Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 IB 325



98 Ib 325

47. Urteil vom 28. April 1972 i.S. X. AG gegen Wehrsteuerrekurskommission
des Kantons Glarus. Regeste

    Wehrsteuer vom Reinertrag der Aktiengesellschaft: Berechnung nach dem
Ergebnis des ersten Geschäftsjahres (Art. 58 Abs. 4 und 5 WStB). Begriff
des Geschäftsjahres.

Sachverhalt

    A.- Die X. AG wurde am 10. Dezember 1964 gegründet und am folgenden
Tag in das Handelsregister eingetragen. Sie übte im Jahre 1964 noch keine
Geschäftstätigkeit aus, erstellte aber auf den 31. Dezember 1964 eine
"Schlussbilanz", in welcher Bankguthaben im Betrag von Fr. 293'800.--
und die aktivierten Gründungskosten von Fr. 6'200.-- dem Aktienkapital
von Fr. 300'000.-- gegenüberstehen. Obwohl nach den Statuten das erste
"Geschäftsjahr" bereits am 31. Dezember 1964 abgelaufen war, bezog sich
der erste Geschäftsbericht des Verwaltungsrates auf die ganze Zeit vom
11. Dezember 1964 bis zum 31. Dezember 1965. Auf dieses Datum wurde auch
die erste Gewinn- und Verlustrechnung abgeschlossen. Sie weist einen
Gewinn von Fr. 32'860.30 aus.

    In der Steuererklärung für die Wehrsteuer der 13. Periode (Steuerjahre
1965/66) stellte die Gesellschaft auf das Ergebnis des Zeitraums vom
11. bis zum 31. Dezember 1964 ab; sie deklarierte einen Verlust von
Fr. 6'200.-- (Gründungskosten). Die kantonale Wehrsteuerverwaltung
betrachtete im Einspracheverfahren als massgebliches erstes Geschäftsjahr
den Zeitraum vom 11. Dezember 1964 bis zum 31. Dezember 1965; sie rechnete
dessen Ergebnis, den Gewinn von Fr. 32'860.30, auf 360 Tage um, so dass
sich ein steuerbarer Reinertrag von Fr. 31'000.-- ergab. Die Beschwerde der
Steuerpflichtigen gegen den Einspracheentscheid wurde von der kantonalen
Rekurskommission am 10. Februar 1971 abgewiesen.

    B.- Gegen den Entscheid der Rekurskommission erhebt die
Pflichtige Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt, die kantonale
Wehrsteuerverwaltung sei anzuweisen, auf die Besteuerung eines Reinertrags
für die 13. Wehrsteuerperiode zu verzichten; eventuell sei "das Ergebnis
des Geschäftsjahres 1964 nur bei der Berechnung der Steuer für das Jahr
1965 anzuwenden".

    Es wird geltend gemacht, nach Art. 58 Abs. 4 und 5 WStB sei auf
das Ergebnis des ersten Geschäftsjahres abzustellen, auch wenn dieses
nur kurze Zeit gedauert habe. Hier müsse als erstes Geschäftsjahr nach
den Statuten der Zeitraum vom 11. bis zum 31. Dezember 1964 betrachtet
werden. Weil damals kein Ertrag erzielt worden sei, könne somit für die
13. Periode auch kein solcher besteuert werden. Die Berechnungsweise der
kantonalen Behörden würde dazu führen, dass der im Jahre 1965 gewonnene
Ertrag mehrmals versteuert werden müsste. Hätte die Gesellschaft im Jahre
1964 einen hohen Gewinn erzielt, so hätte der Fiskus sich nicht gescheut,
diesen - unter Umrechnung auf ein ganzes Jahr - als Grundlage für die
Bemessung der Ertragssteuer der 13. Periode zu verwenden.

    C.- Die kantonalen Behörden und die Eidg.  Steuerverwaltung beantragen
Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Wehrsteuer vom Reinertrag der Aktiengesellschaft wird in
der Regel nach dem durchschnittlichen Ergebnis der zwei Geschäftsjahre
bemessen, die mit den beiden der Veranlagungsperiode vorangegangenen, die
Berechnungsperiode bildenden Kalenderjahren zusammenfallen oder in der
Berechnungsperiode vor Ablauf dieser Kalenderjahre abgeschlossen worden
sind (Art. 58 Abs. 1-3 WStB). In Abweichung von dieser Berechnungsweise
wird der Veranlagung das Ergebnis des ersten Geschäftsjahres zugrunde
gelegt: a) bei Neugründungen während eines Steuerjahres; b) wenn bei Beginn
der Veranlagungsperiode erst ein Geschäftsjahr abgelaufen ist oder wenn das
erste Geschäftsjahr erst im Laufe der Veranlagungsperiode abgeschlossen
wird (Art. 58 Abs. 4 lit. a und b WStB). Ist das erste Geschäftsjahr
länger oder kürzer als ein Kalenderjahr, so wird der Reinertrag auf ein
Kalenderjahr umgerechnet (Art. 58 Abs. 5 WStB).

    Es ist nicht bestritten, dass im vorliegenden Fall Art. 58 Abs. 4
lit. b WStB anwendbar ist. Der Streit geht darum, welcher Zeitraum hier als
erstes Geschäftsjahr im Sinne von Art. 58 Abs. 4 und 5 WStB anzusehen ist.

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerin beruft sich für ihre Auffassung, dass
der Zeitraum vom 11. bis zum 31. Dezember 1964 massgebend sei, auf ihre
Statuten. Zu Unrecht. Ob eine bestimmte Zeitspanne unter den gesetzlichen
Begriff des Geschäftsjahres falle oder nicht, beurteilt sich nach Wortlaut
und Sinn des Gesetzes, nicht nach dem Willen des Steuerpflichtigen.

    Der WStB enthält keine ausdrückliche Bestimmung über die Mindest- und
Höchstdauer eines Geschäftsjahres; seinem Wortlaut lässt sich lediglich
entnehmen, dass ein Geschäftsjahr auch länger oder kürzer als ein
Kalenderjahr sein kann (Art. 58 Abs. 5). Es ist daher auf die ratio legis
abzustellen. Art. 58 WStB soll allgemein eine gerechte und gleichmässige
Besteuerung der Pflichtigen ermöglichen (vgl. BGE 84 I 243, 94 I
147). Dieser Zweck wird nur erreicht, wenn der Begriff des Geschäftsjahres
in einem Sinn verstanden wird, der mit der Umgangssprache einigermassen
im Einklang steht und namentlich auch den wirtschaftlichen Gegebenheiten
Rechnung trägt, die bei der Ordnung der Besteuerung im allgemeinen und
der Besteuerung von erstmals der Steuerpflicht unterworfenen Personen
im besonderen ins Gewicht fallen. Als Geschäftsjahr kann demnach nur
ein Zeitraum anerkannt werden, der für die Abschätzung des Ertrages
unter normalen Verhältnissen taugliche Anhaltspunkte zu liefern vermag
(vgl. auch KÄNZIG, N. 10, und MASSHARDT, N. 3 zu Art. 58 WStB). Er
kann je nach der Art der wirtschaftlichen Betätigung des Pflichtigen
kürzer oder länger sein. Es ist darauf Bedacht zu nehmen, wie sich die
Geschäftsvorgänge nach Zahl und Gewicht auf das Jahr zu verteilen pflegen:
Für einen Milchladen mag schon eine sehr kurze Zeit zuverlässige Schlüsse
über den Ertrag erlauben; dagegen wird für eine Gesellschaft, die sich,
wie die Beschwerdeführerin, mit internationalen Finanzgeschäften befasst,
aus einem "Geschäftsjahr" von nur wenigen Wochen Dauer kein Rückschluss
auf die steuerliche Leistungsfähigkeit möglich sein. Es hat daher seine
guten Gründe, dass Art. 58 WStB den Begriff des Geschäftsjahres nicht
näher umschreibt.

Erwägung 3

    3.- Im vorliegenden Fall kann nicht schon der Zeitraum vom 11. bis
zum 31. Dezember 1964 als erstes Geschäftsjahr im Sinne der Abs. 4 und
5 des Art. 58 WStB angesehen werden. Die Beschwerdeführerin gibt selbst
zu, dass sie in diesen drei Wochen, die zudem noch durch eine Häufung von
Feiertagen gekennzeichnet sind, keinerlei Geschäftstätigkeit entwickelt
hat. Ihre Leitung hat es auch nicht für nötig befunden, schon für dieses
"Geschäftsjahr" eine Gewinn- und Verlustrechnung aufzustellen und einen
Geschäftsbericht herauszugeben. Auf Ende 1964 ist noch nicht einmal die
geringste Abschreibung auf den aktivierten Gründungskosten vorgenommen
worden (vgl. Art. 664 OR). Hat somit die Beschwerdeführerin selbst die
fragliche Zeitspanne nicht wie ein Geschäftsjahr behandelt, kann sie auch
nicht verlangen, dass der Fiskus dies tue.

    Sie hat erst auf Ende 1965 eine Gewinn- und Verlustrechnung erstellt,
und der erste Geschäftsbericht bezieht sich auf die ganze seit der
Eintragung in das Handelsregister bis dahin verflossene Zeit. Unter diesen
Umständen ist nicht zu beanstanden, dass die kantonalen Behörden als erstes
Geschäftsjahr den Zeitraum vom 11. Dezember 1964 bis zum 31. Dezember 1965
betrachtet haben. Die Umrechnung des damals von der Beschwerdeführerin
nach ihren Angaben erzielten Gewinns auf ein Jahr (Art. 58 Abs. 5 WStB)
ergibt den von der Veranlagungsbehörde ermittelten steuerbaren Reinertrag
von Fr. 31'000.--.

Erwägung 4

    4.- Allerdings wird das Ergebnis des Jahres 1965 mehr als einmal
von der Wehrsteuer auf dem Ertrag erfasst, nämlich zunächst bei der
Veranlagung für die 13. Periode und sodann - zusammen mit dem Ergebnis
des Jahres 1966 - bei der Einschätzung für die 14. Periode. Das ist
aber die notwendige Folge der gesetzlichen Ordnung und daher hinzunehmen
(BGE 84 I 243, 94 I 148). Würde das Hauptbegehren der Beschwerdeführerin
gutgeheissen, so bliebe sie entgegen dieser Ordnung in der 13. Periode,
trotz ihren damaligen ansehnlichen Gewinnen, ertragssteuerfrei.

    Das von der Beschwerdeführerin gestellte Eventualbegehren, dass
"das Ergebnis des Geschäftsjahres 1964 nur bei der Berechnung der
Steuer für das Jahr 1965 anzuwenden" sei, ist ebenfalls unbegründet. Die
Beschwerdeführerin übersieht, dass die Wehrsteuer - von hier nicht in
Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - auf derselben Berechnungsgrundlage
für je zwei Jahre, welche die Veranlagungsperiode bilden, festgesetzt wird
(Art. 7 WStB).

    Der Beschwerdeführerin hilft auch der Einwand nicht, dass der Zeitraum
vom 11. bis zum 31. Dezember 1964 ohne weiteres als Geschäftsjahr anerkannt
worden wäre, wenn sie damals einen Gewinn erzielt hätte. Ob sie sich in
einem solchen Fall mit Aussicht auf Erfolg hätte wehren können, ist hier
nicht zu erörtern. Entscheidend ist, dass sie in jenem Zeitraum noch gar
keine Geschäftstätigkeit entfaltet hat, dass sie ihn deshalb selber nicht
wie ein Geschäftsjahr behandelt hat und dass er dementsprechend auch von
der Steuerbehörde nicht als solches betrachtet werden kann.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.