Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 III 22



98 III 22

3. Auszug aus dem Entscheid vom 26. April 1972 i.S. B. und M. Regeste

    Beschwerdeverfahren (Art. 17 ff. SchKG). Der Beschluss der untern
Aufsichtsbehörde, eine Einigungsverhandlung im Sinne von Art. 9 VVAG
anzuordnen, ist nicht ein blosser Zwischenentscheid in einem Beschwerde-
oder Rekursverfahren, der nicht weiterziehbar wäre, sondern eine der
Weiterziehung unterliegende Massnahme im Vollstreckungsverfahren selbst.

Sachverhalt

    Nachdem die Verwertung eines gepfändeten Erbanteils verlangt worden
war, ordnete die untere Aufsichtsbehörde auf Gesuch des Betreibungsamtes
eine Einigungsverhandlung im Sinne von Art. 9 VVAG an. Auf die
Beschwerde, mit welcher sich zwei Miterben des betriebenen Schuldners
dieser Anordnung widersetzten, trat die obere kantonale Aufsichtsbehörde
nicht ein mit der Begründung, weiterziehbar seien nach Rechtsprechung
und Lehre (BGE 43 III 279; ZR 24 Nr. 145 = SJZ 22 Nr. 31 S. 170 f.;
ZR 59 Nr. 92; JAEGER/DAENIKER, Schuldbetreibungs- und Konkurspraxis der
Jahre 1911-1945, N. 1 zu Art. 18 SchKG; SORG, Das Beschwerdeverfahren
in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen im Kanton Zürich, Diss. Zürich
1954, S. 27) nur solche Entscheide einer Aufsichtsbehörde, durch die
über eine Streitfrage materiell entschieden werde, nicht auch blosse
Zwischenverfügungen und Zwischenentscheide mit prozessleitendem Charakter;
die Ansetzung einer Einigungsverhandlung habe nicht die Bedeutung eines
materiellen Endentscheides über die Verwertung des Gemeinschaftsanteils
und der Beschluss der unteren Aufsichtsbehörde enthalte überhaupt keine
materiellen Überlegungen.

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts
entscheidet, die Vorinstanz habe das Eintreten auf die Beschwerde gegen
den Beschluss der unteren Aufsichtsbehörde zu Unrecht abgelehnt, doch sei
diese Beschwerde materiell unbegründet, weil die angefochtene Anordnung
den massgebenden Vorschriften entspreche.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Die Entscheide und die Literaturstellen, aus denen die Vorinstanz
ableitet, dass die Ansetzung einer Einigungsverhandlung nicht als
weiterziehbarer Entscheid gelten könne, besagen einzig, dass Gegenstand
einer Weiterziehung nur eine Massnahme im Vollstreckungsverfahren sein
kann und dass blosse Zwischenentscheide in einem hängigen Beschwerde- bzw.
Rekursverfahren (prozessleitende Anordnungen, Erteilung aufschiebender
Wirkung usw.) nicht weiterziehbar sind. (Zu der hier nicht näher zu
prüfenden Frage der Weiterziehung von Entscheiden der Aufsichtsbehörden
über die Gewährung oder Verweigerung der aufschiebenden Wirkung im Sinne
von Art. 36 SchKG vgl. ausser BGE 43 III 279 auch BGE 59 III 208/09, 82
III 18/19 und 95 III 93.) Die Anordnung einer Einigungsverhandlung im Sinne
von Art. 9 VVAG ist nicht ein Zwischenentscheid in einem Beschwerde- oder
Rekursverfahren, sondern eine Massnahme im Vollstreckungsverfahren selbst,
die dieses Verfahren (hier: das Verfahren zur Verwertung des gepfändeten
Erbanteils) weiterführt. Sie gleicht darin zum Beispiel der Anordnung einer
Steigerung oder der Einberufung einer Gläubigerversammlung im Konkurs, die
zweifellos wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften durch Beschwerde
angefochten werden können. Die Beschwerde, mit welcher die Rekurrenten
die Ansetzung einer Einigungsverhandlung als unzulässig anfochten, hätte
also von der Vorinstanz materiell beurteilt werden sollen. Es erübrigt
sich jedoch, die Sache zu diesem Zweck an die Vorinstanz zurückzuweisen,
da sich auf Grund der Akten ergibt, dass das Begehren der Rekurrenten
materiell offensichtlich unbegründet ist...