Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 IB 280



98 Ib 280

40. Auszug aus dem Urteil vom 12. Juli 1972 i.S. Landolt gegen Gasverbund
Ostschweiz AG und Eidg. Verkehrs und Energiewirtschaftsdepartement
(EVED). Regeste

    Rohrleitungsanlagen (BG vom 4. Oktober 1963; RLG).

    Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen
Einspracheentscheide des EVED, die in Anwendung von Art. 21 ff. RLG
ergehen.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Beschwerde richtet sich gegen den Einspracheentscheid des EVED,
das das Begehren der Beschwerdeführerin, es sei die geplante Linienführung
der Rohrleitungsanlage ausserhalb ihrer Liegenschaft zu verlegen, abwies.

    Das Bundesgericht beurteilt nach Massgabe von Art. 97 Abs. 1 OG
letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne
von Art. 5 VwG; als solche gelten Anordnungen der Behörden im Einzelfall,
die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen. Der angefochtene
Entscheid zählt zu derartigen Verfügungen; er stützt sich auf öffentliches
Recht des Bundes.

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung eines
Departements des Bundes (Art. 98 lit. b OG) ist jedoch nur zulässig,
sofern der angefochtene Entscheid unter keine der in den Art. 99 bis
102 OG aufgezählten Ausnahmen fällt. Von diesen ist im vorliegenden
Fall einzig Art. 99 lit. c OG von Bedeutung. Darnach ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig gegen Verfügungen über Pläne,
soweit es sich nicht um Entscheide über Einsprachen gegen Enteignungen
oder Landumlegungen handelt. Wie sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung
ergibt, kann eine Verfügung über einen Plan demnach nur dann mit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden, wenn es sich um einen
Einspracheentscheid im Enteigungs- oder Landumlegungsverfahren handelt. Im
Unterschied zum Enteigungsgesetz (EntG) sieht nun das Bundesgesetz über
Rohrleitungsanlagen zur Beförderung flüssiger oder gasförmiger Brenn-
oder Treibstoffe vom 4. Oktober 1963 (RLG) zwei aufeinanderfolgende
Verfahren vor: das Plangenehmigungsverfahren (Art. 21 ff. RLG) und das
Enteignungsverfahren (Art. 26 RLG). Allfällige Einsprachen müssen innert
der Planauflagefrist von 30 Tagen im Plangenehmigungsverfahren erhoben
werden (Art. 22 RLG). Das Enteignungsverfahren beschränkt sich auf die
Behandlung der angemeldeten Forderungen; Einsprachen gegen die Enteigung
sowie Begehren, die eine Planänderung bezwecken, sind ausgeschlossen
(Art. 26 Abs. 2 RLG). Daraus erhellt, dass Rohrleitungsanlagen betreffende
Einspracheentscheide nicht im Enteignungsverfahren ergehen. Eine wörtlich
strenge Auslegung des Art. 99 lit. c OG müsste mithin dazu führen, dass
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen im Plangenehmigungsverfahren
ergangene Einspracheentscheide nicht zulässig wäre, weil es sich nicht
um "Entscheide über Einsprachen gegen Enteignungen" handelt. Eine
solche Auslegung entspricht aber dem Sinne und Zweck der Bestimmung
nicht. Es kann nämlich ernstlich keinen für die Zulässigkeit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ins Gewicht fallenden Unterschied darstellen,
ob die Einsprache gegen die Enteignung bzw. für eine Planänderung im
Plangenehmigungs- oder im Enteignungsverfahren erhoben werden muss; es wäre
denn auch unerklärlich, dass im einen Fall nicht, im andern Fall jedoch die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig sein sollte. Einspracheentscheide,
die in Anwendung von Art. 21 ff. RLG ergehen, sind mithinjenen "Entscheiden
über Einsprachen gegen Enteignungen" gleichzuachten, die, als Ausnahme von
der Ausnahme, nach Art. 99 lit. c mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
angefochten werden können. Eine derartige Auslegung der Bestimmung
erscheint überdies umso mehr gerechtfertigt, als sie bei der Anwendung
des analoge Probleme aufwerfenden Nationalstrassengesetzes anerkannt wird
(BGE 97 I 579).