten gegen dieses Urteil
ist am 17. März 1972 abgewiesen worden.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Vorinstanz schliesst aus dem ärztlichen Zeugnis von Dr.
Klingenfuss und aus Zeugenaussagen, die Erblasserin sei trotz
ihres sonderbaren Wesens, ihrer Verbeiständung und ihrer frühern
Klinikaufenthalte bei Errichtung ihrer letztwilligen Verfügung urteilsfähig
gewesen. Gegen diese Annahme wenden die Beklagten nichts ein.

Erwägung 2

    2.- Die Vorinstanz stellt fest, die Erblasserin habe aus eigenem
Antrieb ein Testament errichten wollen; auch mit Bezug auf dessen Inhalt
habe sie selbständige Vorstellungen und Absichten gehabt; Störchlin
habe seinen Entwurf auf Grund der von ihr geäusserten Wünsche verfasst;
auch hinsichtlich der streitigen Vermächtnisse, die erst während der
Niederschrift des Testaments beziffert wurden, sei die Erblasserin nicht
einfach einem fremden Willen gefolgt, sondern habe ihre eigenen Absichten
geltend gemacht; sie habe ihre Entscheidungsfreiheit gewahrt und sich von
niemandem unter Druck setzen lassen; Frau Hanhart habe nur eine beratende
Rolle, keine unzulässige Willensbeeinflussung ausgeübt; die Erblasserin
sei bei ihrer schwankenden Art offenbar froh gewesen, dass Frau Hanhart
sie dazu bewogen habe, nun endlich einmal mit dem beabsichtigten Testament
Ernst zu machen; dass ihr beim Schreiben geholfen werden musste, beruhe
lediglich darauf, dass sie Schwierigkeiten hatte, richtig zu schreiben;
ihre spätere Äusserung gegenüber Frau Gysel, sie habe ein Testament machen
müssen, "es isch gfürchtig, wenn d'Lüt nie gnueg überchämed, wehred
i au", lasse sich damit erklären, dass ihr die von ihr vorgenommene
Zurücksetzung der gesetzlichen Erben zeitweise peinlich gewesen sei;
sie habe aber trotz vorhandener Gelegenheit weder gegenüber Frau Gysel
noch gegenüber andern Besuchern die Absicht geäussert, das Testament zu
widerrufen, sondern dieses im Gegenteil nachträglich noch ergänzt; auch
für die Zeit nach Errichtung des Testaments sei keinerlei physischer oder
psychischer Zwang oder eine Hörigkeit nachgewiesen; ihre Unsicherheit, ihre
Unentschlossenheit und ihr Misstrauen hätten sie zwar bis zum Lebensende
beherrscht; das ändere aber nichts daran, dass sie bei Niederschrift
des Testaments dessen Inhalt tatsächlich gewollt habe; ihre Weigerung,
einen Notar kommen zu lassen, und die Berichte des Beistandes über ihren
Geisteszustand und ihre Einstellung zu ihrem Pflegeort sprächen nicht
gegen, sondern für ihren eigenen Willen.

    Diese Feststellungen haben auch insoweit, als sie das Denken und
Wollen der Erblasserin betreffen, tatsächliche Verhältnisse zum Gegenstand
(BGE 95 II 146 mit Hinweisen und 452). Es handelt sich dabei entgegen
der Auffassung der Beklagten nicht bloss um "Schlussfolgerungen aus
allgemeiner Lebenserfahrung", die das Bundesgericht im Berufungsverfahren
überprüfen könnte. Vielmehr sind diese Feststellungen das Ergebnis
einer sehr einlässlichen Würdigung der gesamten Akten, besonders der
Aussagen Störchlins und der Frau Hanhart, die nach der Überzeugung der
Vorinstanz "ehrlich und spontan die Geschehnisse geschildert hat". Diese
Beweiswürdigung verstösst nicht gegen bundesrechtliche Beweisvorschriften,
insbesondere nicht etwa gegen Art. 8 ZGB; denn diese Bestimmung sagt
nichts darüber, wie die erhobenen Beweise zu würdigen sind (BGE 95 II 452
mit Hinweisen). Dass die Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich auf
Versehen beruhen, behaupten die Beklagten mit Recht nicht. Die erwähnten
Feststellungen sind daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht
verbindlich.

    Beruht die letztwillige Verfügung auf dem unverfälschten eigenen
Willen der Erblasserin, so hat die Vorinstanz die Einrede der Beklagten,
diese Verfügung sei wegen eines Willensmangels im Sinne von Art. 469
Abs. 1 ZGB ungültig, mit Recht verworfen. Selbst wenn aber ursprünglich
ein solcher Mangel bestanden hätte, so könnte er heute nach Art. 469 Abs. 2
ZGB nicht mehr geltend gemacht werden, weil die Erblasserin ihre Verfügung
bestehen liess und sogar noch ergänzte, obwohl sie nach den tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz in den auf die Errichtung folgenden Jahren
alle Gelegenheit hatte und durch keinerlei Zwang davon abgehalten wurde,
die ihr angeblich in unzulässiger Weise abgenötigte Verfügung aufzuheben.

Erwägung 3

    3.- Die eigenhändige letztwillige Verfügung ist nach Art. 505 Abs. 1
ZGB vom Erblasser von Anfang bis zu Ende mit Einschluss der Angabe von Ort,
Jahr, Monat und Tag der Errichtung von Hand niederzuschreiben, sowie mit
seiner Unterschrift zu versehen (vgl. auch § 2247 des deutschen BGB in
der seit 1. Januar 1970 geltenden Fassung und § 2231 BGB alter Fassung;
Art. 970 des französischen Code civil; Art. 602 des italienischen Codice
civile; § 578 des österreichischen ABGB). Die eigenhändige Niederschrift
wird vom Gesetz vor allem deshalb verlangt, weil sich auf Grund eines
handgeschriebenen Textes in der Regel zuverlässig ermitteln lässt, ob
die Verfügung wirklich vom Erblasser stammt, d.h. echt ist, und weil die
eigenhändige Niederschrift normalerweise Gewähr dafür bietet, dass die
Verfügung seinem Willen entspricht.

    a) Wird das Erfordernis der eigenhändigen Niederschrift im Lichte
dieses Grundgedankens ausgelegt, so schadet die körperliche Hilfe,
die einem des Schreibens kundigen, aber aus physischen Gründen oder
mangels Übung in seiner Schreibfähigkeit beeinträchtigten Testator beim
Schreiben geleistet wird, der Gültigkeit der Verfügung nicht, sofern die
Individualität der Schriftzüge des Testators erhalten und dem Testator
die Möglichkeit gewahrt bleibt, seinen Willen zur Geltung zu bringen.

    Das Gültigkeitserfordernis der eigenhändigen Niederschrift kann
dagegen nicht mehr als erfüllt gelten, wenn die Mitwirkung des Dritten
so weit geht, dass nicht mehr der Testator, sondern der Dritte das
Schriftbild bestimmt, m.a.W. wenn der Testator beim Schreiben nicht
mehr aktiv mitmacht, sondern wenn der Dritte die Hand des Testators
als Werkzeug benützt, um die Verfügung selbst zu schreiben (vgl. TUOR,
2. Aufl. 1952, N. 11, und ESCHER, 3. Aufl. 1959, N. 10 zu Art. 505
ZGB; STAUDINGER, 11./12. Aufl., V. Band 2. Teil 1960, N. 14/15 zu §
2247 BGB, KIPP/COING, Erbrecht, 12. Bearb. 1965, S. 134, und das Urteil
des deutschen Bundesgerichtshofs vom 3. Februar 1967 i.S. Schw., BGHZ
47 S. 71; GIANNATTASIO, Delle successioni, Successioni testamentarie,
in Commentario del Codice civile, Buch II Band 2 1961, S. 111 mit
Hinweisen; KLANG, 2. Aufl., 3. Band 1952, N. III A b 7 zu § 578 ABGB,
S. 304/305). Das muss, wenn die eigenhändige Niederschrift die Beurteilung
der Echtheit der Verfügung ermöglichen soll, auch dann gelten, wenn der
Dritte dem Testator mit dessen Willen in dieser Weise die Hand führt. (In
Frankreich ist demgegenüber in neuerer Zeit die Auffassung vertreten
worden, eine Verfügung, deren Bestimmungen nachweisbar vollständig dem
Willen des Testators entsprechen, sei selbst dann gültig, wenn dessen
Hand stark geführt - "guidée fortement" - worden ist; Urteil der Cour de
Cassation von 16. Juli 1956 i.S. Duffau c. Duchène, in Recueil Dalloz
et Sirey 1956 S. 661; DALLOZ, Nouveau répertoire de droit, 2. Aufl.,
Band IV 1965, Artikel Testament, N. 15 S. 740; kritisch zu dieser Praxis:
J.-P. H. COTTIER, Le testament olographe en droit suisse, Diss. Lausanne
1960, S. 50/51 mit Anm. 56).

    Benützt der Dritte die Hand des Erblassers gegen oder ohne dessen
Willen, so liegt überhaupt keine Verfügung des Erblassers vor (BGE 72 II
157; TUOR, N. 27, ESCHER, N. 5 zu Art.469 ZGB).

    b) Wurden einzelne Stellen des Textes einer Testamentsurkunde ohne
jede körperliche Beteiligung des Erblassers von einem Dritten geschrieben,
so sind diese Stellen schon mangels eigenhändiger Niederschrift durch
den Erblasser ungültig. Fragen kann sich nur, wie sich das Vorhandensein
solcher Stellen auf den übrigen Inhalt der Urkunde auswirkt. Dabei ist zu
unterscheiden, ob die Einfügung mit oder ohne Zustimmung des Erblassers
erfolgte.

    Stellen, die ohne Wissen und Willen des Erblassers in das Testament
eingefügt wurden, gelten als ungeschrieben und vermögen die Gültigkeit der
vom Erblasser selbst geschriebenen Anordnungen nicht zu beeinträchtigen
(TUOR N. 8, ESCHER N. 12 zu Art. 505 ZGB; STAUDINGER, N. 17 zu § 2247 BGB;
PLANIOL ET RIPERT, Traité pratique de droit civil français, 2. Aufl.,
Band V 1957, N. 534 S. 675/676; GIANNATTASIO, aaO S. 112; KLANG, aaO
N. III A a S. 302 f.).

    Anders kann es sich dagegen verhalten, wenn der Dritte den Text des
Testaments auf Weisung oder doch mit Zustimmung des Erblassers ergänzt
hat (wie es im vorliegenden Falle für die von Frau Hanhart geschriebenen
Stellen anzunehmen ist).

    aa) Nach einer namentlich in Frankreich und Italien vertretenen
Auffassung ist das Testament in einem solchen Falle ungültig, selbst
wenn der Dritte nur ein einziges Wort oder wenige Wörter geschrieben
hat (vgl. PLANIOL ET RIPERT, aaO S. 675: "toute intrusion d'un tiers,
manifestée par l'écriture d'une personne étrangère, entraîne la nullité du
testament"; weitere Hinweise auf die französische Lehre und Rechtsprechung
bei COTTIER, aaO S. 52 ff.; GIANNATTASIO, aaO S. 111/112).

    bb) Eine mildere Auffassung betrachtet die Verfügung im Falle,
dass einzelne Stellen mit Wissen und Willen des Erblassers von einem
Dritten geschrieben wurden, nur dann als ungültig, wenn es sich dabei um
wesentliche Bestandteile der Verfügung handelt oder wenn das vom Erblasser
Geschriebene für sich allein "keinen klaren Sinn und Zusammenhang"
gibt oder anzunehmen ist, der Erblasser hätte die von ihm selbst
niedergeschriebenen Anordnungen ohne das von fremder Hand Eingefügte
nicht getroffen (TUOR, N. 8, und ESCHER, N. 12 zu Art. 505 ZGB).

    Die deutsche Lehre und Rechtsprechung, auf welche die eben genannten
Kommentatoren sich berufen, beurteilt die Auswirkungen von mit dem Willen
des Erblassers durch Dritte geschriebenen Textstellen auf den vom Erblasser
geschriebenen Text im Falle, dass der Dritte eine (oder einzelne) von
mehrern Anordnungen geschrieben hat, auf Grund von § 2085 BGB, wonach
die Unwirksamkeit einer von mehrern in einem Testament enthaltenen
Verfügungen die Unwirksamkeit der übrigen Verfügungen nur zur Folge
hat, wenn anzunehmen ist, dass der Erblasser diese ohne die unwirksame
Verfügung nicht getroffen hätte. Ist einer von mehrern Bestandteilen
einer und derselben Anordnung (z.B. die Bezeichnung einer von mehreren
mit einem Vermächtnis oder einer Auflage beschwerten Personen) infolge
Einfügung von fremder Hand oder aus einem andern Grunde unwirksam, so
ist nach vorherrschender Auffassung die Sondervorschrift von § 2085 BGB
nicht anwendbar, sondern greift § 139 BGB ein, der die Beweislast in
entgegengesetztem Sinne regelt, indem er bestimmt: "Ist ein Teil eines
Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn
nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen
sein würde" (vgl. zu alledem STAUDINGER, aaO N. 17 und V. Band, 1. Teil
1954, N. 1 zu § 2085 BGB; KIPP/COING, aaO S. 138 und S. 105; PALANDT,
30. Aufl. 1971, N. 2 a aa zu § 2247 und N. 1 zu § 2085 BGB). Mehrere
Autoren sind jedoch der Ansicht, auch in einem solchen Falle müsse §
2085 BGB gelten (KIPP/COING S. 105/106 und die Hinweise bei PALANDT,
N. 1 zu § 2085).

    Für das österreichische Recht nimmt KLANG (aaO S. 303) an,
Randbemerkungen und Zusätze, die mit Willen des Erblassers von fremder Hand
gemacht wurden (Angaben tatsächlicher Natur über den Vermögensstand, den
Wohnsitz eines Bedachten, Korrektur von Undeutlichkeiten u. dgl.) seien
nicht Testamentsinhalt, könnten aber als Auslegungsbehelf dienen. Von
fremder Hand in den Text der Urkunde eingeschobene Sätze oder Worte
(z.B. Namen oder Bezeichnung bedachter Personen, Geldsummen, vermachte
Gegenstände oder ganze Anordnungen) seien als ungültig auszuschalten,
auch wenn sie vom Erblasser gewollte Ergänzungen darstellen; der
übriggebliebene, vom Testator selbst geschriebene Teil sei nur soweit
gültig, "als er sich als eine vollständige und verständliche Erklärung
seines Willens erweist".

    Der Auffassung, dass mit Zustimmung des Erblassers erfolgte Einfügungen
von fremder Hand nicht notwendigerweise die ganze Verfügung ungültig
machen, werden im übrigen auch in Frankreich und Italien Zugeständnisse
gemacht (vgl. Encyclopédie DALLOZ, Répertoire de droit civil, Band V 1955,
Art. Testament, N. 42 S. 341, wo zur Frage, ob eine mit Wissen und Willen
des Erblassers von einem Dritten vorgenommene Einschiebung das Testament
ungültig mache, unter Hinweis auf alte Präjudizien bemerkt wird: "Il
semble qu'elle doit se résoudre par une interprétation des intentions du
testateur faite à la lumière des circonstances de la cause", und DALLOZ,
Nouveau répertoire de droit, 2. Aufl., Band IV 1965, Art. Testament,
N. 17 S. 740, wo auf die Feststellung, dass bei Errichtung der Verfügung
mit dem Willen des Erblassers angebrachte Streichungen,Überschreibungen
und Einschiebungen das Testament ungültig machen, die Bemerkung folgt:
"Cependant, à cet égard, le testament peut n'être pas indivisible, et
celles de ses dispositions où la main du tiers n'est pas intervenue peuvent
subsister"; für Italien vgl. die von GIANNATTASIO auf S. 112 in Anm. 8
angeführten, von seiner eigenen Auffassung abweichenden Zitate, u.a. das
in Foro italiano, Repertorio, 1948, Art. Testamento, N. 46 S. 1358
zusammengefasste Urteil des Appellationshofs von Turin vom 25. Februar
1948, wonach der Umstand, dass in den Text eines eigenhändigen Testaments
ein Wort von fremder Hand eingefügt wurde, im Falle der materiellen
Bedeutungslosigkeit dieses Wortes die Gültigkeit des Testaments nicht
beeinträchtigt, auch wenn er offenbart, dass dem Erblasser bei der
Testamentserrichtung von einer andern Person geholfen wurde).

    cc) Der Wortlaut von Art. 505 ZGB (namentlich die Wendung "von
Anfang bis zu Ende") scheint zunächst für die strengere Auffassung zu
sprechen. Er lässt aber, wie TUOR und ESCHER (N. 8 bzw. 12 zu Art. 505 ZGB)
mit Recht annehmen, auch die mildere Auffassung zu, die dem Grundsatz des
favor testamenti besser entspricht. Dass der Erblasser die "Verfügung"
im Sinne des Art. 505 ZGB von Anfang bis zu Ende selbst geschrieben
habe, lässt sich auch dann sagen, wenn er nicht schlechthin alles,
was mit seinem Willen in der Testamentsurkunde steht, aber ausser der
nach Art. 505 erforderlichen Orts- und Zeitangabe und der Unterschrift
doch wenigstens den Text selbst geschrieben hat, der den wesentlichen
Inhalt der von ihm gewollten Anordnungen zum Ausdruck bringt. Die
Zwecke, denen die eigenhändige Niederschrift nach dem Grundgedanken von
Art. 505 ZGB zu dienen hat, werden auch in diesem Falle erreicht. Wenn
ein Dritter bei Errichtung des Testaments mit Zustimmung des Erblassers
nebensächliche oder unnötige Einfügungen vornimmt, z.B. über eine vom
Erblasser selbst bereits genügend bezeichnete Person oder Sache nähere
Angaben macht, die Erbeinsetzungen oder Vermächtnisse numeriert oder
vom Erblasser versehentlich ausgelassene Buchstaben einfügt, die der
Leser, wenn sie nicht vorhanden wären, von sich aus ergänzen würde, so
wird dadurch die Beurteilung der Echtheit des Testaments auf Grund der
Handschrift, die durch die eigenhändige Niederschrift ermöglicht werden
soll, keineswegs ausgeschlossen. Ebensowenig werden dadurch erhebliche
Zweifel daran begründet, dass die im Testament enthaltenen Anordnungen
dem Willen des Erblassers entsprechen. Wenn jedoch das Testament ohne
die Einfügungen von fremder Hand keine dem Art. 505 ZGB genügende Orts-
und Zeitangabe oder Unterschrift enthält oder wenn wesentliche Angaben
über die testamentarischen Anordnungen von einem Dritten stammen,
so kann das Formerfordernis von Art. 505 ZGB, soll diese Vorschrift
ihren Sinn behalten, unter einem noch zu erwähnenden Vorbehalte (vgl. den
nächstfolgenden Absatz) nicht mehr als erfüllt gelten. Welche inhaltlichen
Angaben wesentlich sind, beurteilt sich nach den Umständen des einzelnen
Falles. In der Regel sind die Angaben, die zur Bezeichnung der bedachten
(oder beschwerten) Personen sowie des Gegenstands und der Höhe der
Zuwendungen notwendig sind, als wesentlich zu betrachten.

    Sind einzelne von mehrern testamentarischen Anordnungen oder
wesentliche Bestandteile einer einzelnen Anordnung mit Zustimmung des
Erblassers von fremder Hand geschrieben worden, so zieht das nach der
mildern Auffassung, die den Vorzug verdient, nicht ohne weiteres die
Ungültigkeit des ganzen Testaments nach sich. Diese Folge tritt vielmehr
nur ein, wenn der von der Hand des Erblassers stammende Text für sich
allein keinen Sinn hat oder wenn anzunehmen ist, der Erblasser hätte die
von ihm selbst handschriftlich niedergelegten Anordnungen ohne das von
fremder Hand Eingefügte nicht getroffen. Das ZGB enthält zwar keine dem
§ 2085 BGB entsprechende Sondervorschrift. Der favor testamenti (vgl. §
2084 BGB), auf dem § 2085 BGB beruht (STAUDINGER, N. 1 Abs. 2 zu § 2085;
KIPP/COING, S. 105/106; PALANDT, N. 1 zu § 2085 BGB), ist jedoch auch
im schweizerischen Recht anerkannt (TUOR, Vorbem. zum 3. Abschnitt,
N. 16 S. 202; ESCHER, Einleitung zum 14. Titel, N. 16 S. 109). Die
Auffassung, dass bei Formungültigkeit einzelner Teile eines Testaments
nur diese Teile ungültig sind, ausser wenn anzunehmen ist, der Erblasser
hätte das Testament ohne diese Teile nicht errichtet, kann sich zudem auf
eine analoge Anwendung von Art. 20 Abs. 2 OR stützen, wie sie im Sinne
von Art. 7 ZGB liegt (so zutreffend COTTIER, aaO S. 56). Da die Vermutung
nach Art. 20 Abs. 2 OR wie nach § 2085 BGB und anders als nach § 139 BGB
für die blosse Teilnichtigkeit spricht, treten die Schwierigkeiten, die
sich im deutschen Recht aus dem Unterschied zwischen § 2085 und § 139 BGB
ergeben (vgl. lit. bb Abs. 2 hievor), im schweizerischen Recht nicht ein.

    Ob eine von fremder Hand stammende und daher auf jeden Fall ungültige
Textstelle mit oder ohne Zustimmung des Erblassers eingefügt wurde, kann
als unerheblich dahingestellt bleiben, wenn sie im angegebenen Sinne
unwesentlich ist oder wenn das vom Erblasser selbst Geschriebene nach
den dargelegten Grundsätzen selbst dann, wenn der Dritte mit Zustimmung
des Erblassers gehandelt haben sollte, für sich allein Bestand haben kann.

Erwägung 4

    4.- Die Vorinstanz hat auf Grund der Gutachten Hofmann und der
übrigen Akten festgestellt, die Erblasserin habe das streitige Testament
unter Diktier- und Schreibhilfe von Frau Hanhart grösstenteils selbst
geschrieben; insbesondere seien die Orts- und Zeitangabe und die
Unterschrift als eigenhändig zu betrachten; Frau Hanhart habe der
Erblasserin an den "prozesswesentlichen Stellen" (nämlich bei der
Niederschrift der eben erwähnten Angabe, der Unterschrift und der
Anordnungen über die streitigen Vermächtnisse) nicht in der Weise die
Hand geführt, dass die Individualität ihrer Schriftzüge aufgehoben oder
erheblich beeinträchtigt worden wäre; die Randziffern 8-10 (die Nummern der
drei streitigen Vermächtnisse) und der Buchstabe "f" in "Krankenpflege",
die der Schriftexperte als nicht eigenhändig erkläre, seien "für die
Sinnausle.. gung bezüglich dieser drei Vergabungen" ganz unwesentlich;
da auch das Ergänzungsgutachten "bei den Zahlen dieser drei Vergabungen"
(d.h. hinsichtlich der diese Vermächtnisse beziffernden Zahlen) keine
Zweifel an der Eigenhändigkeit dartue, habe das Gericht keinen Anlass zur
Aktenergänzung durch eine neue Schriftexpertise oder nochmalige Befragung
von Frau Hanhart (wie die Beklagten sie beantragt hatten); Hofmann
erkläre im Ergänzungsgutachten, das vorliegende Material reiche nicht
aus, um einen mehr oder weniger gesicherten Nachweis für das Schreiben
"einzelner Zahlenbeträge der Legate" durch Frau Hanhart zu führen, obwohl
er mit dieser Möglichkeit rechne; da die Beweislast die Beklagten treffe,
sei im Zweifel Eigenhändigkeit und Gültigkeit auch dieser Zahlenbeträge
anzunehmen.

    Die Feststellungen der Vorinstanz über die Art, wie das streitige
Testament geschrieben wurde, haben wie die Feststellungen, die sich auf den
Testierwillen der Erblasserin und die Frage ihrer Beeinflussung beziehen
(Erw. 2 hievor), tatsächliche Verhältnisse zum Gegenstand.

    Die Rüge der Beklagten, die Vorinstanz sei bei Ermittlung des
Tatbestandes, der für die Beurteilung der Einrede der Formungültigkeit
massgebend ist, von einer unrichtigen Verteilung der Beweislast
ausgegangen, ist unbegründet. Für den Beweis der Echtheit des streitigen
Testaments, den gemäss Art. 8 ZGB die durch das Testament begünstigten
Kläger zu leisten haben, genügt der Nachweis, dass die Verfügung
grösstenteils von der Erblasserin geschrieben wurde. Die Kläger haben
entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nachzuweisen, dass das
Testament ganz oder doch in allen wesentlichen Punkten von der Hand
der Erblasserin stammt. Vielmehr obliegt den das Testament anfechtenden
Beklagten der Nachweis der Tatsachen, aus denen sich die Formungültigkeit
(oder die materielle Ungültigkeit) der zur Hauptsache von der Erblasserin
geschriebenen und daher als echt zu betrachtenden Verfügung ergeben soll
(TUOR, N. 13, ESCHER, N. 9 zu Art. 519 ZGB). Die Rüge der unrichtigen
Beweislastverteilung ist im übrigen nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesgerichts gegenstandslos, soweit die Vorinstanz über den massgebenden
Sachverhalt positive Feststellungen getroffen hat (BGE 95 II 233 Erw. 1
und 342 Erw. 6 a cc mit Hinweisen, 96 II 258 Erw. 1).

    Die Rüge, die Vorinstanz habe Art. 8 ZGB dadurch verletzt, dass
sie die zum Beweis der Unechtheit bzw. der behaupteten Formfehler
beantragten Beweisergänzungen nicht anordnete, hält ebenfalls
nicht stand. Wie im Entscheid über die staatsrechtliche Beschwerde
dargelegt, beruht die Ablehnung dieser Beweisergänzung auf einer
Würdigung der bereits erhobenen und einer Vorauswürdigung der neu
angebotenen Beweise. Diese Beweiswürdigung kann mit der Berufung an das
Bundesgericht nicht angefochten werden (vgl. Erw. 2 Abs. 2 hievor und
BGE 87 II 232 mit Hinweisen, 96 II 58 oben). Der Versuch der Beklagten,
sie mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Willkür anzufechten,
ist gescheitert. (Im Urteil über diese Beschwerde konnte im übrigen
u.a. darauf hingewiesen werden, dass der Vorbehalt, den der Experte im
Ergänzungsgutachten unter Hinweis auf das Ungenügen des Vergleichsmaterials
bezüglich der Eigenhändigkeit gewisser Zahlen angebracht hat, sich nach
dem Zusammenhang nicht auf die Zahlen bezieht, welche die streitigen
Legate beziffern).

    Dass die wiedergegebenen Feststellungen der Vorinstanz in anderer
Hinsicht gegen bundesrechtliche Beweisvorschriften verstossen oder
offensichtlich auf Versehen beruhen, machen die Beklagten mit Recht
nicht geltend. Daher hat das Bundesgericht diese Feststellungen seiner
Entscheidung zugrunde zu legen (Art. 63 Abs. 2 OG).

Erwägung 5

    5.- Hat die Erblasserin die Orts- und Zeitangabe, den Text, der
die Empfänger und die Beträge der streitigen Vermächtnisse bezeichnet,
und die Unterschrift mit einer das zulässige Mass nicht überschreitenden
(nach Erw. 2 hievor auch ihren freien Willen nicht beeinträchtigenden)
Unterstützung durch Frau Hanhart selbst geschrieben und stammen im Bereiche
dieser Textstellen höchstens die Randziffern und der Buchstabe "f" in
"Krankenpflege" von fremder Hand, so ist das Erfordernis der eigenhändigen
Niederschrift in diesen Punkten erfüllt. Die Randziffern sind unnötige
Zusätze, und den Buchstaben "f" hätte, wenn er weggeblieben wäre, jeder
Leser ohne weiteres von sich aus ergänzt. Im übrigen ist der Ausdruck
"für gute Krankenpflege", mit dem die Zuwendung an Frau Gubler begründet
wird, materiell bedeutungslos.

    Die angeführten Elemente des Testaments haben freilich nur zusammen
mit den im Ingress stehenden Wörtern: "Ich ... verfüge hiemit als
mein(en) letzten Willen was folgt:" einen verständlichen Sinn. Die Wörter
"verfüge" und "folgt" enthalten je einen Buchstaben (f bzw. t), den der
Schriftexperte als verdächtig betrachtet. Für diese Buchstaben gilt jedoch
das gleiche wie für den Buchstaben "f" in "Krankenpflege".

    Wieweit die Erblasserin die Empfänger und die Beträge der übrigen,
heute nicht streitigen Vermächtnisse eigenhändig bezeichnet habe, kann
dahingestellt bleiben; denn die Ergänzungen, die Frau Hanhart hier
vorgenommen haben soll, vermögen auch dann, wenn sie die betreffenden
Vermächtnisse ungültig machen sollten, keinen Zweifel am Testierwillen der
Erblasserin zu begründen, und es besteht keinerlei Grund zur Annahme, dass
die Erblasserin die Kläger nur zusammen mit den andern Vermächtnisnehmern
bedenken wollte.

    Ob sich die Erblasserin bei der Niederschrift des Testaments
einer Brille bedient habe, was die Beklagten bestreiten, durfte
von der Vorinstanz als unerheblich offengelassen werden. Nach dem
angefochtenen Urteil muss nämlich auf jeden Fall als erwiesen gelten,
dass die Erblasserin das von ihr Geschriebene genügend lesen konnte. Diese
Feststellung ist das Ergebnis einer Beweiswürdigung, die der Überprüfung im
Berufungsverfahren entzogen ist. Angesichts dieser Feststellung braucht
nicht geprüft zu werden, ob die Fähigkeit, das selbst Geschriebene lesen
zu können, für die Errichtung eines eigenhändigen Testaments unerlässlich
sei (vgl. zu dieser Frage z.B. COTTIER, aaO S. 38 mit Anm. 2 und 3; §
2247 Abs. 4 BGB und PALANDT, N. 2 a aa zu § 2247).

    Die streitigen Vermächtnisse sind also gültig.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des
Kantons Thurgau vom 11. November 1971 bestätigt.