Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 97 I 73



97 I 73

12. Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. Februar 1971 i.S. Ostergaard gegen
Eidg. Amt für das Handelsregister. Regeste

    Art. 944 Abs. 2 OR, Art. 45 und 46 HRegV, Art. 104 lit. a OG;
Handelsregister, territoriale Bezeichnung in einer Firma.

    1.  Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 1).

    2.  Die Weigerung des eidg. Amtes für das Handelsregister, einem
Transport- und Speditionsunternehmen in der Firma die Zusätze "Euro" und
"Europa" zu bewilligen, verletzt das Gesetz nicht (Erw. 2 und 3).

Sachverhalt

    A.- Die "Europa Transport & Spedition A/S" mit Sitz in Kopenhagen ist
seit Mai 1961 im dänischen Aktiengesellschafts-Register eingetragen. Sie
ist auch unter dem Namen "Eurotrans A/S (Europa Transport & Spedition
A/S)" tätig.

    Ihr Hauptaktionär Laurits Jorgensen Ostergaard beabsichtigt, in
Zürich eine selbständige Aktiengesellschaft zu gründen. Nach dem Entwurf
der Gründungsurkunde soll das Grundkapital in fünfzig Namenaktien zu
Fr. 1'000.-- eingeteilt werden und Ostergaard davon 48 übernehmen. Art. 2
des Entwurfes der Statuten lautet: "Die Gesellschaft bezweckt den Betrieb
eines Transport- und Speditionsunternehmens auf dem Gebiete von Europa,
und zwar als Filiale Zürich der Firma Eurotrans, Europa Transport und
Spedition A/S in Kopenhagen". Ostergaard ersuchte das Eidgenössische Amt
für das Handelsregister, der zu gründenden Gesellschaft gemäss Art. 45 und
46 HRegV die Führung der Firma "Eurotrans, Europa Transport und Spedition
AG" zu bewilligen. Er machte geltend, dieser Name solle die Gesellschaft
nicht reklamehaft aus dem Kreise anderer Transportunternehmen hervorheben,
sondern nur sagen, der Geschäftsbereich bestehe in europäischen
Binnentransporten.

    B.- Das Amt für das Handelsregister wies das Gesuch am 24. September
1970 ab.

    Es führte aus, es beständen keine besonderen Umstände im Sinne
der Art. 45 und 46 HRegV, die Firmenteile "Europa" und "Eurotrans" zu
bewilligen. Die zu gründende Gesellschaft solle nur ein bescheidenes
Grundkapital von Fr. 50'000.-- haben und wie viele andere Unternehmen
die Durchführung internationaler Transporte in Europa bezwecken. Die
vorgesehene Firma sei stark reklamehaft und verstosse damit auch gegen
Art. 44 Abs. 2 HRegV.

    C.- Ostergaard führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er hält am Antrag
auf Bewilligung der Firma "Eurotrans, Europa Transport und Spedition AG"
fest. Er macht geltend, die vorgesehene Firma sei nicht unwahr, gebe
der Gesellschaft nicht den Anschein einer erhöhten Bedeutung gegenüber
Konkurrenzunternehmen und erwecke nicht den Eindruck eines europäischen
Zusammenschlusses im Transport- und Speditionswesen. Der territoriale
Zusatz habe bei Transportfirmen, Reiseagenture, Speditionsfirmen einen
anderen Sinn als z.B. bei einer Treuhandgesellschaft; er weise nur auf
die Geschäftstätigkeit hin, wie z.B. in den unbeanstandet gebliebenen
Firmen Anglo-Continental Reise AG und Transorient AG

    D.- Das Amt für das Handelsregister beantragt, die Beschwerde
abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

              Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Beschwerdeführer beruft sich auf den Beschwerdegrund der
Unangemessenheit im Sinne von Art. 104 lit. c OG. Diese Norm trifft
indessen nicht zu, da keiner der darin aufgezählten drei Fälle vorliegt. Es
besteht insbesondere keine Bestimmung des Bundesrechts, die vorsähe,
dass gegen Verfügungen des Amtes für das Handelsregister der vorliegenden
Art wegen Unangemessenheit Verwaltungsgerichtsbeschwerde geführt werden
könne. Darauf hat die I. Zivilabteilung bereits am 6. Oktober 1970
i.S. Société coopérative Boutique russe (Erw. 3) hingewiesen.

    Die Beschwerde ist nur wegen "Verletzung von Bundesrecht
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens" im
Sinne von Art. 104 lit. a OG zulässig. Nach dieser Bestimmung darf das
Bundesgericht nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens
der Verwaltungsbehörde setzen. Es kann die Beschwerde nur gutheissen,
wenn das Amt für das Handelsregister unzulässigerweise nach Ermessen
verfügt oder das erlaubte Ermessen überschritten hat (vgl. zum früheren
Wortlaut des Art. 104 Abs. 1: BGE 81 I 384, 85 I 134, 86 I 248, 91 I 216,
92 I 294, 93 I 564, 94 I 560; zum geltenden Art. 104 lit. a: Entscheid
vom 6. Oktober 1970 i.S. Société coopérative Boutique russe, Erw. 3).

Erwägung 2

    2.- Der Bundesrat kann bestimmen, in welchem Umfange nationale und
territoriale Bezeichnungen bei der Bildung von Firmen verwendet werden
dürfen (Art. 944 Abs. 2 OR). Er hat angeordnet, dass Einzelfirmen,
Handelsgesellschaften und Genossenschaften in ihrer Firma grundsätzlich
keine nationalen Bezeichnungen verwenden dürfen, das Amt für das
Handelsregister jedoch nach Anhörung der nach den Umständen zuständigen
Behörde, Amtsstelle oder Vertretung von Handel, Industrie oder Gewerbe
Ausnahmen gestatten kann, wenn sie durch besondere Umstände gerechtfertigt
sind (Art. 45 HRegV). Diese Bestimmung ist auch auf territoriale und
regionale Zusätze anwendbar (Art. 46 HRegV).

Erwägung 3

    3.- "Europa" und die Silben "Euro" in "Eurotrans" sind territoriale
Zusätze im Sinne der Art. 944 Abs. 2 OR und 46 HRegV (BGE 86 I 246,
93 I 564). Sie sind daher nur zulässig, wenn besondere Umstände sie
rechtfertigen.

    a) Dass sie nach der Auffassung des Beschwerdeführers angeben,
die Gesellschaft führe Transporte durch Europa aus, ist kein solcher
Umstand. Gewiss darf man in der Firma grundsätzlich auf die Natur
des Unternehmens, auf seinen Zweck hinweisen. Wer das tun will,
hat sich dennoch den übrigen Bestimmungen über die Bildung der Firma
unterzuordnen. Art. 944 Abs. 1 OR knüpft dieses Recht ausdrücklich an
die Voraussetzung, dass der Inhalt der Firma der Wahrheit entspreche,
keine Täuschungen verursachen könne und keinem öffentlichen Interesse
zuwiderlaufe. Die Einschränkungen im Gebrauch nationaler und territorialer
Bezeichnungen liegen im öffentlichen Interesse und gehen daher dem
Recht vor, auf die Geschäftstätigkeit hinzuweisen. Daher hat das
Bundesgericht z.B. den auf Besonderheiten der gewerblichen Tätigkeit
abgestimmten Zusatz "American" in der Firma "American Automobile Service
(Aktiengesellschaft)" nicht zugelassen (BGE 91 I 216 ff.). Gleich hat es
entschieden in bezug auf die Bezeichnungen "Eurotreuhand", "Eurofiduciaire"
und "Eurofiduciaria", obschon mit ihnen ausgedrückt werden wollte, die
Gesellschaft sei bestrebt und in der Lage, auf europäischem Gebiete zu
arbeiten (BGE 86 I 246 ff.). Im vorliegenden Falle verhält es sich nicht
anders. Dass Frachtführer Güter transportieren und Spediteure solche
versenden, macht keinen Unterschied. Wie in den erwähnten Zusätzen in der
Firma einer Treuhandgesellschaft soll "Euro" in der vom Beschwerdeführer
vorgeschlagenen Firma eines Transport- und Speditionsunternehmens die
geschäftliche Tätigkeit näher umschreiben, d.h. deren Erstreckung auf das
Gebiet von Europa kundgeben. Das Vorhaben, Güter innerhalb von Europa
zu transportieren oder transportieren zu lassen, ist sowenig ein die
territoriale Bezeichnung "Euro" oder "Europa" rechtfertigender besonderer
Umstand wie das Bestreben, über die Landesgrenzen hinausreichende
Treuhandaufträge anzunehmen. Indem das Amt für das Handelsregister diese
Zusätze nicht bewilligte, überschritt es das ihm zustehende Ermessen umso
weniger, als der Wunsch, die geschäftliche Tätigkeit nicht auf die Schweiz
zu beschränken, in der Firma anders ausgedrückt werden kann. Zulässig
ist z.B. das Wort "international", denn es gilt weder als nationale noch
als territoriale Bezeichnung (BGE 87 I 307, 93 I 564 Erw. 3, 95 I 279).

    b) Es gibt andere Unternehmer für Transporte oder Speditionen innerhalb
Europas. Die Aktiengesellschaft, die der Beschwerdeführer gründen will,
ist ihnen an Bedeutung nicht überlegen. Sie soll ein Grundkapital von nur
Fr. 50'000.-- erhalten. Der Beschwerdeführer versucht nicht darzulegen,
dass ihr Güterumschlag grösser sein werde als jener der Konkurrenten oder
dass sie die Güter über längere Strecken transportieren lassen wolle als
andere Frachtführer oder Spediteure. Die Zusätze "Eurotrans" und "Europa"
gäben daher der Tätigkeit der Gesellschaft den Anschein einer Grösse,
die ihr im Vergleich zu anderen nicht eigen sein wird. Sie würden nur der
Reklame dienen, also gegen Art. 44 Abs. 1 HRegV verstossen (BGE 69 I 123,
79 I 176, 94 I 164, 95 I 279). Der Wunsch nach reklamehaftem Auftreten ist
kein besonderer Umstand im Sinne des Art. 45 Abs. 1 HRegV zur Bewilligung
einer nationalen oder territorialen Bezeichnung; das grundsätzliche Verbot
solcher Zusätze will der Reklame gerade vorbeugen (BGE 86 I 248, 91 I 216).

    c) Der Beschwerdeführer bringt mit Recht nicht vor, die Beziehungen der
zu gründenden Gesellschaft zu der dänischen "Europa Transport & Spedition
A/S" oder "Eurotrans A/S (Europa Transport & Spedition A/S)" rechtfertigten
die beanspruchten territorialen Bezeichnungen. Die Gesellschaft wird im
Statutenentwurf zwar als "Filiale Zürich" des dänischen Unternehmens
bezeichnet. Sie ist aber nicht deren Zweigniederlassung im Sinne des
Obligationenrechts, besonders der Art. 935 und 952, denn sie ist als
selbständige juristische Person (Aktiengesellschaft) geplant. Der Umstand
allein, dass der Beschwerdeführer Hauptaktionär der dänischen Gesellschaft
ist und auch die meisten Aktien der schweizerischen zeichnen will, ist
kein besonderer Umstand, der die Angleichung der Firma an den Namen des
dänischen Unternehmens rechtfertigen würde.

    d) Die Silben "Euro" wurden in neuerer Zeit wiederholt zur Bezeichnung
von Organisationen verwendet, die der wirtschaftlichen oder technischen
Zusammenarbeit europäischer Staaten dienen. So bestehen die durch ein
Abkommen solcher Staaten geschaffene "Eurofima, Europäische Gesellschaft
für die Finanzierung von Eisenbahnmaterial" und die von der Organisation
für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gegründete
"Eurochemie, Europäische Gesellschaft für die Chemische Aufarbeitung
bestrahlter Kernbrennstoffe". Ferner nennen sich die auf einem Abkommen
vom 25. März 1957 beruhende Europäische Atomgemeinschaft "Euratom" und
die im Dezember 1960 geschaffene Europäische Flugsicherungsorganisation
"Eurocontrol". Das Wort "Eurotrans" in der vom Beschwerdeführer
vorgeschlagenen Firma könnte daher den Eindruck erwecken, die Gesellschaft
sei aufähnliche Weise durch eine Übereinkunft europäischer Staaten zustande
gekommen oder sei von ihnen beauftragt worden, den Güterverkehr in Europa
zu organisieren oder zu überwachen. Das sind Aufgaben, die im Rahmen
schon bestehender oder künftiger staatsvertraglicher Organisationen
von europäischer Bedeutung durchaus denkbar sind. Die Möglichkeit
der Irreführung des Publikums ist umso weniger zu unterschätzen,
als man allgemein dazu neigt, Firmen durch den blossen Gebrauch ihres
charakteristischen Bestandteils abzukürzen. Die Gefahr, dass die vom
Beschwerdeführer in Aussicht genommene Gesellschaft im mündlichen oder
schriftlichen Verkehr nur als "Eurotrans" bezeichnet würde, ist gross. Das
ist ein Grund mehr, diesen Zusatz nicht zu bewilligen. Mit entsprechender
Begründung hat das Bundesgericht auch Beschwerden gegen die Nichtzulassung
der Firmenbestandteile "Eurotreuhand" und "Eurobel" abgewiesen (BGE 86
I 249 f., 93 I 564 Erw. 3; vgl. auch BGE 95 I 281 Erw. 7).

    e) Dass im Handelsregister von Zürich eine "Anglo-Continental Reise AG"
und eine "Transorient AG" eingetragen sind, ist kein Grund, auch die vom
Beschwerdeführer beanspruchten territorialen Bezeichnungen zuzulassen. Das
Bundesgericht ist nicht an die Übung der Handelsregisterbehörden
gebunden, und diese Behörden selbst dürfen ihre Praxis ändern, wenn sie
dafür sachliche Gründe anführen können (BGE 86 I 250, 87 I 309, 91 I 217
Erw. c, 92 I 306, 93 I 564). Übrigens ist jeder Fall nach den ihm eigenen
besonderen Umständen zu beurteilen.

Entscheid:

Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.