Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 IA 653



98 Ia 653

94. Urteil vom 22. Juni 1972 i.S. X. gegen Regierungsrat des Kantons
Basel-Stadt. Regeste

    Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Art. 88 OG.

    Das Vorgehen der Behörde bei der Besetzung einer Stelle kann vom
unberücksichtigt gebliebenen Bewerber nicht mit staatsrechtlicher
Beschwerde angefochten werden. (Bestätigung der Rechtsprechung).

Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Auf eine Ausschreibung im Kantonsblatt Basel-Stadt hin bewarb sich
neben andern X. um die Stelle des Leiters des Basler Gewerbemuseums. Der
Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt wählte dann Gustav Kyburz. Gegen den
betreffenden Regierungsratsbeschluss vom 26. Oktober/15. November 1971
führt X. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV. Er
beantragt die Feststellung der Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses -
ein wegen der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde nicht
zulässiges Rechtsgehren (BGE 97 I 333 E. 2, 96 I 2) - und eventuell dessen
Aufhebung. Die Beschwerde wird damit begründet, dass der Regierungsrat
mit der vorgenommenen Wahl § 5 des Gesetzes betreffend das Gewerbemuseum
vom 10. Juni 1914 (GMG), wonach der Direktor des Gewerbemuseums vom
Erziehungsrat zu wählen und der Regierungsrat bloss Genehmigungsbehörde
ist, verletzt habe. Eine Verletzung von Art. 4 BV wird sodann darin
erblickt, dass mit Gustav Kyburz ein Bewerber gewählt worden sei, der
die in der Ausschreibung aufgeführten Voraussetzungen nicht erfülle,
und dass die Ausschreibung den Wahlakten nicht beigelegt worden sei.

Erwägung 2

    2.- a) Die für die Zulassung der staatsrechtlichen Beschwerde
wegen Verletzung von Art. 4 BV vorausgesetzte Letztinstanzlichkeit
des angefochtenen Entscheides (Art. 87 OG) ist vorliegend gegeben; das
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht hat
mit Entscheid vom 25. April 1972 den vom Beschwerdeführer gleichzeitig
erhobenen Rekurs als unzulässig erklärt und ist darauf nicht eingetreten.

    b) Nach Art. 88 OG steht das Recht zur Beschwerdeführung Bürgern
(Privaten) und Korporationen bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die
sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse
oder Verfügungen erlitten haben. Wegen Verletzung verfassungsmässiger
Rechte i.S. von Art. 84 OG kann somit Beschwerde erheben, wer in seiner
Rechtsstellung betroffen ist, mit andern Worten ein rechtlich erhebliches
Interesse geltend zu machen vermag. Zur Verfolgung bloss tatsächlicher
Interessen oder zur Wahrung allgemeiner öffentlicher Interessen ist
die staatsrechtliche Beschwerde nicht gegeben (BGE 86 I 284, 93 I
174, 96 I 626 f. je mit Verweisungen). Ob der Beschwerdeführer ein
rechtlich geschütztes Interesse im Sinne von Art. 88 OG hat und mithin
zur Beschwerde legitimiert ist, ergibt sich aus der Natur der Rechtsnorm,
deren Verletzung er geltend macht. Ein solches Interesse ist dann gegeben,
wenn die in Frage stehenden Vorschriften zum Schutze der einzelnen Bürger
aufgestellt sind bzw. ihnen einen Rechtsanspruch einräumen, nicht aber,
wenn sie bloss organisatorischer Natur, also nur im öffentlichen Interesse
aufgestellt worden sind (BGE 96 I 626 mit Verweisungen).

    Der Beschwerdeführer anerkennt selbst, keinen Anspruch auf eine Wahl
zum Direktor des Gewerbemuseums zu haben. Er glaubt jedoch, ein rechtliches
Interesse im Sinne von Art. 88 OG zu besitzen, weil er als Bewerber um die
genannte Stelle einen Anspruch darauf habe, dass das Wahlverfahren nach den
gesetzlichen Vorschriften erfolge. Das ist nicht richtig. Art. 5 GMG, der
vorschreibt, dass der Leiter des Gewerbemuseums vom Erziehungsrat zu wählen
ist und der Regierungsrat die Wahl zu genehmigen hat, ist nicht zum Schutze
der Bewerber aufgestellt. Der Zweck dieser Vorschrift ist vielmehr, ein der
Bedeutung dieser Stelle angemessenes Ausleseverfahren zu sichern. Das aber
liegt allein im öffentlichen Interesse. Auch wenn der Kreis der Bewerber
wohl in höherem Masse als die übrigen Bürger am Vorgehen der Behörde bei
der Besetzung der Stelle interessiert ist, so handelt es sich dabei um
ein bloss tatsächliches Interesse (vgl. die nicht publizierten Urteile
des Bundesgerichts vom 3. Dezember 1969 i.S. N. und vom 26. Oktober
1971 i.S. C.). Der Beschwerdeführer ist auch dadurch nicht in seiner
Rechtsstellung betroffen, dass der Regierungsrat sich bei der Wahl des
Gustav Kyburz nicht an den in der Ausschreibung festgelegten Rahmen hielt,
in welchem die Qualifikation des Direktors des Gewerbemuseums sich zu
bewegen hat. Wenn, wie der Beschwerdeführer meint, andere Interessenten
sich von einer Bewerbung um die Stelle abhalten liessen, weil sie den
in der Ausschreibung gestellten Anforderungen nicht genügten, so ist
er dadurch weder in seinen rechtlichen noch tatsächlichen Verhältnissen
berührt. Auch sein Vorbringen, er hätte im Falle der Nichtigerklärung der
Wahl von Gustav Kyburz neben den verbleibenden andern Bewerbern Aussicht,
gewählt zu werden, verweist wohl auf sein tatsächliches Interesse an der
Sache, nicht aber auf ein rechtliches Interesse, welches nur bestünde,
wenn er einen Anspruch hätte, gewählt zu werden. Die Vorschriften,
welche bestimmte Qualifikationen für eine Stelle verlangen - seien sie
gesetzlich festgelegt oder nicht - dienen nicht dem Schutze der Bewerber,
sondern verfolgen den ausschliesslich im öffentlichen Interesse stehenden
Zweck, dass eine Stelle nur von Leuten mit bestimmten Fähigkeiten besetzt
wird. Der Beschwerdeführer ist daher nicht legitimiert, die von ihm
behaupteten Rechtsverletzungen geltend zu machen. Auf die Beschwerde ist
nicht einzutreten.

Entscheid:

               Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.