Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 I 831



97 I 831

118. Urteil vom 22. Dezember 1971 i.S. X. gegen Aufsichts kommission
über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich. Regeste

    Disziplinarrecht der Anwälte. Verletzung des Berufsgeheimnisses.

    Der Entscheid, mit dem ein Anwalt disziplinarisch bestraft
wird, ist kein Straferkenntnis im Sinne von Art. 268 Ziff. 3 BStP
(Erw. 1). Verhältnis des kantonalen Disziplinarrechts zum eidgenössischen
Strafrecht. Art. 321 StGB schliesst die disziplinarische Ahndung der
Verletzung des Berufsgeheimnisses der Anwälte nicht aus (Erw. 2).

    Zum Begriff des Berufsgeheimnisses und der unzulässigen Offenbarung
desselben (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Das Zürcher Anwaltsgesetz vom 3. Juli 1938 (AnwG) bestimmt in §
14 Abs. 1:

    "Der Rechtsanwalt wahrt Geheimnisse, die ihm um seines Berufes willen
anvertraut werden oder die er bei Ausübung seines Berufes wahrnimmt. Er
legt diese Pflicht auch seinen Mitarbeitern und Angestellten auf und
wacht über ihre Erfüllung."

    B.- Dr. X., Rechtsanwalt in Zürich, war seit Juli 1969 Berater und
Vertreter der in Klosters wohnhaften Frau Y. in deren Auseinandersetzungen
mit ihrem Ehemann, wobei er mit Rücksicht auf die von ihr angeführten
besonderen Umstände sich zunächst mit einem Kostenvorschuss von Fr. 7500.--
begnügte. Nachdem er ihr am 25. März 1970 für seine bisherigen Bemühungen
mit Fr. 91 917.25 Rechnung gestellt und die Erbringung weiterer
Leistungen von der Bezahlung der Hälfte der Rechnung abhängig gemacht
hatte, bestritt Frau Y. die Angemessenheit dieser Honorarforderung und
wechselte den Anwalt.

    Mit Eingabe vom 9. November 1970 ersuchte Dr. X. die
Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich (AK), ihm die
Einleitung der sich aufdrängenden Verfahren zur einwandfreien Abklärung
der Zusammenhänge sowie zur rechtlichen Einforderung seines Honorars zu
ermöglichen "durch die sofortige Entbindung vom Anwaltsgeheimnis sowie
von allen üblichen standesrechtlichen Loyalitätsverpflichtungen". Zur
Begründung machte er Ausführungen über Frau Y. und ihren Charakter und
behauptete, sie habe ihn mit raffinierten Mitteln und Manövern dazu
gebracht, ohne hinreichenden Vorschuss für sie tätig zu sein. Von dieser
Eingabe verschickte er Kopien an den Rechtsanwalt, dem Frau Y. das ihm
entzogene Mandat übertragen hatte, an zwei weitere Rechtsanwälte, an
die Bündner Anwaltskammer sowie an die Gebührenkommission des Vereins
Zürcher Rechtsanwälte.

    Die AK ermächtigte Dr. X. mit Beschluss vom 2. Dezember 1970,
sein Berufsgeheimnis inbezug auf Frau Y. gegenüber den zuständigen
Gerichten insoweit zu offenbaren, als dies für die Begründung seiner
Honorarforderung notwendig erscheine. Dagegen sei die AK nicht legitimiert,
noch würde es sich rechtfertigen, ihn von seinen "standesrechtlichen
Loyalitätsverpflichtungen" zu entbinden. In einem besonderen Verfahren
werde zu prüfen sein, ob er durch Versenden seiner Eingabe vom 9. November
1970 an Dritte nicht sein Berufsgeheimnis verletzt habe.

    In seiner Vernehmlassung zu dieser Frage machte Dr. X. vor allem
geltend, dass Art. 321 StGB die Verletzung des Berufsgeheimnisses
abschliessend regle und für den Disziplinartatbestand des § 14 AnwG
keinen Raum lasse. Er bestritt ferner, dass die Eingabe Berufsgeheimnisse
enthalte, deren Bekanntgabe an Dritte unzulässig gewesen wäre.

    Mit Beschluss vom 1. September 1971 auferlegte die AK Dr. X. eine
Ordnungsbusse von Fr. 400.--. Die Begründung dieses Entscheids
lässt sich wie folgt zusammenfassen: § 14 AnwG sei eine Norm des
Verwaltungsstrafrechts, zu deren Erlass der Kanton Zürich gemäss
Art. 64 und 31 Abs. 2 BV befugt gewesen sei. Art. 321 StGB enthalte nach
der ständigen Rechtsprechung der AK sowie nach der in der Rechtslehre
überwiegend vertretenen Auffassung keine abschliessende Ordnung, da diese
Bestimmung private Interessen schütze und dem öffentlichen Interesse
des Staates an der Erhaltung der Vertrauenswürdigkeit der Anwälte nicht
hinreichend Rechnung trage. Dr. X. habe mit der Zustellung von Kopien
seiner Eingabe vom 9. November 1970 an Dritte diese über Dinge orientiert,
die in die Persönlichkeits- und Geheimsphäre seiner Klientin gefallen
seien, sie in ein übles Licht gestellt hätten und den Empfängern der
Eingabe sonst nicht bekannt geworden wären (wird näher ausgeführt). Dem
Beschuldigten sei zugute zu halten, dass er über das Verhalten seiner
Klientin offensichtlich empört gewesen sei und dass angesichts des Kreises
der Personen, denen gegenüber er die Geheimhaltungspflicht verletzt
habe, kein besonders krasser Fall vorgelegen haben möge. Doch gehöre die
Beobachtung der Geheimhaltungspflicht zu den grundlegenden Obliegenheiten
des Anwalts, deren Verletzung nicht leicht wiege, weshalb sich, nachdem
Dr. X. bereits am 3. Juni 1970 wegen Verletzung der Standespflichten und
Standeswürde mit Fr. 200.-- gebüsst worden sei, eine Ordnungsbusse von
Fr. 400.-- rechtfertige.

    C.- Gegen diesen Entscheid der AK hat Dr. X. beim Bundesgericht
gleichzeitig eine Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 268 ff. BStP und eine
staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte
eingereicht. Mit beiden Rechtsmitteln wird Verletzung der derogatorischen
Kraft des Bundesrechts sowie Verletzung des Art. 4 BV durch rechtsungleiche
Behandlung und Willkür geltend gemacht. Die nähere Begründung dieser
Rügen ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachstehenden Erwägungen.

    D.- Mit Urteil vom 23. November 1971 ist der Kassationshof auf die
Nichtigkeitsbeschwerde wegen Verspätung nicht eingetreten.

    E.- Die Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich
beantragt sinngemäss Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Da der Kassationshof auf die gegen den Entscheid der AK erhobene
Nichtigkeitsbeschwerde wegen Verspätung nicht eingetreten ist, brauchte
er nicht zu prüfen, ob und gegebenenfalls inwieweit diese Beschwerde im
übrigen zulässig gewesen wäre. Wie es sich damit verhält, ist daher von
der staatsrechtlichen Kammer zu entscheiden, denn nach Art. 84 Abs. 2
OG ist die staatsrechtliche Beschwerde nur insoweit zulässig, als die
behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel
beim Bundesgericht oder einer andern Bundesbehörde gerügt werden kann.

    Die Beschwerde macht in erster Linie geltend, dass Art. 321 StGB die
Verletzung des Berufsgeheimnisses der Rechtsanwälte abschliessend regle, §
14 AnwG bundesrechtswidrig sei und die aufgrund dieser Bestimmung erfolgte
disziplinarische Bestrafung des Beschwerdeführers gegen den Grundsatz der
derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 Üb.-Best. zur BV) verstosse.
Damit wird eine Verletzung eidgenössischen Rechts im Sinne des Art. 269
Abs. 1 BStP gerügt. Der Umstand, dass die Zürcher Aufsichtsbehörde über
die Rechtsanwälte kein Gericht, sondern eine Verwaltungsbehörde ist,
schliesst die Zulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht aus, da diese
sich nach Art. 12 Abs. 1 und 268 Ziff. 3 BStP auch gegen Straferkenntnisse
kantonaler Verwaltungsbehörden richten kann. Fragen kann sich nur, ob der
angefochtene Entscheid ein Straferkenntnis im Sinne dieser Bestimmungen
sei. Das ist zu verneinen.

    § 22 AnwG bezeichnet zwar die Sanktionen, mit denen Verstösse gegen
die Pflichten der Rechtsanwälte zu ahnden sind, als Disziplinarstrafen
und Strafen. Die Anwendbarkeit des Art. 268 BStP hängt jedoch nicht
von der Bezeichnung, sondern von der rechtlichen Natur der Sanktion
ab. Aus diesem Gesichtspunkt sind Disziplinar- und Ordnungsstrafen
keine Strafen im Sinne des Strafrechts (so für Ordnungsstrafen: BGE
72 I 255), Die Disziplinarstrafe ist in erster Linie administratives
Zwangsmittel und bezweckt die Aufrechterhaltung von Zucht und Ordnung
innerhalb des besonderen Personenkreises, für den das Disziplinarrecht
gilt (BGE 73 I 290; FLEINER-GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht S. 691/92;
GERMANN, Komm. zum StGB N. 3 der Vorbemerkungen zu Art. 1-100; DUBACH, Das
Disziplinarrecht der freien Berufe, ZSR 1951 S. 6 ff.). Der Kassationshof
hat denn auch Nichtigkeitsbeschwerden gegen Entscheide, mit denen ein
Anwalt disziplinarisch bestraft wurde, als unzulässig erklärt, da sie
nicht gegen ein Straferkenntnis im Sinne von Art. 268 BStP gerichtet
seien (nicht veröffentlichte Urteile vom 17. Mai 1946 i.S. Pfister c.
Basel-Stadt und vom 20. August 1947 i.S. Krafft c. Vaud). Kann der mit
der vorliegenden Beschwerde angefochtene Entscheid der AK demnach nicht
Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde sein, so ist auf die staatsrechtliche
Beschwerde auch insoweit einzutreten, als damit Verletzung des Grundsatzes
der derogatorischen Kraft des Bundesrechts gerügt wird. Für die daneben
erhobenen Rügen der Willkür und rechtsungleichen Behandlung kommt von
vorneherein nur die staatsrechtliche Beschwerde in Betracht (BGE 81 IV
118 E. 1, 84 IV 140 E. 1, 91 I 34 E. 1, 96 IV 98).

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer behauptet, Art. 321 StGB regle die Verletzung
des Berufsgeheimnisses der Rechtsanwälte abschliessend und lasse für
kantonales Disziplinarstrafrecht wie das im Zürcher AnwG enthaltene keinen
Raum. Ob ein kantonaler Rechtssatz oder die ihm gegebene Auslegung mit
dem Bundesrecht vereinbar sei, hat das Bundesgericht nicht nur unter dem
beschränkten Gesichtswinkel der Willkür, sondern frei zu prüfen (BGE 96
I 716 E. 2 am Ende und dort angeführte frühere Urteile).

    a) Das Disziplinarstrafrecht steht, wie GERMANN (aaO) ausführt,
ausserhalb des Strafrechts. Der Grundsatz "nulla poena sine lege"
(Art. 1 StGB) ist daher im Disziplinarstrafrecht nicht anwendbar,
sofern dieses ihn nicht selber aufstellt, und das gleiche gilt für
die Verjährungsbestimmungen des StGB (BGE 73 I 290). Die gegenseitige
Unabhängigkeit von Disziplinarstrafrecht und gemeinem Strafrecht
kommt auch darin zum Ausdruck, dass der Grundsatz "ne bis in idem"
im Verhältnis zwischen ihnen nicht gilt (DUBACH aaO S. 109a ff.;
SCHWANDER, StGB S. 16 Nr. 25). Die strafrechtliche Ahndung eines
bestimmten Verhaltens schliesst eine disziplinarische Verfolgung nicht
nur nicht aus, sondern fordert sie meist geradezu, wenn das Verhalten
auch die disziplinarrechtliche Ordnung des Personenkreises verletzt,
dem der Täter angehört (DUBACH aaO S. 48a). Dass der Strafrichter im
Falle schwerer Vergehen oder Verbrechen einem Rechtsanwalt gemäss Art. 54
StGB für höchstens 5 Jahre die Berufsausübung untersagt oder aber von
einem solchen Verbot absieht, hindert die Disziplinarbehörde nicht,
ihrerseits die erteilte Berufsbewilligung auf längere Zeit oder dauernd
zu entziehen, und die in Art. 79 StGB inbezug auf das richterliche
Berufsverbot vorgesehene Rehabilitation hat nicht zur Folge, dass die
administrative Berufsbewilligung wieder auflebt; diese muss vielmehr neu
nachgesucht werden (BGE 71 I 378 E. 3).

    b) Aus dieser gegenseitigen Unabhängigkeit von eidgenössischem Straf-
und kantonalem Disziplinarstrafrecht folgt, dass es dem kantonalen
Gesetzgeber nicht verwehrt ist, die Bewahrung des in Art. 321
StGB geschützten Berufsgeheimnisses der Rechtsanwälte ihnen auch im
Anwaltsgesetz zur Pflicht zu machen und für die Verletzung dieser Pflicht
disziplinarische Sanktionen vorzusehen, wie es durch § 14 Abs. 1 und §
22 des Zürcher Anwaltsgesetzes geschehen ist. Das kantonale Recht könnte
dabei den Begriff des Berufsgeheimnisses wohl auch in einer andern,
engeren oder weiteren Sinne verwenden als Art.321 Ziff. 1 StGB. Fraglich
mag sein, ob § 14 Abs. 2 AnwG, wonach der Rechtsanwalt zur Offenbarung
eines Berufsgeheimnisses auch dann befugt ist, wenn es ihm "ein höheres
Interesse notwendig erscheinen lässt", mit Art. 321 StGB vereinbar
ist, dessen Ziff. 2 die Straflosigkeit der Offenbarung nur vorsieht
bei Einwilligung des Berechtigten oder schriftlicher Bewilligung der
Aufsichtsbehörde (vgl. GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht S. 617
Anm. 35c und GIACOMETTI, ZBl 44/1945 S. 316). Dagegen verstösst §
14 Abs. 1 AnwG nicht gegen Art. 321 StGB und ist eine disziplinarische
Ahndung der Verletzung des Berufsgeheimnisses der Rechtsanwälte, sei es
neben einer Bestrafung gemäss Art. 321 StGB oder ohne solche, keineswegs
bundesrechtswidrig. Die Verletzung des Berufsgeheimnisses der Anwälte
stellt, wie MARTIN-ACHARD (La discipline des professions libérales, ZSR
1951 S. 272a) zutreffend bemerkt, gleichzeitig ein Vergehen und einen
Disziplinarfehler dar und kann zu einer doppelten Sanktion führen. Dagegen
vermag auch die Berufung des Beschwerdeführers auf GIACOMETTI, ZBl 45/1944
S. 314 ff. nicht aufzukommen. Dieser erklärt übrigens lediglich, § 14
AnwG habe, soweit er das Anwaltsgeheimnis nicht inhaltlich gleicherweise
wie Art. 321 StBG normiere, "keine selbständige rechtliche Bedeutung mehr"
und sei, soweit er mit Art. 321 StGB im Widerspruch stehe, aufgehoben,
behauptet aber nicht, dass das Bundesrecht eine disziplinarische
Ahndung der Verletzung des Berufsgeheimnisses ausschliesse. Die Rüge
der Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts erweist sich
demnach als unbegründet.

Erwägung 3

    3.- Gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit soll § 14 Abs. 1
AnwG nach Auffassung des Beschwerdeführers deshalb verstossen, weil
das Zürcher Recht für die andern in Art. 321 StGB aufgezählten Berufe
wie insbesondere Notare und Medizinalpersonen, keine Bestimmungen über
die Wahrung des Berufsgeheimnisses und keine Sanktionen für dessen
Verletzung enthalte. Diese Rüge ist schon deshalb unbegründet, weil,
wie in der Beschwerdeantwort ausgeführt wird, Notare als Beamte zur
Verschwiegenheit verpflichtet sind und als solche bei Verletzung dieser
Pflicht disziplinarisch bestraft werden können, während die im kantonalen
Gesetz über das Gesundheitswesen genannten Medizinalpersonen bei Verstoss
gegen die beruflichen Pflichten, zu denen auch die Verschwiegenheitspflicht
gehört, nach diesem Gesetz disziplinarisch bestraft werden können. Davon
abgesehen ist es aus dem Gesichtspunkt des Art. 4 BV nicht zu
beanstanden, wenn ein Kanton die disziplinarische Ahndung der Verletzung
des Berufsgeheimnisses nicht für alle in Art. 321 StGB aufgezählten
Berufe genau gleich regelt, da die tatsächliche und rechtliche Stellung
der Angehörigen dieser Berufe nicht in jeder Beziehung übereinstimmt.

Erwägung 4

    4.- Ist § 14 Abs. 1 AnwG demnach nicht verfassungswidrig, so kann
sich nur noch fragen, ob die AK diese Bestimmung willkürlich ausgelegt
oder angewendet habe, d.h. ob der angefochtene Entscheid mit dem klaren
Wortlaut und Sinn des § 14 Abs. 1 AnwG unvereinbar, mit sachlichen Gründen
nicht mehr zu vertreten ist. Das hat der Beschwerdeführer nicht dargetan.

    Die Eingabe an die AK vom 9. November 1970, von welcher Kopien an
fünf Dritte gesandt wurden, enthielt eingehende Ausführungen über das
Zustandekommen des dem Beschwerdeführer von Frau Y. erteilten Mandates,
Angaben über ihre und ihres Ehemanns ökonomische Verhältnisse sowie eine
moralische Kritik ihres Verhaltens gegenüber dem Beschwerdeführer. Die
Annahme der AK, dass es sich dabei um Berufsgeheimnisse im Sinne des §
14 AnwG gehandelt habe, erscheint als zutreffend und hält jedenfalls
dem Vorwurfe der Willkür stand. Die Geheimhaltungspflicht als Grundlage
des Vertrauensverhältnisses zwischen Klient und Anwalt erstreckt sich
nicht nur auf eigentliche Geheimnisse, sondern auf alles, was der Anwalt
aufgrund seines Mandates wahrnimmt und erfährt, und dazu gehört auch das
Verhalten des Klienten gegenüber dem Anwalt selbst. Aus dem Gesichtspunkt
der Willkür nicht zu beanstanden ist weiter die Annahme der AK, in der
Zustellung von Kopien der Eingabe an fünf Dritte liege eine Verletzung
des Berufsgeheimnisses. Da der Beschwerdeführer mit der Eingabe vor allem
die Befreiung vom Anwaltsgeheimnis zur rechtlichen Geltendmachung seiner
Honorar- und Spesenforderung nachsuchte, kann man sich fragen, ob nicht
schon in der Eingabe selbst eine Geheimnisverletzung liegt, denn fast
alles, was er darin ausführt, war völlig überflüssig für die Geltendmachung
seines Guthabens. Für die Honorarfestsetzung sind nur Angaben über den
Umfang der geleisteten Arbeit und das Streitinteresse nötig; Ausführungen
über den Charakter des Klienten und über sein Verhalten gegenüber dem
Anwalt erübrigen sich. Wie dem auch sei, so erscheint, jedenfalls
die Mitteilung der Eingabe an Dritte als Geheimnisverletzung. Wäre
ein Anwalt befugt, sich in der Weise, wie es der Beschwerdeführer
getan hat, bei Dritten über einen Klienten zu äussern, so würde damit
eine der wesentlichen Voraussetzungen des Vertrauensverhältnisses
zwischen Klient und Anwalt entfallen. Unbehelflich ist der Einwand des
Beschwerdeführers, die AK habe ihn in Wirklichkeit nicht wegen Verletzung
der Geheimhaltungspflicht, sondern wegen Ehrverletzung bestraft. Inwieweit
seine Äusserungen über die Klientin ehrverletzend sind, hat die AK nicht
geprüft und ist auch vom Bundesgericht nicht zu prüfen, da in ihnen, wie
nach dem Gesagten ohne jede Willkür angenommen werden kann, jedenfalls
eine Verletzung des Berufsgeheimnisses im Sinne von § 14 AnwG liegt, welche
die ausgefällte Ordnungsbusse von Fr. 400.-- ohne weiteres rechtfertigt.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.