Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 IA 309



98 Ia 309

48. Auszug aus dem Urteil vom 1. Juni 1972 i.S. Burgerschaft von Brig
gegen den Grossen Rat des Kantons Wallis. Regeste

    Art. 26 Abs. 3 KV; Zusammenschluss von Gemeinden.

    Art. 26 Abs. 3 KV ermächtigt den Grossen Rat, mit Dekret den
Zusammenschluss von Munizipal- und Burgergemeinden anzuordnen. Dabei hat
er jedoch die betroffenen Gemeinden anzuhören.

Sachverhalt

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

    Nach Art. 26 Abs. 3 KV ist der Grosse Rat ermächtigt, durch
Dekret die Zahl und die Umgrenzung der Gemeinden abzuändern. Daraus
ergibt sich ohne weiteres die Befugnis des kantonalen Gesetzgebers, den
Zusammenschluss mehrerer Gemeinden zu verfügen. Entgegen der Auffassung
der Beschwerdeführerin deutet ferner nichts darauf hin, dass solche
Fusionen auf die Munizipalgemeinden beschränkt bleiben müssen und dass
es dem Grossen Rat verwehrt ist, gleichzeitig auch eine Vereinigung der
Burgerschaften anzuordnen. Aufgrund der Bestimmungen in den Art. 70
ff. KV könnte es als fraglich erscheinen, ob die Burgerschaften
neben den Munizipalgemeinden heute noch als selbständige Gemeinden
im Rechtssinne gelten können, denn sie werden nirgends ausdrücklich
als solche bezeichnet. Wie es sich damit verhält, mag indessen
offen bleiben. Unbehelflich sind in diesem Zusammenhang jedenfalls
die Vorbringen der Beschwerdeführerin zur historischen Entwicklung
der Walliser Gemeinden, denn massgebend für die Zulässigkeit der
angefochtenen Fusion ist allein die heute bestehende verfassungsrechtliche
Ordnung. Insbesondere die Art. 70-83 KV über die Organisation der
Gemeinden lassen ohne weiteres den Schluss zu, dass die Burgerschaften -
ähnlich wie die Munizipalgemeinden - unter der Aufsicht des Staatsrates
stehen und dass ihnen - abgesehen von den in der Verfassung vorgesehenen
besonderen Befugnissen zur internen Organisation und bei der Verwaltung
des Burgervermögens - keine weiterreichenden Garantien eingeräumt sind
als den Munizipalgemeinden. Nichts hindert deshalb den Grossen Rat,
im Zusammenhang mit der Vereinigung von Munizipalgemeinden auch die
Fusion der Burgerschaften anzuordnen. Die entgegengesetzte Auffassung
der Beschwerdeführerin findet in der Verfassung keine Stütze, weshalb
es sich erübrigt, auf die entsprechenden Vorbringen im einzelnen näher
einzugehen. Ebensowenig ist im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob ein
Zusammenschluss von Munizipalgemeinden notwendigerweise auch eine Fusion
der beteiligten Burgerschaften bewirkt, denn diese wurde im angefochtenen
Dekret ausdrücklich in einer besonderen Bestimmung (Art. 2) angeordnet
und gibt dem Bundesgericht nach dem Gesagten keinen Anlass zu Kritik.

    Voraussetzung für den Zusammenschluss von Gemeinden und Burgerschaften
ist freilich, dass die Beteiligten angehört werden (Art. 26 Abs. 3
KV). Nicht erforderlich ist jedoch, dass diese der geplanten Fusion
zustimmen; ein Zusammenschluss kann vielmehr auch gegen ihren Willen
angeordnet werden (unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 23. Mai
1972 i.S. Burgergemeinde Eyholz, Erw. 4). Wie sich aus den Akten ergibt,
sind im vorliegenden Fall sämtliche beteiligten Munizipalgemeinden und
Burgerschaften mehrmals angehört worden. Auch unter diesem Gesichtswinkel
ist das Vorgehen des Grossen Rats demnach nicht zu beanstanden.