Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 I 820



97 I 820

117. Auszug aus dem Urteil vom 23. Dezember 1971 i.S. Baenziger gegen
Aargau, Grosser Rat. Regeste

    Art. 25 Abs. 1 lit. b aarg. KV; Art. 85 lit. a OG; Finanzreferendum,
Ersatzbeschaffung für eine veraltete Datenverarbeitungsanlage.

    1.  Auch im Kanton Aargau sind nur die "neuen", nicht auch die
"gebundenen" Ausgaben dem obligatorischen Finanzreferendum unterstellt
(Erw. 3).

    2.  Begriff der "gebundenen" Ausgabe; Abgrenzung zur "neuen" Ausgabe
(Erw. 4).

    3.  Massgebende Kriterien für den Entscheid darüber,
ob die Aufwendungen zur Ersatzbeschaffung für eine veraltete
Datenverarbeitungsanlage als "neue" oder als "gebundene" Ausgabe zu
behandeln sind (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Nach Art. 33 Abs. 1 lit. f der aargauischen Kantonsverfassung (KV)
ist der Grosse Rat befugt, endgültig "über eine neue einmalige Ausgabe
für einen bestimmten Zweck bis auf den Betrag von 250'000 Franken, sowie
über eine jährlich wiederkehrende neue Ausgabe bis auf den Betrag von
25'000 Franken" zu entscheiden. "Schlussnahmen des Grossen Rates über
eine einmalige Ausgabe für einen bestimmten Zweck von mehr als 250'000
Franken, sowie über neue jährlich wiederkehrende Ausgaben von mehr als
25'000 Franken" unterstehen demgegenüber dem Finanzreferendum (Art. 25
Abs. 1 lit. b KV).

    B.- Im April 1961 beschloss der Regierungsrat des Kantons Aargau,
in der Staatsverwaltung die elektronische Datenverarbeitung (EDV)
einzuführen. Mit Botschaft vom 21. Februar 1963 ersuchte er den Grossen
Rat um Bewilligung eines Kredits von Fr. 800'000.-- zur Anschaffung einer
EDV-Anlage Typ UNIVAC-UCT mit gebrauchter Zentraleinheit, Baujahr 1960
(Neupreis Fr. 1'430,000.--). In der Begründung dieses Antrags führte der
Regierungsrat unter anderem aus, die Verwaltung bedürfe zur Erfüllung der
ihr übertragenen Aufgaben (Art. 37 in Verbindung mit Art. 39 lit. b KV)
ausreichender personeller und sachlicher Mittel. Nach der bisherigen
Praxis würden die hiefür erforderlichen Aufwendungen, mit Ausnahme der
staatlichen Hochbauten, entweder auf dem Budgetweg oder durch besonderen
Grossratsbeschluss - also ohne Berücksichtigung des Finanzreferendums -
bewilligt. Es erscheine deshalb folgerichtig, auch den Kredit für die
Anschaffung einer EDV- Anlage, die ja nichts anderes als eine Büromaschine
grössten Ausmasses darstelle, abschliessend durch den Grossen Rat
bewilligen zu lassen.

    Am 30. April 1963 schloss sich der Grosse Rat dieser Betrachtungsweise
an und stimmte der Vorlage mit 98 Stimmen ohne Gegenstimme zu. Auf Antrag
des Regierungsrats bewilligte der Grosse Rat sodann am 2. Dezember 1968
einen Kredit von Fr. 159'810.-- für die Erweiterung des Maschinenparks
der EDV-Anlage.

    C.- Mit Botschaft vom 22. April 1971 stellte der Regierungsrat
dem Grossen Rat Antrag auf Bewilligung eines Verpflichtungskredits
von Fr. 5'000,000.-- zur Beschaffung eines Computers Siemens
4004/135. Gleichzeitig schlug er vor, die hiefür notwendigen
Zahlungskredite in die Nachtragskredite 1971, II. Teil, sowie in die
Voranschläge 1972 und 1973 einzustellen. Zur Begründung führte er aus,
es gehe - anders als im Jahre 1963 - nicht mehr um die Einführung der
EDV, sondern um den Ersatz des inzwischen veralteten Systems UNIVAC-UCT,
wobei die Datenverarbeitung bis zu einem gewissen Grade ausgebaut werden
solle. Der Grundsatzentscheid über die EDV sei im Jahre 1963 mit der
Beschaffung des UCT-Systems gefällt worden. Selbst wenn man annehmen
wollte, dass der entsprechende Beschluss seinerzeit dem Finanzreferendum
hätte unterstellt werden müssen, so betreffe der nunmehr verlangte Kredit
fraglos eine gebundene, dem Finanzreferendum nicht unterliegende Ausgabe,
denn die Beschaffung des vorgeschlagenen Systems stelle bloss "die logische
Fortsetzung der bisherigen Politik" dar.

    Am 29. Juni 1971 beschloss der Grosse Rat nach reger Diskussion mit
162 Stimmen Eintreten auf die Vorlage; auf einen Rückweisungsantrag von
Grossrat Baenziger entfielen 5 Stimmen. Hierauf stimmte der Rat dem
Kreditbegehren mit 109 Stimmen zu; ein Antrag auf Durchführung einer
Volksabstimmung vereinigte 50 Stimmen auf sich.

    D.- Grossrat Baenziger führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem
Antrag, den Beschluss des Grossen Rats vom 29. Juni 1971 "gestützt
auf Art. 25 Abs. 1 lit. b und Art. 33 Abs. 1 lit. f KV" aufzuheben. Die
Beschwerdebegründung ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachfolgenden
Erwägungen.

    E.- Der Grosse Rat, vertreten durch den Regierungsrat, beantragt die
Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene
Kreditbeschluss betreffe eine Neuanschaffung, welche die endgültige
Finanzkompetenz des Grossen Rats übersteige (Art. 33 Abs. 1 lit. f
KV); der Beschluss, auf eine Volksabstimmung zu verzichten, sei daher
verfassungswidrig. Damit rügt der Beschwerdeführer sinngemäss eine
Verletzung der politischen Stimmberechtigung (Art. 85 lit. a OG). Hierzu
ist er als aargauischer Stimmbürger unbekümmert um seine Stellung als
Mitglied des Grossen Rats ohne weiteres legitimiert (vgl. BGE 97 I 31
Erw. 2).

Erwägung 3

    3.- Der angefochtene Kreditbeschluss betrifft eine "Ausgabe" im
Sinne von Art. 25 Abs. 1 lit. b bzw. Art. 33 Abs. 1 lit. f KV und nicht
eine blosse Kapitalanlage, die dem obligatorischen Finanzreferendum zum
vorneherein nicht unterliegen würde (vgl. BGE 93 I 318 ff., Erw. 5/6).

    Der Wortlaut von Art. 25 Abs. 1 lit. b KV könnte zwar - für sich
allein betrachtet - darauf schliessen lassen, jede einmalige Ausgabe
für einen bestimmten Zweck von mehr als Fr. 250'000.-- unterliege dem
obligatorischen Finanzreferendum. Aus der Entstehungsgeschichte und
aus dem Sinn der genannten Verfassungsbestimmung ergibt sich jedoch,
dass auch im Kanton Aargau bloss Beschlüsse über "neue", nicht auch über
"gebundene" Ausgaben dem Stimmbürger vorzulegen sind.

    Die Vorschrift von Art. 25 Abs. 1 lit. b der heute in Kraft stehenden
Verfassung aus dem Jahre 1885 ersetzte die Bestimmung des Art. 46 Abs. 1
der Verfassung 1870, wo ausdrücklich von "neuen" Ausgaben die Rede ist. Die
Streichung des Wortes "neu" in Art. 25 Abs. 1 lit. b der Verfassung 1885
beruht jedoch auf einem offensichtlichen Versehen des Gesetzgebers, der die
Regelung in Art. 46 Abs. 1 der Verfassung aus dem Jahre 1870 anlässlich
der Revision nachgewiesenermassen nicht abändern wollte (vgl. G. BUSER,
in: "Das Finanzreferendum im Kanton Aargau", S. 20 und H. NEF, ibid.,
S. 59/60). Wohl ist der Wille des Gesetzgebers für die Auslegung einer Norm
allein nicht entscheidend, wenn er im Wortlaut der fraglichen Bestimmung
keinen Ausdruck gefunden hat (BGE 95 I 511 mit Verweisungen). Er bildet
indessen ein Auslegungselement und darf bei der Ermittlung des Sinngehalts
einer auslegungsbedürftigen Vorschrift mitberücksichtigt werden. Art. 25
Abs. 1 lit. b KV bildet das Gegenstück zu Art. 33 Abs. 1 lit. f KV,
welche Bestimmung von den Finanzkompetenzen des Grossen Rats handelt und
vorsieht, dass diesem der endgültige Entscheid über eine "neue, einmalige
Ausgabe für einen bestimmten Zweck bis auf den Betrag von Fr. 250'000.--"
zusteht. Daraus und aus dem Umstand, dass sich auch in der Kompetenzordnung
für die jährlich wiederkehrenden Auslagen sowohl in Art. 25 Abs. 1 lit. b
als auch in Art. 33 Abs. 1 lit. f KV das Beiwort "neu" findet, darf -
wie das Bundesgericht im übrigen bereits im unveröffentlichten Urteil
vom 6. April 1960 i.S. Widmer, Erw. 3, entschieden hat - ohne weiteres
geschlossen werden, dass unter den referendumspflichtigen einmaligen
Ausgaben im Sinne von Art. 25 Abs. 1 lit. b KV vernünftigerweise nur die
"neuen", nicht auch die "gebundenen" d.h. gesetzlich festgelegten oder
aus den allgemeinen Aufgaben der Verwaltung sich ergebenden Auslagen zu
verstehen sind. Dieses, aufgrund einer logisch-systematischen Auslegung
gewonnene Ergebnis deckt sich nach dem Gesagten mit dem Willen des
Gesetzgebers und steht überdies im Einklang mit der im Urteil 95 I 529
enthaltenen Bemerkung, die Beschränkung des Finanzreferendums auf "neue"
Ausgaben verstehe sich von selbst. Zu prüfen bleibt demnach, ob der
angefochtene Beschluss eine "neue" oder eine "gebundene" Ausgabe betrifft.

Erwägung 4

    4.- Ein bundesrechtlicher Begriff der "neuen Ausgabe" besteht
nicht. Was darunter zu verstehen ist, muss vielmehr durch Auslegung des
kantonalen Verfassungsrechts ermittelt werden (BGE 95 I 537). Dabei steht
dem Bundesgericht grundsätzlich die freie Prüfung zu; in ausgesprochenen
Zweifelsfällen schliesst es sichjedoch der von der obersten kantonalen
Behörde vertretenen Auslegung an (BGE 97 I 32/3).

    Der verfassungspolitische Zweck des Finanzreferendums besteht
darin, dem Bürger bei Beschlüssen über erhebliche Ausgaben, die ihn als
Steuerzahler mittelbar treffen, ein Mitspracherecht zu sichern. Dies
gilt zunächst für Vorlagen, mit welchen die Verwaltung zur Erfüllung
von zusätzlichen, ausserhalb ihres bisherigen Tätigkeitsbereichs
liegenden Aufgaben einen Kredit begehrt. Das erwähnte Mitspracherecht
soll sodann auch in jenen Fällen gewährleistet bleiben, in denen
die verlangten Mittel dazu dienen sollen, die bisherige gesetzliche
Verwaltungstätigkeit zu ermöglichen, sofern sich in bezug auf das Mass
und den Einsatzbereich der benötigten Mittel nach der Rechtslage und den
Umständen Wahlmöglichkeiten ergeben (vgl. BGE 96 I 708, 95 I 537, 218). Im
Lichte dieser Zweckbestimmung ist im konkreten Fall zu entscheiden,
ob die fragliche Kreditvorlage eine "neue" oder eine "gebundene"
Ausgabe betrifft. "Gebunden" und "neu" sind in diesem Zusammenhang
korrespondierende und sich gegenseitig ausschliessende Begriffe, die alle
Ausgaben eines Gemeinwesens erfassen. Im Sinne des Finanzreferendums ist
daher jede Ausgabe, die nicht "gebunden" ist, "neu" und umgekehrt (BGE
93 I 624 Erw. 5). Nach den vom Bundesgericht aufgestellten allgemeinen
Grundsätzen gelten insbesondere jene Ausgaben als "gebunden", die durch
einen Rechtssatz prinzipiell und dem Umfang nach vorgeschrieben sind
(wie etwa Besoldungen und gewisse Subventionen) oder die zur Erfüllung
der gesetzlich geordneten Verwaltungsaufgaben unbedingt erforderlich
sind (BGE 93 I 625 mit Verweisungen). Von einer "gebundenen" Ausgabe
kann ferner dann gesprochen werden, wenn anzunehmen ist, das Stimmvolk
habe mit einem vorausgehenden Grunderlass auch die aus ihm folgenden
Aufwendungen gebilligt, falls ein entsprechendes Bedürfnis voraussehbar
war (BGE 96 I 708/9, 95 I 537/8) oder gleichgültig ist, welche Sachmittel
zur Erfüllung der vom Gemeinwesen mit dem Grunderlass übernommenen Aufgabe
gewählt werden. Dabei ist indessen vorausgesetzt, dass es sich um gleiche
oder gleichartige Mittel handelt; dies trifft namentlich dann nicht zu,
wenn hinsichtlich der Kosten und der sachlichen Auswirkungen wesentliche
Unterschiede bestehen (vgl. BGE 95 I 218/9, 538, 93 I 627).

    Mit Rücksicht auf den Zweck des Finanzreferendums geht die
Rechtsprechung im allgemeinen davon aus, der Begriff der "gebundenen
Ausgabe" sei eher eng und jener der "neuen Ausgabe" eher weit zu fassen
(BGE 96 I 709 mit Verweisungen). Die soeben erwähnten Grundsätze sind
denn auch durchaus ein Ausfluss dieser Maxime. Der Verfassungsrichter ist
jedoch gehalten, im Einzelfall Untersuchungen darüber anzustellen, ob
sich aufgrund einer feststehenden und unangefochtenen Rechtsauffassung
und Praxis des kantonalen Gesetzgebers, der in erster Linie zur
Verfassungsauslegung berufen ist, eine andere Betrachtungsweise aufdrängt
(BGE 95 I 219 Erw. 3, 529). Ob - wie der Regierungsrat anzunehmen
scheint - schlüssige Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Begriff der
"neuen Ausgabe" im Sinne von Art. 25 Abs. 1 lit. b der aargauischen KV
im Gegensatz zum soeben erwähnten Grundsatz eher eng auszulegen ist,
braucht indessen im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden,
denn die umstrittene Ausgabe kann bereits nach den oben dargestellten
Prinzipien als "gebunden" bezeichnet werden.

Erwägung 5

    5.- Im Urteil 93 I 620 ff. erkannte das Bundesgericht, die Anschaffung
einer Datenverarbeitungsanlage sei für die Zürcher Stadtverwaltung nicht
unerlässlich und daher referendumspflichtig. Seit 1967 haben sich die
Verhältnisse jedoch erheblich gewandelt. Insbesondere in grösseren
Unternehmungen der Privatwirtschaft ist die EDV zum unentbehrlichen
Hilfsmittel geworden. Aber auch die öffentlichen Verwaltungen sehen sich in
zunehmendem Masse veranlasst, zur EDV überzugehen, um mit ihrer Hilfe die
ihnen übertragenen Aufgaben zuverlässig und wirtschaftlich (d.h. innert
nützlicher Frist und ohne unverhältnismässigen Aufwand an personellen
und finanziellen Mitteln) erfüllen zu können. Dies gilt insbesondere
für den Bund, aber auch für die Verwaltungen grösserer Kantone und
grosser Städte. Ob an der im Urteil 93 I 620 ff. vertretenen Auffassung
festgehalten werden kann, mag indessen offen bleiben, denn der angefochtene
Kreditbeschluss erweist sich selbst dann als verfassungsmässig, wenn nach
wie vor davon ausgegangen wird, die Einführung der EDV in der Verwaltung
eines grösseren Gemeinwesens erfordere eine "neue" Ausgabe.

    Im Kanton Aargau wurde der Grundsatzentscheid zur Einführung der EDV
spätestens im Jahre 1963 gefällt, als der Grosse Rat einen Kredit von Fr.
800'000.-- für die Anschaffung der Anlage UNIVAC-UCT bewilligte. Dieser
Beschluss wurde nicht dem Referendum unterstellt und blieb unangefochten.
Wohl ist aufgrund der erwähnten Rechtsprechung anzunehmen, dass eine gegen
diesen Entscheid erhobene staatsrechtliche Beschwerde Erfolgsaussichten
gehabt hätte. Dass die ohne Mitwirkung des Stimmbürgers beschlossene
Einführung der EDV gegen die Verfassung verstiess, kann jedoch im
vorliegenden Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden (BGE 95 I
540). Wie der Regierungsrat mit Recht ausführt, stellt der erwähnte
Kreditbeschluss aus dem Jahre 1963 einen vom Stimmbürger stillschweigend
gebilligten Grundsatzentscheid dar, auf welchen faktisch nicht mehr
zurückgekommen werden kann und der weitere, zweckentsprechende Ausgaben
erfordert, zumal die Lebensdauer von EDV-Anlagen beschränkt ist. Aus
den genannten allgemeinen Grundsätzen ergibt sich daher ohne weiteres,
dass die notwendigen Aufwendungen für den Unterhalt der bestehenden, aus
dem Jahre 1963 stammenden Anlage, aber auch die Kosten einer aus Gründen
der Überalterung erforderlichen echten Ersatzbeschaffung als "gebundene
Ausgaben" anzusehen sind und daher dem Finanzreferendum nicht unterliegen
(vgl. oben Erw. 4).

    a) Der Beschwerdeführer macht geltend, die bestehende UCT-Anlage
"funktioniere noch einwandfrei" und sei lediglich zu klein. Damit
bestreitet er sinngemäss die Notwendigkeit einer Ersatzbeschaffung. Dieses
Vorbringen erscheint indessen schon deshalb als wenig überzeugend, weil
der Beschwerdeführer im Verlaufe der grossrätlichen Debatte vom 29. Juni
1971 bloss beanstandete, dass im Zusammenhang mit der Beschaffung einer
neuen Computer-Anlage nicht auch die Frage des "Leasing" geprüft und zum
Entscheid vorgelegt worden sei; ferner führte er selbst aus, elektronische
Anlagen hätten eine Lebensdauer von kaum 10 Jahren. Ob der Beschwerdeführer
seine Ansicht inzwischen tatsächlich geändert hat, ist jedoch unerheblich,
denn nach den gesamten Umständen kann nicht ernstlich bestritten werden,
dass die bestehende EDV-Anlage ersetzt werden muss. Aus den vorhandenen
Akten sowie aus den Darlegungen des Regierungsrats in der Botschaft
vom 22. April 1971 und in der Vernehmlassung vom 26. August 1971
ergibt sich zweifelsfrei, dass die UCT-Anlage technisch veraltet ist,
den Anforderungen nicht mehr genügt und jederzeit ausfallen kann, da
die Herstellung dieses Typs bereits im Jahre 1961 eingestellt wurde und
die Lieferung von Ersatzteilen - wie aus einem Schreiben der UNIVAC vom
25. Januar 1971 hervorgeht - nur bis Ende 1971 voll gewährleistet ist. Auch
Prof. Dr. C. A. Zehnder (Koordinationsgruppe für Datenverarbeitung der ETH
Zürich) kommt in seinem, dem Präsidenten der EDV-Kommission erstatteten
Gutachten vom 18. August 1971 zum Schluss, die UCT-Anlage müsse umgehend
ersetzt werden. Wie dem Protokoll der grossrätlichen Debatte vom 29. Juni
1971 entnommen werden kann, gingen die Meinungen denn auch bloss über
die Art der Ersatzbeschaffung und über die Tragweite von Art. 25 Abs. 1
lit. b KV auseinander.

    b) Der Beschwerdeführer bringt vor, der angefochtene Kreditbeschluss
erlaube dem Regierungsrat nicht bloss, für die UCT-Anlage einen
gleichwertigen Ersatz zu beschaffen, sondern ermächtige ihn ausserdem,
auf ein neues System überzugehen und den Anwendungsbereich der EDV zu
erweitern, weshalb nicht mehr von einer eigentlichen Ersatzbeschaffung
gesprochen werden könne und der Verzicht auf eine Volksabstimmung aus
diesem Grunde gegen die Verfassung verstosse.

    Richtig ist, dass mit dem neuen System "ein gewisser Ausbau der
EDV realisiert werden soll" (Botschaft Ziff. 5.1, S. 12) und dass die
Kosten der Anlage Siemens 4004/135 um ein Vielfaches höher sind als jene
des bestehenden UNIVAC-UCT-Computers. Allein daraus folgt nicht ohne
weiteres, dass keine eigentliche Ersatzbeschaffung vorliegt. Nach dem
erwähnten Gutachten Zehnder stammt das veraltete UNIVAC-UCT-System als
mittelgrosse Anlage aus der Übergangszeit von der ersten zur zweiten
Computer-Generation. Das System Siemens 4004/135 gehört der dritten
Generation an und kann nach den heute geltenden Massstäben ebenfalls als
mittelgrosse Anlage bezeichnet werden. Das UNIVAC-UCT-System vermochte die
im Zeitpunkt der Anschaffung bestehenden und während der Nutzungsdauer zu
erwartenden Bedürfnisse der Verwaltung zu befriedigen und verfügte zudem
über eine gewisse Leistungsreserve, die heute allerdings vollständig
ausgeschöpft ist. Im Hinblick auf die rasch voranschreitende technische
Entwicklung auf dem Gebiete der Datenverarbeitung und angesichts der
Tatsache, dass sich die Verwaltungstätigkeit fortwährend ausweitet,
erscheint eine Ersatzbeschaffung zum vorneherein nur dann als sinnvoll,
wenn bei der Auswahl des neuen Systems - ähnlich wie seinerzeit bei
der Beschaffung der nunmehr veralteten Anlage - darauf geachtet wird,
dass während der voraussichtlichen Nutzungsdauer eine ausreichende
Leistungsreserve erhalten bleibt, die einen zweckmässigen und
wirtschaftlichen Einsatz der Anlage gewährleistet. Aus der Absicht des
Regierungsrats, mit dem neuen System "einen gewissen Ausbau der EDV zu
realisieren", folgt daher nicht ohne weiteres, dass mit dem angefochtenen
Beschluss über die umstrittene Ersatzbeschaffung ein Entscheid gefällt
wurde, der dem Stimmbürger hätte vorgelegt werden müssen (vgl. dazu
W. GEIGER, Elektronische Datenverarbeitungsanlage und Finanzreferendum,
ZBl 68/1967, S. 215/6). Ob in bezug auf das Mass der beabsichtigten
Erweiterung der EDV eine unter dem Gesichtswinkel des Finanzreferendums
erhebliche Wahlmöglichkeit des Stimmbürgers besteht, hängt vielmehr davon
ab, ob der Kauf einer bestimmten Anlage noch als echte Ersatzbeschaffung
bezeichnet werden kann. Wohl darfbeim Entscheid darüber auch ein
Preisvergleich angestellt werden; allfällige erhebliche Preisunterschiede
dürfen jedoch gegenüber den anderen massgebenden Kriterien (Lebensdauer,
Leistung, Wirtschaftlichkeit und Entwicklungsbedürfnisse) nicht
überbewertet werden. Im vorliegenden Fall sind die Anschaffungskosten des
neuen EDV-Systems um rund 4 Mio. Franken höher alsjene der alten Anlage.
Dieser grosse Preisunterschied mag auf den ersten Blick Zweifel darüber
erwecken, ob noch von einer echten Ersatzbeschaffung gesprochen werden
kann. Aus den Akten geht jedoch hervor, dass es offenbar nicht möglich
ist, die veraltete UNIVAC-Anlage - unter Berücksichtigung der seit 1963
eingetretenen Teuerung - zu annähernd gleichen finanziellen Bedingungen
vollwertig zu ersetzen. Der Beschwerdeführer behauptet denn auch nicht,
dass Aussichten bestanden hätten, eine Anlage mit gleicher oder ähnlicher
Leistungsfähigkeit zu einem niedrigeren Preis zu erwerben, und auch
in der grossrätlichen Debatte vom 29. Juni 1971 war nicht die Rede von
der Beschaffung eines billigeren Computer-Systems. Das Bundesgericht hat
mithin keinen Anlass, von den Schlussfolgerungen des erwähnten Gutachtens
von Prof. Zehnder abzuweichen, der nach gründlichen Untersuchungen
zur Auffassung gelangt ist, der Erwerb des Systems Siemens 4004/135
könne angesichts der bestehenden und in absehbarer Zeit zu erwartenden
Bedürfnisse der aargauischen Staatsverwaltung ohne weiteres als echte
Ersatzbeschaffung für die veraltete UCT-Anlage bezeichnet werden. Unter
diesen Umständen hat indessen vernünftigerweise einzig die Verwaltung
im Rahmen der ihr obliegenden gesetzlichen Aufgaben darüber zu befinden,
in welchen Bereichen sich der Einsatz des Computers rechtfertigt bzw. im
Interesse der Erhaltung eines leistungsfähigen administrativen Apparats
aufdrängt. Der Grosse Rat war somit nicht verpflichtet, den angefochtenen
Kreditbeschluss mit Rücksicht auf den damit verbundenen Ausbau der EDV
in der allgemeinen Staatsverwaltung dem Finanzreferendum zu unterstellen.

    c) Ähnliches gilt beim Entscheid darüber, ob die zum Ersatz
bestimmte Anlage käuflich erworben oder auf dem Wege des "Leasing"
beschafft werden soll. Wohl müsste in diesem Zusammenhang das Bestehen
einer echten Wahlmöglichkeit des Stimmbürgers bejaht werden, wenn im
konkreten Fall Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, dass sich die
Gesamtkosten der beiden Anschaffungsarten erheblich unterscheiden
würden oder dass der Entscheid geeignet wäre, die Datenverarbeitung,
wie sie mit der Ersatzbeschaffung gewährleistet werden soll, wesentlich
zu beeinflussen (vgl. BGE 95 I 218/9, 538, 93 I 627). Dies trifft jedoch
im vorliegenden Fall nicht zu. Wie der Regierungsrat anerkennt, kann das
"Leasing" einer EDV-Anlage zwar in der Regel als wirtschaftlich günstiger
gelten, wenn mit einer relativ kurzen Nutzungsdauer (bis zu sechs Jahren)
gerechnet wird. Da indessen die öffentlichen Verwaltungen regelmässig von
einer verhältnismässig langen Nutzungsdauer ausgehen, darf ohne weiteres
angenommen werden, dass die finanziellen Auswirkungen des Entscheids
über die Beschaffungsart im Regelfall nicht derart verschieden sind,
dass im Lichte der genannten Grundsätze (vgl. oben Erw. 4) von einer
echten Wahlmöglichkeit des Stimmbürgers gesprochen werden kann. Der
Beschwerdeführer behauptet denn auch nicht, dass das "Leasing" im
vorliegenden Fall als kostenmässig günstiger anzusehen wäre. Dazu kommt,
dass der Entscheid über die Beschaffungsart weitgehend durch die Wahl
des EDV-Systems beeinflusst wird, bei welcher den zuständigen Behörden
nach dem Gesagten ein verhältnismässig weiter Ermessensspielraum offen
steht. So kann ein Kauf zum vorneherein ausser Betracht fallen, wenn
sich der Hersteller der ausgewählten Anlage bloss zum Abschluss eines
"Leasing"-Vertrags bereit findet. Anderseits können es die anlässlich
einer Ersatzbeschaffung zu berücksichtigenden künftigen Bedürfnisse der
Verwaltung und die zu erwartende Entwicklung der Datenverarbeitungstechnik
als geboten erscheinen lassen, die benötigte Anlage auf dem Wege des
"Leasing" zu beschaffen. Wie der Regierungsrat mit Recht ausführt, besteht
mithin auch insoweit keine echte Wahlmöglichkeit des Stimmbürgers. Kann
im konkreten Fall von einer echten Ersatzbeschaffung gesprochen werden,
so erscheint es durchaus folgerichtig und sachgerecht, den Entscheid über
die Beschaffungsart den zur Auswahl des Systems zuständigen Behörden zu
überlassen, sofern - wie im vorliegenden Fall - keine Anhaltspunkte dafür
bestehen, dass dadurch der zweckmässige Einsatz des gewählten Systems
wesentlich beeinflusst werden könnte.

    d) Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der umstrittene Kredit
für die Beschaffung eines neuen Computer-Systems Auslagen erfordert,
die in Ermangelung einer unter dem Gesichtswinkel des Finanzreferendums
erheblichen Entscheidungsfreiheit des Stimmbürgers als "gebunden" gelten
können. Der Beschluss des Grossen Rats, auf eine Volksabstimmung zu
verzichten, hält demnach vor der Verfassung stand. Die Beschwerde ist
daher abzuweisen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.