Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 II 231



98 II 231

34. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. Juli 1972 i.S. Lacroix,
Baartmans, Callens und Van Eichelen SA gegen "Swissair". Regeste

    Haftung des Luftfrachtführers. Warschauer Abkommen vom 12. Oktober
1929 (Haager Fassung). Lufttransportreglement vom 3. Oktober 1952 (Fassung
vom 1. Juni 1962).

    Die Wirkung der Subrogation bei Zahlung durch den Versicherer
untersteht dem auf den Versicherungsvertrag anwendbaren Recht. Ob der
kantonale Richter von mehreren in Betracht fallenden ausländischen Rechten
das anwendbare Recht zutreffend bestimmt hat, ist nicht eine Frage des
Bundesrechts (Erw. 1 a).

    Die materielle Gültigkeit der Abtretung beurteilt sich nach dem Recht,
das die abgetretene Forderung beherrscht (Bestätigung der Rechtsprechung;
Erw. 1 b).

    Art. 1 Abs. 2 WA. Anwendbarkeit. Greift das WA nicht Platz, so gilt
das Recht am Sitz der Fluggesellschaft (Erw. 2).

    Nach Art. 8 LTR gelten die Bestimmungen des WA auch für Beförderungen,
die dem WA nicht unterstehen, und sind die Vorschriften des LTR nur als
ergänzendes Recht anwendbar (Erw. 3).

    Die beschränkte Haftung des Luftfrachtführers ist ausgeschlossen,
wenn die Voraussetzungen des Art. 22 Abs. 2 lit. a WA oder der Art. 25
WA und 10 LTR erfüllt sind (Erw. 4).

    Art. 25 WA und 10 LTR. Der Geschädigte hat die Voraussetzungen der
unbeschränkten Haftung des Luftfrachtführers zu beweisen. Die fraglichen
Bestimmungen schreiben über die Beweiswürdigung nichts vor (Erw. 5).

    Die unbeschränkte Haftung des Luftfrachtführers entfällt, wenn der
Verlust des Frachtgutes auf zwei mögliche Tatbestände zurückzuführen
ist und die subjektiven Voraussetzungen der Art. 25 WA und 10 LTR nur in
einem Falle erfüllt sind (Erw. 8).

    Verneinung der unbeschränkten Haftung des Luftfrachtführers im
konkreten Fall (Erw. 9 und 10).

    Das Begehren auf Ersatz des ganzen Schadens schliesst den Anspruch
auf die nach Art. 9 lit. b LTR begrenzte Haftungssumme ein (Erw.11).

Sachverhalt

    A.- Die Schweizerische Bankgesellschaft, handelnd durch die Mat
Transport AG als Spediteurin, beauftragte am 29. Januar 1968 die Swissair,
Schweizerische Luftverkehrs-Aktiengesellschaft, fünf Pakete von zusammen
4'020 kg Gewicht, die angeblich $ 50'000 in Banknoten enthalten haben, vom
Flughafen Zürich-Kloten an die Bank of London and Montreal Ltd. in Managua
(Nicaragua) zu befördern. Der Frachtbrief Nr. 085-3809819 bezeichnete den
Inhalt der Pakete als "Banknotes" und die Sendung als "Valuable cargo" und
enthielt den Vermerk "Special supervision is requested". Für Zollzwecke
wurde der Wert des Frachtgutes mit SFr. 220'000.-- angegeben. Dagegen
sah die Absenderin davon ab, ein Interesse an der Beförderung zu
deklarieren. Sie wies die Frachtführerin an, die Pakete bis New York
mit dem Swissair-Kurs 100/30, von dort bis Mexico mit dem Kurs 901/31
der Eastern Airlines und von Mexico bis Managua mit dem Kurs 211/1 der
Taco International Airlines zu befördern.

    Die fünf Pakete kamen am 30. Januar 1968 im J. F. Kennedy-Flughafen
von New York an. Die Swissair übergab sie am 17. Februar 1968 samt dem
Frachtbrief der Eastern Airlines Inc., die den Empfang auf einem "Air
cargo transfer manifest" bestätigte.

    Die Eastern Airlines sah vor, die Pakete am 18. Februar 1968 mit
dem Flug Nr. 901 ohne Zwischenlandung nach Mexico zu befördern, und
stellte ein entsprechendes "Cargo manifest" aus. Etwa um 6 Uhr des
18. Februar entnahm sie die Pakete einem Stahlschrank in der Absicht,
sie zu verladen. Ob sie tatsächlich versandt wurden, steht nicht fest.

    Nach einem Bericht des Sicherheitsinspektors Brunn der Eastern Airlines
vom 11. April 1968 soll der Rampen-Dienstmann Mc Carthy sie auf die Rampe
gebracht haben, wo der Rampen-Inspektor Gerrain sie um 6.35 Uhr gegen
Quittung übernommen habe. Gerrain habe sie beaufsichtigt, bis er ungefähr
um 8.30 Uhr vom Inspektor Marino abgelöst worden sei. Marino habe sie dem
Rampen-Dienstmann Maccagano übergeben, der sie in die Frachtluke 1 des
Flugzeuges gelegt habe. Laut Formular 010 (Cargo and weight manifest) seien
mit dem Flug 901 vom 18. Februar nur 9 lbs. Fracht befördert worden. Die
diesem Formular beigeheftete Quittung für hohe Werte gebe an, es seien 5
Stück im Gewicht von 9 lbs. gereist. Der Luftfracht-Koordinator Jiminez
erkläre, vier Wagen Fracht von 2166 1bs. hätten am 18. Februar wegen
ihres Gewichtes nicht verladen werden können und seien erst am folgenden
Tage mit Flug 901 abgefertigt worden. Da er, Jiminez, nicht gewusst
habe, dass am 18. Februar 9 lbs. verfrachtet worden seien, habe er die
Papiere für diese 9 lbs. bis am 19. Februar zusammen mit dem Manifest und
den Frachtbriefen für die zurückbehaltenen 2166 lbs. im Operationsbüro
aufbewahrt. Der Bericht Brunn fährt fort, alle diese Papiere seien dann
der Mannschaft des Fluges 901 vom 19. Februar übergeben und in Mexico mit
der ausgeladenen Fracht verglichen worden. Dabei habe Mexico das Fehlen
der 5 Pakete von 9 lbs. Gewicht festgestellt und es dem Flughafen von
New York sofort fernschriftlich gemeldet. Nach dem Austausch weiterer
Fernschreiben habe Mexico mitgeteilt, es sei am 18. Februar keine Fracht
angekommen. Die vermissten Pakete sollen nach dem Bericht Brunn trotz
weiterer Nachforschungen nicht mehr aufgefunden worden sein.

    Nach einem vom Luftfracht-Direktor Miranda in Mexico verfassten
Bericht vom 17. Mai 1968 soll der Frachtagent Rames am 18. Februar
bei der Ankunft des Fluges 901 vom Operationsagenten erfahren haben,
es seien keine Frachtpapiere an Bord. Dennoch habe Rames in Begleitung
des Agenten Dasza die Fracht- und Gepäckluken untersucht, da häufig
Fracht ohne Dokumente ankomme. Aus dem Schichtrapport des Frachtagenten
und den Registern der Zollbehörden ergebe sich, dass am 18. Februar mit
dem Kurs 901 keine Fracht angekommen sei. Am 19. Februar seien dann mit
diesem Flug sowohl Manifeste mit dem Datum des 18. als auch solche mit
dem Datum des 19. Februar eingetroffen, und die Fracht sei am Boden beim
Flugzeug vom Frachtagenten Santander und vom Zollangestellten Santos
Carreon überprüft worden. Die im Luftfrachtbrief 085-3809819 erwähnten
fünf Pakete und ein im Luftfrachtbrief 007-JFK-344472 verzeichnetes Stück
hätten gefehlt, weshalb der Frachtagent fernschriftlich um Nachsendung
der fehlenden Güter ersucht habe. Das Fehlen der Stücke sei auf den
vorhandenen Manifesten und im Schichtrapport vermerkt worden. Am 19.
Februar habe der J. F. Kennedy-Flughafen gemeldet, die Sendung gemäss
Frachtbrief 007-JFK-344472 werde vollzogen werden, aber die Sendung gemäss
Frachtbrief 085-3809819 sei nicht vorhanden. Auf weitere Fernschreiben hin
habe der gleiche Flughafen am 22. Februar geantwortet: "Shipment under
AWB 085-3809819 definitely on flight 901/19." Am 23. sodann habe dieser
Flughafen berichtet, die vermisste Sendung sei bestimmt am 18. Februar
nach Mexico abgegangen.

    Auf dem die fünf Pakete betreffenden "Cargo manifest" der Eastern
Airlines ist das Versanddatum des 18. Februar handschriftlich mit 19
überschrieben.

    B.- Die Schweizerische Bankgesellschaft hatte ihr Interesse
an der Beförderung des Frachtgutes durch die im Namen verschiedener
Versicherungsgesellschaften handelnde Agenturfirma Thilly & Rittweger SA
in Brüssel "aux conditions de la police maritime d'Anvers et à celles qui
suivent" für US $ 50'200 versichern lassen. Die Versicherungspolice nennt
unter den Versicherern an erster Stelle die in Antwerpen niedergelassene
Firma Lacroix, Baartmans, Callens & Van Tichelen SA Diese Firma klagte
beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Swissair auf Zahlung von
"USA $ 50'000.--, entsprechend zum Kurse von Fr. 4.31/$ SFr. 215'000.--,
nebst 5% Zins ab 20. Juni 1968". Sie behauptet, die Versicherer hätten die
Schweizerische Bankgesellschaft für den Verlust der $ 50'000 entschädigt,
und weist eine Erklärung vom 17. September 1969 vor, wonach ihr die
"für sich und ihre Gruppe" handelnde SA Comptoir d'Assurance Hayen &
Cie. in Antwerpen und die Allianz Versicherungs-Aktiengesellschaft die
Rückgriffsrechte gegen die Swissair abtreten.

    C.- Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage am
16. Dezember 1971 ab. Es bejahte die Aktivlegitimation der Klägerin,
verneinte dagegen die subjektiven Voraussetzungen, unter denen Art. 10
des schweizerischen Lufttransportreglementes den Luftfrachtführer für
den Verlust des Frachtgutes unbeschränkt haften lässt. Ob die fünf
versandten Pakete tatsächlich Banknoten enthielten und ob die Klägerin
die Schweizerische Bankgesellschaft für den Verlust entschädigt habe,
liess es offen.

    D.- Die Klägerin hat die Berufung erklärt. Sie hält an dem in der Klage
gestellten Antrag fest und beantragt ergänzend, die Beklagte sei eventuell
zu verpflichten, ihr Fr. 72.50 je kg für 4'020 Gramm Sendegewicht,
also Fr. 291.45, nebst 5% Zins ab 20. Juni 1968 zu zahlen. Subsidiär
beantragt sie, die Sache an das Handelsgericht zurückzuweisen, damit
es die grobe Fahrlässigkeit der Luftfrachtführer nach den Prozessakten
haftungsbegründend würdige.

    E.- Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen und das
angefochtene Urteil zu bestätigen.

    Sie hält daran fest, dass die Klägerin nicht aktivlegitimiert sei. Für
den Fall, dass das Bundesgericht die Legitimation der Klägerin bejahen
sollte, anerkennt sie einen Anspruch der Beklagten von Fr. 291.45 nebst
Verzugszins ab 8. September 1969.

    F.- Das Handelsgericht lässt sich dahin vernehmen, es habe nicht
dazu Stellung genommen, ob die Klägerin allenfalls gemäss Art. 9 des
Lufttransportreglementes Anspruch auf Fr. 291.45 habe, denn die Klägerin
habe im kantonalen Verfahren keinen dahin gehenden Eventualantrag gestellt;
sie habe in der Klageschrift wohl das Gewicht der Sendung erwähnt, ohne
jedoch einen Anspruch aus Art. 9 LTR geltend zu machen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Die Frage, ob und in welchem Umfange die Schadenersatzforderung
des Versicherungsnehmers gegen den verantwortlichen Dritten auf den
zahlenden Versicherer übergehe, beurteilt sich nach dem Rechte jenes
Staates, dem der Versicherungsvertrag untersteht (BGE 39 II 76 Erw. 4,
74 II 88, 85 II 272, 88 II 437 Erw. 3; ferner nicht veröffentlichte
Erwägung des Urteils der I. Zivilabteilung vom 8.10. 68 i.S. The Glens
Falls Insurance Co. c. Reederei Zürich AG). An dieser Rechtsprechung
ist festzuhalten. Die Beklagte beanstandet sie denn auch nicht, sondern
bestreitet die Anwendbarkeit des belgischen Rechtes, dem das Handelsgericht
den Versicherungsvertrag und die Subrogation unterstellt sieht, nur mit
der Begründung, die Klägerin sei die einzige belgische Versichererin, und
zwar für weniger als einen Drittel der Versicherungssumme, während für den
Rest zwanzig englische und drei deutsche Versicherer einzustehen hätten.

    Auf diese Rüge ist nicht einzutreten. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts, gegen die die Beklagte nichts vorbringt, ist die Frage,
ob der kantonale Richter von mehreren in Betracht fallenden ausländischen
Rechten das anwendbare zutreffend bestimmt habe, nicht eine solche
des Bundesrechts und daher gemäss Art. 43 Abs. 1 und 55 Abs. 1 lit. c
OG vom Bundesgericht nicht zu überprüfen (BGE 63 II 308, 64 II 92,
77 II 92). Anders verhielte es sich nur, wenn das ausländische Recht
vorfrageweise bestimmt werden müsste, um eine bundesrechtliche Hauptfrage
beurteilen zu können (BGE 91 II 126). Das trifft im vorliegenden Falle
indessen nicht zu; der Bestand der eingeklagten Forderung als solcher hängt
in keiner Weise davon ab, ob sie auf Grund des anwendbaren ausländischen
Rechts durch Subrogation von der Schweizerischen Bankgesellschaft auf
die Versicherer übergegangen ist.

    b) Das Handelsgericht betrachtet als Vertragsgegner der Schweizerischen
Bankgesellschaft nur die im Vertrag als Hauptbeteiligte auftretenden
Versicherer, nämlich die Klägerin die SA Comptoir d'Assurance
Hayen & Co. und die Allianz Versicherungs-Aktiengesellschaft. Die
Unterbeteiligungen der anderen Gesellschaften sei eine interne Anglegenheit
der Versicherer. Da die SA Comptoir d'Assurance Hayen & Co. und die Allianz
Versicherungs-Aktiengesellschaft der Klägerin ihr Recht abgetreten hätten,
sei die Legitimation der Klägerin erstellt.

    Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin subsidiär
für jenen Teil der Forderung, der die von der Klägerin versicherten 32'262%
und die von der Allianz versicherten 5% des Schadens übersteigt. Sie
macht geltend, die SA Comptoir d'Assurance Hayen & Co. habe 60% des
Schadens nicht für sich, sondern teilweise für die Lloyds Underwriters,
teilweise für 19 Londoner Gesellschaften versichert.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes richtet sich die materielle
Gültigkeit der Abtretung nach dem Rechte, das die abgetretene Forderung
beherrscht (BGE 95 II 113 mit Hinweisen, 85 II 272 Erw. b und Urteil
vom 8.10.68 i.S. The Glens Falls Insurance Co.; vgl. auch BGE 93 II
485), während die Form der Abtretung dem Rechte untersteht, das am Orte
der Abtretung gilt oder von der Rechtsordnung des Abtretungsortes als
massgebend erklärt wird (BGE 65 II 83, 74 II 87, 78 II 392, 93 II 478). Der
soeben erwähnte Einwand der Beklagten bezieht sich jedoch weder auf die
materielle Gültigkeit der Abtretung noch auf deren Form. Die Beklagte
bestreitet nur, dass die SA Comptoir d'Assurance Hayen & Co. Vertragspartei
des Versicherungsvertrages sei und daher durch Subrogation zu 60%
Gläubigerin der eingeklagten Forderung geworden sei und diesen Anteil an
die Klägerin habe abtreten können. Streitig ist also die Frage, ob diese
Firma den Versicherungsvertrag im eigenen Namen oder vielmehr im Namen
der Lloyds Underwriters und der 19 Londoner Gesellschaften unterzeichnet
habe. Das aber hängt vom belgischen Rechte ab, das nach verbindlicher
Auffassung des Handelsgerichts den Versicherungsvertrag beherrscht. Die
Frage kann daher dem Bundesgericht im Berufungsverfahren, in dem nur die
Anwendung von Bundesrecht zu überprüfen ist, nicht unterbreitet werden.

    c) Ob die Klägerin die Legitimation auch aus Ziffer 3 der
auf der Rückseite der Versicherungspolice abgedruckten allgemeinen
Versicherungsbedingungen, wonach die mehreren Versicherer "acceptent de
suivre toutes décisions prises par la compagnie apéritrice relativement
au fonctionnement de la police, son interprétation et au règlement des
sinistres", ableiten kann, hat das Handelsgericht offen gelassen und
braucht nicht entschieden zu werden. Die verneinende Stellungnahme der
Beklagten zu dieser Frage ist gegenstandslos.

    d) Das Handelsgericht hat offen gelassen, ob die Klägerin die
Schweizerische Bankgesellschaft für den Verlust der fünf Pakete
entschädigt habe. Die Auffassung der Beklagten, das Bundesgericht habe
mangels Nachweises der Zahlung die Subrogation und damit die Legitimation
der Klägerin zu verneinen und die Klage abzuweisen, hält jedoch nicht
stand. Wenn der Ausgang des Prozesses von der Legitimation der Klägerin
abhängt, muss sich das Handelsgericht über die offen gelassene Frage
aussprechen und neu urteilen.

Erwägung 2

    2.- Das Abkommen zur Vereinheitlichung von Regeln über die Beförderung
im internationalen Luftverkehr, das am 12. Oktober 1929 in Warschau
abgeschlossen und am 28. September 1955 im Haag abgeändert wurde (BS 13
653 bzw. AS 1963 665) (abgekürzt WA), ist im vorliegenden Falle nicht
unmittelbar anwendbar, da der Bestimmungsort der zu befördernden Pakete
in Nicaragua liegt und dieser Staat weder der ursprünglichen noch der
neuen Fassung des Abkommens beigetreten ist (Art. 1 Abs. 2 WA).

    Beide Parteien des Luftfrachtvertrages haben ihren Sitz in der
Schweiz, und das Frachtgut war von hier aus zu befördern. Dieser Vertrag
untersteht daher dem schweizerischen Recht (nicht veröffentlichter
Entscheid des Bundesgerichts vom 16.5.52 i.S. Airtrafic AG c. Transocean
Airlines; STAUFFER, ZBJV 89 395; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, Allgem. Einleitung
N. 308). Die Klägerin und die Beklagte sind denn auch schon im kantonalen
Verfahren einig gewesen, dass schweizerisches Recht anzuwenden sei. Im
Berufungsverfahren weichen sie von dieser Auffassung nicht ab.

Erwägung 3

    3.- Die Schweiz hat die Haftung des Luftfrachtführers in dem gestützt
auf Art. 75 des Luftfahrtgesetzes vom Bundesrat erlassenen und von der
Bundesversammlung genehmigten Lufttransportreglement vom 3. Oktober 1952
(LTR) geregelt (AS 1952 1060 ff.). Einige Bestimmungen dieses Reglementes,
darunter die Art. 9 und 10, wurden am 1. Juni 1962 abgeändert (AS 1963 679
ff.). Massgebend ist die am 1. August 1963 in Kraft getretene neue Fassung.

    In Art. 75 des Luftfahrtgesetzes wurde der Bundesrat angewiesen, sich
bei der Regelung der Haftpflicht des Frachtführers an die Grundsätze des
Warschauer Abkommens zu halten. Art. 8 LTR bestimmt denn auch nicht nur
für internationale Beförderungen im Sinne des WA, sondern auch für die
diesem Abkommen nicht unterstehenden Beförderungen, der Luftfrachtführer
hafte "nach den Regeln des Warschauer Abkommens und nach den ergänzenden
Bestimmungen dieses Reglementes". Die Bestimmungen des Abkommens gehen
also kraft dieser Verweisung vor, und die Bestimmungen des Reglementes
gelten nur als ergänzendes Recht, d.h. soweit sie dem Abkommen nicht
widersprechen. Sie sind im Geiste des Abkommens auszulegen. Da bei diesem
der französische Wortlaut als Originaltext gilt (Art. XXVII Abs. 3 des
Haager Protokolls), muss er auch abweichenden Fassungen des Reglementes
vorgehen.

Erwägung 4

    4.- Art. 22 WA und Art. 9 LTR beschränken die Haftung des
Luftfrachtführers auf bestimmte Beträge. In Art. 9 LTR sind sie in
Schweizerfranken umgerechnet. Für Güter belaufen sie sich auf höchstens Fr.
72.50 für jedes Kilogramm.

    Diese Beschränkung gilt nicht, wenn der Absender bei der Aufgabe
des Stückes das Interesse an der Lieferung besonders deklariert und den
etwa vereinbarten Zuschlag zum Frachtlohn entrichtet hat (Art. 22 Abs. 2
lit. a WA).

    Sie entfällt auch dann, wenn die in Art. 25 WA bzw. Art. 10 LTR
umschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind. Art. 25 WA in der Fassung
von 1955 lautet:

    "Les limites de responsabilité prévues à l'article 22 ne s'appliquent
pas s'il est prouvé que le dommage résulte d'un acte ou d'une omission du
transporteur ou de ses préposés fait, soit avec l'intention de provoquer un
dommage, soit témérairement et avec conscience qu'un dommage en résultera
probablement, pour autant que, dans le cas d'un acte ou d'une omission
de préposés, la preuve soit également apportée que ceux-ci ont agi dans
l'exercice de leurs fonctions."

    Art. 10 LTR drückt die gleichen Gedanken in zwei getrennten Sätzen
aus. Seine französische Fassung deckt sich in der Umschreibung der
subjektiven Voraussetzungen mit dem französichen Text des Art. 25 WA. In
der deutschen Fassung des Art. 25 WA und des Art. 10 LTR ist das Wort
"témérairement" mit "leichtfertig" übersetzt. Diese Übersetzung wurde im
April 1956 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, Österreich und der
Schweiz vereinbart (A. MEYER, Internationale Luftfahrtabkommen Bd. III
S. 235 Fussnote). Soweit sie den Sinn von "témérairement" abzuschwächen
versucht, kann sie jedoch den schweizerischen Richter nicht binden. Die
dem Originaltext des WA entsprechende französische Fassung geht vor.

    Für die Auslegung des Art. 25 WA bzw. Art. 10 LTR ist im übrigen
entscheidend, dass man bei der Revision dieser Bestimmungen die
Voraussetzungen, unter denen der Luftftrachtführer unbeschränkt
haftet, vereinheitlichen und erschweren wollte. Unter der alten
Fassung des Art. 25 WA galt die Haftungsbeschränkung dann nicht,
wenn der Luftfrachtführer den Schaden vorsätzlich oder durch eine
Fahrlässigkeit herbeigeführt hatte, die nach dem Recht des angerufenen
Gerichtes dem Vorsatz gleichstand. Im angelsächsischen Rechtskreis
setzte man dem Vorsatz nur den strengen Begriff des "wilful misconduct"
gleich, während nach europäisch-kontinentaler Auffassung, die unter
anderem in Deutschland und in der Schweiz herrschte, auch schon grobe
Fahrlässigkeit zur unbeschränkten Haftung führte (BGE 93 II 347). Die
neue Fassung, ohne geradezu den "wilful misconduct" als massgebend zu
erklären, bezweckt die Vereinheitlichung der Rechtslage durch Annäherung
an diesen Begriff (vgl. GERBER, Die Revision des Warschauer Abkommens,
Diss. Zürich 1957 S. 86 ff. besonders S. 90 oben; SESSELI, La notion
de faute dans la Convention de Varsovie, thèse Lausanne 1961 S. 158
f.; GULDIMANN, Internationales Lufttransportrecht, Zürich 1965 S. 148
N. 8). Der Geschädigte ist heute schlechter gestellt als früher nach
den kontinentalen Gesetzen und Auffassungen (SCHLEICHER/REYMANN/ABRAHAM,
Das Recht der Luftfahrt, 3. Auflage, 2 S. 1004). Als Frankreich nach der
Revision des Warschauer Abkommens die nationalen Bestimmungen über die
Haftung des Luftfrachtführers am 2. März 1957 der neuen Lage anpasste,
gab es denn auch dem Art. 42 Abs. 1 seines Luftfahrtgesetzes folgende
Fassung: "Pour l'application de l'article 25 de ladite convention la
faute considérée comme équivalente au dol est la faute inexcusable. Est
inexcusable la faute délibérée qui implique la conscience de la probabilité
du dommage et son acceptation téméraire sans raison valable." Frankreich
wendet diese Bestimmung gemäss Art. 41 des Luftfahrtgesetzes auch auf
Beförderungen an, die vom Warschauer Abkommen nicht erfasst werden.

    Es besteht kein Zweifel, dass der Luftfrachtführer nach den revidierten
Fassungen der Art. 25 WA und Art. 10 LTR nicht schon dann unbeschränkt
haftet, wenn er oder seine Leute sich grobfahrlässig verhalten. Nach
diesen Bestimmungen genügt nicht einmal eine bewusste grobe Fahrlässigkeit,
wie sich die deutsche Delegation bei der Zustimmung zum Haager Protokoll
vorgestellt haben soll (s. RIESE in Zeitschrift für Luftrecht 1956 33)
und auch die Botschaft des Bundesrates für möglich hält (BBl 1962 I 1409).
Die unbeschränkte Haftung tritt nur ein, wenn der Luftfrachtführer oder
seine Leute den Schaden absichtlich herbeiführen oder wenn ihre Handlung
oder Unterlassung verwegen, waghalsig, tollkühn ist und sie sich bewusst
sind, dass ihr Verhalten wahrscheinlich einen Schaden zur Folge haben werde
(GULDIMANN aaO S. 147 N. 5 und 6). Nicht nötig ist, dass sie den Schaden
für den Fall, dass er eintrete, auch innerlich gutheissen. Insofern sind
die subjektiven Voraussetzungen der unbeschränkten Haftung milder als die
des strafrechtlichen Eventualvorsatzes. Dagegen sind sie insofern strenger
als die Erfordernisse des Eventualvorsatzes, als sich der Handelnde der
Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes bewusst sein muss (GULDIMANN,
aaO S. 147 N. 7).

Erwägung 5

    5.- Wie schon unter der Herrschaft der alten Fassungen der Art. 25 WA
und 10 LTR (s. BGE 93 II 349), hat der Geschädigte die Voraussetzungen
der unbeschränkten Haftung des Luftfrachtführers zu beweisen. Diese
Bestimmungen sagen es in den neuen Fassungen ausdrücklich. Hinsichtlich
der Anwendung anderer Beweisregeln und der Beweiswürdigung lassen sie dem
Richter dagegen volle Freiheit. Die Delegierten der Vereinigten Staaten
und Frankreichs haben das anlässlich der Revision des Art. 25 WA denn auch
ohne Widerspruch hervorgehoben (RIESE aaO S. 33). Diese Auffassung deckt
sich damit, dass gemäss Art. 28 Abs. 2 WA das Verfahren den Gesetzen des
angerufenen Gerichtes untersteht.

    Es ist aber klar, dass der Richter nicht unter dem Vorwand
landesrechtlicher Beweisregeln die Beweislast umkehren, d.h. z.B. auf Grund
eines ersten Anscheins bis zum Gegenbeweis die subjektiven Voraussetzungen
der unbeschränkten Haftung vermuten darf (GULDIMANN S. 149 N. 11; anderer
Meinung RIESE S. 34, MEYER Bd. III S. 175 f. und GERBER S. 87/88; vgl. auch
SESSELI S. 157/158). Eine Tatsache ist nur dann bewiesen, wenn der Richter
von ihr überzeugt ist. Es genügt nicht, wenn er sie für möglich, ja für
einigermassen wahrscheinlich hält, denn gerade darin liegt die Bedeutung
der Beweislast, dass die übrig bleibenden Zweifel sich zum Nachteil des
Beweispflichtigen auswirken müssen (nicht veröffentlichtes Urteil der
I. Zivilabteilung vom 28. Juni 1960 i.S. Kamil c. SABENA, Erw. 4 lit. b).

    Blosse Indizienbeweise sind aber zulässig. Wenn nach der Natur der
Sache, wie es etwa hinsichtlich eines natürlichen Kausalverlaufes oder
des Wissens und Wollens einer Person zutreffen kann, ein absoluter Beweis
nicht möglich ist, darf dabei der Richter seine Überzeugung mit einer auf
der Lebenserfahrung beruhenden überwiegenden Wahrscheinlichkeit begründen
(BGE 45 II 97 f., 46 II 201, 47 II 293, 53 II 426, 57 II 208 f., 90 II
233). Er bleibt damit im Rahmen der Beweiswürdigung, über die Art. 25 WA
und 10 LTR, wie gesagt, nichts vorschreiben.

    Diese Bestimmungen stehen auch der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
nicht im Wege, wonach die Pflicht zum Beweis negativer Tatsachen dadurch
gemildert wird, dass der Gegner des Beweispflichtigen nach Treu und
Glauben (Art. 2 ZGB) zum Beweis des Gegenteils beitragen muss und dass
die Unterlassung oder das Misslingen des Gegenbeweises als Indiz für die
Richtigkeit der Behauptung des Beweispflichtigen gewertet werden darf
(BGE 66 II 147, 76 II 70 f., 95 II 233).

    Da die Art. 25 WA und 10 LTR die Beweiswürdigung nicht regeln, darf
das Bundesgericht als Berufungsinstanz diese nicht überprüfen; es ist
an die tatsächlichen Feststellungen des kantonalen Richters gebunden,
sofern sie nicht unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften
zustandegekommen sind oder nicht offensichtlich auf Versehen beruhen
(Art. 43 Abs. 3, 55 Abs. 1 lit. c, 63 Abs. 2 OG).

Erwägung 6

    6.- Es steht verbindlich fest, dass die Beklagte die fünf Pakete am 17.
Februar 1968 gegen Quittung der Eastern Airlines Inc. übergeben hat. Es
kommt daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht darauf an, wie die
Beklagte das Gut verpackt hat und wie sie Wertsendungen zu verladen pflegt.

    Die Klägerin geht auch am Kern der Sache vorbei, wenn sie vorbringt,
die Versandinstruktionen der Beklagten und jene der Eastern Airlines
stimmten nicht miteinander überein. Dass der Verlust des Gutes auf diesen
Umstand zurückzuführen sei, ist weder festgestellt noch behauptet.

    Die Übergabe der fünf Pakete an die Eastern Airlines erfolgte mit
erheblicher Verspätung, da laut Frachtbrief die Weiterbeförderung schon mit
dem Flug 901 vom 31. Januar 1968 hätte erfolgen sollen. Der natürliche
Zusammenhang, der zwischen der Verspätung und dem Verlust des Gutes
bestehen mag, ist jedoch nicht adäquat und daher nicht rechtserheblich,
was die Klägerin denn auch nicht geltend macht.

    Die Beklagte haftet daher nicht für eigene Fehler. Gemäss Art. 8 LTR
in Verbindung mit Art. 30 Abs. 3 WA hat sie aber solidarisch einzustehen,
wenn und soweit die Eastern Airlines haftet.

Erwägung 7

    7.- Das Handelsgericht stellt fest, dass die Eastern Airlines die
fünf Pakete vom 17. auf den 18. Februar 1968 in einem Safe verwahrt und
sie diesem am 18. Februar um 6 Uhr morgens entnommen hat, um sie mit dem
Flug 901 nach Mexico zu befördern.

    Diese Feststellung beruht weder offensichtlich auf Versehen noch
ist sie unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande
gekommen. Sie bindet daher das Bundesgericht. Soweit die Klägerin einen
anderen Sachverhalt behaupten will, indem sie geltend macht, die fünf
Pakete seien schon vom 17. auf den 18. Februar nicht ordnungsgemäss
gelagert worden, sonst wüsste man, wohin sie gelangt seien, ist sie
deshalb nicht zu hören.

    In rechtlicher Hinsicht sodann lässt sich die Lagerung im Safe nicht
beanstanden. Sie war übrigens für den Verlust nicht adäquat kausal,
da ja die fünf Pakete morgens 6 Uhr bei der Entnahme aus dem Safe noch
vorhanden waren. An welchem Orte die Frachtpapiere aufbewahrt wurden,
ist ebenfalls unerheblich.

Erwägung 8

    8.- Was mit den fünf Paketen geschah, nachdem sie am 18. Februar aus
dem Safe genommen worden waren, vermag das Handelsgericht nicht bestimmt
zu sagen. Es stellt nur noch fest, dass das "Cargo manifest" mit dem Datum
des 18. Februar 1968 ausgestellt wurde, dass man aber die Begleitpapiere zu
den fünf Paketen nicht mit dem Flug 901 des 18., sondern erst mit dem Flug
901 des 19. Februar nach Mexico beförderte und auf dem "Cargo manifest"
das Datum des 18. in 19. Februar 1968 abänderte. Ferner äussert es sich,
es "erscheine als wahrscheinlich", dass der Rampen-Dienstmann Mc Carthy
die fünf Pakete am 18. Februar 1968 auf die Rampe brachte und sie dort
gegen Quittung dem Rampen-Inspektor Gerrain übergab und dieser sie um
etwa 8.30 Uhr dem ihn ablösenden Inspektor Marino weitergegeben habe,
unter dessen Aufsicht der Rampen-Dienstmann Maccagano sie dann in die
Luke 1 verladen haben solle. Es ist der Auffassung, die Akten enthielten
nichts, das den Schluss zuliesse, die Sendung sei am 18. Februar auf dem
Wege zum Flug 901 mangels ausreichender Überwachung gestohlen worden.
Es hält aber für möglich, dass Marino sich irrte, als er annahm, die
fünf Pakete seien an diesem Tage im Flugzeug verblieben. Es stellt
fest, der Luftfracht-Koordinator Jiminez sei der Auffassung gewesen,
am 18. Februar sei dem Flug 901 wegen eines Gewichtproblems keine Fracht
mitgegeben worden, die gesamte für diesen Flug bestimmte Fracht sei erst am
19. Februar nach Mexico abgegangen. Es rechnet damit, dass die fünf Pakete
vielleicht kurz vor dem Abflug wieder ausgeladen wurden, zusammen mit der
übrigen zurückbehaltenen Fracht ohne besondere Aufsicht bis zum 19. Februar
liegen blieben und in dieser Zeit verschwanden. Wo und weshalb die Sendung
abhanden kam, lässt sich nach der Auffassung des Handelsgerichtes nicht
mit Sicherheit feststellen. Es erklärt, die im Jahre 1968 unternommenen
Nachforschungen und Erhebungen hätten keine Klarheit gebracht, und dass
heute noch Näheres erfahren werden könnte, erscheine als ausgeschlossen.

    Mit diesen Ausführungen bleibt das Handelsgericht im Gebiete der
Beweiswürdigung. Das Bundesgericht ist an sie gebunden, und zwar auch
insoweit, als die Vorinstanz als ausgeschlossen erachtet, dass man heute
durch weitere Beweismassnahmen noch Näheres in Erfahrung bringen könnte,
denn diese Auffassung beruht auf vorweggenommener Beweiswürdigung (BGE
56 II 203 oben, 63 II 101, 90 II 310). Das verkennt die Klägerin,
indem sie das Bundesgericht ersucht, "die in Zürich in ständiger
Praxis angewendeten Beweisvorschriften auch seinerseits anzuwenden". Es
bestehen keine bundesrechtlichen Vorschriften darüber, wie der Richter
in Haftpflichtprozessen gegen Luftfrachtführer den Beweis zu würdigen
habe. Die erwähnten Feststellungen beruhen auch nicht offensichtlich
auf Versehen. Insbesondere spricht nichts dafür, dass das Handelsgericht
den Bericht Miranda versehentlich nicht beachtet habe. Indem die Klägerin
ihn als eine beweisrechtlich unverdächtige Urkunde bezeichnet und der
Vorinstanz vorwirft, sie schenke den darin "zeitgerecht dokumentierten
Erklärungen" keinen Glauben, sondern begnüge sich mit Hypothesen, ficht
sie unzulässigerweise die Beweiswürdigung an. Die Bezugnahme auf Art. 63
Abs. 2 OG und die Behauptung offensichtlicher Versehen und Aktenwidrigkeit
ändern nichts. Es bleibt dabei, dass ungewiss ist und nicht bewiesen werden
kann, ob die fünf Pakete am 18. Februar 1968 im J. F. Kennedy-Flughafen
geblieben oder mit dem Flug 901 nach Mexico befördert worden sind.

    Die Beklagte haftet daher für den Verlust nur dann, wenn sowohl unter
dem Gesichtspunkt der einen als auch unter dem der anderen Möglichkeit
gesagt werden muss, er sei von den Organen oder Leuten (Hilfspersonen)
der Eastern Airlines durch ein subjektiv unter Art. 10 LTR und Art. 25
WA fallendes Verhalten verursacht worden. Wenn diese Voraussetzung nur
bei dem einen der beiden möglichen Sachverhalte erfüllt ist, entfällt
die Haftung, weil eben auch der andere Sachverhalt möglich bleibt, die
Klägerin den ihr obliegenden Beweis der Voraussetzungen unbeschränkter
Haftung also nicht erbracht hat.

Erwägung 9

    9.- Sollten die fünf Pakete mit dem Kurs 901 des 18. Februar abgeflogen
sein, so müssten sie in Mexico angekommen sein, weil keine Zwischenlandung
stattfand. Wie sie in Mexico verschwunden wären, stände aber nicht fest.
Insbesondere wäre nicht bewiesen, dass dort ein Angestellter der Eastern
Airlines oder der Taco International Airlines, welche die Weiterbeförderung
nach Managua hätte besorgen sollen, sie gestohlen oder veruntreut habe.

    Dagegen wäre zu beanstanden, dass das Personal der Eastern Airlines
des J. F. Kennedy-Flughafens die Begleitpapiere nicht ebenfalls schon
mit dem Kurs 901 des 18. Februar beförderte, denn dadurch müsste die
unauffällige Beseitigung oder das unabsichtliche Abhandenkommen der fünf
Pakete in Mexico erleichtert worden sein. Das Handelsgericht stellt
jedoch verbindlich fest, die Akten böten keine Anhaltspunkte dafür,
dass die Papiere absichtlich in New York zurückbehalten worden seien,
um eine Kontrolle bei der Ankunft in Mexico zu verunmöglichen und so
einen Diebstahl zu erleichtern; die Klägerin vermöge keine konkreten
Umstände namhaft zu machen, die auf ein absichtliches Handeln oder
Unterlassen schliessen liessen; es müsse entweder einem Missverständnis
zwischen Inspektor Marino und dem Luftfracht-Koordinator Jiminez oder
einem Irrtum des letztern zugeschrieben werden, dass die Begleitpapiere
in New York blieben in der Annahme, Fracht sei überhaupt nicht geladen
worden. Damit ist nicht nur die Absicht, Schaden herbeizuführen, verneint,
sondern es bleibt auch kein Raum für die Annahme, Jiminez oder eine andere
Hilfsperson der Eastern Airlines sei sich bewusst gewesen, dass ein Schaden
mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Die mögliche Vorstellung der
verantwortlichen Personen, die fünf Pakete seien mit der übrigen Fracht
in New York zurückbehalten worden, schloss dieses Bewusstsein aus. Die
Haftung nach Art. 10 LTR und Art. 25 WA wegen der Nichtversendung der
Begleitpapiere würde deshalb entfallen. Ob die Zurückbehaltung dieser
Papiere den Eintritt des Schadens geradezu im Sinne der erwähnten
Bestimmung wahrscheinlich gemacht hätte, kann offen bleiben, ebenso,
ob sie als "témérairement" (verwegen, waghalsig, tollkühn) erfolgt zu
gelten hätte.

    Wenn die fünf Pakete am 18. Februar befördert worden sein sollten,
wäre möglicherweise auch zu beanstanden, dass die Eastern Airlines dem
Flughafen Mexico nicht fernschriftlich von der Verfrachtung Kenntnis
gab, wie ihre Vorschriften es für Wertsendungen haben wollen. Es steht
jedoch nicht fest, seit wann diese Vorschriften gelten. Die Klägerin
hat im kantonalen Verfahren selber darauf hingewiesen, dass sie die
Daten des 3. Juli 1968 und 28. Februar 1969 tragen und "viel eher" als
Folge des hier umstrittenen Verlustes erlassen worden seien. Was über die
Nichtbeigabe der Begleitpapiere gesagt wurde, gilt zudem auch hier. Eine
Schädigungsabsicht ist nicht bewiesen, und das Bewusstsein, dass ein
Schaden wahrscheinlich eintreten werde, wird durch die Vorstellung des
Jiminez und allfälliger weiterer Hilfspersonen, die fünf Pakete seien mit
der übrigen Fracht zurückbehalten worden, ausgeschlossen. Die angebliche
Verletzung von Dienstvorschriften ändert nichts; entgegen der Auffassung
der Klägerin werden solche nur unbewusst übertreten, wenn der Verpflichtete
sich über den Sachverhalt irrt, auf den sie angewendet werden sollten.

    Die Klägerin wirft der Eastern Airlines sodann vor, die fünf Pakete
seien entgegen den Vorschriften dieser Gesellschaft nicht in einem Behälter
von mindestens 5000 Kubikzoll befördert worden. Sie behauptet, dieses
Gut sei von Zürich-Kloten an in einem farbigen Netzsack gereist und es
sei klar, dass es in New York nicht in anderer Verpackung weitergegeben
worden sei.

    Hierüber hat indessen das Handelsgericht nichts festgestellt, und seine
Auffassung, es könnte heute nichts Näheres mehr in Erfahrung gebracht
werden, gilt auch für diesen Punkt. Ausserdem ist ungewiss, in welchem
Zeitpunkt die erwähnten Vorschriften erlassen wurden. Auch ist nicht
zu ersehen, inwiefern der Schaden die Folge der Nichtverwendung eines
Behälters wäre. Wenn die Pakete befördert wurden, müssen sie in Mexico
angekommen sein, gleichgültig, ob in einem Behälter oder nicht. So oder
so konnten sie in Mexico gestohlen, verlegt oder fehlgeleitet werden,
zumal die Begleitpapiere und eine fernschriftliche Mitteilung über ihre
Beförderung fehlten. Da die genauen Umstände, unter denen sie verschwunden
sind, nicht mehr festgestellt werden können, fehlt es am Beweis des
ursächlichen Zusammenhanges zwischen der angeblichen Nichtverwendung eines
Behälters und dem Verlust. Übrigens steht auch nicht fest, dass die Leute
der Eastern Airlines den Schaden gewollt haben oder sich bewusst gewesen
seien, die Versendung ohne Behälter werde wahrscheinlich zu einem Verlust
führen. Dass ihr angebliches Vorgehen geradezu verwegen (téméraire)
gewesen sei, könnte ebenfalls nicht gesagt werden.

    Selbst wenn den Eastern Airlines ausser dem Zurückbehalten der
Begleitpapiere auch die beiden anderen angeblichen Fehler vorgeworfen
werden müssten und man alle drei Unterlassungen gesamthaft betrachten und
als grobes Versagen, ja als ein verwegenes Verhalten bezeichnen würde,
wäre für die Klägerin nichts gewonnen, denn der subjektive Tatbestand der
Absicht oder des Bewusstseins wahrscheinlicher Schädigung stände dennoch
nicht fest.

Erwägung 10

    10.- Sollten die fünf Pakete am 18. Februar 1968 wegen des
Gewichtes des Flugzeuges wieder ausgeladen worden sein, so hätten sie,
wie das Handelsgericht zutreffend ausführt, bis zum 19. Februar an einem
sicheren Orte verwahrt werden sollen. Das ist nach der vorinstanzlichen
Feststellung nicht geschehen, weil Inspektor Marino der Meinung war, sie
seien nach Mexico abgegangen und seine Aufgabe sei damit beendet. Wenn
diese Meinung unzutreffend war, kann der Irrtum nicht entschuldigt
werden. Marino hätte sich mit aller Sorgfalt davon überzeugen sollen, ob
diese Wertsendung wirklich im Flugzeug geblieben oder wieder ausgeladen
worden sei. Nach dem Auslad hätte er sie sodann genau überwachen und
gegen Quittung zur Versorgung im Safe des Flughafens zurückliefern
sollen. Sein Verschulden würde sich aber in blosser Fahrlässigkeit
erschöpfen. Seine irrige Vorstellung, die fünf Pakete seien mit dem
Flug 901 am 18. Februar befördert worden, schliesst sowohl die Absicht,
einen Schaden herbeizuführen, als auch das blosse Bewusstsein, dass ein
solcher wahrscheinlich eintreten werde, aus. Auch steht nicht fest,
dass der Luftfracht-Koordinator Jiminez oder der Rampen-Dienstmann,
der die Pakete wieder ausgeladen haben mag, diese Absicht oder dieses
Bewusstsein hatte. Das Handelsgericht ist der Ansicht, aus den gesamten
Umständen sei nicht zu vermuten, dass sich die Beteiligten bewusst waren,
ein Schaden werde mit Wahrscheinlichkeit eintreten. Darin liegt die
für das Bundesgericht verbindliche Feststellung, dass der Beweis dieses
Bewusstseins in bezug auf keinen der Beteiligten erbracht ist und dass
um so weniger von einer Schädigungs-. absicht die Rede sein kann. Diese
Feststellung schliesst eine Haftung nach Art. 10 LTR und Art. 25 WA aus.

    Daran vermögen weder die Beanstandungen der Klägerin am Frachtbetrieb
der Eastern Airlines im allgemeinen noch ihre Aussetzungen an der
Behandlung der fünf Wertpakete nach der angeblichen Wiederausladung
im besonderen etwas zu ändern. Diese Anbringen enthalten zum Teil
Behauptungen, deren Richtigkeit nicht feststeht, und zum Teil betreffen
sie Tatsachen, die den Verlust der fünf Pakete nicht verursacht haben
können. Samt und sonders vermögen sie zudem der Eastern Airlines
höchstens Unsorgfalt vorzuwerfen. Soweit die Klägerin mit ihnen eine
Schädigungsabsicht oder das Bewusstsein wahrscheinlicher Schädigung
darzutun versucht, beanstandet sie die vorinstanzliche Beweiswürdigung
und ist daher nicht zu hören.

Erwägung 11

    11.- Nach dem Gesagten haftet die Beklagte nicht für den vollen
Wert der verlorenen Pakete, sondern gemäss Art. 9 lit. b LTR höchstens
bis zum Betrage von Fr. 72.50 für jedes Kilogramm, was für 4'020 kg
Fr. 291.45 ausmacht. Das Handelsgericht hätte prüfen sollen, ob die
Beklagte der Klägerin diesen Betrag schulde, d.h. ob die fünf Pakete
tatsächlich Banknoten im Werte von mindestens Fr. 291.45 enthielten und
ob die Schweizerische Bankgesellschaft von der Klägerin oder den anderen
Versicherern, die ihr ihre Rechte abgetreten haben, entschädigt worden
sei. Eines besonderen Antrages auf Zusprechung von Fr. 291.45 bedurfte
es nicht. Indem die Klägerin Ersatz des vollen Wertes von angeblich
Fr. 215'000.-- verlangte, begehrte sie auch den geringeren Betrag für
den Fall, dass die Beklagte ihr nicht den höheren schulde. Auch ist der
Sachverhalt, aus dem sich die Schuld von Fr. 291.45 ergibt, nämlich
das Gewicht und der Wert des Inhaltes der Pakete, behauptet worden;
das Gewicht ist denn auch festgestellt. Auf Art. 9 LTR brauchte sich die
Klägerin nicht zu berufen; denn der Richter hat das Recht von Amtes wegen
anzuwenden (BGE 91 II 65, 214).

    In der Berufungsantwort anerkennt die Beklagte die Schuld von
Fr. 291.45 nebst Verzugszins vom 8. September 1969, d.h. von der
Einreichung der Klage beim Friedensrichter an, aber nur für den Fall,
dass das Gericht die Aktivlegitimation der Klägerin bejahen sollte. Da
das Bundesgericht diese Legitimation nicht abschliessend beurteilen
kann, muss es die Sache an das Handelsgericht zurückweisen. Dieses wird
zu entscheiden haben, ob die Schweizerische Bankgesellschaft von den
Versicherern mindestens Fr. 291.45 erhalten hat und die entsprechende
Schadenersatzforderung auf die Versicherer übergegangen ist. Wenn ja,
ist der Klägerin dieser Betrag als anerkannt zuzusprechen, desgleichen
der anerkannte Verzugszins. Weitergehenden Zins schuldet die Beklagte
dagegen nur, wenn sie schon vor dem 8. September 1969 in Verzug geraten
ist. Ob das zutrifft, hat das Handelsgericht zu entscheiden.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    In teilweiser Gutheissung der Berufung wird das angefochtene Urteil
aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen
an das Handelsgericht des Kantons Zürich zurückgewiesen.