Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 III 41



98 III 41

9. Entscheid vom 22. Februar 1972 i.S. X. Regeste

    Die Aufsichtsbehörden für Schuldbetreibung und Konkurs sind nicht
zuständig, das Honorar des Sachwalters im Sinne von Art. 725 Abs. 4 OR
festzusetzen. Tragweite von Art. 16 des GebT von 1957 und Art. 15 des
GebT von 1971. Analoge Anwendung von Art. 67 des GebT von 1957 bzw. Art.
61 Abs. 1 des GebT von 1971 ? (Frage offen gelassen).

Sachverhalt

    Am 16. Dezember 1970 schob das Zivilgericht Basel-Stadt die Eröffnung
des Konkurses über eine Aktiengesellschaft gemäss Art. 725 Abs. 4 OR auf
und bestellte Dr. X., Advokat in Basel, zum Sachwalter. Am 26. Februar 1971
eröffnete es über die genannte Gesellschaft infolge Insolvenzerklärung den
Konkurs. Am 27. August 1971 sandte Dr. X., der sich von der Gesellschaft
seinerzeit einen Kostenvorschuss von Fr. 60'000.-- hatte überweisen
lassen, dem Konkursamt Basel-Stadt die Rechnung für seine Tätigkeit
als Sachwalter. Darin bezifferte er sein Honorar in Anlehnung an den
Konventionaltarif der Basler Advokatenkammer auf Fr. 47'000.-- und die
Vergütung für Auslagen und Kopiaturen auf Fr. 12'238.25.

    Am 6. Oktober 1971 ersuchte das Konkursamt die kantonale
Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs um Festsetzung des
Sachwalterhonorars. Die Aufsichtsbehörde nahm mit dem Konkursamt an,
die Entschädigung für den Sachwalter im Sinne von Art. 725 Abs. 4 OR
richte sich wie jene für den Sachwalter im Nachlassverfahren nach
dem Gebührentarif zum SchKG (Art. 67 des bis Ende Juli 1971 gültig
gewesenen GebT vom 6. September 1957), woraus sich die Zuständigkeit der
Aufsichtsbehörde zu ihrer Festsetzung ergebe, und setzte das Honorar von
Dr. X. am 7. Februar 1972 auf Fr. 35'000.-- und die Vergütung für Auslagen
und Kopiaturen auf Fr. 12'238.25 fest.

    Diesen Entscheid hat Dr. X. an das Bundesgericht weitergezogen
mit dem Antrag, er sei aufzuheben und es sei festzustellen, "dass die
Aufsichtsbehörde zur Festsetzung des Honorars des Beschwerdeführers
nicht zuständig und dass zur Berechnung des Honorars der Gebührentarif
zum SchKG nicht anwendbar ist".

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

    Wo die Aufsichtsbehörden für Schuldbetreibung und Konkurs
das Entgelt für die Verrichtungen der in Zwangsvollstreckungs- und
Sanierungsverfahren tätigen Organe festsetzen, tun sie das in Ausübung der
ihnen zustehenden Aufsicht über die betreffenden Organe. Der Sachwalter,
den der Konkursrichter in Anwendung von Art. 725 Abs. 4 OR einsetzt,
untersteht im Gegensatz zum Sachwalter im Nachlassverfahren (Art. 295
Abs. 3 SchKG; BGE 42 III 460, 82 III 134 f.) nicht der Aufsicht dieser
Behörden. Daher steht es diesen Behörden nicht zu, das Entgelt für seine
Tätigkeit festzusetzen, selbst wenn im übrigen seine Stellung noch so sehr
jener des Sachwalters im Nachlassverfahren gleichen mag, dessen Entgelt
nach Art. 67 des GebT von 1957 von der Aufsichtsbehörde festzusetzen war
(wogegen nach Art. 61 Abs. 1 des GebT vom 7. Juli 1971 die Nachlassbehörde
hiefür zuständig ist).

    Ob das Entgelt für die Tätigkeit des Sachwalters im Sinne von Art. 725
Abs. 4 OR durch den GebT zum SchKG geregelt werde, wie die Vorinstanz
annimmt, ist für die Beurteilung des vorliegenden Rekurses unerheblich.
Selbst wenn diese Frage zu bejahen wäre, ergäbe sich daraus nämlich
entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht, dass das fragliche Entgelt
von der Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs festzusetzen
sei. Der GebT bestimmt zwar, dass die Aufsichtsbehörden von Amtes wegen
seine Anwendung überwachen (Art. 16 des GebT von 1957, Art. 15 des GebT
von 1971). Das bedeutet jedoch nicht, dass die Aufsichtsbehörden für
Schuldbetreibung und Konkurs die Anwendung des Tarifs ohne Rücksicht
darauf zu überwachen haben, ob die Organe, für deren Verrichtungen das
Entgelt zu bestimmen ist, ihrer Aufsicht unterstehen oder nicht. Für die
richtige Anwendung des Tarifs zu sorgen, obliegt diesen Behörden vielmehr
nur im Bereich der ihnen zustehenden Aufsichtsgewalt (BGE 81 III 37).

    Sind die Aufsichtsbehörden für Schuldbetreibung und Konkurs nicht
zuständig, das Entgelt für die Tätigkeit des Rekurrenten festzusetzen,
so ist es auch nicht ihre Sache, sich darüber auszusprechen, welche
Instanz zuständig und nach welchen Grundsätzen das Entgelt zu bestimmen
sei. Zum letzten Punkte mag immerhin bemerkt werden, dass sich der GebT
nach seinem Art. 1 in den Fassungen von 1957 und 1971 auf das Entgelt
für die Verrichtungen des Sachwalters im Sinne von Art. 725 Abs. 4
OR jedenfalls nicht unmittelbar anwenden lässt, womit aber nicht von
vornherein ausgeschlossen ist, dass sich unter Umständen eine entsprechende
Anwendung rechtfertigen könnte.

Entscheid:

       Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:

    Der Rekurs wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der angefochtene
Entscheid aufgehoben und festgestellt wird, dass die Aufsichtsbehörden
für Schuldbetreibung und Konkurs nicht zuständig sind, das Honorar des
Rekurrenten als Sachwalter im Sinne von Art. 725 Abs. 4 OR festzusetzen.