Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 IB 53



98 Ib 53

9. Urteil vom 28. Januar 1972 i.S. B. AG gegen Eidg. Bankenkommission.
Regeste

    Art. 97ff. OG. BG über das Verwaltungsverfahren. BG über die
Anlagefonds.

    1.  Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss
der Eidg. Bankenkommission, auf das Begehren eines Anlegers um Anordnung
bestimmter Massnahmen nicht einzutreten (Erw. 1).

    2.  Befugnis des Anlegers zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 2).

    3.  Die in der Sache zuständige Verwaltungsbehörde des Bundes
muss auf das Begehren eines Privaten um Erlass einer Leistungs- oder
Gestaltungsverfügung eintreten, wenn der Gesuchsteller ein schutzwürdiges
Interesse an der beantragten Verfügung hat (Erw. 3).

    4.  Dieser Grundsatz gilt auch für die Eidg. Bankenkommission als
Aufsichtsbehörde über die Anlagefonds. Rückweisung an sie zur Beurteilung
des Begehrens des Beschwerdeführers um Abberufung des von ihr ernannten
Sachwalters (Erw. 4). Abweisung der Beschwerde, soweit sie das Begehren des
Beschwerdeführers um Veranlassung eines Strafverfahrens betrifft (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Im Jahre 1960 gründeten die X. AG als Fondsleitung und
die Treuhandgesellschaft Y. als Treuhänderin den Immobilien- und
Wertschriften-Anlagefonds Z. Die X. AG wird von A. beherrscht. Dieser
verfügt über sämtliche Aktien der B. AG, welche Inhaberin von
Anteilscheinen des Fonds Z. ist.

    Auf den 1. Februar 1967, den Zeitpunkt des Inkrafttretens des BG
über die Anlagefonds vom 1. Juli 1966 (AFG), meldeten sich die X. AG
als Fondsleitung und die Treuhandgesellschaft Y. als Depotbank bei der
Eidg. Bankenkommission an, wodurch sie die Bewilligung zur Weiterführung
der Geschäfte gemäss Art. 53 Abs. 3 AFG erwarben.

    Am 29. Mai 1967 beschlossen die beiden Gesellschaften, den Anlagefonds
Z. aufzulösen.

    In der Folge gelangte die Bankenkommission zum Schluss, dass die
X. AG bei der Leitung des Fonds ihre gesetzlichen und vertraglichen
Pflichten grob verletzt habe. Sie entzog ihr daher am 26. September
1969 die Bewilligung zur Führung der Geschäfte von Anlagefonds und
ernannte an ihrer Stelle für den in Liquidation stehenden Fonds Z. die
Treuhandgesellschaft C. als Sachwalter. Eine von der X. AG gegen diese
Verfügung erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wurde vom Bundesgericht
am 25. September 1970 abgewiesen (BGE 96 I 474).

    Der Sachwalter ersetzte die bisherige Revisionsstelle der Fondsleitung
durch die Revisionsgesellschaft D.

    B.- Die B. AG stellte in einer Eingabe vom 11. März 1971 an die
Bankenkommission das Begehren, der Revisionsgesellschaft D. sei die
Bewilligung zur Tätigkeit als Revisionsstelle des Fonds Z. mit sofortiger
Wirkung zu entziehen. Sie machte geltend, die Treuhandgesellschaft C. sei
an der Revisionsgesellschaft D. massgebend beteiligt, weshalb dieser die
erforderliche Unabhängigkeit fehle.

    In einer weiteren Eingabe vom 30. März 1971 beantragte die B. AG der
Bankenkommission, der Treuhandgesellschaft C. die Bewilligung zur Tätigkeit
als Sachwalter für den Fonds Z. mit sofortiger Wirkung zu entziehen und die
Durchführung eines Strafverfahrens gegen die verantwortlichen Funktionäre
dieser Gesellschaft zu veranlassen. Zur Begründung wurde vorgebracht, die
Sachwalterin habe ihre Pflichten grob verletzt. Es wurde ihr vorgeworfen,
sie habe die Interessen der Anleger vernachlässigt, indem sie ein zum Fonds
gehörendes Grundstück in der Bundesrepublik Deutschland zu ungünstigen
Bedingungen verkauft und Gelegenheiten für eine vorteilhafte Liquidation
von Immobilienwerten des Fonds in Frankreich verpasst habe. Ferner
wurde darauf hingewiesen, dass sie ihren ersten Rechenschaftsbericht
nicht wahrheitsgetreu abgefasst und nicht rechtzeitig erstattet habe,
was strafbar sei. Gerügt wurde auch, dass sie eine von ihr abhängige
Revisionsstelle beigezogen habe.

    Die Bankenkommission verfügte am 26. April 1971, dass sie auf die
Begehren der B. AG nicht eintrete. Sie nahm unter Berufung auf die
Botschaft des Bundesrates zum AFG (BBl 1965 III 312) und auf BGE 93 I
655 an, der Anleger habe ihr gegenüber keine Parteirechte. Die Eingaben
der B. AG qualifizierten sich als blosse Aufsichtsbeschwerde im Sinne des
Art. 71 des BG über das Verwaltungsverfahren (VwG). Die Aufsichtsbehörde
sei nicht verpflichtet, den Anleger darüber zu informieren, welche Folge
sie seiner Anzeige geben wolle. Die B. AG könne sich an den Zivilrichter
wenden (Art. 25 Abs. 1 AFG), und sie könne auch selber Strafanzeige
erstatten.

    C.- Gegen diesen Entscheid erhob die B. AG
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den folgenden Anträgen:

    "1.- Die angefochtene Verfügung der Eidg. Bankenkommission sei
aufzuheben.

    2. Es sei der Treuhandgesellschaft C. die Bewilligung zur
Geschäftstätigkeit als Sachwalterin bzw. Fondsleitung des Fonds Z. mit
sofortiger Wirkung zu entziehen.

    3. Es sei gegen die verantwortlichen Funktionäre der
Treuhandgesellschaft C. die Durchführung eines Strafverfahrens
zu veranlassen mit Bezug auf die in der Eingabe der B. AG an die
Eidg. Bankenkommission vom 30. März 1971 umschriebenen Tatbestände.

    4. Es sei der Revisionsgesellschaft D. die Bewilligung als
Revisionsstelle des Fonds Z. mit sofortiger Wirkung zu entziehen.

    5. Eventuell sei die Angelegenheit an die Eidg. Bankenkommission
zurückzuweisen mit der Weisung, die Anträge der B. AG in deren Eingaben an
die Eidg. Bankenkommission vom 11. März und vom 30. März 1971 materiell
zu behandeln und der B. AG in diesem Verfahren die vollen Parteirechte
nach dem Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren einzuräumen."

    Die Beschwerdeführerin berief sich auf ein ihr von Professor F. Gygi,
Bern, erstattetes Rechtsgutachten.

    D.- Die Treuhandgesellschaft C. beantragte für den Fall, dass auf
die Beschwerde eingetreten und das Beschwerdebegehren 1 gutgeheissen
würde, die Abweisung der Beschwerdebegehren 2-4. Sie erwähnte, dass die
zuständige Behörde gegen ihre verantwortlichen Funktionäre auf Anzeige
der B. AG vom 1. Juni 1971 hin eine Strafuntersuchung eingeleitet habe.

    E.- Die Bankenkommission beantragte, auf die Beschwerde sei nicht
einzutreten, falls angenommen werde, dass keine beschwerdefähige Verfügung
vorliege; eventuell sei die Beschwerde abzuweisen.

    F.- Am 23. August 1971 verfügte die Bankenkommission, dass
die Revisionsgesellschaft D. ihr Mandat als Revisionsstelle des
Fonds Z. niederzulegen habe, da ein Mitglied des Verwaltungsrates
dieser Gesellschaft auch dem Verwaltungsrat der Treuhandgesellschaft
C. angehöre. Die Revisionsgesellschaft D. kam der Aufforderung nach.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Es ist nicht bestritten, dass die B. AG einer der am Anlagefonds Z.
beteiligten Anleger ist. In dieser Eigenschaft hat sie der Bankenkommission
in Eingaben vom 11. und 30. März 1971 beantragt, der Revisionsgesellschaft
D. die Bewilligung zur Tätigkeit als Revisionsstelle für den Fonds Z. zu
entziehen, die Treuhandgesellschaft C. als Sachwalter für die Leitung
desselben Fonds abzuberufen und gegen die verantwortlichen Funktionäre
dieser Gesellschaft Strafanzeige zu erstatten. Die Bankenkommission
hat am 26. April 1971 "verfügt", dass sie auf diese Begehren nicht
eintrete, weil sie angenommen hat, der Anleger habe kein Recht darauf,
dass die Aufsichtsbehörde über die Anlagefonds solche von ihm gestellte
Anträge materiell prüfe und in einem ihm zu eröffnenden Sachentscheid
beurteile. Damit hat sie eine Verfügung im Sinne von Art. 5 Abs. 1
lit. b und c VwG getroffen, nämlich eine Anordnung in einem Einzelfall,
die sich auf öffentliches Recht des Bundes (aus dem AFG und dem VwG
abgeleitete Grundsätze) stützt und die "Feststellung des Nichtbestehens
von Rechten" (der Anleger) sowie das "Nichteintreten auf Begehren
um Aufhebung von Rechten und Pflichten" (des von der Aufsichtsbehörde
eingesetzten Sachwalters und der von diesem beigezogenen Revisionsstelle)
zum Gegenstand hat. Nach Art. 97 Abs. 1 OG beurteilt das Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne des Art. 5 VwG.
Geht eine solche Verfügung - wie der hier angefochtene Entscheid der
Bankenkommission - von einer eidgenössischen Kommission im Sinne von
Art. 98 lit. f OG aus, so kann sie nach dieser Bestimmung unmittelbar mit
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden,
wenn das Bundesrecht das vorsieht. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt;
denn Art. 47 AFG bestimmt, dass gegen die Entscheidungen und Verfügungen
der Aufsichtsbehörde über die Anlagefonds die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
an das Bundesgericht zulässig ist. Es liegt keiner der Fälle vor, in
denen dieses Rechtsmittel nach Art. 99-102 OG ausgeschlossen ist. Die
Verfügung der Bankenkommission vom 26. April 1971 unterlag demnach der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht.

    Indessen ist die erhobene Beschwerde insoweit gegenstandslos geworden,
als sie sich gegen den Beschluss der Bankenkommission richtet, auf
das Begehren der Beschwerdeführerin um Absetzung der vom Sachwalter
eingesetzten Revisionsstelle - Revisionsgesellschaft D. - nicht
einzutreten; denn die Bankenkommission hat am 23. August 1971 verfügt,
dass die genannte Revisionsgesellschaft das ihr vom Sachwalter erteilte
Mandat niederzulegen habe.

    Soweit die Verfügung vom 26. April 1971 die Begehren der
Beschwerdeführerin um Abberufung des Sachwalters und um Einreichung einer
Strafanzeige gegen die für dessen Geschäftsführung verantwortlichen
Personen betrifft, ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht
gegenstandslos geworden und ist darauf einzutreten, wenn die B. AG in
diesen Punkten die Beschwerdelegitimation besitzt.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 103 lit. a OG ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde
berechtigt, wer durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein
schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Die
B. AG ist durch den Beschluss der Bankenkommission, auf ihre Begehren
um Abberufung des Sachwalters und um Einreichung einer Strafanzeige
nicht einzutreten, offensichtlich berührt. Als Anlegerin ist sie auch
daran interessiert, dass dieser Beschluss aufgehoben und auf jene
Begehren eingetreten wird. Art. 103 lit. a OG verlangt nicht, dass
der Beschwerdeführer ein Interesse habe, das durch das in Betracht
kommende materielle Recht geschützt ist. Das Interesse kann auch
bloss tatsächlicher Art sein, doch muss es auf jeden Fall schutzwürdig
sein, d.h. im Beschwerdeverfahren berücksichtigt zu werden verdienen
(BGE 97 I 593). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die rechtliche
oder tatsächliche Stellung des Beschwerdeführers durch den Ausgang des
Beschwerdeverfahrens unmittelbar beeinflusst werden kann (GRISEL, Droit
administratif suisse, S. 478 f., 504; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und
Verwaltungsverfahren im Bund, S. 107 f.). So verhält es sich hier. Die
B. AG wahrt mit der Beschwerde in den noch strittigen Punkten ein eigenes,
unmittelbares und daher im Sinne von Art. 103 lit. a OG schutzwürdiges
Interesse.

Erwägung 3

    3.- Nach Art. 25 Abs. 2 VwG hat die in der Sache zuständige Behörde
einem Begehren um Erlass einer Feststellungsverfügung über den Bestand, den
Nichtbestand oder den Umfang öffentlichrechtlicher Rechte oder Pflichten zu
entsprechen, wenn der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse nachweist.
Dagegen sagt das Verwaltungsverfahrensgesetz nicht ausdrücklich, dass die
Behörde auch auf ein Begehren um Durchführung eines auf den Erlass einer
Leistungs- oder Gestaltungsverfügung gerichteten Verfahrens immer dann
einzutreten habe, wenn ein schutzwürdiges Interesse des Antragstellers
anzunehmen ist. Wie es sich damit verhält, ist durch Auslegung des
Gesetzes abzuklären.

    Art. 5 VwG umschreibt den Begriff der Verfügung. Darunter fallen
nach Abs. 1 Anordnungen, die zum Gegenstand haben: a) Begründung, Änderung
oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten; b) Feststellung des Bestehens,
Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten; c) Abweisung von
Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten
oder Pflichten, oder Nichteintreten auf solche Begehren. Verfügungen
aller dieser Arten können gegebenenfalls durch Verwaltungsbeschwerde
oder Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden. Zur einen wie
zur anderen Beschwerde ist u.a. berechtigt, wer durch die angefochtene
Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung
oder Änderung hat (Art. 48 lit. a VwG, Art. 103 lit. a OG). Die zur
Beschwerdeführung befugte Person ist auch Partei in dem der Verfügung
vorausgehenden Verfahren (Art. 6 VwG). Art. 48 lit. a VwG, Art. 103 lit. a
OG und Art. 6 VwG hängen nicht nur miteinander, sondern auch mit Art. 25
Abs. 2 VwG eng zusammen. In Art. 6 wie in Art. 25 Abs. 2 VwG ist von der
Stellung des Privaten im Verwaltungsverfahren die Rede, und die zweite
Bestimmung stellt wie Art. 48 lit. a VwG und Art. 103 lit. a OG darauf
ab, ob der Private ein schutzwürdiges Interesse hat. Art. 6 und Art. 48
lit. a VwG sowie Art. 103 lit. a OG beziehen sich aber auf Verfügungen
aller in Art. 5 VwG genannten Arten, insbesondere auch auf Leistungs-
und Gestaltungsverfügungen. Angesichts dieser Zusammenhänge drängt sich
die Annahme auf, dass die in der Sache zuständige Verwaltungsbehörde
entsprechend dem in Art. 25 Abs. 2 VwG für Feststellungsverfügungen
aufgestellten Grundsatz auch auf das von einem Privaten gestellte
Begehren um Durchführung eines auf den Erlass einer Leistungs- oder
Gestaltungsverfügung gerichteten Verfahrens eintreten muss, wenn der
Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse an der beantragten Verfügung
nachweist.

    Diese Auslegung wird durch Art. 5 Abs. 1 lit. c und Art. 13 VwG
bestätigt. Nach Art. 5 Abs. 1 lit. c gilt als Verfügung auch der Beschluss
einer Behörde, auf ein Begehren um Begründung, Änderung, Aufhebung oder
Feststellung von Rechten oder Pflichten nicht einzutreten. Eine solche
Verfügung kann vom Gesuchsteller gegebenenfalls mit Beschwerde angefochten
werden, wenn er ein schutzwürdiges Interesse an ihrer Aufhebung oder
Änderung hat. Diese Ordnung setzt voraus, dass die Verwaltungsbehörde auch
auf das Begehren eines hinlänglich interessierten Privaten um Durchführung
eines Verfahrens, das zu einer Leistungs- oder Gestaltungsverfügung führen
soll, einzutreten hat. Art. 13 VwG setzt dies ebenfalls voraus; denn dort
ist von "einem Verfahren" (nicht nur von einem Feststellungsverfahren),
das eine Partei durch ihr Begehren einleitet, die Rede und wird bestimmt,
dass die Behörde auf ein solches Begehren "nicht einzutreten braucht",
wenn der Gesuchsteller die notwendige und zumutbare Mitwirkung an der
Feststellung des Sachverhaltes verweigert.

    Das Fehlen einer dem Art. 25 Abs. 2 VwG entsprechenden ausdrücklichen
Bestimmung für Leistungs- und Gestaltungsverfügungen mag darauf
zurückzuführen sein, dass der Gesetzgeber angenommen hat, ein genügendes
Interesse des eine solche Verfügung beantragenden Gesuchstellers liege
in der Regel auf der Hand (vgl. Gygi aaO S. 100).

    Der dargelegten Auslegung steht Art. 71 VwG nicht entgegen. Dort
wird bestimmt, dass jedermann jederzeit Tatsachen, die im öffentlichen
Interesse ein Einschreiten gegen eine Behörde von Amtes wegen erfordern,
der Aufsichtsbehörde anzeigen kann, und dass der Anzeiger nicht die
Rechte einer Partei hat. Die in dieser Bestimmung vorgesehene Anzeige, im
Randtitel "Aufsichtsbeschwerde" genannt, ist ein subsidiärer Rechtsbehelf
für Personen, die nicht legitimiert sind (oder trotz Legitimation davon
absehen), Begehren zu stellen, auf welche die Behörde (gegebenenfalls
auch eine Aufsichtsbehörde) eintreten muss. Solche Begehren können aber
auch den Erlass einer Leistungs- oder Gestaltungsverfügung zum Gegenstand
haben, wie sich aus dem System der geltenden gesetzlichen Ordnung des
Verwaltungsverfahrens und der Verwaltungsgerichtsbarkeit im Bund ergibt.

Erwägung 4

    4.- Gemäss Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d VwG ist dieses Gesetz auch
massgebend für das Verfahren in Verwaltungssachen, die durch Verfügungen
eidgenössischer Kommissionen zu erledigen sind. Die Eidg. Bankenkommission
ist eine solche Behörde. Sie hat sich daher an die Grundsätze, die sich
aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz ergeben, insbesondere auch insoweit
zu halten, als sie Verfügungen in Anwendung des Anlagefondsgesetzes zu
treffen hat.

    Sie hatte am 26. September 1969 gestützt auf Art. 44/45 AFG der X. AG
die Bewilligung zur Leitung von Anlagefonds entzogen und an ihrer Stelle
für den Fonds Z. die Treuhandgesellschaft C. als Sachwalter ernannt. Die
B. AG hat in ihrer Eingabe vom 30. März 1971 der Bankenkommission
beantragt, die Treuhandgesellschaft C. als Sachwalter für diesen Fonds
abzuberufen. Auf dieses unzweideutige, einlässlich begründete Begehren
hätte die Bankenkommission eintreten müssen, wenn sie in der Sache
zuständig ist und die Gesuchstellerin ein schutzwürdiges Interesse an
der beantragten Massnahme hat. Beide Voraussetzungen sind erfüllt.

    Wenn sich zeigt, dass ein von der Bankenkommission für die
geschäftsunfähige Fondsleitung ernannter Sachwalter nicht fähig ist,
seine Obliegenheiten in gehöriger Weise zu erfüllen, oder wenn er seine
Pflichten grob verletzt, muss er abberufen werden können, obwohl weder das
Anlagefondsgesetz noch die zugehörige Vollziehungsverordnung (AFV) darüber
etwas bestimmt. Zuständig für die Abberufung kann nur die Bankenkommission
sein, welche den Sachwalter ernannt hat und unter deren Aufsicht er steht
(Art. 43 AFV).

    Die B. AG hat das Begehren um Abberufung des Sachwalters in ihrer
Eigenschaft als Inhaberin von Anteilscheinen des Fonds Z. gestellt. Es
ist - wie erwähnt - nicht bestritten, dass sie diese Stellung hat. Als
Anlegerin hat sie aber offensichtlich ein eigenes, unmittelbares und
daher schutzwürdiges Interesse an der beantragten Abberufung. In der
Tat kann der Anleger durch diese Massnahme wirksam dagegen geschützt
werden, dass seine Interessen durch mangelhafte Geschäftsführung des
Sachwalters beeinträchtigt werden. Wohl kann der Anleger gegen die mit
der Sachwalterschaft betrauten Personen nach Art. 25 Abs. 1 AFG Klage
auf Schadenersatz erheben, doch ist der Zivilrichter nicht zuständig,
den Sachwalter abzuberufen.

    Die Bankenkommission betrachtet die Eingabe der B. AG vom 30. März 1971
zu Unrecht als blosse Anzeige im Sinne des Art 71 VwG. Diese Bestimmung
betrifft die Aufsicht einer oberen Behörde über die Amtsführung einer ihr
unterstellten Behörde. Die Bankenkommission wird allerdings in Art. 40 ff.
AFG als Aufsichtsbehörde bezeichnet, doch beaufsichtigt sie auf Grund
dieses Gesetzes nicht Behörden, sondern die Fondsleitungen und die
Depotbanken, die an deren Stelle eingesetzten Sachwalter und auch die
Revisionsstellen. Freilich ist es nicht ausgeschlossen, dass Art. 71 VwG
in gewissen Fällen auf Mitteilungen von Anlegern an die Aufsichtsbehörde
sinngemäss anwendbar sein könnte. Aber nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz
muss die Bankenkommission auf die Eingabe eines Anlegers jedenfalls dann
eintreten, wenn damit der Erlass einer in ihren Zuständigkeitsbereich
fallenden Verfügung beantragt wird und der Antragsteller ein schutzwürdiges
Interesse an der von ihm verlangten Massnahme hat.

    Vergeblich beruft die Bankenkommission sich auf Ausführungen über
ihr Verhältnis zu den Anlegern in der Botschaft des Bundesrates zum AFG
(BBl 1965 III 312) und in BGE 93 I 655. Ob diese Ausführungen den weiten
Sinn haben, den die Kommission ihnen beilegt, braucht hier nicht geprüft
zu werden. Wäre die Frage zu bejahen, so wäre damit für den Standpunkt
der Bankenkommission nichts gewonnen. Jene Ausführungen betreffen die
Rechtslage vor dem Inkrafttreten des Verwaltungsverfahrensgesetzes und
der revidierten Art. 97 ff. OG. Im vorliegenden Fall findet aber diese
neue Ordnung Anwendung. Aus ihr ergibt sich, dass die Bankenkommission
auf das Begehren der Beschwerdeführerin um Abberufung des für den Fonds
Z. an Stelle der geschäftsunfähigen Fondsleitung eingesetzten Sachwalters
hätte eintreten müssen.

    Der Beschluss der Vorinstanz, auf dieses Begehren nicht einzutreten,
ist daher aufzuheben. Es ist zunächst an ihr, einen Sachentscheid darüber
zu fällen, weshalb die Angelegenheit an sie zurückzuweisen ist.

Erwägung 5

    5.- Die B. AG hat der Bankenkommission in der Eingabe vom 30. März
1971 auch beantragt, gemäss Art. 43 Abs. 3 AFG Strafanzeige gegen
die verantwortlichen Funktionäre der Treuhandgesellschaft C. zu
erstatten. Nach dieser Bestimmung kann die Aufsichtsbehörde von der
zuständigen kantonalen Behörde die Durchführung eines Strafverfahrens
verlangen, wenn sie Kenntnis von einer mit Strafe bedrohten Handlung
erhält. Das ist eine der "Massnahmen", welche die Aufsichtsbehörde nach
Art. 43 ff. AFG treffen kann. Ob diese Massnahme den Charakter einer
Verfügung im Sinne des Art. 5 VwG habe, ist indessen zweifelhaft, kann
aber offen gelassen werden. Auf jeden Fall erscheint das Interesse des
Anlegers daran, dass sie getroffen wird, nicht als schutzwürdig. Denn der
Anleger ist nicht darauf angewiesen, dass die Bankenkommission Strafanzeige
erstattet, da er dies selbst tun kann. Die B. AG hat denn auch im Sommer
1971 selber die Einleitung eines Strafverfahrens gegen die verantwortlichen
Funktionäre der Treuhandgesellschaft C. veranlasst. Der Beschluss der
Bankenkommission, auf das Begehren der Beschwerdeführerin um Einreichung
einer Strafanzeige nicht einzutreten, ist somit nicht zu beanstanden.

Entscheid:

                  Demnach erkennt das Bundesgericht:

    1.- Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen; der angefochtene
Entscheid wird, soweit er das Begehren der Beschwerdeführerin um Abberufung
der Sachwalterin betrifft, aufgehoben und die Sache zur Beurteilung dieses
Begehrens an die Eidg. Bankenkommission zurückgewiesen.

    2.- Im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit sie nicht
gegenstandslos geworden ist.