Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 IB 266



98 Ib 266

37. Urteil vom 12. Juli 1972 i.S. Beauftragter für die Stabilisierung des
Baumarktes gegen Permac AG und Konsorten und Sachverständigengremium zur
Stabilisierung des Baumarktes der Region Bern. Regeste

    BB über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes vom 25. Juni 1971
(BauB); Ausführungssperre.

    Errichten mehrere Bauherren gemeinsam einen industriellen oder
gewerblichen Neubau, den sie unter sich im Stockwerkeigentum aufteilen,
so darf der Gesamtbau die in Art. 4 lit. c BauB angesetzte Volumen- und
Kostengrenze nicht überschreiten, es sei denn er diene der Rationalisierung
oder der Forschung.

Sachverhalt

    A.- Die Permac AG, Köniz, Alfred Boss, Muri, und die Brügger-von Tobel
& Cie AG, Bern, beabsichtigen, in Köniz ein "Gewerbehaus" zu erstellen und
dessen Geschosse in Stockwerkeigentum untereinander aufzuteilen. Namens
der drei Bauherren stellte Architekt Heinz Strub am 31. August 1971 drei
Gesuche um Befreiung von der Ausführungssperre gemäss BB über Massnahmen
zur Stabilisierung des Baumarktes vom 25. Juni 1971 (BauB). Er machte
geltend, das geplante Gebäude umfasse zwar insgesamt 27'910 m3 und komme
auf über 4 Mio Franken zu stehen. Unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 lit. c
BauB seien aber die Anteile der drei Gesuchtsteller am Raumprogramm und an
den Erstellungskosten voneinander getrennt zu betrachten. Keiner von ihnen
erreiche für sich allein die in dieser Vorschrift festgesetzte Volumen-
oder Kostengrenze.

    Das Sachverständigengremium zur Stabilisierung des Baumarktes -
Region Bern stellte am 28. März 1972 fest, das geplante "Gewerbehaus"
falle nicht unter die Ausführungssperre.

    B.- Diesen Entscheid ficht der Beauftragte für die Stabilisierung
des Baumarktes mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Er macht geltend,
es gehe nicht an, bei Bauten mit Stockwerkeigentum den umbauten Raum und
die Erstellungskosten auf die einzelnen Stockwerkeigentümer aufzuteilen.
Für die Beurteilung nach Art. 4 lit. c BauB sei die gesamte Baute als
solche massgebend. Die Baute falle nach Art. 4 lit. c BauB unter die
Ausführungssperre, es sei denn, sie diene der Rationalisierung, was bei
Gutheissung der Beschwerde noch zu prüfen sein werde. Den Bauherren stehe
es gegebenenfalls auch frei, ein Ausnahmegesuch nach Art. 5 Abs. 3 BauB
zu stellen.

    C.- Das Sachverständigengremium für die Stabilisierung des Baumarktes
in der Region Bern und die drei Bauherren beantragen Abweisung der
Beschwerde.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Zu entscheiden ist, ob bei Bauten im Stockwerkeigentum Mehrerer
der umbaute Raum und die Erstellungskosten des ganzen Gebäudes für die
Beurteilung nach Art. 4 lit. c BauB massgebend sind oder der Anteil jedes
Stockwerkeigentümers unter diesem Gesichtspunkt eine eigene Einheit bildet.

    Art. 4 lit. c BauB wurde erst im Laufe der parlamentarischen Beratungen
in den Baubeschluss aufgenommen; doch kann den Gesetzesmaterialien zu
der hier strittigen Frage nichts entnommen werden.

    Die drei Bauherren sind der Ansicht, sie dürften nicht schlechter
gestellt werden, als wenn jeder von ihnen sein Raumprogramm in
einem eigenen Gebäude verwirklichen würde. Sie behaupten, durch die
Zusammenfassung ihrer Bauvorhaben in einem Gebäude werde überdies die
Bauwirtschaft entlastet.

    Nach dem Wortlaut von Art. 4 lit. c BauB gilt die dort angegebene
Volumen- und Kostengrenze für industrielle und gewerbliche Neu- und
Erweiterungsbauten. Die Vorschrift nimmt in keiner Weise Bezug auf die
Eigentumsverhältnisse an solchen Bauten. Dies muss heissen, dass die
von den drei Bauherren im vorliegenden Falle vorgesehene Aufteilung
der projektierten Baute in Stockwerkeigentum für die Beurteilung nach
Art. 4 lit. c BauB ausser Betracht fällt und es allein auf Volumen
und Erstellungskosten des gesamten Gebäudes ankommt. Zwar ist nicht
von der Hand zu weisen, dass die Bauwirtschaft stärker belastet wird,
wenn die drei Bauherren statt der unter die Ausführungssperre fallenden
Gemeinschaftsbaute unabhängig voneinander mit demselben Raumprogramm drei
volumen- und kostenmässig nicht der Ausführungssperre unterliegende Gebäude
erstellen. Würde Art. 4 lit. c BauB aber im Sinne der Beschwerdegegner
ausgelegt, so könnte er praktisch wohl meistens umgangen werden, denn
es wäre für einen Bauherrn nicht allzu schwierig, ein industrielles
oder gewerbliches Bauvorhaben, das die in Art. 4 lit. c BauB angesetzte
Volumen- oder Kostengrenze überschritte, im Hinblick auf diese Bestimmung
zunächst zusammen mit Dritten in Stockwerkeigentum zu erstellen und
nachträglich die Bauteile dieser Dritten mietweise oder gar zu Eigentum
zu übernehmen. Im vorliegenden Falle bestehen keine Anzeichen für ein
solches Umgehungsmanöver. Art. 4 lit. c BauB ist hier aber in allgemein
gültiger Weise auszulegen. Dies spricht dafür, anzunehmen, dass die in
dieser Vorschrift angesetzte Volumen- und Kostengrenze bei Bauten im
Stockwerkeigentum mehrerer für das ganze Gebäude als solches gilt. Die
Beschwerde ist deshalb gutzuheissen. Wie Art. 4 lit. c BauB anzuwenden
ist, wo Mehrere Bauherren gemeinsam einen Bau erstellen, den sie unter
sich nicht horizontal, im Stockwerkeigentum, sondern vertikal aufteilen,
kann hier offen bleiben.

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