Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 IB 298



98 Ib 298

43. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. Dezember 1972
i.S. Coop Simplon gegen Eidg. Amt für das Handelsregister. Regeste

    Firmenbezeichnung, Bewilligung eines territorialen Zusatzes.

    1.  Art. 944 OR, Art. 45 und 46 HRegV. Wenn ein territorialer
Zusatz nach den Umständen weder täuschend noch reklamehaft wirkt, der
Firmeninhaber an dessen Verwendung vielmehr ein schutzwürdiges Interesse
hat, so darf die Bewilligung nicht verweigert werden (Erw. 1).

    2.  Anwendung dieser Regel auf einen Fall, in dem die Voraussetzungen
für die Bewilligung erfüllt sind (Erw. 2).

Sachverhalt

    A.- Die dem Genossenschaftsverband Coop Schweiz angehörende
Coop Simplon mit Sitz in Glis bezweckt unter anderem die Deckung des
Bedarfes ihrer Genossenschafter an Lebensmitteln, Gebrauchsgegenständen
und Verbrauchsgütern. Im Herbst 1969 fusionierte sie mit den
Coop-Tochtergenossenschaften von Brig und Visp (Jahresbericht der
Coop Schweiz 1969 S. 27) und im Frühjahr 1971 beschloss sie, ihre
Tätigkeit vom Gebiete der Gemeinden Glis, Brig und Visp auf das ganze
deutsche Sprachgebiet des Kantons Wallis auszudehnen und den Namen Coop
Oberwallis anzunehmen. Sie trachtete nach der Fusion mit den anderen dem
Coop Schweiz angehörenden Genossenschaften dieses Gebietes. Zum Teil
hatte sie Erfolg. Gewisse Genossenschaften lehnten dagegen die Fusion ab,
traten aus dem Coop Schweiz aus und gründeten den "Verband der Oberwalliser
Konsumvereine" mit Sitz in Naters.

    Am 25. Juli 1972 verweigerte das eidgenössische Amt für das
Handelsregister der Coop Simplon die Bewilligung zur Ersetzung des
Zusatzes "Simplon" durch "Oberwallis". Am gleichen Tage lehnte es auch das
Gesuch des neuen Verbandes um Bewilligung des Zusatzes "Oberwalliser"
ab. Es vertrat die Auffassung, die erwähnten Ausdrücke täuschten,
weil keiner der beiden Gesuchsteller im Oberwallis eine Monopolstellung
habe und von sich sagen könne, er sei die durch den Zusammenschluss der
Konsumgenossenschaften dieses Gebietes entstandene Organisation. Zudem
wären sie reklamehaft, weil sie eine nicht bestehende wirtschaftliche
Bedeutung geltend machten.

    B.- Die Coop Simplon führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie
beantragt, das eidgenössische Amt für das Handelsregister anzuweisen,
den Namen Coop Oberwallis einzutragen.

    Das Amt beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 46 in Verbindung mit Art. 45 HRegV darf ein
territorialer oder regionaler Zusatz als Bestandteil der Firma nur mit
Bewilligung des eidgenössichen Amtes in das Handelsregister eingetragen
werden. Diese sich auf Art. 944 Abs. 2 OR stützende Regelung will der
Gefahr von Täuschungen vorbeugen (Art. 944 Abs. 1 OR) und verhindern,
dass der Zusatz nur um der Reklame willen geführt werde. Wenn weder
das eine noch das andere zutrifft, der Inhaber der Firma vielmehr ein
schützenswertes Interesse an der territorialen oder regionalen Bezeichnung
hat, z.B. weil er sich durch diese von anderen mit ihm wirtschaftlich
eng verbundenen Gesellschaften oder Genossenschaften unterscheiden will,
darf die Bewilligung nicht verweigert werden (BGE 92 I 293 ff., 298 ff.,
305, 94 I 559 ff., 96 I 611). Der Auffassung des eidgenössischen Amtes,
der territoriale oder regionale Zusatz dürfe nur bewilligt werden,
wenn der Inhaber der Firma im betreffenden Gebiet praktisch eine
Monopolstellung habe, d.h. die repräsentative Organisation sei, ist nicht
beizupflichten. Wie aus den soeben erwähnten Entscheiden hervorgeht,
gibt es nationale, territoriale oder regionale Zusätze, die nicht den
Eindruck erwecken, der Inhaber der Firma sei die einzige oder wichtigste
Organisation des Geschäftszweiges im angegebenen Gebiet. Es besteht kein
sachlicher Grund, die Eintragung und Führung des Zusatzes wegen eines
Eindruckes zu verweigern, den er im betreffenden Fall nicht erweckt. Unter
solchen Umständen ist weder mit der Möglichkeit von Täuschungen zu rechnen,
noch wirkt der Zusatz reklamehaft.

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführerin will durch den Namen Coop Oberwallis
ausdrücken, dass sie dem Verband Coop Schweiz angehört und ihre
genossenschaftliche Tätigkeit auf das Oberwallis ausgedehnt hat. Der Name
unterscheidet sie zugleich von den anderen Genossenschaften, die diesem
Verbande angehören und die Bezeichnung Coop in Verbindung mit der Angabe
der von ihnen bedienten Region benützen, z.B. von den Genossenschaften
Coop Säntis, Coop Nord Vaudois, Coop Seeland, Coop Uri. Einen anderen
Zweck verfolgt sie mit dem Zusatz Oberwallis nicht.

    Einen anderen Sinn kann auch das Publikum ihrem Namen nicht entnehmen.
Sollte es, wie das eidgenössische Amt glaubt, auch ihre Läden einfach als
"Konsumläden" bezeichnen, ohne sie von denen der Mitglieder des "Verbandes
der Oberwalliser Konsumvereine" zu unterscheiden, so wäre das nicht dem
Zusatz Oberwallis im Namen der Beschwerdeführerin zuzuschreiben. Der
charakteristische Bestandteil Coop arbeitet solcher Gleichstellung
der Geschäfte mit denen der Konkurrenzgenossenschaften und -vereine
sogar deutlich entgegen. Der Name Coop Oberwallis macht nicht die
geringste Anspielung darauf, dass alle "Konsumläden" im Oberwallis,
besonders auch die von Mitgliedern des "Verbandes der Oberwalliser
Konsumvereine" geführten, der Beschwerdeführerin gehörten. Coop ist
nicht eine Sachbezeichnung für Läden von Genossenschaften, sondern ein
Individualzeichen, das in der Schweiz nur vom Coop Schweiz, von den
ihm angeschlossenen Genossenschaften und von den mit ihm wirtschaftlich
verbundenen Unternehmen und Organisationen benützt wird. Das ist allgemein
bekannt.

    Es kann auch nicht davon die Rede sein, dass der neue Name der
Beschwerdeführerin vortäusche, diese besitze im Oberwallis eine
Monopolstellung. Eher könnte die Firma Verband der Oberwalliser
Konsumvereine aufeine Monopolstellung dieses Verbandes auf dem Gebiete
des genossenschaftlich organisierten Absatzes von Konsumgütern schliessen
lassen. Wenn daraus Verwirrung entstehen sollte, wäre dafür ausschliesslich
dieser Verband, nicht die Beschwerdeführerin verantwortlich.

    Dass die Beschwerdeführerin ihre genossenschaftliche und geschäftliche
Tätigkeit, besonders durch Fusionen, über das Simplongebiet hinaus
auf das Oberwallis auszudehnen vermocht hat und sie dort weiterhin zu
erweitern versucht, ist unbestritten. Die Beschwerdeführerin behauptete
schon im Gesuch vom 12. April 1972, sie verfüge in dieser Region. über
mehr als die Hälfte der ehemaligen Coop-Läden. Das eidgenössische Amt
behaftet sie dabei. Es leitet daraus ab, dass die Zahl der Aussenseiter
nicht gering sei. Darauf kommt indessen nichts an. Es genügt, dass der
Beschwerdeführerin nicht vorgeworfen werden kann, sie erwecke durch das
Wort Oberwallis den Anschein, in der ganzen Region tätig zu sein, während
sie sich in Wirklichkeit nur in einem kleinen Teil derselben betätige.

    Der Name Coop Oberwallis wirkt unter diesen Umständen nicht nur nicht
täuschend, sondern auch nicht bloss reklamehaft. Die Beschwerdeführerin
hat ein schutzwürdiges Interesse, ihn zu führen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen, die Verfügung des
eidgenössischen Amtes für das Handelsregister vom 25. Juli 1972 aufgehoben
und der Beschwerdeführerin die Verwendung des Zusatzes Oberwallis in der
Firma Coop Oberwallis bewilligt.