Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 IA 86



98 Ia 86

13. Urteil vom 2. Februar 1972 i.S. X. gegen Kanton Basel-Stadt und Stadt
Zürich Regeste

    Art. 46 Abs. 2 BV.

    Der beim Verkauf sämtlicher oder der überwiegenden Mehrheit
der Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft erzielte Gewinn
untersteht der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons (Bestätigung der
Rechtsprechung). Dies schliesst eine vorgängige Besteuerung des auf den
Aktien entstandenen, noch nicht realisierten Wertzuwachses durch den
Wohnsitzkanton des Aktionärs aus.

Sachverhalt

    A.- Das basel-städtische Gesetz über die direkten Steuern vom
22. Dezember 1949 kennt keine spezielle Grundstückgewinnsteuer;
hingegen sehen §§ 55 ff. für Gewinne auf Privatvermögen eine besondere
Kapitalgewinnsteuer vor. Nach § 55 Abs. 1 lit. a ist als Kapitalgewinn u.a.
steuerbar "der durch Veräusserung oder Nachlassinventur in Erscheinung
tretende Mehrwert von Vermögensstücken". Der Kapitalgewinn besteht gemäss
§ 56 in der Differenz zwischen dem Einstandswert und dem Erlös oder
Verkehrswert zur Zeit der Handänderung oder dem Wert im Nachlassinventar;
als Einstandswert gilt dabei der Erwerbswert unter Berücksichtigung
der wertvermehrenden Aufwendungen und definitiven Wertverminderungen,
bei unentgeltlichem Erwerb der Verkehrswert zur Zeit des Erwerbs.

    B.- Am 26. Dezember 1968 verstarb der in Basel wohnhaft gewesene
X., der als einzige Erbin seine Ehefrau hinterliess. Zu seinem Nachlass
gehörten u.a. sämtliche Aktien der Immobiliengesellschaft Y. AG, die ihren
Sitz in Basel hat und deren einziges Aktivum eine in Zürich befindliche
Liegenschaft ist.

    Am 21. August 1969 verkaufte Frau X. sämtliche Aktien der Y. AG zum
Preis von Fr. 610'000.-- an W. aus Zürich. Gestützt auf §§ 154 ff. des
zürcherischen Gesetzes über die direkten Steuern vom 8. Juli 1951 erhob
die Stadt Zürich hiefür mit Veranlagungsverfügung vom 12. November 1969
eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 46'460.--. Im November 1968, also
noch vor dem Tod von X., hatte das mit der Verwaltung der Liegenschaft
betraute Treuhandbüro die basel-städtische Steuerverwaltung angefragt,
ob der Kanton Basel-Stadt bei einer Veräusserung sämtlicher Aktien der
Y. AG für den erzielten Gewinn eine Steuer erheben werde, was mit Schreiben
vom 11. Dezember 1968 verneint wurde.

    In der in Basel nach dem Tode von X. durchgeführten Nachlassinventur
wurden die Aktien der Y. AG zunächst auf Fr. 295'000.-- geschätzt. Da
die für die Kapitalgewinnsteuer eingeleitete Veranlagung beim
Verkauf der Aktien noch nicht in Rechtskraft erwachsen war, setzte
die basel-städtische Steuerverwaltung gestützt auf den erzielten
Verkaufspreis den Inventarwert der Aktien nachträglich von Fr. 295'000.--
auf Fr. 610'000.-- herauf. Zusammen mit einem bei der Nachlassinventur auf
anderen Vermögensobjekten festgestellten Kapitalgewinn von Fr. 265'600.--
unterwarf sie auch den auf den Aktien der Y. AG ermittelten Wertzuwachs von
Fr. 495'000.-- der Kapitalgewinnsteuer nach §§ 55 ff. des basel-städtischen
Steuergesetzes. Ausgehend von einem steuerbaren Kapitalgewinn von
Fr. 760'600.-- setzte sie mit Verfügung vom 30. Oktober 1970 die zu
entrichtende Kapitalgewinnsteuer auf Fr. 79'367.50 fest. Eine hiegegen
erhobene Einsprache wies die Steuerverwaltung am 6. Januar 1971 ab. Frau X.
erhob daraufhin Rekurs bei der Steuerkommission des Kantons Basel-Stadt,
wobei sie, wie schon im Einspracheverfahren, mit Bezug auf die Besteuerung
der Aktien der Y. AG eine Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV geltend
machte. Das Recht zur Besteuerung von Grundstückgewinnen stehe einzig
dem Liegenschaftskanton zu; dies gelte nach der bundesgerichtlichen
Praxis auch dann, wenn der Gewinn nicht durch einen Direktverkauf,
sondern, wie hier, durch die Veräusserung sämtlicher Aktien einer reinen
Immobiliengesellschaft erzielt worden sei.

    Die Steuerkommission des Kantons Basel-Stadt wies den Rekurs
mit Entscheid vom 19. Mai 1971 ab. Sie verneinte das Vorliegen
einer Doppelbesteuerung, da die in Zürich und im Kanton Basel-Stadt
erhobenen Steuern inbezug auf Subjekt, Objekt und den erfassten Zeitraum
verschieden seien. Dazu komme, dass die bei der Nachlassinventur erhobene
Kapitalgewinnsteuer einen Ausgleich für bisher vom Verstorbenen zuwenig
bezahlte Vermögenssteuer darstelle; die von der Rekurrentin angerufenen
Grundsätze seien daher nicht anwendbar.

    C.- Im Anschluss an diesen Rekursentscheid der Steuerkommission
des Kantons Basel-Stadt führt Frau X. staatsrechtliche Beschwerde wegen
Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV. Sie stellt den Hauptantrag, es sei der
im Kanton Basel-Stadt steuerbare Kapitalgewinn von Fr. 760'600.-- um den
auf den Aktien der Y. AG festgestellten Mehrwert von Fr. 495'000.-- auf
Fr. 265'600.-- herabzusetzen und die Kapitalgewinnsteuer entsprechend von
Fr. 79'367.50 auf Fr. 27'714.95 zu reduzieren. Eventuell sei festzustellen,
dass die Beschwerdeführerin in Zürich keine Grundstückgewinnsteuer schulde
und dass die dort bereits bezahlte Grundstückgewinnsteuer von Fr. 46'460.--
zurückzuerstatten sei.

    D.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt beantragt Abweisung der
Beschwerde, soweit sie sich gegen diesen Kanton richtet. Das Steueramt
der Stadt Zürich beantragt, es sei festzustellen, dass die Stadt Zürich
berechtigt sei, den auf ihrem Gebiet erzielten Grundstückgewinn mit der
Grundstückgewinnsteuer zu erfassen.

    Die Begründung der Beschwerde und die Stellungnahmen der kantonalen
Instanzen gehen, soweit erforderlich, aus den folgenden Erwägungen hervor.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 46
Abs. 2 BV ist spätestens im Anschluss an die Geltendmachung des zweiten
der einander allenfalls ausschliessenden Steueransprüche zu erheben,
wobei der kantonale Instanzenzug nicht erschöpft zu werden braucht, aber
gegenüber dem angefochtenen Entscheid die dreissigtägige Beschwerdefrist
einzuhalten ist (Art. 86 Abs. 2 und 89 Abs. 3 OG; BGE 93 I 421; 92 I 364
f., 464 f.; 85 I 14 mit Hinweisen). Ist die Beschwerde im Anschluss an die
zweite Veranlagung rechtzeitig eingereicht worden, so ist auch die frühere,
in einem andern Kanton ergangene Veranlagung in das Beschwerdeverfahren
einbezogen (LOCHER, Doppelbesteuerung, § 12, III B, 2, Nr. 24).

    Die Veranlagungsverfügung der Stadt Zürich vom 12. November 1969 ist
unangefochten geblieben. Hingegen hat sich die Beschwerdeführerin gegen
die später im Kanton Basel-Stadt ergangene Veranlagung zur Wehr gesetzt
und im Anschluss an den Rekursentscheid der Steuerkommission vom 19. Mai
1971 rechtzeitig staatsrechtliche Beschwerde erhoben; auf einen Weiterzug
dieses Entscheides an den Regierungsrat, wie er laut Rechtsmittelbelehrung
möglich gewesen wäre, konnte sie nach dem Gesagten verzichten. Auf die
Beschwerde ist daher einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Dass ein interkantonaler Doppelbesteuerungskonflikt im Sinne
von Art. 46 Abs. 2 BV auch dann gegeben sein kann, wenn sich nicht
die Steueransprüche zweier Kantone, sondern eines Kantons und einer
Gemeinde eines andern Kantons gegenüberstehen, ist zu Recht von
keiner Seite bestritten worden (vgl. SCHLUMPF, Bundesgerichtspraxis
zum Doppelbesteuerungs-Verbot, 3. A., S. 31). Hingegen vertrat die
Steuerkommission des Kantons Basel-Stadt in ihrem Rekursentscheid
die Auffassung, dass eine gegen Art. 46 Abs. 2 BV verstossende
Doppelbesteuerung nur dann vorliege, wenn ein Steuerpflichtiger von
zwei oder mehreren Kantonen für das nämliche Objekt und für die gleiche
Zeit zu Steuern herangezogen werde, was im vorliegenden Falle nicht
zutreffe. Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass die soeben wiedergegebene
"konstruktive" Begriffsbestimmung heute in der Rechtsprechung nur noch
eine untergeordnete Rolle spielt und, im Hinblick auf die Verschiedenheit
der kantonalen Steuersysteme, an den einzelnen Identitätsmerkmalen
nicht durchgehend festgehalten werden kann (vgl. dazu SCHLUMPF, aaO,
S. 17 ff.). Die konstruktive Begriffsbestimmung umschreibt überdies
nur den Tatbestand der aktuellen Doppelbesteuerung und lässt die bei
Doppelbesteuerungsstreitigkeiten sich ebenfalls stellende Frage der
Abgrenzung der kantonalen Steuerhoheiten offen. Eine Verletzung von
Art. 46 Abs. 2 BV setzt nämlich nicht notwendigerweise eine aktuelle
Doppelbesteuerung voraus, sondern liegt schon dann vor, wenn ein Kanton in
Verletzung der vom Bundesgericht aufgestellten (oder noch aufzustellenden)
Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt,
zu deren Erhebung aufgrund der tatsächlichen und rechtlichen Beziehungen
ein anderer Kanton zuständig wäre (sog. virtuelle Doppelbesteuerung).

    Der Einwand der Steuerkommission ist überdies auch der Sache nach
unbegründet, da, wie sich zeigen wird, eine aktuelle Doppelbesteuerung
im Sinne der konstruktiven Begriffsbestimmung tatsächlich vorliegt:

    a) Um darzutun, dass keine Identität der Steuersubjekte bestehe, führt
die Steuerkommission an, dass die basel-städtische Kapitalgewinnsteuer
eine persönliche Schuld des Erblassers bzw. eine Nachlassschuld bilde,
während die in der Stadt Zürich erhobene Grundstückgewinnsteuer bei
der Erbin, d.h. der Witwe des Verstorbenen erhoben worden sei. Diese
Betrachtungsweise ist unhaltbar. Im einen wie im andern Fall trifft die
Steuer jedenfalls im Ergebnis einzig und allein die Beschwerdeführerin,
sei es als Erwerberin der Erbschaft, sei es als Verkäuferin der Aktien. Es
ginge nicht an, die Beschwerdeführerin mit Bezug auf die basel-städtische
Kapitalgewinnsteuer bloss als Steuernachfolgerin ihres Ehemannes ansehen zu
wollen, denn diese Steuer wurde erst durch die Nachlassinventur ausgelöst
und hätte zu Lebzeiten des Verstorbenen gar nicht erhoben werden können. An
der Identität der Steuersubjekte kann daher kein Zweifel bestehen.

    b) Die Identität der Steuerobjekte wurde von der Steuerkommission
verneint mit der Begründung, dass im Kanton Basel- Stadt der Mehrwert der
Aktien, in Zürich hingegen der Mehrwert des Grundstückes besteuert worden
sei. Dieser Einwand dürfte auf einem Irrtum beruhen. Die Steuerkommission
scheint davon ausgegangen zu sein, dass die Immobiliengesellschaft
ihrerseits die in Zürich befindliche Liegenschaft verkauft habe (S. 1
des Rekursentscheides vom 19. Mai 1971), was nicht zutrifft; es wurden
lediglich die Aktien verkauft, und sowohl in Zürich als auch im Kanton
Basel-Stadt bildete der auf ihnen entstandene Wertzuwachs Gegenstand
der Besteuerung. Ohne Belang ist weiter der von der Steuerkommission
erhobene Einwand, dass der Wertzuwachs in den beiden Veranlagungen
verschieden berechnet worden sei; auch wenn dies zuträfe, vermöchte
es die grundsätzliche Gleichheit der Steuerobjekte, auf die es im
Doppelbesteuerungsrecht ankommt, nicht in Frage zu stellen; andernfalls
könnte, da die kantonalen Steuergesetze immer gewisse Verschiedenheiten
aufweisen, von einer Gleichheit des Steuerobjektes überhaupt nie
die Rede sein. Zwar wird in Zürich ein realisierter Kapitalgewinn
besteuert, während die im Kanton Basel-Stadt bei der Nachlassinventur
erhobene Kapitalgewinnsteuer einen bloss festgestellten, aber nicht
realisierten Wertzuwachs erfasst. Aber auch dies vermag an der Identität
des Steuerobjektes nichts zu ändern; im einen wie im andern Fall geht es um
die Besteuerung desselben Mehrwertes auf dem gleichen Vermögensgegenstand,
nämlich den Aktien der Y. AG.

    c) Schliesslich wendet die Steuerkommission ein, dass es an der
Gleichzeitigkeit der Besteuerung fehle, indem die Kapitalgewinnsteuer
in Basel-Stadt "pro 1968" (Jahr der Nachlassinventur) erhoben worden
sei, während die Stadt Zürich einen im Jahr 1969 (Verkauf der Aktien)
vollendeten Steuertatbestand erfasse. Dieser Einwand übersieht, dass das
Erfordernis der zeitlichen Identität der Besteuerung auf periodische
Steuern zugeschnitten ist und im Grunde genommen mit dem Erfordernis
der Identität der Steuerobjekte zusammenfällt (vgl. SCHLUMPF, aaO,
S. 22 unten). Steuerobjekt ist vorliegend nicht die Vornahme der
Nachlassinventur oder der Verkauf der Aktien, sondern der auf diesen in
einem bestimmten Zeitraum entstandene Wertzuwachs, und mit Bezug auf den
erfassten Zeitraum ist die erforderliche Identität gegeben.

    Daraus folgt klarerweise, dass die im Kanton Basel-Stadt und in
der Stadt Zürich ergangenen Veranlagungen zu einer tatsächlichen
Doppelbesteuerung geführt haben. Bei einer bloss virtuellen
Doppelbesteuerung wäre es geblieben, wenn die Beschwerdeführerin
die Aktien einstweilen behalten hätte, so dass lediglich im Kanton
Basel-Stadt die durch die Nachlassinventur ausgelöste Kapitalgewinnsteuer
zu bezahlen gewesen wäre. Aber auch in diesem Falle hätte die Pflichtige
mit staatsrechtlicher Beschwerde das Besteuerungsrecht des Kantons
Basel-Stadt in Frage stellen können. Es bleibt im folgenden zu prüfen,
welchem Kanton das Recht zur Besteuerung zusteht.

Erwägung 3

    3.- In BGE 85 I 96 ff. (Erw. 2 und 3) entschied das Bundesgericht,
dass der beim Verkauf sämtlicher Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft
erzielte Gewinn nicht der Steuerhoheit des Wohnsitzkantons des Aktionärs,
sondern des Liegenschaftskantons unterstehe. In einem Urteil vom
26. Februar 1964 (publ. in ASA 33, S. 347 ff.) sowie in BGE 91 I 471
bestätigte es diese Rechtsprechung und präzisierte, dass die Regel auch
Anwendung finde beim Verkauf der "überwiegenden" Mehrheit der Aktien.

    Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt stellt in seiner
Vernehmlassung die Richtigkeit dieser Rechtsprechung an sich nicht in
Frage. Er macht aber geltend, dass damit der Grundsatz, wonach Aktionär
und Aktiengesellschaft steuerlich getrennt zu behandeln und die Aktien
als bewegliches Vermögen am Wohnsitz des Aktionärs zu versteuern seien,
durchbrochen werde, was verschiedene Probleme stelle.

    a) Unklar sei zunächst, ob nach Verkauf der Aktien einer
Immobiliengesellschaft und nach Entrichtung der Grundstückgewinnsteuer im
Liegenschaftskanton der neue Aktionär seine Aktien in seinem Wohnsitzkanton
oder am Ort der gelegenen Sache zu versteuern habe. Diese Frage ist bereits
in BGE 95 I 30 beantwortet worden, indem festgehalten wurde, dass der
Liegenschaftskanton wohl den durch Verkauf sämtlicher Aktien erzielten
Grundstückgewinn besteuern dürfe, dass aber im übrigen die einzelnen
Aktien und ihre Erträgnisse der Steuerhoheit des Wohnsitzkantons des
(alten oder neuen) Aktionärs unterstünden.

    b) Weiter wirft der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt die Frage
auf, ob die Immobiliengesellschaft, wenn sie nach erfolgtem Verkauf
der Aktien ihrerseits selber die Liegenschaft verkaufe, den vollen
buchmässigen Gewinn zu versteuern habe oder bloss die noch nicht erfasste
Differenz zwischen dem Verkaufspreis aller Aktien und dem Verkaufspreis des
Grundstückes. Da nach der in BGE 85 I 96 ff. begründeten Rechtsprechung
das Besteuerungsrecht im einen wie im andern Fall dem Liegenschaftskanton
zusteht, handelt es sich bei der gestellten Frage nicht um eine solche
des Doppelbesteuerungs-, sondern des innerkantonalen Rechts, und das
Bundesgericht hat darüber, ob und wie ein ausschliesslich der Steuerhoheit
eines Kantons unterstehender Tatbestand steuerlich erfasst werden soll,
keine Regeln aufzustellen; es hätte auf entsprechende Rüge hin lediglich
darüber zu befinden, ob eine getroffene Lösung vor Art. 4 BV standhält.

    c) Ein interkantonaler Doppelbesteuerungskonflikt könnte sich indessen
in dem vom Regierungsrat weiterhin erwähnten Fall ergeben, dass nach
Verkauf der Aktien und anschliessendem Verkauf der Liegenschaft durch
die Immobiliengesellschaft diese liquidiert und der Gewinn an den nicht
im Liegenschaftskanton wohnhaften Aktionär ausgeschüttet wird. Müsste
der Aktionär diesen Gewinn in seinem Wohnsitzkanton z.B. als Einkommen
versteuern, so hätte dies, zumindest wirtschaftlich gesehen, eine doppelte,
oder, wenn im Liegenschaftskanton der Verkauf der Aktien und der Verkauf
des Grundstückes je unabhängig voneinander besteuert worden wären,
sogar eine dreifache Besteuerung ein und desselben Grundstückgewinnes
zur Folge. Zwar würde es sich um verschiedene Steuersubjekte handeln,
doch wäre gleichwohl zweifelhaft, ob ein solches Vorgehen vor Art. 46
Abs. 2 BV standhielte. Die Frage stellt sich hier indessen nicht und kann
daher offen bleiben.

    Weitere Schwierigkeiten ähnlicher Art sind denkbar; sie lassen sich
aber lösen und bilden jedenfalls keinen Anlass, von der in BGE 85 I 96 ff.
begründeten Rechtsprechung, wonach der durch Verkauf sämtlicher oder der
überwiegenden Mehrheit der Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft
erzielte Gewinn der Steue1 hoheit des Liegenschaftskantons untersteht,
abzuweichen. Diese Regel bildet daher die Grundlage für die Lösung des
vorliegenden Falles.

Erwägung 4

    4.- Es ist unbestritten, dass die Y. AG eine reine
Immobiliengesellschaft darstellt und dass die Beschwerdeführerin von
ihrem Ehemann sämtliche Aktien dieser Gesellschaft geerbt hat, um sie
anschliessend gesamthaft zu verkaufen. Es handelt sich demnach um einen
Tatbestand, auf den die in BGE 85 I 96 ff. aufgestellte Kollisionsnorm
zutrifft. Wenn der Erblasser die Aktien zu seinen Lebzeiten selber
verkauft hätte, wie dies seine Absicht gewesen war, wäre die Besteuerung
des Kapitalgewinnes klarerweise nicht dem Kanton Basel-Stadt, sondern der
Stadt Zürich zugestanden. Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Stadt
hatte denn auch auf Anfrage hin am 11. Dezember 1968 eine entsprechende
Auskunft erteilt. Bei einem zu Lebzeiten des Erblassers erfolgten Verkauf
hätte der Kanton Basel-Stadt auch bei der Nachlassinventur zum vornherein
keine Kapitalgewinnsteuer erheben können, da sich die Aktien nicht mehr
im Nachlass befunden hätten.

    Formell hat zwar die im Kanton Basel-Stadt ergangene Veranlagung, im
Gegensatz zur Veranlagung der Stadt Zürich, nicht den durch Verkauf der
Aktien realisierten Kapitalgewinn, sondern den bei der Nachlassinventur
festgestellten, aber noch nicht realisierten Mehrwert der Aktien zum
Gegenstand. Dieser Unterschied ist für die Frage der Abgrenzung der
kantonalen Steuerhoheiten jedoch ohne Belang. Nach einer in zahlreichen
Entscheiden bestätigten Rechtsprechung untersteht der bei Veräusserung
einer Liegenschaft erzielte Gewinn der Steuerhoheit des Kantons der
gelegenen Sache (BGE 91 I 470 f., 88 I 340, 85 I 98 mit Hinweisen),
und seit BGE 85 I 96 ff. gilt diese Regel, wie erwähnt, auch für den
durch Verkauf der Aktien einer reinen Immobiliengesellschaft erzielten
Gewinn. Zwar betrafen diese Urteile regelmässig Fälle, in denen die
Besteuerung von realisierten Grundstückgewinnen streitig war. Es ergibt
sich jedoch ohne weiteres, dass die Steuerhoheit des Liegenschaftskantons
über realisierte Grundstückgewinne eine vorherige Besteuerung dieses
Wertzuwachses durch den Wohnsitzkanton des Grundeigentümers oder des
Aktionärs ausschliesst. Wenn in den meisten Kantonen nur der realisierte
Grundstückgewinn besteuert wird, so deshalb, weil der Wertzuwachs anhand
des erzielten Verkaufspreises zuverlässig ermittelt und die Entrichtung der
Steuer nach erfolgter Realisierung am ehesten zugemutet werden kann; das
doppelbesteuerungsrechtlich massgebende Steuerobjekt ist jedoch im einen
wie im andern Fall dasselbe, nämlich nicht die Tatsache der Handänderung
oder der Realisierung des Gewinnes, sondern der auf dem Grundstück
in einem bestimmten Zeitraum entstandene Wertzuwachs (vgl. BGE 45 I
286). Wäre der Wohnsitzkanton des Grundeigentümers befugt, bei irgendeiner
Gelegenheit den auf einem ausserkantonalen Grundstück entstandenen, aber
nicht realisierten Wertzuwachs zu besteuern, so ergäbe sich im Zeitpunkt
der Realisierung ein schwierig zu lösender Doppelbesteuerungskonflikt;
es würde sich die Frage stellen, ob der Liegenschaftskanton den gesamten
seit Erwerb des Grundstückes entstandenen Kapitalgewinn oder bloss den vom
Wohnsitzkanton des Grundeigentümers noch nicht erfassten Kapitalgewinn
besteuern dürfe. Die erste Lösung würde zu einer Doppelbesteuerung des
Pflichtigen führen, die zweite zu einer unangebrachten Benachteiligung
des Liegenschaftskantons, verbunden mit der unerwünschten Folge, dass der
Umfang der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons über Grundstückgewinne
vom Steuersystem des Wohnsitzkantons abhängig wäre. Die besonderen Gründe,
aus denen der beim Verkauf eines Grundstückes erzielte Kapitalgewinn
der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons unterstellt wurde, treffen
in gleicher Weise auch zu für die Besteuerung von unrealisierten
Grundstückgewinnen. Im einen wie im andern Fall geht es um die steuerliche
Erfassung eines Wertzuwachses, der zur Hauptsache auf äussere Umstände,
namentlich auf die allgemeine Steigerung der Boden- und Baupreise sowie
auf Aufwendungen des Gemeinwesens (Anlage von Strassen und Kanalisationen)
zurückzuführen ist (vgl. BGE 85 I 100/101). Dass der Kanton Basel-Stadt
bei der Nachlassinventur keine Kapitalgewinnsteuer auf ausserkantonalen
Grundstücken erheben könnte, steht denn auch ausser Zweifel.

    Die vorstehenden Überlegungen gelten aber, zumindest grundsätzlich,
auch für die steuerliche Erfassung der Aktien einer reinen
Immobiliengesellschaft. Insoweit, als der beim Verkauf sämtlicher
oder der überwiegenden Mehrheit der Aktien realisierte Grundstückgewinn
der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons untersteht, bleibt für eine
vorgängige Besteuerung des auf den Aktien entstandenen Wertzuwachses
durch den Wohnsitzkanton des Aktionärs kein Raum.

    Im Rekursentscheid der Steuerkommission und in der Vernehmlassung des
Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt wird allerdings geltend gemacht,
dass die bei der Nachlassinventur erhobene Kapitalgewinnsteuer als
Ausgleich für vom Erblasser zu wenig bezahlte Vermögenssteuer anzusehen
sei; der Todesfall werde zum Anlass genommen, um über das Vermögen des
Verstorbenen endgültig abzurechnen. Diesem Einwand käme ein gewisses
Gewicht zu, wenn nach basel-städtischem Steuerrecht die periodische
Vermögenssteuer nur auf dem Erwerbswert des Objektes zu entrichten wäre
oder wenn bei der Nachlassinventur der Mehrwert auf Basis des in der
letzten Steuererklärung deklarierten Steuerwertes berechnet würde. Weder
das eine noch das andere trifft zu. Nach § 62 Abs. 1 des basel-städtischen
Steuergesetzes ist für die Bemessung der Vermögenssteuer der zu Beginn
der jeweiligen Veranlagungsperiode gegebene Verkehrswert massgebend,
und dies gilt nach § 64 grundsätzlich auch für die Versteuerung von
Wertpapieren. Der Kapitalgewinn wiederum berechnet sich nicht nach dem
in der letzten Steuererklärung deklarierten Steuerwert, sondern nach
dem Einstandswert (§ 56). Eine Ausnahme gilt nur für vor mehr als 10
Jahren erworbene Vermögensobjekte, bei denen mangels eines nachweisbaren
Erwerbswertes auf den Steuerwert vor 10 Jahren abzustellen ist; der
Steuerpflichtige kann aber auch hier verlangen, dass der nachgewiesene,
über dem vor 10 Jahren deklarierten Steuerwert liegende Einstandswert
als Grundlage für die Berechnung der Kapitalgewinnsteuer berechnet werde
(§ 57 Abs. 2; vgl. GRÜNINGER/STUDER, Kommentar zum Basler Steuergesetz,
neue A. 1970, S. 366 f.). Es mag zutreffen, dass rein tatsächlich bei
der Vermögenssteuer eine gewisse Bewertungsfreiheit besteht, doch ist,
von gewissen aufgrund von § 57 Abs. 2 denkbaren Ausnahmen abgesehen, nicht
ersichtlich, inwiefern die durch Angabe eines zu tiefen Steuerwertes
entstandene Vermögenssteuerersparnis durch die bei Veräusserung oder
Nachlassinventur erhobene Kapitalgewinnsteuer ausgeglichen werden soll
(vgl. auch GUHL, Die Spezialbesteuerung der Grundstückgewinne in der
Schweiz, Diss. Zürich 1953, S. 372). Jedenfalls geht die behauptete
ausgleichende Funktion aus dem Gesetzestext nicht hervor. Im übrigen
wurde nicht geltend gemacht, dass vorliegend die bei der Nachlassinventur
erhobene Kapitalgewinnsteuer tiefer gewesen wäre, wenn der Erblasser die
Aktien der Y. AG Jahr für Jahr zum wirklichen Verkehrswert deklariert
hätte. Bei der in §§ 55 ff. vorgesehenen Kapitalgewinnsteuer handelt
es sich im wesentlichen um eine reine Wertzuwachssteuer, auf die die
erwähnten Kollisionsnormen vollauf Anwendung finden.

Erwägung 5

    5.- Es ergibt sich somit, dass die Beschwerde gegenüber dem Kanton
Basel-Stadt gutzuheissen und die in diesem Kanton ergangene Veranlagung,
soweit sie den bei der Nachlassinventur festgestellten Mehrwert der Aktien
der Y. AG betrifft, aufzuheben ist.

    Zu der vom Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt gestellten Frage,
welchem Kanton das Recht zur Erhebung der Erbschaftssteuer zustehe,
ist in diesem Verfahren keine Stellung zu nehmen. Sie steht mit dem
Beschwerdegegenstand in keinem unmittelbaren Zusammenhang und ihre
Beantwortung würde überdies eine vorherige Anhörung der übrigen Beteiligten
voraussetzen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen gegenüber dem Kanton Basel-Stadt, und
die in diesem Kanton ergangene Veranlagung für Kapitalgewinnsteuer wird,
soweit sie den bei der Nachlassinventur i.S. X. festgestellten Mehrwert
der Aktien der Immobiliengesellschaft Y. AG erfasst, aufgehoben.