Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 V 72



97 V 72

19. Auszug aus dem Urteil vom 21. Juni 1971 i.S. Leeser gegen
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Versicherungsgericht des
Kantons Luzern Regeste

    Art. 67 Abs. 3 KUVG: Begriff des Wagnisses.

    Die Besteigung des Piz Badile über die Nordkante (Schwierigkeitsgrad
IV, Höhendifferenz 800 m) durch einen qualifizierten Alpinisten mit
einwandfreier Ausrüstung in einer Dreierseilschaft und bei guten
Wetterbedingungen ist an sich kein Wagnis. - Zusammenfassung und
Präzisierung der Rechtsprechung.

Sachverhalt

    A.- Siegfried Leeser, geboren 1931, unternahm am 20. August 1968
zusammen mit Peter Schaufelberger und Vital Frey die Besteigung des Piz
Badile im Bergell. Die Dreierseilschaft stieg unter Führung Siegfried
Leesers über die übliche Kletterroute der Nordkante entlang auf. Im oberen
Teil des Grates übernahm Peter Schaufelberger die Führung und verstieg sich
oberhalb des sogenannten "Bruches", indem er leicht von der Normalroute und
der Kante gegen die Westflanke abwich. Um ihm das mühsamere Zurücksteigen
zu ersparen, kletterte Siegfried Leeser weiter nach oben in der Absicht,
seinen Kameraden von einem höher gelegenen Standplatz aus zu sichern
und nachsteigen zu lassen. Doch bevor er den angestrebten Standplatz
erreicht hatte, stürzte er unversehens und aus nicht abklärbarem Grund
ungefähr 30 m weit ab und blieb im Seil hängen. Bei dem Sturz zog er sich
Verletzungen zu, an welchen er starb.

    Der Verunfallte war als Mechaniker der Trogener Bahn in Speicher bei
der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen Betriebs-
und Nichtbetriebsunfall versichert. Die Anstalt eröffnete der Witwe des
Verunfallten mit Verfügung vom 5. Dezember 1968, es stünden ihr keine
Versicherungsleistungen zu, weil die Kletterei am Piz Badile, bei der sich
das Unglück ereignet habe, als ein von der Nichtbetriebsunfallversicherung
ausgeschlossenes Wagnis zu betrachten sei.

    B.- Im Namen der Witwe Lilly Leeser und deren Tochter Liliane erhob
Fürsprecher E. gegen die ablehnende Verfügung der Anstalt Klage mit
dem Begehren, es seien die gesetzlichen Hinterlassenenrenten und die
Bestattungsentschädigung zuzusprechen.

    Die SUVA schloss mit Rechtsantwort vom 28. Juli 1969 auf Abweisung
der Klage unter Kostenfolge.

    Das Versicherungsgericht des Kantons Luzern liess die Seilgefährten
des Verunfallten, Dr. med. Vital Frey und Peter Schaufelberger, als
Zeugen einvernehmen, ebenso Polizeikorporal D., und verfügte die Edition
der amtlichen Akten über den Unfall durch das Polizeikommando Graubünden
(Beweisentscheid vom 26. September 1969).

    Mit Entscheid vom 23. Januar 1970 wies das kantonale Gericht hernach
die Klage ab und auferlegte den Klägerinnen die Verfahrenskosten. Es
gelangte zum Schluss, die Besteigung der Badile-Kante stelle als
Gesamtunternehmen kein Wagnis dar, jedoch sei der Wagnistatbestand für
jenen Kletterabschnitt als erfüllt zu betrachten, in welchem Siegfried
Leeser oberhalb des "Bruches" 15 m über den Sicherungshaken hinaus
geklettert sei, ohne sich weiter zu sichern, da er damit das Risiko auf
sich genommen habe, 30 m in freiem Fall abzustürzen.

    C.- Gegen den am 15. April 1970 zugestellten Entscheid lassen Lilly
und Liliane Leeser Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und die vor erster
Instanz gestellten Rechtsbegehren erneuern. Zur Begründung wird vorerst
vorgebracht, der angefochtene Entscheid stelle den rechtserheblichen
Sachverhalt in drei Punkten unrichtig und unvollständig fest: Es treffe
nicht zu, dass der Verunfallte oberhalb des "Bruches" einen Haken
eingeschlagen habe; er habe sich vielmehr an einem schon bestehenden
Felshaken gesichert. Es sei ferner nicht erwiesen, dass sich ein als Griff
dienender Stein gelöst habe; der Stein könne auch weiter oben abgebrochen
sein und Siegfried Leeser aus dem Stand gerissen haben oder erst nach dem
Sturz vom Verunfallten mitgerissen worden sein. Endlich treffe es nicht zu,
dass sich der Unfall an der schwierigsten Stelle, an der Schlüsselstelle
des Aufstieges, ereignet habe; nach den "Führern" weise jene Stelle keine
nennenswerten Schwierigkeiten mehr auf; diese lägen weiter unten und
seien von der Seilschaft somit bereits überwunden gewesen. Sodann machen
die Beschwerdeführerinnen geltend, der angefochtene Entscheid verletze
Bundesrecht, und zwar insofern, als er eine einzelne Kletterstelle des
ganzen Unternehmens, bzw. die Art und Weise, wie der Verunfallte sie zu
überwinden versucht habe, als Wagnis bezeichne; das Unternehmen sei in
seiner Gesamtheit unter dem Gesichtspunkt des Wagnisses zu beurteilen. Der
Entscheid verletze Bundesrecht auch insofern, als nicht untersucht worden
sei, ob die SUVA auch hafte, obschon allenfalls ein Wagnis vorliege, indem
der Verunfallte oberhalb des "Bruches" eine Rettungshandlung vorgenommen
habe, die auch versichert wäre, wenn sie an sich als Wagnis zu betrachten
wäre. Schliesslich sei Bundesrecht dadurch verletzt worden, dass der
angefochtene Entscheid die Revision des Verwaltungsratsbeschlusses zu
Art. 67 Abs. 3 KUVG nicht berücksichtige, gemäss welcher das Segelfliegen
und andere motorlose Luftfahrten nicht mehr als ausserordentliche Gefahren
von der Nichtbetriebsunfallversicherung ausgeschlossen seien. Diese
neue Lage zwinge zu einem Neuüberdenken der Behandlung des Bergsteigens
in der sozialen Unfallversicherung. In der Folge wird unter Auflage
umfangreicher alpinistischer Literatur auf die technische Entwicklung
hinsichtlich Ausbildung und Ausrüstung sowie die zunehmende Verbreitung
des Klettersportes hingewiesen und unter anderem ausgeführt:

    "Wenn bei besten Verhältnissen eine extrem schwierige Wand von
Spitzenkönnern mit allen heute zu Gebote stehenden Mitteln angegangen
wird, dann setzen sie sich nicht wissentlich einer besonders hohen Gefahr
aus. Wohl wissen sie um die Gefahren, aber sie meistern sie durch ihre
Technik und überlegtes Handeln."

    Vorsorglich wird ferner geltend gemacht, die SUVA könne ihre
Leistungspflicht auch nicht unter Berufung auf Art. 98 KUVG wegen grober
Fahrlässigkeit des Verunfallten ablehnen, da ihm kein entsprechender
Schuldvorwurf aus seinem Verhalten gemacht werden könne.

    Die SUVA beantragt Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie
ist in der Begründung ihrer Beschwerdeantwort ebenfalls der Meinung, dass
die Einzelaktion, welche zum Unfall geführt habe, nicht aus der Klettertour
als Ganzes herauszulösen und für sich allein zu würdigen sei, sondern dass
das Unternehmen in seiner Gesamtheit unter dem Gesichtspunkt des Wagnisses
beurteilt werden müsse. Die Auffassung der Vorinstanz, die Besteigung der
Badile-Kante stelle an sich kein Wagnis dar, sei ungenügend begründet und
überdies unhaltbar. Sodann werde bestritten, dass die Überwindung des
Steilhanges im "Bruch" zur Übernahme der Führung und zur Sicherung des
Schaufelberger durch Leeser "keine nennenswerten Schwierigkeiten" mehr
aufgewiesen habe; es handle sich um eine der schwierigsten, wenn auch
nicht um die schwierigste Stelle der ganzen Gratbesteigung. Von einer
Rettungshandlung könne sodann nicht die Rede sein, da Schaufelberger
keine Hilfe benötigt habe; es habe sich bloss um einen Führungswechsel
gehandelt. Die Revision des Verwaltungsratsbeschlusses vom 31. Oktober
1967 sei zu Recht unerwähnt geblieben, weil sie nur hinsichtlich der
ausserordentlichen Gefahren eine Änderung gebracht habe, nicht aber
hinsichtlich des Ausschlusses und der Definition von Wagnissen; das
Bergsteigen könne aber nur unter dem Gesichtspunkt des Wagnisses von der
Nichtbetriebsunfallversicherung ausgenommen werden. Schliesslich wird
einlässlich bestritten, dass das Klettern dank der Entwicklung von Technik
und Ausrüstung weniger gefährlich sei als früher, und sodann ausgeführt:

    "Sonderrisiken wie gerade 'schärfere' Kletterpartien vom
Schwierigkeitsgrad IV und aufwärts sollen der privaten Fürsorge vorbehalten
bleiben. Eine Einschränkung dessen, was als Wagnis zu gelten hat, müsste
gerechterweise auch Tatbestände ausserhalb des Bergsteigens erfassen,
die bisher als Wagnis qualifiziert wurden. Das liesse sich mit dem Sinn
der sozialen Unfallversicherung nicht vereinbaren. Dies umsoweniger,
als auch die private Unfallversicherung die Zulassung des Wagnisbegriffes
als Ausschlusstatbestand für wünschbar hält ..."

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss Art. 67 Abs. 3 KUVG ist die SUVA befugt,
aussergewöhnliche Gefahren und Wagnisse von der Versicherung gegen
Nichtbetriebsunfälle auszuschliessen. Die Anstalt hat von dieser Befugnis
durch Verwaltungsratsbeschluss vom 31. Oktober 1967, welcher am 1. Januar
1968 in Kraft getreten ist und einen entsprechenden Beschluss von 1942
ersetzt, Gebrauch gemacht. Die Tatbestände, die als ausserordentliche
Gefahren gelten, werden in Ziffer I des Beschlusses abschliessend
aufgeführt, so z.B. die Beteiligung an Raufereien und Schlägereien,
die Teilnahme an Unruhen, Vergehenshandlungen. Von der Versicherung
der Nichtbetriebsunfälle sind gemäss Ziffer II ebenfalls die Wagnisse
(französisch "entreprises téméraires", italienisch "atti temerari")
ausgenommen. Die Umschreibung des Wagnisbegriffes ist im wesentlichen
unverändert aus dem früheren in den neuen Verwaltungsratsbeschluss
übernommen worden. Danach gelten als Wagnisse Handlungen, durch die
sich ein Versicherter wissentlich einer besonders grossen Gefahr
aussetzt, welche durch die Handlung selbst, die Art ihrer Ausführung
oder die Umstände, unter denen sie ausgeführt wird, gegeben sein oder
in der Persönlichkeit des Versicherten liegen kann. Eine Ausnahme
vom Versicherungsausschluss statuiert der Beschluss für Handlungen der
Hingebung und Rettungshandlungen zu Gunsten von Personen, wenn diese
Handlungen auch an sich als Wagnisse zu betrachten sind.

    b) Die wiedergegebene Umschreibung des Wagnisbegriffes ist in der
Praxis des Eidg. Versicherungsgerichtes mehrfach überprüft worden. Das
Gericht stellte fest, es könne ihr zugestimmt werden, wenn unter "besonders
grosser Gefahr" eine unmittelbar drohende - das heisst eine akute - Gefahr
verstanden und wenn zugleich ein ins Kühne bis Verwegene gehender Charakter
des Unternehmens oder der Handlung verlangt werde. Ob eine Gefahr als akut
und ihr wissentliches Aufsuchen als verwegen zu gelten hat, hängt - je nach
den konkreten Umständen - bald mehr von äussern Faktoren, bald mehr von den
Fähigkeiten und Eigenschaften der handelnden Person ab. Die Schwierigkeit
der Rechtsanwendung in dieser Frage liegt demnach nicht darin, den Begriff
des Wagnisses abstrakt zu umschreiben, sondern darin, bei der Entscheidung
des Einzelfalles den konkreten Sachverhalt im Lichte der Merkmale des
Wagnisbegriffes zutreffend zu würdigen, dabei die Versicherten rechtsgleich
zu behandeln und gleichzeitig der Rechtssicherheit hinreichend Rechnung
zu tragen. Die Rechtsprechung hat daher versucht, objektive Kriterien zu
finden, welche es erlauben sollen, das Verhältnis der beiden Elemente des
Wagnisbegriffes losgelöst von der jeweiligen Lage zu beurteilen. Deshalb
wurde erkannt, es hänge nicht von den zufälligen subjektiven Fähigkeiten
und Eigenschaften der handelnden Personen ab, ob im Einzelfall die beiden
Kriterien des Wagnisses gegeben seien, sondern es müsste grundsätzlich
von einem Durchschnittsmassstab ausgegangen werden (vgl. das nicht
veröffentlichte Urteil vom 22. Mai 1948 i.S. Schafflützel, bestätigt in
EVGE 1961 S. 272). Das Gericht war sich jedoch bewusst, dass der Begriff
des Wagnisses ein Verhältnisbegriff und als solcher einer absoluten
Objektivierung unzugänglich ist. Die erforderliche Relativierung wurde
gefunden, indem die Gefährlichkeit einer Betätigung nicht schlechthin aus
der Sicht des Durchschnittsmenschen beurteilt, sondern der Durchschnitt
jener Personen als Massstab genommen wurde, die der fraglichen Betätigung
regelmässig obliegen; eine Kletterpartie beispielsweise ist mithin
danach gewürdigt worden, ob sie für den Durchschnittskletterer - nicht
für den Durchschnittsmenschen - als Wagnis habe gelten müssen (EVGE 1961
S. 272/273, bestätigt in EVGE 1966 S. 142 und im nicht veröffentlichten
Urteil vom 31. Mai 1967 i.S. Buisson). Diese relative Objektivierung des
Wagnisbegriffes in der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichtes
hat auch in der Literatur Zustimmung gefunden (vgl. Maurer, Recht und
Praxis, 2. Auflage, S. 149; Oswald, Das Wagnis als nicht versicherte
Unfallgefahr, SZS 1958 S. 205 ff., insbesondere S. 210/211).

    c) Indessen ist nicht zu übersehen, dass diese relativ objektivierte
Betrachtungsweise keine echte Garantie rechtsgleicher Behandlung zu
bieten vermag: Denn die gleiche Handlung oder das gleiche Unternehmen,
ausgeführt von verschiedenen Personen ganz verschiedener Eigenschaften zu
verschiedenen Zeiten und unter ganz anders gearteten Verumständungen, ist
rechtlich kaum je gleich zu qualifizieren. Das Bedürfnis nach verfeinerter
Rechtsanwendung ruft daher einer differenzierteren Berücksichtigung der
besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles, womit der Wagnisbegriff
keineswegs subjektiviert werden soll. Vielmehr wird damit eine vermehrte
Konkretisierung in der Anwendung des Wagnisbegriffes erzielt, welche der
rechtsgleichen Behandlung dient, ohne der Rechtssicherheit abträglich zu
sein. In diesem Bestreben hat das Gericht in einem Urteil vom 22. September
1970 (BGE 96 V 100 ff.) erkannt, es sei zu fragen, ob das Risiko einer
konkreten Gefahrssituation durch besondere Fähigkeiten, Eigenschaften
und Vorkehren auf ein vertretbares Mass herabsetzbar sei und, wenn
ja, ob die handelnden Personen diese Voraussetzungen im massgeblichen
Zeitpunkt erfüllten. Hierbei mögen die durchschnittlichen Anforderungen
an eine Person, die sich regelmässig in eine vergleichbare konkrete
Gefahrssituation begibt, als Massstab gelten.

    d) Der Sinn der in Art. 67 Abs. 3 KUVG enthaltenen Ermächtigung,
ausserordentliche Gefahren und Wagnisse von der Versicherung
auszuschliessen, liegt darin, die Gesamtheit der Versicherten vor einer
unzumutbaren Belastung der mit ihren Prämien gedeckten Versicherung
durch ungewöhnliche und besonders grosse Risiken ausserbetrieblicher
Betätigungen zu schützen. Die Ausscheidung zwischen den im Rahmen der
Nichtbetriebsunfallversicherung gedeckten und den von der Versicherung
ausgeschlossenen Risiken muss demnach letzten Endes auf einer vernünftigen
Abwägung zwischen dem schützenswerten Mass einer Betätigung und dem
Gesamtinteresse der Versicherten beruhen (EVGE 1961 S. 271 und 274, 1966
S. 142, BGE 96 V 106). Die allgemeine Umschreibung des Wagnisbegriffes
belässt bei dieser Abwägung einen Spielraum des Ermessens, innerhalb
welchem vom sozialversicherungsrechtlichen Standpunkt aus schützenswerte
ausserbetriebliche Tätigkeiten nicht als ausgeschlossen zu gelten
brauchen. Es gibt somit durchaus an sich gefährliche Betätigungen, die aber
infolge ihres Wertes nicht generell von der Versicherung ausgeschlossen
sind. Dabei hat sich die Grenzziehung an der einheitlichen ratio legis
des Art. 67 Abs. 3 KUVG zu orientieren: Eine Gefahr erscheint demnach
unter dem Gesichtspunkt des Wagnisses dann als "besonders gross" oder
"akut", wenn ihr ein Risiko innewohnt, dessen Übernahme der Gesamtheit
der Versicherten nach dem Grundgedanken der letztgenannten Bestimmung
nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. EVGE 1961 S. 273/274, BGE 96 V 106).

    Die dargelegte Konkretisierung des Wagnisbegriffes führt nun im Rahmen
dieser Interessenabwägung nicht zur Konsequenz, dass es ausgeschlossen
wäre, gewisse Handlungen oder Unternehmungen a priori auf Grund der
ihnen objektiv innewohnenden Gefahren oder ihres Handlungsunwertes als
Wagnis zu betrachten. Vielmehr greift diese Konkretisierung erst Platz,
wenn die zu beurteilende Betätigung an sich schützenswert und das ihr
innewohnende Risiko nicht an sich schon derart gross und ungewöhnlich
ist, dass seine Übernahme der Gesamtheit der Versicherten nicht mehr
zugemutet werden kann. Letzteres gilt zweifellos für Unternehmungen,
welche an sich mit so erheblichen objektiven Gefahren für Leib und Leben
verbunden sind, dass diese Gefahren durch die handelnden Personen nicht
auf ein vernünftiges Mass reduziert werden können, unabhängig davon,
wer auch immer unter noch so günstigen Umständen zu Werke gehen mag.

Erwägung 3

    3.- Was das Bergsteigen und den Klettersport im besonderen betrifft,
so steht fest, dass Bergsteigen und Klettern - wie die Rechtsprechung seit
langer Zeit anerkennt - als an sich schützenswerte ausserbetriebliche
Betätigungen in der Nichtbetriebsunfallversicherung grundsätzlich
eingeschlossen sind; das ausserhalb der Leistungspflicht liegende
Wagnis beginnt bei alpinistischen Unternehmungen, die um des Abenteuers
willen unternommen werden und deren objektive Gefahren für Leib und
Leben unabhängig von der Ausbildung, Vorbereitung, Ausrüstung und
Befähigung der Beteiligten so erheblich sind, dass sie praktisch nicht
auf ein vertretbares Mass herabsetzbar sind; alsdann liegt das Risiko
ausserhalb dessen, was der Gesamtheit der Versicherten noch zuzumuten
ist. Im Bereiche der nicht in dieser Weise im voraus - nach objektiven
Gesichtspunkten - schon ausgeschlossenen Handlungen und Unternehmungen
ist nun zu konkretisieren: Es ist also nicht hypothetisch zu fragen,
ob eine bestimmte Kletterpartie für einen Durchschnittskletterer ein
Wagnis darstelle, sondern ob die handelnden Personen im massgeblichen
Zeitpunkt alle jene Anforderungen hinsichtlich persönlicher Fähigkeiten,
Eigenschaften und Vorkehren erfüllten, um das zu beurteilende Unternehmen
lege artis bewältigen und das ihm innewohnende Risiko auf Grund ihrer
Fähigkeiten auf ein vertretbares Mass herabsetzen zu können.

    Dieser Lösung hat das Gesamtgericht zugestimmt, dem die Frage ihrer
grundsätzlichen Bedeutung wegen vorgelegt wurde. In Weiterverfolgung der in
BGE 96 V 100 ff. erstmals zum Ausdruck gebrachten Konkretisierung stellt
der Gesamtgerichtsbeschluss fest, der Wagnischarakter einer Handlung sei
stets nach den konkreten Verumständungen des Einzelfalles zu würdigen,
sofern nicht a priori ein Wagnis an sich (im Sinne der Erwägung 2,
Buchstabe d in fine, vorstehend) vorliege. Demzufolge hat es das Gericht
ausdrücklich abgelehnt, im Bereich des Klettersportes alle Kletterpartien
vom vierten Schwierigkeitsgrad an aufwärts unbesehen der Fähigkeiten
des Kletterers und der übrigen erheblichen äussern Umstände als Wagnisse
zu bezeichnen.

    Massgebend ist also, ob der Verunfallte am Unglückstag unter den
damals herrschenden äussern Umständen alle jene Anforderungen erfüllt
habe, die an eine Person gestellt werden müssen, welche die in concreto
zu beurteilende Kletterpartie nach den Regeln der alpinistischen Kunst
zu bewältigen imstande ist. Damit soll nicht das Klettern der "scharfen
Richtung" unbesehen in die Nichtbetriebsunfallversicherung eingeschlossen
werden. Vielmehr ist eine verfeinerte Differenzierung in der Anwendung des
Wagnisbegriffes durch die Rechtsgleichheit geboten. Durch eine allzuweit
gehende Objektivierung wird der verantwortungsbewusste und fähige Alpinist
bestraft, der Tollkühne, Leichtsinnige, klettertechnisch unzulänglich
Ausgebildete aber belohnt.

Erwägung 4

    4.- Im vorliegenden Fall ist vorerst zu entscheiden, ob die Besteigung
des Nordgrates des Piz Badile, wie sie Siegfried Leeser am 20. August 1968
unternommen hat, ein Wagnis an sich sei.

    Die Photographien und die Skizze zum Polizeibericht sowie die
weiteren bei den Akten liegenden Abbildungen der Badile-Kante und deren
Beschreibung in der alpinistischen Literatur vermitteln einen hinreichenden
Eindruck vom Charakter der Kletterpartie wie auch über den Unfallort. Es
ist sodann unbestritten, dass die Nordkante des Piz Badile nach der
international gültigen, insgesamt sechs Schwierigkeitsgrade umfassenden
Klassierungsskala, der sogenannten "Alpenskala" (die 1947 in Chamonix
auf Grund einer ähnlichen älteren Skala vereinbart worden ist), den
Schwierigkeitsgrad IV, stellenweise IV+, also "sehr schwierig" aufweist;
vergleichsweise bedeuten: Grad III "schwierig", V "überaus schwierig",
VI "äusserst schwierig". Im vierten Grad ist gute Klettertechnik und
einwandfreie Seilbedienung erforderlich; Haken und Karabiner werden
zur Sicherung, nicht aber zur Fortbewegung (im Unterschied zum V. und
VI. Grad) benötigt (vgl. an Stelle vieler: Eidenschink, Richtiges
Bergsteigen, Die Technik im Fels, 4. Auflage, München 1963, S. 49). Die
Bezeichnung IV+ (sogenannter "oberer Vierer") bedeutet, dass die obere
Grenze des Schwierigkeitsgrades erreicht wird, vor dem Übergang in den
unteren Bereich des fünften Grades (V-). Wie den Akten entnommen werden
kann, ist der Granitfels an der Badile-Kante sehr kompakt und rauh und
bietet viele natürliche Halte- und Sicherungsmöglichkeiten; Steinschlag
gibt es kaum. Die Kante ist auch im Durchschnitt nicht überaus steil;
sie weist zwar eine Höhendifferenz von 800 m auf, ist aber 1250 m
lang. Sie erfreut sich deshalb bei den Bergsteigern offenbar grosser
Beliebtheit und wird in der alpinistischen Literatur etwa als "ideale
Granitkletterei", "Genusskletterei" und "schönste Kante in Bergellgranit"
bezeichnet. Die Bergeller Kletterschule hat die Badile-Kante in ihr
Kursprogramm aufgenommen. Die Partie ist auch schon von verschiedenen
Sektionen des Schweizer Alpenclubs als Klubtour durchgeführt worden. Da
die Kletterpartie oftmals auch von Bergführern mit einzelnen Klienten
begangen wird, weist sie zahlreiche permanente Sicherungshaken auf.
Der Präsident der SAC-Sektion Bregaglia schätzt, dass jährlich mindestens
450 Personen über diese Nordkante den Piz Badile erklettern, wobei an
einzelnen Tagen über 30 Besteigungen gezählt werden. Auch am Unfalltag
waren mehrere Seilschaften unterwegs. Abstürze und nennenswerte Unfälle
haben sich, soweit bekannt, noch nie ereignet; lediglich ein auch von der
Anstalt angeführter kleinerer Unfall mit einer Quetschung als Folge hat
sich zugetragen. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Besteigung des
Piz Badile über die Nordkante nicht zu jenen verwegenen Waghalsigkeiten
gehört, die im voraus und ohne Rücksicht auf die konkreten Umstände als
Wagnisse zu bezeichnen sind.

Erwägung 5

    5.- Demnach ist zu prüfen, ob die konkreten Verumständungen - im
besonderen die persönlichen Fähigkeiten der Beteiligten und die Art
der Durchführung des Unternehmens - den objektiv vorhandenen Risiken
und Gefahren angemessen waren, damit diese auf ein vertretbares Mass
herabgesetzt wurden.

    Am 20. August 1968 war das Wetter im Bergell für eine derartige
Hochtour gut. Ebenso gaben Ausrüstung und Material der drei Seilgefährten
zu keinerlei Kritik Anlass; das ist unbestritten. Die drei Kletterer waren
auch auf Grund ihrer klettertechnischen Ausbildung und ihrer alpinistischen
Erfahrung für die Besteigung der Badile-Kante qualifiziert. Ohne Zweifel
gilt das für Siegfried Leeser selber, der von den anderen Teilnehmern
als der stärkste Kletterer und erfahrenste Alpinist der Dreierseilschaft
bezeichnet wird. Diese Überzeugung ist auch aus den Akten zu gewinnen,
hatte doch der Verunfallte wiederholt Hochtouren geleitet; es werden
glaubhaft zahlreiche Hochtouren und Kletterpartien genannt, die er
bewältigt hat und die zum Teil den technischen Schwierigkeitsgrad
der Badile-Kante übertreffen (z.B. Salbitschyn-Südgrat); es wird auch
immer wieder auf seine gute körperliche Verfassung hingewiesen. Das
gleiche gilt in wenig geringerem Masse von den beiden andern
Seilgefährten. Dr. Vital Frey wird in der massgeblichen Hinsicht als
schwächstes Mitglied der Seilschaft bezeichnet. Von ihm wird aber von
den Beschwerdeführerinnen unwidersprochen geltend gemacht, er habe -
nachdem er früher schon viel geklettert sei - im gleichen Sommer in
Pontresina einen Kletterkurs absolviert, bei dessen Abschluss ihm
der Kursleiter versichert habe, er wäre ohne weiteres in der Lage,
die Badile-Kante zu bewältigen. Als Zeuge sagte Dr. Frey aus, er habe
schon andere Kletterpartien vom Schwierigkeitsgrad IV und sogar eine
mit Grad V gemacht. Die Beschwerdegegnerin hat überdies nie vorgebracht,
die konkreten Anforderungen hätten die Grenze des Könnens der Teilnehmer
überschritten. Auch der verhältnismässig grosse Zeitbedarf lässt nicht den
Schluss zu, die Seilschaft sei der Tour nicht gewachsen und überfordert
gewesen. Die Anstalt räumt ein, die Kletterer seien zeitweise durch andere
Seilschaften behindert und zum Warten verurteilt gewesen und sie hätten
zudem längere Rasthalte eingeschaltet. Ferner ist unbestritten, dass
eine Dreierseilschaft im Fels langsamer aufsteigt als eine Zweierpartie,
dass dagegen die Sicherheit der Dreiergruppe grösser ist. Somit gingen im
vorliegenden Fall Leute ans Werk, welche den Anforderungen, die an einen
Erkletterer der Badile-Kante zu stellen sind, hinsichtlich Fähigkeiten,
Vorbereitung und Ausrüstung genügten. Sie sind auch nach den Regeln der
alpinistischen Technik und Kunst sowie mit der notwendigen Vorsicht
vorgegangen. Siegfried Leeser und seinen Seilgefährten fallen mithin
weder mangelhafte Fähigkeiten im Hinblick auf die in Angriff genommene
Kletterpartie noch Unzulänglichkeiten in der Durchführung des Unternehmens
zur Last. Aus diesen Gründen stellt die Besteigung des Piz Badile über
die Nordkante durch den Verunfallten und seine Begleiter auch in concreto
kein Wagnis im Sinne des Gesetzes und der Rechtsprechung dar.

Erwägung 6

    6.- Auch die Vorinstanz ist zum Schluss gelangt, das Unternehmen als
Ganzes sei im vorliegenden Fall kein Wagnis gewesen. Sie ist jedoch der
Auffassung, Siegfried Leeser sei oberhalb des "Bruches" unmittelbar vor
dem Unfall ein Wagnis eingegangen, indem er 15 m frei über die eigene
Sicherung hinausgeklettert sei und damit das Risiko eines Absturzes von
doppelter Seillänge wissentlich auf sich genommen habe.

    Beide Parteien beanstanden diese vorinstanzliche Betrachtungsweise,
welche den Wagnistatbestand auf den Kletterabschnitt oberhalb des
"Bruches" beschränkt. Sie argumentieren, die unternommene Kletterpartie
sei in ihrer Gesamtheit einheitlich zu würdigen und es gehe nicht an,
bestimmte Einzelhandlungen im Rahmen des gesamten rechtserheblichen
Handlungsablaufes unter dem Gesichtspunkt des Wagnisses zu prüfen.

    a) Weder die Auffassung der Vorinstanz noch die der Parteien
ist generell richtig. Denn es lässt sich nicht für ein und allemal
entscheiden, ob ein geschlossener, längerer Handlungsablauf oder bloss
einzelne Handlungsabschnitte im Rahmen des gesamten rechtserheblichen
Tatsachenablaufes unter dem Gesichtspunkt des Wagnisses zu betrachten
seien. Die Frage ist nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalles,
also kasuistisch, zu entscheiden. Wenn - wie hier - eine ganze
Kletterpartie von längerer Dauer grundsätzlich auch kein Wagnis darstellt,
so ist es dennoch möglich, dass in einzelnen Handlungsabschnitten
Wagnisse eingegangen werden, dass bestimmte Einzelhandlungen sich als
Wagnisse erweisen, so wenn sich beispielsweise die handelnden Personen
entschliessen, an einer bestimmten Stelle entgegen den Regeln der Kunst
auf übliche Sicherungen zu verzichten oder eine riskante Abkürzung an
Stelle der Normalroute einzuschlagen. Massgebend ist, wann innerhalb
des gesamten Handlungsablaufes die den Wagnisbegriff kennzeichnenden
Gefahren sich manifestiert haben und die handelnden Personen noch die
Freiheit hatten, sich zu entscheiden, diese Gefahren und Risiken auf sich
zu nehmen oder nicht. Denn innerhalb eines komplexen Handlungsablaufes sind
- wenn auch die Entscheidungsfreiheit im gesamten eingeschränkt sein mag
- noch immer zahlreiche Entscheidungen zu treffen und Einzelhandlungen
auszuführen, die sich in der rechtlichen Würdigung gegebenenfalls als
Wagnisse qualifizieren. Solange die Rechtsprechung den Wagnischarakter
einer Kletterpartie aus dem Gesichtswinkel des Durchschnittskletterers
beurteilt hat, mochte die einheitliche Betrachtungsweise eines Unternehmens
als Wagnis generell richtig sein. Im Lichte der neueren Konkretisierung
des Wagnisbegriffes kann nach den Gegebenheiten des Einzelfalles auch
die besondere Würdigung einzelner Handlungen oder Handlungsabschnitte
zutreffen.

    b) Im vorliegenden Fall ist der vorinstanzlichen Auffassung,
wonach für die Seilschaft beim "Bruch" das Wagnis begonnen habe, nicht
beizupflichten. Vorab sei festgehalten, dass der kritische Kletterabschnitt
oberhalb des "Bruches" - gemäss den Routenbeschreibungen - durchaus nicht
etwa die klettertechnisch schwierigste Stelle des ganzen Aufstieges
darstellt, wie die Vorinstanz offenbar annimmt. Die diesbezügliche
Rüge der unrichtigen Feststellung des Sachverhaltes, welche die
Beschwerdeführerinnen erheben, ist berechtigt. Jedoch kommt dieser Rüge
keine materielle Bedeutung zu, können doch die handelnden Personen nach
dem Gesagten auch an klettertechnisch weniger schwierigen Stellen Wagnisse
eingehen. Der hauptsächliche Grund dafür, das der Kletterabschnitt oberhalb
des "Bruches" nicht gesondert zu betrachten ist, liegt anderswo: die
Ereignisse im fraglichen Kletterabschnitt unmittelbar vor dem Unfall sind
im Rahmen des ganzen Kletterunternehmens nicht etwas Aussergewöhnliches
gewesen; denn es gehört zu den voraussehbaren Risiken einer derartigen
Kletterpartie, dass sich ein Seilgefährte versteigt. Die Reaktion
Siegfried Leesers auf das Versteigen seines führenden Kameraden - nämlich
das überholende Aufsteigen, um Peter Schaufelberger das gefährlichere
und zeitraubendere Zurücksteigen zu ersparen - war durchaus üblich und
angemessen und ausserdem kameradschaftlich. Jedenfalls könnte keineswegs
nachgewiesen oder gestützt auf die Aktenlage angenommen werden, Siegfried
Leeser sei in dieser Phase des Unternehmens nicht lege artis vorgegangen
oder besonders waghalsig gewesen. Es bleibt somit auch mit Bezug auf den
Abschnitt seit der letztmaligen Übernahme der Seilschaftsführung durch
Siegfried Leeser dabei, dass ein den Versicherungsschutz ausschliessendes
Wagnis nicht vorliegt.

Erwägung 7

    7.- Nachdem das Verhalten Siegfried Leesers unter den konkreten
Verumständungen nicht als Wagnis zu qualifizieren und schon aus diesem
Grunde die Leistungspflicht der Anstalt gegeben ist, kann offenbleiben,
ob eine Rettungshandlung des Verunfallten zu Gunsten seines Kameraden
vorliege und ob die Anstalt aus diesem Grunde haften würde.

    Dagegen bleibt zu prüfen, ob Siegfried Leeser grobfahrlässig
gehandelt habe, als er beim "Bruch" rund 15 m über den Sicherungshaken
hinaus geklettert ist, um seinen Kameraden neu zu sichern und
nachsteigen zu lassen. In diesem Zusammenhang ist zunächst die
unrichtige Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz, welche in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zutreffend beanstandet wird, auf Grund
der Zeugenaussagen zu berichtigen: "Oberhalb des 'Bruches' schlug er
(sc. Leeser) einen Haken ein und stieg 15 m höher, ohne sich weiter
zu sichern." Siegfried Leeser schlug selber keinen Haken ein, sondern
sicherte am bestehenden Felshaken und kletterte dann weiter den Grat
empor, wie es dem Führer der Seilschaft an jener Stelle oblag. Denn
der erste Mann der Seilschaft muss nach erfolgter Sicherung immer bis
zur nächsten Sicherungsmöglichkeit frei klettern und kann nicht das Seil
vorausschicken. Nach den gesamten Umständen ist anzunehmen, an jener Stelle
werde - wie übrigens im ganzen Aufstieg - mit Hilfe der permanenten Haken
und ohne zusätzliche Sicherungshaken geklettert. Das erhellt aus einem
überzeugenden Vorbringen des Anwaltes der Beschwerdeführerinnen:

    "... wenn nämlich auch nur einer der unzähligen Bergsteiger, die
diese Stelle vor Leeser überwunden haben, das Bedürfnis nach einer
Zwischensicherung empfunden hätte, so hätte er hier einen Felshaken
eingeschlagen und stecken gelassen. Das hätten insbesondere auch die
Führer getan, die die Kante in ihr Kursprogramm aufnehmen und regelmässig
besteigen. Diese Führer haben nämlich das grösste Interesse, ihre Klienten
sicher und rasch über den Berg zu führen ..."

    Es besteht deshalb kein Anlass zur Annahme, Siegfried Leeser habe
in jener Phase des Unternehmens, unmittelbar vor seinem Unfall, eine
für diesen kausale, pflichtwidrige Unvorsichtigkeit begangen; er hat
mithin nicht grobfahrlässig gehandelt, weshalb kein Grund zur Kürzung
der Versicherungsleistungen gemäss Art. 98 Abs. 3 KUVG besteht...

Entscheid:

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: I. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene
kantonale Entscheid sowie die Verfügung der SUVA werden aufgehoben.

    II.  Die Akten werden der SUVA zugestellt, damit sie die gesetzlichen
Versicherungsleistungen in einer neuen anfechtbaren Verfügung festsetze.