Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 98 IA 1



98 Ia 1

1. Urteil vom 8. März 1972 i.S. Schmuckle und Coop Solothurn gegen Weill
und Nordmann AG und Regierungsrat des Kantons Solothurn Regeste

    Art. 4 BV; rechtliches Gehör in Verwaltungssachen.

    Der Bürger ist vor dem Erlass einer ihn belastenden
Verwaltungsverfügung von Bundesrechts wegen jedenfalls dann anzuhören,
wenn das öffentliche Interesse keine sofortige Entscheidung verlangt und
die einmal getroffene Massnahme weder mit einem ordentlichen, eine freie
Überprüfung gestattenden Rechtsmittel angefochten noch von der verfügenden
Behörde selber uneingeschränkt in Wiedererwägung gezogen werden kann.

    Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Übertragung eines
Kleinhandelspatentes für geistige Getränke ohne Anhörung des bisherigen
Patentinhabers.

Sachverhalt

    A.- Nach dem solothurnischen Wirtschaftsgesetz vom 6.  Dezember 1964
(WG) ist für den Kleinhandel mit geistigen Getränken ein Wirtschaftspatent
oder ein besonderes Kleinhandelspatent erforderlich (§ 83 Abs. 1), das vom
Regierungsrat erteilt wird (§ 105 Abs. 1). Über die Patentarten bestimmt
§ 84:

    "Es werden folgende Kleinhandelspatente ausgestellt:

    a)  für den Kleinhandel mit Wein, Wermutwein, Obstwein, Gärmost
und Bier;

    b)  für den Kleinhandel mit gebrannten Wassern.

    Die Kleinhandelspatente können als Voll- oder Teilpatente erteilt
werden. Die Ausstellung von Patenten nach lit. a und b auf die gleiche
Person ist zulässig (Doppelpatent)."

    Das Kleinhandelspatent wird für "eine bestimmte Person und bestimmte
Räumlichkeiten in der gleichen Liegenschaft" ausgestellt (§ 87 Abs. 1),
für 5 Jahre erteilt und bedarf der periodischen Erneuerung (§ 87
Abs. 3); für Geschäfte mit Filialbetrieben können die Filialpatente
auf eine einzige Person ausgestellt werden (§ 87 Abs. 2). Während die
Erteilung von Kleinhandelspatenten nach § 84 Abs. 1 lit. a nur von
gewissen persönlichen und gewerblichen Voraussetzungen abhängig ist (§§
88, 89), gilt für solche nach § 84 Abs. 1 lit. b (die auch zum Versand im
Kantonsgebiet berechtigen, § 85 Abs. 2) zusätzlich eine Bedürfnisklausel,
die in § 90 wie folgt umschrieben wird:

    "Kleinhandelspatente nach § 84 Abs. 1 lit. b dürfen nur erteilt, auf
Verkaufslokale einer andern Liegenschaft verlegt oder in ihrem räumlichen
Geltungsbereich ausgedehnt werden, wenn unter Berücksichtigung der Zahl
der bestehenden Kleinverkaufsstellen für gebrannte Wasser und ihrer
Verteilung innerhalb der Gemeinde ein Bedürfnis besteht.

    Das Bedürfnis ist in der Regel zu verneinen, wenn in einer
Gemeinde auf eine in der Vollziehungsverordnung festzusetzenden Anzahl
Einwohner mehr als eine Kleinverkaufsstelle fällt. In Gemeinden,
in denen die Einwohnerzahl die Bedürfnisnormzahl nicht erreicht,
darf eine Kleinverkaufsstelle zugelassen werden. Gastgewerbebetriebe
mit der Berechtigung zum Kleinhandel mit geistigen Getränken sind
nur zu berücksichtigen, wenn eine eigentliche Kleinverkaufsstelle
betrieben wird. In der Regel ist für eine Liegenschaft, in der sich ein
Gastgewerbebetrieb befindet, kein Kleinhandelspatent zu erteilen.

    Die Erneuerung der Patente und ihre Übertragung auf andere Personen
können vom Bedürfnis abhängig gemacht werden.

    Apotheken sowie Drogerien, welche die in der Vollziehungsverordnung
umschriebenen Voraussetzungen erfüllen, wird für den Verkauf
alkoholhaltiger Getränke zu medizinischen Zwecken ein beschränktes
Kleinhandelspatent ohne Prüfung des Bedürfnisses erteilt. Solche
Kleinverkaufsstellen werden bei der Prüfung des Bedürfnisses
mitgezählt... "

    Über das Verfahren für die Begutachtung der Patentgesuche bestimmt §
106 Abs. 2:

    "Wenn die Bedürfnisfrage geprüft werden muss, ..., ist den
interessierten Berufs- und Wirtschaftsverbänden sowie den betreffenden
Einwohnergemeinden Gelegenheit zur Meinungsäusserung zum gestellten Gesuch
zu geben."

    Gemäss § 92 Abs. 3 WG gelten die §§ 78 und 79 sinngemäss für
Kleinverkaufsstellen bzw. Kleinhandelspatente. § 78 Abs. 1 lautet:

    "Das Patent erlischt von Gesetzes wegen:

    a)  mit Ablauf der Gültigkeitsdauer;

    b)  mit dem ausdrücklichen Verzicht des Patentinhabers auf die
Weiterführung des Betriebes. Die Erklärung, die Liegenschaft nicht mehr
für den Betrieb eines Gastgewerbes verwenden zu wollen, kann nur der
Grundeigentümer rechtsgültig abgeben;

    c)  mit dem Tode des Patentinhabers."

    B.- Der Coop Solothurn (früher Konsumgenossenschaft Solothurn) ist mit
Regierungsratsbeschluss vom 21. Juni 1966 für ein an der Steinbruggstrasse
2 in Solothurn gemietetes Verkaufslokal ein Doppelpatent gemäss § 84
WG erteilt worden. Als verantwortlicher Geschäftsführer im Sinne von
§ 87 Abs. 2 WG wurde Albert Schmuckle, Direktor, bezeichnet. Am 23.
Dezember 1969 erneuerte der Regierungsrat das Doppelpatent bis zum 31.
Dezember 1972.

    C.- Am 16. Juli 1971 erliess der Regierungsrat des Kantons Solothurn
folgenden Entscheid:

    "Das Doppelpatent nach § 84 WG (Kleinhandel mit Wein, Wermutwein,
Obstwein, Gärmost, Bier und gebrannten Wassern) für das Verkaufslokal in
Gebäude Nr. 2 an der Steinbruggstrasse in Solothurn wird mit Wirkung ab
1. Oktober 1971 von Herrn Albert Schmuckle, Direktor der Coop Solothurn,
auf Herrn Yvan Weill, geboren am 24. September 1906, von Günsberg, Direktor
der Firma Nordmann AG Solothurn, übertragen. Die Firma Nordmann AG hat das
Ladenlokal als Filialbetrieb zur Benützung als Lebensmitteldetailgeschäft
gemietet. Diese Bedingung des Mietvertrages vom 24. Juni 1971 gilt als
integrierender Bestandteil der Patentübertragung.

    Kanzleigebühr Fr. 33.- (Staatskanzlei Nr. 669)"

    Dieser Beschluss wurde von Amtes wegen weder Schmuckle, noch der Coop,
noch den interessierten Berufs- und Wirtschaftsverbänden zugestellt. Die
Zustellung einer Photokopie an die Coop erfolgte erst auf deren telefonisch
geäusserten Wunsch hin mit Begleitbrief vom 20. August 1971.

    Dem wiedergegebenen Regierungsratsbeschluss vom 16. Juli 1971 lag ein
Gesuch von Yvan Weill, Direktor der Nordmann AG Solothurn, vom 7. Juli
1971 zugrunde, mit dem die Übertragung des fraglichen Doppelpatentes
verlangt worden war. In dem Gesuch wurde geltend gemacht, zwischen
der Eigentümerin des Hauses Steinbruggstrasse 2, der Schweizerischen
Lebensversicherungs- und Rentenanstalt, und der Firma Nordmann AG sei
am 24. Juni 1971 ein Mietvertrag abgeschlossen worden, wonach das bisher
von der Coop gemietete Ladenlokal ab 1. Oktober 1971 von der Nordmann AG
übernommen werde. Dieser Mietvertrag räumte der Nordmann AG für den Fall,
dass ihr Gesuch um Patentübertragung abgelehnt würde, bis zum 9. Juli
1971 ein Rücktrittsrecht ein.

    Schmuckle und die Coop, welche Anfang August 1971 zufällig von der
Übertragung ihres Patentes auf Weill bzw. die Nordmann AG Kenntnis erhalten
hatten, beantragten daraufhin mit zwei Eingaben vom 7. August 1971 beim
Polizeidepartement des Kantons Solothurn, es sei der Nordmann AG für
das Ladengeschäft an der Steinbruggstrasse 2 kein Kleinhandelspatent zu
erteilen und es sei ihr auf die Steinbruggstrasse 2 lautendes Doppelpatent
auf die in der Nähe liegende Coop-Verkaufsstelle an der St. Niklausstrasse
61 zu verlegen. Das Polizeidepartement lehnte ein Zurückkommen auf
die am 16. Juli 1971 beschlossene Patentübertragung mit Schreiben
vom 16. August 1971 ab. Am 20. August 1971 (d.h. gleichzeitig mit der
verspäteten Zustellung des Regierungsratsbeschlusses vom 16. Juli 1971 an
die Coop) teilte es der Coop mit, dass ihr Begehren vom 7. August 1971 um
Patentverlegung als Gesuch um Neuerteilung eines Doppelpatentes für das
Verkaufslokal an der St. Niklausstrasse 61 ins Vernehmlassungsverfahren
gewiesen werde.

    D.- Schmuckle und die Coop Solothurn führen staatsrechtliche Beschwerde
wegen Verletzung von Art. 4 BV mit dem Antrag, der Regierungsratsbeschluss
vom 16. Juli 1971 sei aufzuheben. Sie rügen im wesentlichen eine
Verletzung des rechtlichen Gehörs, indem der angefochtene Entscheid,
der einen Patententzug darstelle, ohne ihre Anhörung getroffen worden sei.

    E.- Der Regierungsrat beantragt, es sei auf die Beschwerde mangels
Legitimation nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Zur
Begründung führt er im wesentlichen an, durch die Aufgabe der Coop-Filiale
an der Steinbruggstrasse sei das auf Coop und Schmuckle lautende Patent
von Gesetzes wegen erloschen. Damit sei ihr Anspruch auf rechtliches Gehör
bei der Patentübertragung auf Weill bzw. die Nordmann AG entfallen, und es
fehle ihnen dementsprechend auch an der Legitimation zur staatsrechtlichen
Beschwerde.

    F.- Yvan Weill und die Nordmann AG beantragen ebenfalls Nichteintreten
auf die Beschwerde mangels Legitimation, eventuell deren Abweisung, wobei
sie sich im wesentlichen der Begründung des Regierungsrates anschliessen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Das Recht zur Beschwerdeführung steht Bürgern und Korporationen
bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein
verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen
erlitten haben (Art. 88 OG). Die Legitimation zur staatsrechtlichen
Beschwerde hängt demnach nicht davon ab, ob die Beschwerdeführer im
kantonalen Verfahren Parteistellung hatten oder nicht (BGE 86 I 102 E. 3,
89 I 238 E. 2, nicht publ. Urteil vom 22. April 1970 i.S. Schleutermann
gegen Regierungsrat des Kantons Solothurn; BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege,
S. 358). Massgebend ist einzig, ob sie durch den angefochtenen Entscheid
des Regierungsrates in ihren rechtlich geschützten Interessen als
Patentinhaber berührt werden und möglicherweise einen rechtlichen Nachteil
erleiden. Diese Voraussetzung prüft das Bundesgericht von Amtes wegen
und mit freier Kognition (BGE 93 I 174 E. 3, 91 I 414).

    Die Beschwerdeführer waren Inhaber eines Doppelpatentes für das
Verkaufslokal Steinbruggstrasse 2 in Solothurn. Das Patent war bis
zum 31. Dezember 1972 erteilt. Noch vor Ablauf dieser Zeit wurde
es ohne ihre Zustimmung und ohne ihr Wissen durch den angefochtenen
Entscheid auf die Beschwerdegegner Weill und Nordmann AG übertragen. Für
die bisherigen Patentinhaber kam diese "Übertragung" einem Entzug des
Patentes gleich. Ob, wie der Regierungsrat behauptet, das Patent auf den
Zeitpunkt der Wirksamkeit der Übertragung ohnehin von Gesetzes wegen
vorzeitig erloschen war, ist in diesem Zusammenhang ohne Belang. Das
Patent hatte formell jedenfalls bis zum 31. Dezember 1972 Gültigkeit,
und mit seiner vorzeitigen Übertragung auf Dritte wurde klarerweise in
die Rechtsstellung der bisherigen Patentinhaber eingegriffen. Diese sind
daher gemäss Art. 88 OG zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert. Ob
die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Übertragung des Patentes
gegeben waren, hat auf die Frage der Legitimation keinen Einfluss.

Erwägung 2

    2.- Es ist unbestritten, dass der angefochtene Entscheid des
Regierungsrates, mit dem das bisher den Beschwerdeführern zustehende
Doppelpatent nach § 84 WG auf Yvan Weill und die Nordmann AG übertragen
wurde, ohne Anhörung der bisherigen Patentinhaber ergangen war. Die
Beschwerdeführer erblicken hierin sowohl eine Missachtung des ihnen
aufgrund des kantonalen Rechtes zustehenden Gehörsanspruches als auch
eine Verletzung des unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden Anspruches auf
rechtliches Gehör.

    a) Der Umfang des Anspruches auf rechtliches Gehör bestimmt sich
zunächst nach den kantonalen Verfahrensvorschriften. Wo jedoch dieser
kantonale Rechtsschutz ungenügend ist, greifen die unmittelbar aus Art. 4
BV folgenden, also bundesrechtlichen Verfahrensregeln zur Sicherung des
rechtlichen Gehörs Platz. Die Auslegung des kantonalen Rechts prüft das
Bundesgericht nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür;
es prüft hingegen frei, ob das kantonale Verfahrensrecht, wie es ohne
Willkür ausgelegt werden konnte, dem bundesrechtlichen, unmittelbar aus
Art. 4 BV fliessenden Gehörsanspruch genüge (BGE 96 I 620, 527, 323, 311,
21; 94 I 522; 89 I 356).

    b) Die Beschwerdeführer rügen in erster Linie eine Verweigerung des
ihnen nach den kantonalen Verfahrensbestimmungen zustehenden Gehörs. Gemäss
§ 12 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes sei ihnen Parteistellung
zugekommen, weshalb sie nach § 23 Anspruch auf rechtliches Gehör gehabt
hätten. Die erwähnten Bestimmungen lauten:

    "§ 12

    Partei im Verwaltungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren ist jedermann,
dessen Rechte und Pflichten durch die Verwaltungssache berührt werden.
Behörden, Amtsstellen und sonstige Organe öffentlichrechtlicher
Körperschaften und Anstalten sind Partei, wenn die von ihnen vertretene
Körperschaft oder Anstalt an der Verwaltungssache unmittelbar beteiligt
oder unmittelbar daran interessiert ist.

    Berührt eine Verwaltungssache die Rechte und Pflichten Dritter,
so kommt ihnen insoweit Parteistellung zu, als dies zur Wahrung ihrer
Interessen nötig ist. "

    "§ 23

    Die Parteien sind vor Erlass einer Verfügung oder eines Entscheides
anzuhören; sie haben das Recht, sich schriftlich zur Sache zu äussern
und an den Beweisvorkehren teilzunehmen.

    Die vorgängige Anhörung kann bei Dringlichkeit unterbleiben; sie ist
möglichst bald nachzuholen.

    In nichtstreitigen Fällen und im Verfahren zur Festsetzung von
Nebensteuern kann sie gänzlich unterbleiben."

    Mit dem angefochtenen Entscheid hat der Regierungsrat das den
Beschwerdeführern erteilte Doppelpatent während der Patentdauer
auf andere Bewerber übertragen. Dadurch wurden zweifellos die
Rechte und Pflichten der Beschwerdeführer im Sinne von § 12 Abs. 1
des Verwaltungsrechtspflegegesetzes berührt. Sie besassen demnach
Parteistellung und waren gemäss § 23 Abs. 1 vor Erlass des angefochtenen
Entscheides anzuhören. Dass eine zeitliche Dringlichkeit im Sinne von
§ 23 Abs. 2 vorgelegen habe, macht der Regierungsrat mit Recht nicht
geltend. Selbst wenn man die Beschwerdeführer lediglich als "Dritte" gemäss
§ 12 Abs. 2 betrachten wollte, käme ihnen insoweit, als dies zur Wahrung
ihrer Interessen notwendig ist, Parteistellung zu, woraus sich ebenfalls
ihr Anspruch auf Anhörung vor der Patentübertragung ergeben würde.

    Der Regierungsrat vertritt in seiner Vernehmlassung die Ansicht,
durch das schlüssige Verhalten der Coop, d.h. durch die Kündigung des
Mietvertrages für die Verkaufsräume an der Steinbruggstrasse 2 per Ende
September 1971, sei das Patent der Beschwerdeführer auf den genannten
Zeitpunkt hin von Gesetzes wegen erloschen. Diese seien daher durch die
ab 1. Oktober 1971 wirksam werdende Patentübertragung auf die jetzigen
Inhaber in ihren Rechten nicht berührt worden und hätten demnach auch
keine Parteistellung gehabt; es habe sich bei der Patentübertragung
vielmehr um einen nichtstreitigen Fall im Sinne von § 23 Abs. 3 des
Verwaltungsrechtspflegegesetzes gehandelt, so dass kein Anspruch auf
rechtliches Gehör bestanden habe. Eine derartige Auslegung der §§ 12
und 23 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes ist mit Wortlaut und Sinn
dieser Bestimmungen schlechthin unvereinbar und verstösst damit gegen
Art. 4 BV (BGE 96 I 627 E. 2 mit Hinweisen). Denn ob das Patent der
Beschwerdeführer von Gesetzes wegen erloschen war und die Übertragung
auf Yvan Weill und die Nordmann AG ihre Interessen berührte, war die
vorgängig der Patentübertragung sich stellende Streitfrage. In dieser
Streitfrage waren die Beschwerdeführer Partei und damit anzuhören. Es
lag auf der Hand, dass sie mit der Kündigung des Mietvertrages nicht ohne
weiteres auch auf das für das fragliche Lokal ausgestellte Doppelpatent
verzichten, sondern sich um eine Verlegung des Patentes auf eine andere
Verkaufsstelle der Coop bemühen würden (vgl. § 90 Abs. 1 WG); diese
Möglichkeit entfiel mit der Übertragung des Patentes auf Dritte zum
vornherein. Auch unter diesem Gesichtspunkt wurden die Beschwerdeführer
durch den angefochtenen Entscheid in ihrer Rechtsstellung berührt, und von
einem nichtstreitigen Fall konnte keine Rede sein. Durch die Nichtanhörung
der Beschwerdeführer vor dem Entscheid über die Patentübertragung wurden
die §§ 12 und 23 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes und der sich daraus
ergebende Gehörsanspruch klarerweise verletzt.

    c) Selbst wenn man mit dem Regierungsrat annehmen wollte, den
Beschwerdeführern habe nach kantonalem Verfahrensrecht kein Gehörsanspruch
zugestanden, so läge jedenfalls eine Verletzung des unmittelbar aus Art. 4
BV fliessenden Anspruches auf rechtliches Gehör vor, welcher nicht nur im
Zivil- und Strafverfahren, sondern, mit gewissen Einschränkungen, auch
im Verwaltungsverfahren gilt (BGE 96 I 187; GRISEL, Droit administratif
suisse, S. 179 ff.). Nach Art. 4 BV ist der Bürger vor dem Erlass einer
ihn belastenden Verwaltungsverfügung zumindest dann anzuhören, wenn das
öffentliche Interesse keine sofortige Entscheidung verlangt und die einmal
getroffene Massnahme weder mit einem ordentlichen, eine freie Überprüfung
gestattenden Rechtsmittel angefochten noch von der verfügenden Behörde
selber uneingeschränkt in Wiedererwägung gezogen werden kann (BGE 87 I
340, 155, mit Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Eine
zeitliche Dringlichkeit lag, wie erwähnt, nicht vor. Der Entscheid war
sodann weder mit einem ordentlichen Rechtsmittel anfechtbar noch konnte
er, da damit die Bewilligungserteilung an einen Dritten verbunden war,
vom Regierungsrat uneingeschränkt in Wiedererwägung gezogen werden.

Erwägung 3

    3.- Da der Anspruch auf rechtliches Gehör nach ständiger Rechtsprechung
formeller Natur ist, hat seine Missachtung die Aufhebung des angefochtenen
Entscheides auch dann zur Folge, wenn ein materielles Interesse
daran nicht nachgewiesen ist (BGE 96 I 22). Ein solches Interesse der
Beschwerdeführer liegt hier zudem vor. Gemäss § 90 Abs. 1 WG können
bestehende Kleinhandelspatente nach § 84 Abs. 1 lit. a WG bei Vorhandensein
eines Bedürfnisses auf Verkaufslokale einer andern Liegenschaft verlegt
werden. Diese dem Patentinhaber eingeräumte Verlegungsmöglichkeit setzt
den Bestand eines Kleinhandelspatentes voraus. Die Beschwerdeführer, die
ihr Patent für die Steinbruggstrasse 2 auf die Coop-Verkaufstelle St.
Niklausstrasse 61 verlegen lassen wollten und ein diesbezügliches
Begehren gestellt haben, waren somit am Fortbestehen ihres Patentes
interessiert. Mit der Übertragung des Patentes auf Weill und die Nordmann
AG wurde diese Verlegungsmöglichkeit zum vornherein aufgehoben; denn
es lag ihr die Annahme zugrunde, dass das Patent der Beschwerdeführer
durch Aufgabe der Verkaufsräume Steinbruggstrasse 2 von Gesetzes
wegen untergegangen sei. Der Regierungsrat stützte sich dabei auf §
78 Abs. 1 lit. b WG, wonach das Patent bei "ausdrücklichem Verzicht
des Patentinhabers auf die Weiterführung des Betriebes" von Gesetzes
wegen erlischt. Ein ausdrücklicher Verzicht der Beschwerdeführer
liegt nicht vor und wird vom Regierungsrat auch nicht behauptet. Er
folgert das Erlöschen des Patentes vielmehr aus konkludentem Verhalten
der Beschwerdeführer, nämlich aus der Kündigung des Verkaufslokales
Steinbruggstrasse 2. Ob dies mit § 78 Abs. 1 lit. b WG vereinbar ist,
kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls war es unumgänglich, dass der
Regierungsrat die Beschwerdeführer anhörte, bevor er diese für ihre
Patentverlegungsmöglichkeit erhebliche Rechtsfrage zu ihren Ungunsten
entschied. Die Beschwerde ist somit gutzuheissen und der angefochtene
Entscheid wegen Verletzung von Art. 4 BV aufzuheben.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Regierungsrates
des Kantons Solothurn vom 16. Juli 1971 wird aufgehoben.